schüft nickt fehlen, da selbst von den Gesandtschaften in Paris, Brüssel und London Klagen darüber geführt wer­den , daß Emigranten auf ihre durch die Gesandtschaften vermittelten Gesuche und Eingaben ohne Bescheid blcihen.

St. Petersburg, 9. August. Für den Czaren, die Czarin und ihren unmittelbaren persönlichen Hof allein sind zur Krönung 32 Wagen bestellt worden, doch heißt cS, daß fünf davon kaum zur rechten Zeit fer­tig sein werden, nur etwa zwei Drittel der Zahl sind ganz neu gebaut, der Rest bedurfte bloS einiger Aus­besserung und Vergoldung, doch schätzt man die Kosten auf 275,000 Silberrubel (47,000 Pf. St.), an 1500 der Wagen. Abgesehen von ihrer Pracht und Kostbar­keit werden die 32 Karossen Harmonie des Styls mit Mauckfaltigkeit der Verzierung verbinden. Frvbelius, ein Deutscher, erhielt die Bestellung, und ein Engländer, Mr. Bauuister, führt sie aus. Zu all den orientalischen Verzierungen ist eine Menge Künstler verwendet worden. Schon die Räder sind eine merkwürdige Kunstarbeit, die Speichen strahlen nicht geradlinig, sondern in phantasti­scher und doch regelmäßiger Launenhaftigkeit vom Centrum aus und bringen beim Fahren die Wirkung eines farbigen flammenden Fensters hervor; das Getäfel ist nicht be­malt, sondern selbst ein Gemälde; das Innere gleicht einem feenhaften Boudoir. Alles an den Wagen, was nicht dem Auge ein Märchen erzählt oder die Phantasie an ein Gedickt erinnert, scheint aus solidem Gold. Ebenso strahlen Geschirr und Schabraken von Gold und Edel­gestein, und die Vollblutpferde des Gespanns werden der Wagen würdig sein. Vielleicht wird jedoch eine alte Kutsche mehr Aufsehen erregen, als alle die neuen Wa­gen. Es ist nämlich dieselbe Karosse, in welcher Kaise­rin Elisabeth vor 115 Jahren zur Krönung fuhr, und die für die jetzige Czarin restanrirt worden ist. Solche Dinge haben in Rußland eine wirkliche Wichtigkeit. Wenn je ein Volk sich durch Pomp und Cercmvnien Ehrfurcht einflößen ließ, find eS die Russen. Lord Palmcr- ston wird erstaunen zu hören, daß die hiesigen Drosch­kenkutscher ihre Pferde mit seinem gefürchteten Namen zur Eile antreiben; sind die Thiere sehr widerspenstig, so wird ihnen gedroht, der edle Lord werde gleich da sein. Als ich das sonderbare Faktum erzählte, wurde mir von Leuten aus dem Innern versichert, daß in ganz Rußland, von St. Petersburg bis zu den donischen Kosaken, vom Ladogasee bis zum kaspischen Meer dieselbe Mode herrscht. Der britische Gesandte hat sich durch eine ganz einfache Maßregel bas Wohlwollen der russischen Geschäfts­welt im Voraus gewonnen. Seine Magen und Pferde sind zwar englisch, werden aber auf russisch angeschirrt erscheinen. All die Znthat ist in Rußland bestellt wor­den. Der französische Gesandte, Herr v. Morny, wählte eigens die Route über Lübeck, um der Kaiserin Mutter seine Aufwartung machen zu können, was ihm natürlich sehr hoch angcrechnct wird. Eine Dame von hohem Rang, eine russische Russin, bemerkte, sie halte von einer solchen Einfahrt in Rußland viel mehr, als wen«-der französische Gesandte im schönsten Linienschiff zur See angclangt wäre. Hr. v. Morny ist schon sehr

beliebt, er weiß die rechte Saite im Herzen des russischen Volkes anzuschlagen. Ein kleines Beispiel wird zeigen, nach welchem Maßstab sein Haushalt eingerichtet ist: regel­mäßig jeden Morgen werden 100 Flaschen Medoc für seine Dienerschaft abgeliefert. Lord Granville hat vollkommen Recht, daß er es für wichtig hielt, sich von hundert Bedienten zu Fuß bei der Krönung begleiten zu lassen. Die Russen begreifen nicht, wozu ein Gesandter herkommt, wenn nicht, um recht viel Geld auszugcben und viel weniger als anderswo dafür zu haben. Vom Droschkenkutscher, der Einen fährt, bis zum Hausbesitzer, der Einem seine Wohnung vermiethct, sucht Jeder den Andern in aller Gemüthlichkcit zu prellen. Entdeckt einer den Betrug, so achtet der Andere seinen Scharfblick und denkt sich: auf besser Glück ein andermal. Gelingt der Betrug, so wird der Geprellte respektirt, weil er so reich ist, eS nicht zu spüren. Nur der wird verachtet, an dem nichts zu rupfen ist. Lord Granville wird in Moskau verehrt werden; er hat ein Haus dort auf einen Monat gemiethet. Dasselbe hat Fürst Dolgoruki, der Kriegs­minister gethan. In Bezug auf innere Einrichtung ist kein Unterschied zwischen beiden Häusern (außer daß Lord Granvilles Wohnung keinen reckten Ballsaal hat), und was denken Sie, macht die Miethe? Lord Granville zahlt 40,000 Silberrubel, Fürst Dolgoruki 8000 Silberrubel, jener 7000 Pfund, dieser 1400.

Die preußische Fregatte Danzig, die kurze Zeit in Gibraltar verweilte, ist nach einem unglücklichen Kampfe mit den sogen. Riffpiraten an der Küste Nordafrikas wieder in den Hafen von Gibraltar eingelaufcn. Die Sache verhält fick, laut Berichten vom 10. August, die durch zwei aus Gibraltar in Portsmouth eingclaufene Transportdampfer (Assistaucc und Resolute) überbracht wurden, folgendermaßen: Prinz Adalbert war auf der Fahrt von Gibraltar nach Osten begierig, den Punkt zu sehen, an welchem ein preußisches Schiff von Seeräubern überfallen und ausgeplündert worden war. Er steuerte zu diesem Zweck mit seiner Fregatte dem berüchtigten Kü­stenstrich zu und versuchte in einem der Boote zu landen, woran er jedoch durch das Feuer der Piraten vom Lande aus gehindert wurde. Der Prinz kehrte hierauf zur Fre­gatte zurück, bewaffnete die Boote, bewerkstelligte die Lan­dung und stürmte gegen die Piraten tapfer'eine Anhöhe hinan, aber hier wurde die preußische Mannschaft von den Seeräubern umzingelt und gezwungen, sich auf ihre Boote und mit diesen unter die Kanonen der Fregatte zurückzuziehen. Der Prinz erhielt eine Schußwunde in den Schenkel; sein Adjutant (der Flaggenlieutenant) wurde gefährlich verwundet und gab bald, nachdem er an Bord der Fregatte gebracht worden war, den Geist auf; einem Steuermann der Danzig fuhr eine Kugel durchs Ellen- bogengelcnk; sieben Mann waren gefallen, vierzehn ver­wundet, und fünf hatte man auf dem Schlachtfelde im Stich lassen müssen. Die Gefallenen wurden in Gibral­tar mit militärischen Ehren bestattet und die Verwunde­ten ins Militärspital ans Land geschafft. Die Heilung der Wunde des Prinzen geht günstig von statten, und die britische Dampfschaluppe Vesuvius wurde eigens von Gib-