und der junge Mann, den wir Karl nennen wollen, lud die Damen ein, von seinem Fuhrwerk Gebrauch zu machen, um ohne weitere Furcht vor dem Unlhier, das noch immer in einiger Entfernung hockte und daS er aus vereinzelten Blutspuren für krank halten zu müssen erachtete', aufs Schloß zurück zu gelangen.

Tie Damen waren natürlich hierzu gern bereit und Karl hatte das Vergnügen, sie beide auf den hohen Wa­gen heben, worauf er dann selbst nachsticg und sich rück- Weins neben den Kutscher setzte, so daß die schöne Wilhel­mine ibm gerade gegenüber war, aber lange Zeit das leuch­tende Feuer ihrer Augen grausam in ihren Schooß warf. Erst als er von Halle zu erzählen begann, wo er bei Freh­linghausen, dem Schwiegersohn deS berühmten Tr. Au­gust Hcrrmann Franke, mehrere Jahre Famulus gewe­sen war und dort sich auch unstreitig sein feines Wesen an- geeiguet hatte, ließ sie mit Wohlgefallen ihre schonen Au­gen auf ihm ruhen, denn sie kannte Franke wie Frehling­hausen, und wurde bald so beredet, daß ihre Nachbarin er- röthete, sie wiederholt austieß und ihr endlich in die Ohren raunte:aber mein Gott, es ist ja doch kein Edelmann!" Wilhclmine ließ sich aber dadurch keineswegs stören, sondern da auch der junge Herr sehr beredet war und unter andern mehrere der neuesten Lieder von Frehlinghausen reei- tirte, velfloß ihnen die Zeit so bald, daß sie, ohne es ge­wahr zu werden, Plötzlich vor dem Pfarrhause hielten. Hier rerfammelte sich Alles mit lautem Fceudeugeschrei so­gleich um den Wagen und Alles wollte den lieben Ankömm­ling zuerst küssen, der es aber artig ablehnte und zuerst seine schönen Begleiterinnen vorstellte, die sogleich dann ins Pfarrhaus geladen wurden, das zwar die schweigsame an­fangs ablehnte, die andere aber sogleich annahm.

Nach den ersten stürmischen Begrüßungen der ganzen Familie fastete der alte Paster die Hände und ii^onirte das Lied:Nun danket alle Gott," in welches alsbald die ganze Familie und auch unser Karl und zwar mit einem so köst­lichen Tenor cinstimmte, daß das junge Fräulein sich nach Be­endigung desselben sich nicht enthalten konnte zu sagen: also musikalisch ist der junge Herr auch; ich muß dem jungen Herrn sagen, daß ich in meinem Leben nicht einen so kost­baren Tenor gehöret und wenn er mir einen Gefallen er­zeigen will, so singe der Herr mir das schöne Lied von Frehlinghausen zum Abschiede vor, das er mir draußen reellster.

Diese Aufforderung war zu schmeichelhaft, als daß unser Karl ihr nicht sollte augenblicklich genügt haben. Er sang also solo das schöne Lied:Mein Herz gib dich zu­frieden," ohne zu ahnen, daß binnen Kurzem aus diesem Liede nicht blos all sein Trost, sondern aus ihm auch end­lich all sein Glück heevorg-hen würde.

Der reizenden Wilbelmstie stand eine Thräne in den Augen als er geendet halte, und da ihre Freundin sie an- lrieb, so empfahlen sich darauf beide Damen sogleich. Karl begleitete sie indeß artig bis an die nahe Schloßpforte, und indem er ein Taschenbuch hcrvorzog, fragte er beim Abschiede Wilhelmiuen, ob er die Ehre haben dürfte, dem gnädigen Fräulein die Silhouette von Frehlinghausen zum Andenken zu überreichen? Das Anerbieten wurde, dem

Anschein nach mit Wohlgefallen ausgenommen, und beide Damen verschwanden im Schloß.

Dem jungen Manne war in den ersten Tagen, als ob ihm etwas fehle, da aber der Unterschied des Stan­des zwischen ihm und einer Hofdame der Königin ein da­mals unübersteiglich scheinender war, schlug er sich bald das seltsame Abenteuer ans dem Sinne, wozu ihm die Ausarbeitung seiner Gastpredigt besonders behülstich war, die er am nächsten'Sonntage vor dem Patron und der Ge­meine zu halten hatte. Inzwischen war jedoch der König mit seinem Gefolge abgereiöt, während Gundling und der Hauptmaun verabredtermaßen ihre Nolle gespielt hatten. Sie blieben beide im Schlosse zurück, indem der letztere ei­nen unerträglichen Anfall von Podagra vorschütztc. Heim­lich hatten sie zur nächsten SonntagSiiacht aber aus der Garnison zu G. einen Unteroffizier und sechs Mann be­stellt, weil sie in Erfahrung gezogen, daß der Patron, ihr gütiger Wirth, gleich nach abgelegter Gastpredigt des Can- didatrn zu seinem 10 Meilen entfernten Bruder verreisen und in den ersten acht Tagen nicht wieder kommen würde. Gegen die Zeit hofften sie den jungen Rekruten schon so in Sicherheit zu haben, daß alle späteren Reelamationen zu Nichts führen füllten, indem der Adjutant res Königs, der alle nstlitkU'in besorgte, ein Vetter deS Hauptmanns war. Gundling rieb sich nach seiner Weise vor Freude den Bauch mit den Händen, wenn ec an die Verzweiflung des Pa­stors dachte, dem er ein so schreckliches k-rroli zu bieten gesonnen war.

Endlich brach der von ihm so sehnlich erwartete Sonn­tag an. Beide Herren waren in die überfüllte Kirche ge­gangen, der Hauptmann, wie er heuchlerisch zu seinem Wirthe sagte, um- Gott für seine so unerwartet glück­liche Genesung zu danken, in Wahrheit abcr um sich sei­nen Rekruten näher anzushen, über dessen Länge er ent­zückt war und Gundling wiederholte Complimente inS Ohr raunte. Der arme junge Mann, welchen nicht bloS Frey- ling Hausen, sondern selbst Aug. Hermann Franke mehrere Male gewürdigt hatten, für sie zu predigen, ern­tete an diesem Tage stürmischen Beifall, sowohl bei seinem Patron, als bei der Gemeine, und selbst Gundling trat nach dem Gottesdienste hinzu, um mit fürchterlicher Ironie dem alten Pastor, dessen Augen noch voll Wasser standen, zu einem solchen Sohne zu gratuliren, was dieser indeß nur mit einer stummen Verbeugung erwiederte. Der Hauptmann jedoch verstand sich nicht zu der gleichen Nie­derträchtigkeit, waö ihm, jenem gegenüber, gewiffermaßm noch zum Vorthcil ausgelegt werden muß. (Forts, folgt.)

Charade.

Die Erste ist die Folge der Zweiten,

Die Zweite ist die Folge der Ersten,

Die Erste ist Mangel der Zweiten,

Die Zweite Verklärung der Ersten,

Die Erste entfliebt vor der Zw eiten.

Die Zweite versinkt vor der Ersten. » Die Erste scheut immer die Zweite,

Die Zweite scheut niemals die Erste,

DaS Ganze ist ja die Zweite, - Und wird gebraucht in der Ersten.