Wien, 1. Febr. Kaiser Franz Joseph hat aus Rücksicht für seine erhabene Alliirte, die Königin Victoria, den Oberst Türr, welcher als Deserteur in Bukarest gefangen genommen wurde, begnadigt.
Wien, 2. Febr. Gestern, bei der Unterzeichnung des Protokolls, stellte Fürst Gortschakoff den Antrag, daß Preußen eingeladen werde, an den Konferenzen Theil zu »ehmen. Graf Buol unterstützte diesen Antrag. Die Gesandten Frankreichs und Englands nahmen Akt davon sä rekerenäuw. (Fr. I.)
Brüssel, 5. Febr. Die Jndependance meldet aus Rom: Ein eigenhändiges Schreiben des Czaren zeigt dem Pabst die Wiederbesezbarkeit der bestehenden vier katholischen Bisthümer im Königreich Polen an und die Errichtung von sechs anderen an anderweitigen Punkten des russischen Reichs. (T. B. d. S. M.)
Madrid, 30. Jan. Herr Orense ließ von seinen Freunden den Beschluß fassen, daß wenn General O'Donnel sich nicht 24 Stunden nach diesem Beschlüsse mit Orense schlägt, dieser sich später nicht mehr »u schlagen brauche. Man glaubt der Bruder des Kriegsminifters werde nach Madrid kommen, um sich für diese» zu schlagen.
Die Pariser Fleischer haben sich verpflichtet, 2 Monate durch alle Wochen 1000 Kilo Fleisch an die von der Kaiserin errichteten Speifeanstalten unentgeldlich zu liefern.
Die französische sowohl wie die englische Regierung haben die Contrakte mit den Armeelieferanten wieder aus ein halbes Jahr erneuert, nachdem sie dieselben unmittelbar nach dem Eintreffen der Petersburger FciedenS- Lepeschen gekündigt halten.
Paris, 5. Febr. Nach dem Moniteur sind die Bevollmächtigten zu den Friedensunterhanvlungen folgende: für Frankreich: Graf WalewSky (Minister der auswärtigen Angelegenheiten), Bourqueney (französischer Gesandter in Wien). — Für Oeftreich: Graf Buol-Schauenstcin (Minister der auöw. Angel.), Baron Hübner (önreichischer Gesandter in Paris).— Für England: Gras Clarendon (Minister der ausw. Angel.), Lord Cowlep (englischer Gesandter in Paris). — Für Rußland: Graf Ocloff (Adjutant des Kaisers), Baron Brunnow (früher russ. Gesandter in London). — Für Sardinien: Graf Azeglio (Ministerpräsident). Für die.Türkei: Ali Pascha und Mehemed Tjemiel Bey. — Preußen ist nicht erwähnt. (T.D. d.H.T.)
Das „Mining Journal" bespricht mit ausführlicher Sachkenntniß den bereits zu verschiedenen Malen aufge- tauchtcn Plan, die Küsten Englands und Frankreichs mittelst einer unterirdischen Eisenbahn zu verbinden, und hält den von einem Mr. W. Austin ausgearbeiteten Bauplan für den allerbesten. Diesem zu Folge wirb die unterseeische Bahn eine Länge von 22 englischen Meilen haben müssen; er will einen dreifachen, durch ovale Bogenwölbungen von einander getrennten Tunnel anlegen, dessen Mauerwerk nach Hutchisons Methode wasserdicht und unverwüstlich gemacht werden soll. Die höchste Stelle des 2unnclö soll in der Mitte des Kanals zu liegen kommen, und von da nach beiden Seiten hin abfallen, so daß, wenn ein Einsturz vorkäme , das Wasser leichter hinausgeschafft werden könnte. Er berechnet die Dicke der Schichte zwischen der Wölbung
und dem Meeresboden aus 60 Fuß, will 3 Paare Schlei nen legen, zwischen ihnen in der Mille die Telegraphen- drähte spannen, dem Tunnel selbst, wenn es nöthig fein sollte, durch 3 oder mehr Luftschachte Ventilation verschaffen, deren Oberlheile zu Leucht- und Signalthürmen im Kanal verwendet werden könnten, dabei neben den Schienen Raum genug für die gebräuchlichen Fußwege lassen, und veranschlagt die ganze Zeit, die zur Herstellung nöthig wäre, auf 7 Jahre. Das erforderliche Kapital auf 6 Millionen. Allen diesen Ueberschlägeu liegt die geologische Annahme zu Grunde, daß man auf der ganzen Strecke auf keine andere Schichte als Kalkstein stoßen werde.
Daß England mit dem orientalischen Kriege in einer Beziehung wenigstens nicht ganz unzufrieden zu sein braucht, zeigen folgende Zahlen. Im Jahre 1853. dem Jahre vor Ausbruch des Krieges, betrug der ganze Werth seiner Ausfuhr nach der Türk ei 3 Millionen Pfund Ster- ling, in den beiden Jahren seit Ausbruch des Kriege- hat sie 1854 beinahe 4'/, Millionen und 1855 schon 8 Mil- lionen betragen, sich also binnen 2 Jahren nahezu verdreifacht (wobei, wie sich versteht, die Sendungen der Regierung für die Armee und den Krieg nicht inbegriffen sind). So stark hat sich mit der Herrschaft im Orient auch der Handel dorthin gehoben und diese Hebung ist natürlich erst ein kleiner Anfang.
London, 5. Febr. Tie M. Post-meldet: Wir glauben die offizielle Meldung ist eingetroffen, daß Seba- stopols Docks sämmtlich gesprengt und zerstört sind. Heute ward ein Tapfrrkrilsorden crcirt; er besteht aus einem einfachen Metallkreuz. (T. D. d. A. Z.)
L o n d on, 2. Febr. Die M. Post glaubt, daß binnen Kurzem ein Waffenstillstand auf beschränke Zeit abgeschlossen werde. Genaue Bedingungen desselben seien noch nicht festgestellt, werden sich aber wahrscheinlich auf Landoperationen beschränken, da Zusammenstöße zur See unmöglich, und die Fortdauer der Blokade, falls der Friede bis nach Freiwerden der Ostsee vom EiS noch nicht geschlossen wäre, für unsere Stellung als unterhandelnder Staat nothwendig sein und mit dem Gebrauch übcreinstimmen würde.
(T. D. d. A. Z.)
Konstantinopel, 21. Jan. Die türkische Geistlichkeit wird künftig blos dem Kultus obliegen, für rejn juridische Angelegenheiten aber, die sie bisher besorgte, ein neues Departement nach neuem Gcsetzbuche und neuen Normen geschaffen werden. (T. D. d. St.A.)
Auf der Halbinsel Krimm ist das Wetter so unbeständig, daß cs in 48 Stunden wo möglich alle 4 Jahreszeiten repräsentirt. So hatte man dort am 12. Jan. einen wahren Sommertag, mild, klar, erquickend, am 13. Regen und Sturm, in der Nacht Schnee und am 14. eine heftige Kälte von 23*/, Grad.
Per«, 17. Jan. Tie Nachrichten von den KriegS- theatern beschränken sich auf die begonnene Sprengung der Docks in Sebastopol, die gerade keine harmonirende Begleitung zu den nach St. Petersburg geschickten FriedeuS- propositionen ist. Uebrigens ist hier auch nicht der geringste Glaube für die Annahme derselben vorhanden. Man rüstet im Gcgentheil mit allen Kräften für dm nächsten Feldzug,