Die Königin Mutter erschien fast nie auf dem Verdeck. Bei der Fahrt auf dem rothen Meere ließ sie ein für die Königin Victoria bestimmtes Halsgeschmcide fallen, das 10,000 Pf, werth gewesen sein soll, und das bis jetzt vergebens von Tauchern gesucht wurde. Weder die Königin noch ihr Gefolge hatten, bevor sie diese Reise antraten, je das Meer oder ein Schiff gesehen. — Man wird sich erinnern, daß im Jahre 1852 eine Geldsammlung angelegt worden war, um die große Londoner Ausstellung durch ein passendes Denkmal zu verewigen. Es sind im Ganzen zu diesem Zwecke 50,000 Pf. eingegangen, und es sollen demnächst alle Künstler des In- und Auslandes zur Prcisbewerbung eingeladen werden. (St.A.)
Belgrad, 28. Jnli. Vor einigen Tagen hatten wir Gelegenheit die persönliche Bekanntschaft Skender Pa- scha's zu machen. Derselbe hielt sich nämlich aus Bosnien kommend, wo er seinen Harem abgeholt hatte, einige Tage in Belgrad und Semlin auf, und seine Anwesenheit wurde vom Civilgouverneur Aziö Pascha benützt, um ein glänzendes nach europäischer Art arrangirtes Diner zu geben, zu welchem alle Minister, fremde Consuln und Notabilitäten eingeladen waren. Skender Bey, jetzt bereits Ferik Pascha, ist bekanntlich ein Pole, Jlinski. Er ist den 24. Nov. 1818 geboren, hat die Militärschu- len in Frankreich besucht, scheint sich aber dort nicht gerade zu viel theoretische Kenntnisse erworben zu haben, auch hat er die französische Sprache sehr vergessen, und spricht sie jetzt herzlich schlecht. Er ist von mittlerer, kräftiger Statur, aber theils durch Strapazen, da er aus den Kriegstheatern in Portugal, Spanien, Algier, Ungarn, Bosnien (wo er 1850 renegirte» debütirt, und zuletzt sich durch seine Bravour im jüngst verflossenen Kriegsso rühmlich ausgezeichnet, theils durch etwas zu wüstes Leben, besonders durch allzuviclen täglichen Genuß starker geistiger Getränke, körperlich bereits ganz gebrechlich, und geht in Folge eines Schusses durch den Oberschenkel lahm. Er erzählt viel, und theilt vorzüglich gern die Geschichte seiner 21 Wunden mit, die ihm nach seiner Angabe zu untrüglichen Wetterpropheten dienen, mittelst denen er schon bedeutende Wetten gewonnen hat; er behauptet, daß seine Wunde im Fuß trübes Wetter, eine im Arm plötzlichen, eine aus der Stirn, so breit, daß man einen Finger hineinlegen kann, anhaltenden Regen oder Schnee anzeige. Mdlle. Lenormand hat ihm in seinem 15ten Jahre aus den Karten geweissagt, daß er in seinem 33- sten Lebensjahre entweder süsilirt, oder im Krieg sein Leben enden, oder sich im Selbstmord das Gehirn zerschmettern würde; überlebe er dieses verhängnißvolle Jahr, so werde er ein Alter von 75 Jahren erreichen, wo er entweder aufgehangen werden, auf dem Schlachtfeld,: umkoimnen, oder sich selbst erschießen werde. In Bosnien erhielt er bei dem Sturm eines Hauses in der Nackt zu seinem 34sten Jahre übergehend, einen Schuß in den Oberschenkel, und wurde für todt weggctragen, jedoch bald wieder geheilt; er hat mithin das vcrhängniß- volle Jahr überlebt, und vertraut nun fest, mit ächt muselmännischem Fatalismus, ein Alter von 75 Jahren zu erreichen. Er ist ein großer Frauenliebhaber, und hat
deren drei, von deren erster, der Tochter Mustapha Pa- scha's, er einen Sohn hat. Jetzt soll er in Bosnien ein Christenmädchen mitgeführt haben. Von Belgrad hat er seinen Cousin, den Dragoman des französischen General- consulats, Defik, mitgenommen, welcher als Obcrstlieu- tenant der neu zu organisireuden türkischen Gendarmerie angestellt werden soll. sA. Z.)
Sebastopol, 23. Juli. Vorgestern langte der Erzbischof von Cherson und Taurien, Jnnoccnz, hier an, um die auf allerhöchsten Befehl aufzubauende Südseite der Stadt einzuweihen. Da alle Kirchen zerstört sind, so ward der Gottesdienst in der einzig übrig gebliebenen Marinekapeüe auf einem improvisirten Bretteraltare abgc- halten. Se. Eminenz verglich unsere Stadt mit dem Tod- tenfelde von Hesekiel und bemerkte, daß Sebastopol, wenn es auch nie wieder aufgebant würde, für alle Zeiten groß und unsterblich bliebe. Bei der Ceremonie waren anwesend, der Kommandant des Sebastopolcr Hafens, Vize- Admiral Jucharin, Admiral Ponfiloff, der aus Nikolajeff gekommen ist, um die versenkten Schiffe zu besichtigen und die Arbeiten zum Heransholen noch brauchbarer Schiffsmaterialien zu überwachen. Da die Südseite noch keine Einwohner besitzt, so waren blos einige Mariniers, zwei Bataillone Infanterie und einige aus Simpheropol angelangte Neugierige zugegen. Auf allerhöchsten Befehl ist eine Kommission eingesetzt, um den Wiederaufbau der Stadt auf Staatskosten nach einem neuen, in St. Petersburg entworfenen Plane zu leiten. An der Stelle, wo die denkwürdigen sechs Bastionen der äußeren Vcrthei- digungslinie errichtet waren, und wo Tausende der unerschrockensten Helden einen rühmlichen Tod gefunden, werden Hospitäler und VcrsorguugShäuser für Invaliden der letzten Jahre erbaut. Die Kommunikation zwischen der Nord- und Südseite wird durch eine großartige Kettenbrücke über die Bucht zwischen den ehemaligen Forts St. Nikolaus und St. Michael unterhalten werden. (Oest.Z.)
Aus Philadelphia, 19. Juli. Dem Patentamt in Washington ist befohlen worden, folgende Singvögel, welche in Amerika nicht einheimisch sind, sobald als möglich zu importiren, indem man glaubt, daß sie besonders in Pennsylvanien heimisch gemacht werden können: die Feldlcrche, die Schwarzdrossel, die Grasmücke, die Wachtel, die Distelfinken. Schade, daß der Spatz nicht auf der Liste steht; dieser Lärmcnmacher würde deck in den Städten unsere traurigen Sonntage etwas belebe». — Ein Württemberger in New-Port, Namens Et. Lindner, hat ein neues Schießgewehr erfunden, welches alle Vortheile des Zündnadelgcwehrs mit denen der Miniokugelbüchse und der Revolver vereinigt. Die New-Aork-Times sagt hierüber. Den vollen Werth dieses neuen Geschosses kann man nur dadurch reckt aus- drücken, wenn wir sagen, daß mit einer Lindner'schcn Zündnadclbüchse in einer Minute 40 Kugeln aus eine Entfernung von 1500 bis 2500 Jardö (4500 bis 7500 Fuß) geschossen werden können.