Minuten vor 11 Uhr zeigte sich Se. K. Hoh. am offenen Fenster seiner Parterre-Wohnung und blickte prüfend hinaus in die regnerische Landschaft. Punkt 11 Uhr stellten sich die Träger der Kaiserin vor dem mit rochen und weißen Tüchern ausgeschlageuen Portale ein, die hohe Kranke in ihrer Mitte. Die Träger trugen blaue Uniformen mit brei­ten Goldborten an Aufschlägen und Kragen. Die Kaiserin saß in einer mit Glas verschlossenen Trag-Khaise, welcher 2 russische Leibdiener mit einem leeren Tragseffel folgten. Als der Zug, begleitet von einigen Herren und Damen des Hofes, sich langsam in Bewegung setzte, zeigte sich die Gemahlin des Kronprinzen am offenen Fenster und wech­selte freundliche Grüße mit der leidenden Mutter.- Heute Nachmittag hat sich das Wtter aufgeheitert und einige der hohen Herrschaften konnten ausfahren und sich die Umgegend besehen, der es gewiß an ländlichen und romantischen Rei­zen nicht fehlte. Unter den Kurgästen, welche die all- gemeine Aufmerksamkeit erregen, befindet sich auch Rossini mit seiner Gemahlin, und wer sich für den Tonkünstler in- teressirl, hat Gelegenheit, ihn Abends zwischen 6 und 7 Uhr rauchend auf dem Badeplatz auf- und abspazieren oder bei günstiger Witterung Nachmittags in den Anlagen lust­wandeln zu seheii. Ein kleines rothes Röschen, das er am Rocke trägt, zeichnet ihn vor andern Besuchern unseres Bades aus. (D. BZ-

Von den Fildern, 25. Juni. In Waldeilbuch ist neuestenS ein Unglück vvrgekommen, welches schon um aller Eltern willen, um diese nämlich auf die kleinen Kin­der besonders aufmerksam zu machen, öffentliche Erwähnung verdient. Das 2jährige Mädchen des dortigen Lindemvirihs ist in den offenen Güllenbehälter vor dem dortigen Hause gefallen und darin sogleich erstickt. Tags zuvor ist das nämliche Kind aus dem Brunnen vor dem Hause, in den eS gefallen, unbeschädigt herausgezogen worden. (St.A.)

Hall, 25. Juni. Heute stand der ledige Maurer F Uebele von Rothenburg a. d. Tauber, ein Mensch, der die meiste Zeit seines Lebens in allen möglichen Straf­anstalten Baierns zubrachte, und erst vor Kurzem nach vier­jährigem Aufenthalte aus dem Arbeitshause entlassen wor­den war, wegen Majestätsbeleidigung vor dem Schwurge­richt. Er hatte sich zugestandener Maßen nach Württemberg begeben, um auch dorr ein Unterkommen in einer solchen Anstalt zu finden, suchte, um seinen Zweck zu erreichen, einen Landjäger auf, und stieß in dessen Gegenwart Belei­digungen gegen Se. Maj. den König auS, wofür er zu Omouatlicher" geschärfter Zuchtpolizeihausstrase verurtheilt wurde, mit welcher Strafe er aber nicht ganz zufrieden zu fein schien.

Von der Tauber. Am 22. sind zwei Personen evangelischer Konfession in der Kirche zu Königshofen in die katholische Kirche ausgenommen worden. Die eine ist eine Frau, welche schon 2t) Jahre in Königshofen verhei- rathet, die andere ist ein junges Mädchen, aus Boppstadt gebürtig. Der letzteren soll der Uebertriit von ihren Eltern sehr erschwert worden sein. Eine ungeheure Menschen­menge strömte von allen Seiten zusammen, um dieser kirch­lichen Handlung, bcizuwohnen. (H. T.)

T ag e s«N e n i q k e i t e n.

Der Minister v. H affen Pflug , der seither noch in Kassel verweilte, gedenkt sich bleibend in Marburg anzu- siedeln.

Vom Main, 22. Juni. Als Ergebniß der in Wien tagenden und ihrem baldigen Abschlüsse entgegengehenden Münzkonferenz darf, wie von unterrichteter Seite bestätig! wird , in der Thal eine Vereinbarung über gemeinsame östreichisch-deutfche Handelsmünzen in Gold und Silber er­wartet werden. Die Annahme des 45 fl.-Fußes durch Oestreich, welcher für die Staaten mit dem 24'/, fl.-Fuße zu einem 25'/, fl.»Fuße und für die Thalerstaaten zu einem 30-Thalerfuße wird, und welchem als Müuzgewicht das Zollpfuud zu 500 Granen zu Grunde liegt, wird den lleber- gang zu einer gemeinschaftlichen Haudelömünze vermitteln. Man wird ein silbernes Werlhzeichen schaffen, welches in Oestreich 3 fl., in den Thalerläudern 2 Thaler und in den 24fl. - Fußländern 3 fl. 30 kr. werth ist. Was die Goldmünze betrifft, so vernimmt man, daß deren zwei, ganze und halbe Kronen, geschaffen werden sollen. Somit wäre denn die Aussicht auf ein begucmes, den östreichisch- deutschen Handelsverkehr leicht ausgleichendes, Werthzeichen geboten, dessen Einführung keine besonderen Schwierigkeiten bietet, da sie sich fast ganz den bisherigen Verhältnissen - akkommodirt und den alten Gewohnheiten kaum einen Zwang auferlegt. (Fr. I.)

Nicht ciniiull im Zuchlhause ist man seines Gebens sicher. Ein arger Verbrecher in München, zu 20 Jah­ren Zuchthaus verurtheilt, schlief mit drei anderen Sträf­lingen in einer Schanze. Tie drei wollten fliehen, er ließ sich nicht bereden und wurde erdrosselt. So fand man ihn Morgens in seiner Schlafstelle.

Berlin. Auf den hiesigen Wollmarkt wurden 100,000 Centuer Wolle gebracht und hochfeine mit 106110, feine zu 9398, mittelseiue 8288, geringe mit 6070 Thlr. per Centner bezahlt.

Bei einem Balle in Essen gab's Streit und Kampf, der sich bis auf die Straße hinauszog. Die Streitenden stichigen sich Löcher in den Kopf, zwei junge Polizciagentcn fielen auf der Straße in -die offen stehenden Kellerräume, die weder beleuchtet, noch abgesperrt waren, und brachen Beine und Rippen. Ein Brautpaar wollte den Kämpfen­den auSweichen und bog in ein Seitengäßchen; die Braut glitschte aus und fiel in eine tiefe Mistgrube, zog den Bräu­tigam, der sie recken wollte, nach, und ehe Hülfe erschien, waren beide ertrunken.

Wien, 21. Juni. Aus Pesch schreibt man, daß dort seit einigen Tagen ein frommer Mönch die allgemeine Aufmerksamkeit aus sich zieht, er trägt einfache Sandalen und auf seiner Kutte ein Herz milder Inschrift:pnssio". Dieser Mönch ist Lord Spencer, welcher auf seine Reich - thümer verzichtet hat, zum Katholizismus übergegangcn ist und gegenwärtig als Mitglied des Pasfionsorbens mit Er» laubuiß des Papstes den Kontinent bereist, um Betervereine zu stiften.

Wien, 25. Juni. Aus gut unterrichteter Quelle geht mir die Nachricht zu, daß das Episkopat als Entschädi­gung für die unter Kaiser Joseph eingczogenen Kirchengü-