frei mit einem Eide bekrästigen können, baß ich nichts von Euch wisse. Gehet also in Gottes Namen! Er bewahre Euer Leben."
So überraschend und erschütternd diese Nachritt für Brenz war, so ermannte er sich doch schnell im Glauben, machte dem Herzog seine Verbeugung, und gieng schweigend weg. Der Herzog rief ihm noch mit tiefer Bewe- gung nach: „Wenn Ihr Gott lieb seid, so wird Cr über Euer Leben wachen."
Auf dem Heimwege hob der erschütterte Glaubensmann seine Augen in stummem Gebete zum klaren Sternenhimmel, warf sich dann, nach Haus gekommen, auf die Kuiec, und empfahl sich Gott in ernstlichem und gläubigem Flehen. Als er aufstand, ward eS ihm, als spreche Jemand zu ihm: Nimm einen Laib Brod, und gehe den Birkenwald (die j.tzi sogenannte „obere Stadt" kjn Stuttgart) hinauf, und wo du die Hausthüre offen findest, da gehe hinein, und verbirg dich umer dem Dach. Er hielt dieses für eine göttliche Weisung, nahm einen Laib Brod unter den Arm, und gieng hin. Er fand alle Hausthüren verschlossen, mir die im letzten Hause stand offen Hier gieng er hinein, und, ohne von Jemand bemerkt zu werden, bis unter das Dach, wo er zwischen einer Holzbeuge und dem Dache, auf allen Vieren herumkricchend, sich versteckte. Schon am andern Tage rückte der kaiserliche Obrist in Stuttgart ein, ließ die Stadithorc und alle AuSgänge sogleich besetzen, und verlangte vom Herzog die Auslieferung des Brenz. Auf dessen feste Erklärung, daß er bei einem Eide nichts von Brenz wisse, ordimc der Obrist eine strenge Hausdurchsuchung an, die volle 14 Tage dauerie. Brenz hörte von der Straße heraus aus dem Gespräche der Leute täglich den Gang der Untersuchung, bis sie am letzten Tage auch in seine Nähe und zu dem Hause kamen, worin er verborgen war. Auf den Knieen liegend und betend hörte er das Waffeugcklirre, und endlich die Häscher langsam durch's HauS von Gemach zu Gemach und von Treppe zu Treppe rasseln, bis sie sich zuletzt seinem Verstecke nä- Herten. Er hörte die Klingen durch die Holzbeuge stoßen, und mußte sogar einem Stiche, der von oben herüber kam, anSweichen. Wie cs ihm da zu Mmhe war, als alle Winkel des TachraumS durchsucht wurden, das läßt sich kaum nachempfinden. Endlich hörte er zu seiner Freude das Kommandowort: „Geht, auch da ist er nicht." Ten andern Tag erstatllte der Obrist dem Herzog das Ergebniß seiner Durchsuchung mil dem Beifügen: er glaube selbst, daß Brenz nicht in Stuttgart sei, und gab Befehl mm Abzug auf den folgeren Tag.
Doch wie hatte Brenz 14 Tage laug ohne Trank von Einem Laib Brod leben können? — Goit hatte einer Heuue, wie dort den Raben, geboten, ihn zu versorgen. Am ersten Vormittage schlich sich diese Henne zwischen die Holzbeugr und das Dach, und legte ein Ei nahe zu Brcnzeuö Füßen. Dann gieng sie, gegen die Gewohnheit der Hühner, ganz still wieder weg. Breuz nahm das Ei, schnitt sich ein Slück Brod dazu, und dankte Gott für diese Mahlzeit mit kindlicher Einfalt. Am andern Tage kam die Henne wieder, und so die vierzehn Tage hin
durch immer zur nämlichen Zeit, und so genoß Brenz täglich sein gutes Mahl. Merkwürdig war, daß die Henne am fünfzehnten Tage nicht mehr kam, wo denn aub Brenz von de» Leuten auf der Straße sagen hörte: „Jetzt sind sie fort." Ec blieb der Sicherheit wegen noch bis zum Abend, und feierte diese übrige Zeit noch mit Danken und Loben. Als cS dunkel geworden war, kroch er hervor, kam unbemerkt aus dem Hause, und eilte nun sogleich zum Herzog.
Dieser traute kaum seinen Augen, als Brenz vor ihm stand. „Wie gicng'ö Euch denn, lieber Doktor?" war seine Anrede. „Gut," antwortete Brenz. „Wer erhielt Euch die lange Zeit?" Brenz erwiedcrte: „Gott!" und erzählte ihm dabei den Vorfall mit der Henne. „Und wie kämet ihr bei den Spaniern durch?" fuhr der Herzog fort. „Auch gut, denn Goit hat mich bedeckt," war die Antwort. „Dießmal," sagte der Herzog weiter, „hatte ich die Hoffnung für Euch ausgegebeu, — und Ihr?" „Ich auch," entgegnete Brenz. Nun führte der Herzog ihn an daS Fenster, knieete nieder, und bat Brenzen, mit ihm Gott zu loben für diese sichtbare Errett mg aus deS Feindes Hand-
Der Herzog hielt es jedoch nicht für rathsam, Brenz jetzt bei der Hand zu behalten, sondern machte ihn, um ihn vor den Gefahren sicher zu'stellen, zum Obervogt inHornberg, wo er unter dem Namen Ulrich Aeiligst er zwei Jahre lang diente. Sein chr stliches Benehmen und seine strenge Sittlichkeit machte ihn dort balv Jedermann lieb und werth. Oft besuchte er kie Kirche, und bemühte sich, unvermerkt aus die Geistlichen selbst einzuwirken.
Schließlich bemerken wir nur noch, daß nach dem Abschluß des Passauer Friedens Brenz auch wieder frei hervortreten durfte, und von Herzog Ulrich zum Landes- Propst gemacht wurde, als welcher er die Reformation Württembergs vollendete, nicht nur durch sein amtliches Wirken, sondern auch durch seine Schriften reichen Segen verbreitete, und unermüdct für die Förderung der evangelischen Wahrheit bis an feindseliges Ente arbeitete, welches im Jahre 1570 den 17. August erfolgte.
Charade.
Die erste Silb' — wer hat von ihr wohl nicht gehöret, Dem schönen Jüngling, ach so rcichbegabt und gut, Der, einstens momentan von wildem Wahn bethöret, Ein Mörder, büßte grause Thai mit seinem Blut?
Die beiden Letzten sangen in Begclst'rungSstunden,
Im bunten Schlachtensturm manch' kräftig deutsches Lied» Doch wie ein Traum in stiller Nacht vorüberzieht,
So waren sie der Lieben Sehnsuchtsblick entschwunden» Sie starben tief beweint in jenen heißen Tagen,
Wo gold'ne Säulen ihren theureri Namen tragen.
Mein Ganzes deckt der Silben Reih' mit ew'ger Ruh', Doch nicht vergessen, unter GrabcShügeln zu.
Auflösung der Räthsels in Nro. 10:
Der Hahn.