da sie wußte, daß sie von Louis geliebt wurde, und daß sie ihn wieder liebe.
Da nahm der Prozeß plötzlich eine unerwartete Wen- dimg; der Gegner übergab dem Gerichte ein Document, daö alle Hoffnungen der Lady vernichten mußte. Nach wenigen Tagen folgte die Entscheidung des Gerichts: der Prozeß war für die Jrländerin verloren.
Die Lady war seit einigen Tagen unwohl und nicht zu sprechen. Louis trat mit bleichem Angesicht zu der Geliebten und brachte ihr die Nachricht. Annette sank erschüttert in den Sessel. „Mein Gott!" rief sie, „auch sie, die gnädige Herrin, unglücklich! Sie hat mit so fester Zuversicht auf eine glückliche Entscheidung gehofft, und nun so plötzlich bricht das Unglück ein. Wie kann ich der Gebieterin in diesem Augenblicke eine Nachricht bringen, die alle ihre Hoffnungen, ihr ganzes Lebensglück zerstört; jetzt, wo sie so krank ist, daß sie nicht einmal mich vor sich gelassen.
Ter also Klagenden harrte aber noch ein neuer, ein anderer Schmerz; mit bebenden Lauten gestand ihr LouiS, daß er in den Geschäften feines Herrn Brest verlassen und vielleicht erst in einigen Wochen znrückkehren würde. — Die Liebenden trennten sich mit jenen Träumen und Hoffnungen des Wiedersehens, die den Himmel, wenn auch nicht aus die Erde, doch in unsere Herzen nicderzaubern. ^ ^ ^
Endlich kehrte Louis zurück; aber nicht Wochen , sechs lange Monate war ec entfernt gewesen Zuerst eilte er, die Geliebte zu begrüßen; aber er fand das HauS verschlossen und leer. ' Er fragte, da ward ihm die Antwort: die Lady sei nach Amerika gereist. Tie Erde bebte unter seinen Füßen, das Licht der Sonne schwand vor seinen Augen, als er weiter forschte und ihm die Auskunft wurde: Annette sitzt im Kerker und ist als Kiudeömördeiin angeklagt und überwiesen.
Mit matten, gebrochenen Lauten gab Louis seinem Herrn Nachricht über den Erfolg der ihm anvertrauten Geschäfte. Ter Alte war zufrieden, aber er erschrak vor dem bleichen, verstörten Antlitze. „Was fehlt dir," fragte er theilnehmend, „du bist krank, die Reise ist dir nicht gut bekommen?" — LouiS schüttelte daS Haupt und stammelte uur: „Annette sitzt im Kerker." — „Ja," erwuderte der Anwalt ohne sonderliche Theilnahme; „ich wir von Gerichtswegen zu ihrem Vcrthewiger ernannt, aber die Unglückliche war nicht zu erretten. Dort liegt ihr TodeSurihcil."
Louis wankte und hielt sich mühsam an einem Stuhl aufrecht; aus seiner odemlos.n Brust stöhnte cs: „Bei dem ewigen Gott, sie ist i.uschuldig! Bedenkt nur, Herr, ihr stiller, reiner Wandel."
Der Alle lächelte fast spöttisch und wiederholte: „Jar reiner Wandel? — Sie war immerdar räthfelhast und verschlossen. Ich habe das Mädchen nie lächeln sehen Z ich habe sie nie aufjauchzcn hören, das sind die Kainszeichen, mit welchen Gott die Verbrecher zeichnet."
„Wer soll ihr Verführer sein?" fragte Lonis tonlos.
„Sie ha: ihn nicht genannt," erwiedcrte der Anwat Verfinstert, „umsonst war selbst deS Priesters^ Zuspruch. Das Gerücht uannte manchen Ve.dächiigen, selbst du wurdest nicht veescha.tch
„Seht Ihr, Herr," rief Louis eifrig, „so wie ich der Sünde verdächtig und dennoch rein und schuldlos bin, so ist cs auch gewiß Annette."
Der Alte schüttelte nochmals den Kopf, er mochte wohl ahnen, was deS Jünglings Herz brach, denn ec sprach recht mitleidig: Geh' schlafen, armer LouiS. Erst auf ihr eigenes, freiwilliges Geständnis wurde sie vecur- thcilt."
Auf ihr eigenes Geständniß!" lallte Louis dem Anwälte nach. Er wankte aus dem Zimmer auf sein engeS Stübchen.
Im schmerzlichen Krampfe hatten seine Hände die Akten ergriffen, welche Annettens Todesurthcil enthielten; bewußtlos hatte er sie auf seine Kammer mitgenommen. Er laS die ganze Nacht bis zum grauenden Morgen; welche Schauer enthüllten sich ihm; er durfte, er konnte beinahe nicht mehr zweifeln; in jedem Blatte, daS er Umschlag, trat Annettens Schuld klarer hervor. Am frühen Morgen des TageS nach Louis' Abreise sahen drei Fischer die Unglückliche bleich und verstört am MecreSstrande umherwanken, sich scheu umblicken, und da sie sich allein wähnte, Etwas in die Fluchen schleudern; worauf sie sich in banger Eile entfernte. Verdächtig war solch' ein Treiben, dennoch wagten die Fischer nicht, die Flüchtige auf- zuhalteu; als aber die Männer sich nun dem Strande näherten, hatten die Wogen daö Päckchen wuder an's Ufer zurückgeschleudert. Es war in eine Frauenschürze gewickelt, und als die Fischer diese öffneten, erblickten sie einen neugcbornen Knaben, ,'n dessen blutbedrckter Brust noch ein scharfes Messer steckte.
Tie Unglückliche hatte noch nicht die Stadt erreicht; ermattet war sie in einem Gestrüppe am Wege niedergesunken. Dort fanden sie die Fischer. Räthfelhast, wie immer, war ihr Betragen, als sie sich gefangen und von den Schergen umgeben sah; eine seltsame Ruhe schien über sie zu kommen; sic hatte die Hände gefaltet und sprach in ruhiger Ergebung: „Ich wußte ja, daß es so kommen würde. (Forts, folgt.)
Logogrypl).
Ich halt' in wildem Sturmgebraus Mit starkem Zahn ein schwankend Haus;
D'rum bin ich auch der Hoffnung Mld>
Die dich in, Sturm mit Ruh' erfüllt.
Veränderst du ein Zeichen mir,
Dann wert»' ich zum Versorger dir.
Den Leutchen wird auf mir gar heiß;
Doch lohn' ich dankbar Müh' und Schweiß.
Nun setze noch zwei Silben vor!
Jetzt weht auf mir der Trauer-Flor —
Wirst du den beiden Letzten gleich Wie sie an edlen Früchten reich,
Dann darfst du nicht das Ganze schcu'n;,
Dir wird'ö der Weg zur Erubie sein.
Auflösung der Charade in Nro. 12:
Sandkörner.