Merkwürdige Lebensrettung des württemb.

Reformators 0r. Johannes Brenz.

Eine her denkwürdigsten Zeiten wird immer die der Kirchen- und Glaubensverbesserung sein, die im Jahre 1517 durch I>r. Martin Lutherbegonneu wurde. Sie ist reich an ausgezeichneten Männern, die für die Wahrheit Gut und Blut d'ran setzten; aber auch reich an merkwür­digen Erfahrungen der schützenden und rettenden Bewahrung Gotteö, die manche auserwählte Rüstzeugen der Borsehung erfahren dursten.

Johannes Brenz, geboren den 24. Juni 1499 zu Weil der Stadt, wo sein Vater Stadtschultheiß war, erhielt zu Heidelberg zu gleicher Zeit mit Mel an ch- thon und Bucer seine wissenschaftliche Bildung. Durch vorzügliche Geistesgaben und angestrengten Fleiß konnte er schon im Jahre 1517 die Magisterwürde erhalten, und bald darauf ein öffentliches Lehramt antreten. Im Jahre 1518 lernte er Archer ans der Disputation zu Heidelberg kennen, die ihn mit tiefer Achtung gegen diesen großen Geist erfüllte, so daß er von da an das Wort Gottes ernst­lich las, und Luthers Schriften fleißig studirte. Ueberrascht von dem Lichte der Wahrheit, das ihm hiedurch anfging, fing er an, dem Werke der Reformation thätiger Antheil zu widmen, und aus der Kanzel so wie im Hörsaale die Sache des Wortes GotteS zu fördern. Dieß zog ihm, wie natürlich, viele Feinde zu, erwarb ihm aber auch manche Freunde. Schon iVr Jahre 1522 wurde er auf die erledigte Predigerstelle zu Schwäbisch-Hall beru­fen, wo er durch seine Entschiedenheit für die Wahrheit, und durch seinen unerschrockenen Much während des Bauern­krieges, so wie durch seinen ernsten, frommen und an­spruchslosen Wandel bald die Liebe und Achtung aller Ein­wohner gewann. Dem berühmten Ncichöiag zu Augsburg (1530) wohnte er persönlich bei, und wurde bald darauf (1534) von Herzog Ulrich von Württemberg berufen, auf der Universität Tübingen mehrere Verbesserungen, und im Lande die evangelische Kirchenordnung einzuführen.

Diese und andere wichtige Bemühungen für die Re­formation hatten die Aufmerksamkeit und den Haß deS Kaisers Karl V. und der Papisten auf ihn gezogen, AlS daher der schmalkalbische Krieg auSbrach, und Hall im Jahre 1547 von den kaiserlichen Heerfchaaren eingenom­men wurde: so gab der grausame Herzog Alba, der diese b fehligte, den Befehl, seine Wohnung zu stürmen, und den Brenz todt oder lebendig zu überliefern. Aber dieser entkam mit den Scinigen glücklich durch die Hinterthüre, während die spanischen Soldaten von vornen eindrangen, und ward unter mancherlei Fährlichkeit unversehrt erhallen.

Eine noch größere Gefahr drohte ihm im Jahre 1548, als der Kaiser vertrauend auf das Glück seiner Waffen, beim Friedensfchluß das Inter im cinführen wollte. Dieß war eine Vorschrift, kraft deren die Evangelischen zu ei­nem dem papislischen sehe nahe kommenden GotrcSdicnftc sich bequemen sollten, bis eine allgemeine Kircheuveriamm- lung gehalten worden wäre. Ai an hatte aber dabei keine andere 'Absicht, als die Protestanten nach und nach wieder unter das römische Joch zu bringen. Dem Brenz, der mit Leit Meisten dieses Interim verwarf, und es öffentlich

Interitum, d. h. Untergang der Protestanten nannte, wurde deshalb vom Kaiser der Tod geschworen. Er schickte da­her den spanischen Kardinal Granvclla, einen Erzfeind der evangelischen Wahrheit, ab, um dcö in des Kaisers Angen so gefährlichen Mannes mit List habhast zu werden.

Da aber dieß nicht gelang, wurde Gewalt versucht. Der H Kardinal berief den ganzen Rath der Stadt Hall, und ließ ihn einen schweren Eid schwören, von dem, was jetzt dem ^ Rache eröffnet werden sollte, nichts zu entdecken. Hierauf zeigte er ihnen die Vollmacht vom Kaiser, den Brenz ge­fangen nach Augsburg zu bringen. Würden sie nun, setzte der Kardinal hinzu, zur Ausführung dieses Vorhabens die er

Hand bieten, so werden sie die ausgezeichnete Gnade des üi

Kaisers erlangen; würden sie ihm aber Hindernisse in den Weg legen, so werde die ganze Stadt es hart zu büßen m

haben. Die Rathsherren waren äußerst bestürzt, und wuß- V

reu nicht, waS zu thuu war. In ihren Augen war eS ^

nun um ihren theuren Brenz geschehen. Aber Gott, der ^

den Seinen am nächsten, wenn ihre Noch am größten, hatte in seiner Vorsehung bereits ein unerwartetes Mittel ^

zu seiner Rettung ersehen. Einer der Rathshcrren hatte di

sich verspätet, und kam erst in die RatbSftnbe, als die übri­gen beeidigt waren. Zum Gluck bemerkte ihn der Kardi- nal nicht, der gerade im größten Eifer den kaiserlichen Be- h,

fehl einschärfte. Nach Entlassung der Versammlung schickte zx

jener 'Rathsherr augenblicklich einen Zettel an Brenz durch F

den Prediger Isen mann, seinen treuesten Freund, wor- h

aus die Worte standen:Itz'uKo, kuK6, ürcnti, cito, ci- I

tius, citissime!-' (das heißt zu deutsch:Flieh, flieh, p

lieber Brenz, so schnell wie immer möglich!> h

Es war gerade am 24. Juni, und Brenz saß, da cs sein GeburlS- und Namenstag war, eben bei der fröhli­chen Familien-Mahlzeit, die er auf den Tag angestellt h

hatte, als der Prediger Jsenmann mit der unerwarteten ^

Nachricht hereintrat. Sogleich stand Brenz vom Tische ^

auf, zog ein buntes Kleid an, und gieng, während die »

Tischgenvssen dachten, man habe ihn zu einem AmiSgeschäfie ,

berufen, mit Jsenmann zur Stadt hinaus, linier dem Thore begegnete ihm der kaiserliche Commissär, der ihn, weil er ihn nicht kannte, nach Breuzeus Haus fragte. (

Brenz wies ihm sein eigenes HauS, und gieng zum Thor (

hinaus. Lange irrte er unstet auf dem Lande umher, und e

hatte mit allen Widerwärtigkeiten eines Vertriebenen zu h

kämpfen, ehe er eine Zufluchtsstätte finden konnte. DeS g

TageS verbarg er sich in dichten Wäldern, und Nachts s tröstete er seine trauernde Familie, die sich in einem Dorfe aufhielt, und durch die Wvhlchätigkeit eines Grafen er- t

nährt wurde. Endlich nahm sich Herzog Ulrich von Wärt- f

temberg seiner au, und ließ ihn durch einen sehr vertrauten r

Diener in Sicherheit bringen, dem er jedoch den Auftrag e

gab, ihm auf den Fall einer Nachfrage von Seiten deö k

Kaisers keine Kunde von Brenzcns Bergungsort zu geben. 1

Er ward nun auf die Burg H ohen-W i lt lingen bei t

Urach gebracht, wo er an seiner Erklärung deS Psalters !

arbeitete. _ (Schluß folgt.)

Auflösung der Charade in Nrs. 8: ^

Blaustrumpf.