In einem Berliner Ga st Hofe stieg ei» alter jüdischer Kaufmann ab und ließ sich ein Zimmer geben. Bald zeigte sich's, daß der Mann sehr krank mar nnd die Pflege große Unannehmlichkeiten verursachte. Vertreib' mich nicht auch, bat der Kranke den Wirth, wie mir's in andern Häusern geschehen ist, ich wist gut zablen. Der Wirth behielt und pflegte den Kranke» bis er starb. Als das Testament eröffnet wurde, mar der Gastmirth znm Erben eines Kapitals von 55,000 Thalcrn nnd eines großen Cigarrenlagers eingesetzt.
sEin gutherziger Wirth.j Es war in Donai; der Eisenbahnzng stand zum Abfahren bereit. Ein junger Mann hielt sein Portemonnaie in der Hand; der Wirth stand mit der Rechnung vor ihm. Dieselbe betrug für Ist Tage Nachtlager und Zehrung 70 Francs. Der Gentleman» kratzte sich hinter den Ohren: wenn er den Preis für seinen Platz auf der Eisenbahn abrecbnete, blieben ihm nur 63 Francs. Er verlegte sich also daraus, den Wirth um Nachsicht zu bitten. Dieser strich seinen Bauch und lächelte gutherzig. „Nun ja, ich war auch einmal jung und weiß, daß eincnEs Geld ausgehen kann. Reisen Sie also in Gottes Namen, ich vertraue Ihrem Gesichte, Sie werden mich nickt um die 7 Francs prellen wollen; reisen Sie, reisen Sie." — „O wie gütig sind Sie doch!" rief der Gentlemann, „sobald ich zu Hause ankomme, schreibe ich und schicke das Geld.'"
— „Schon gut, schon gut!" sagte der Wirth, „sputen Sic sich, der Train geht gleich ab. Leien Sie nur so gut, ehe Sie fortgehcn, hier mit diesem Stück Kreide Ihren Namen und Ihre Schuld auf die Zimmerthüre zu schreiben." — „Es ist geschehen," sagte der junge Mann, „aber", fügte er etwas beunruhigt hinzu, „so wird ja Zedermann sehen, daß ich Ihnen 7 Francs schuldig bin..."
— „Ah nein; beruhigen Sie sieb," sagte der Wirth. „Sie werden Ihren Mantel darüber hänge», nnd der wird so lange da hängen bleiben, bis Sie mir die 7 Francs bezahlt haben."
Von der großen Anhänglichkeit der Chinesen an ihre Heimath, selbst unter den Ausgewanderten, ist ein Beweis die schon von früheren Reisenden beobachtete Sitte, dafür Sorge zu tragen, daß die in der Fremde Gestorbenen in der Heimath bestattet werden. Sv hat im Mai d. I. das Klipperschiff „Stephen Baldwin" die Leichen von 300 Chinesen, die in Kalifornien gestorben, an Bord genommen. Die Transportkosten beliefen sich ans etwa lOO Dollars für jeden Leichnam. Das „Daily California Chroniclc" fügt dieser Nachricht mit bitterem, aber treffendem Spott hinzu: „Wir besitzen ein Monopol: wir führen lebende Chinesen als Rohstoff ein, der dann zu todten Chinesen verarbeitet und so wieder ansgeführt wird."
Aus frühere» Zetten.
In der Rathsbibliothek von SenS wird das Mann- script des Narrenfestes oder der Geschichte von dem Esel, eins der sonderbarsten Denkmäler menschlicher Thorheit, aufbewahrt. Es stammt aus dem dreizehnten Jahrhun
dert, ist auf Pergament geschrieben nnd der Rand der Seiten mit allerhand sonderbaren nnd komischen Schnörkeln verziert!
Dies Fest erhielt seinen Namen von gewissen Lustbarkeiten der Geistlichen, welche eS in mehreren Kirchen an gewissen Tage», namentlich in der Zeit der Weihnachten bis znm Sonntage Epiphaniä, mit Sang nnd Klang begingen.
Es wird allgemein angenommen, daß diese burleske Cerenionie eine Nachahmung der heidnischen Saturnalien, PanSseste n. s. w. war.
Sv scandalöS dieses Fest aarcb.war, so bestand es in fast allen katholischen Ländern Europa", trotzdem daß Kirchenversammlnngen wie auch' Päpste nnd Bischöse dagegen eiferten; vergeblich ordneten sie um diese Zeit Processionen, Fasten nnd andere kirchliche Feieiliebkeiten an, - nichts konnte diese Ausschweifungen unterdrücken. Namentlich wurde dieses sonderbare Fest in der Kathedrale von Sens mit Glanz, LnruS und Ercesseu mancherlei Art gefeiert; dem Esel wurde hierbei auf eine ganz eigenthümlicke Weise gehuldigt.
In der heiligen Christnackt sprangen und tanzten die Priester und Diakonen in der Kirche herum; dann wurde ein Bischof oder Erzbischof der Narren gewählt nnd seine Wahl unter einer Menge lächerlicher Feierlichkeiten bestätigt ff unter anderem beräneberteu sie ihn mit dem Ranch altcn, angebrannien Schuhleder-.
Darauf wurde, mit einem schönen Chorrock angethan, ein Esel in die Kirche geführt und alle Theiluehmer am Feste, grotesk gekleidet, tanzten um den Esel herum nnd sangen dazu verschiedene höchst sonderbare Lieder.
Von allen lebenden Wesen, welche dieses ruchlose Fest begingen, war unbedingt der arme Esel das einzige, welches keine Lust dabei empfand, denn er wurde nur immer gereizt nnd geschlagen, um seinen ihm eigenthüm- lichen Laut Heren zu lasse», was allen Anwesenden zum größten Gaudium gereichte.
Ueber die Sitte, Toaste stehend ausznbringen.
Tie Gewohnheit, Toaste stehend anSzubringen nnd dabei auch stehend die Gläser zu leeren, ist man berechtigt, nicht bloß als eine von der Höflichkeit oder der Etikette hevorgernfene Gewohnheit anznsehcn, sondern eS sind Gründe vorhanden, um ihr auch einen historische» Ursprung beizutegen. Bei den alten Völkern, nnd namentlich bei den Jnnl-Festen der alten Nordländer, die eine gleiche Bedeutung mit unseren Fastnachtsfestlichkeitcn halten und auch fast in dieselbe Zeit fielen, wurde nämlich unter anderem streng darauf gehalten, die Becher, welche man den Göttern zu Ehren leerte, stehend anszn- trinken. Mit der Einführung des Christeuthums fiel zwar die religiöse Bedeutung dieses Gebrauches fort, die Sitte selbst aber erhielt sich bei festlichen Gelegenheiten insofern, als man eben dadurch, daß man sich erhob und stehend trank, demjenigen, welchem der Toast galt, eine besondere Hochachtung oder Ehrfurcht erzeigen wollte.
Beraiuwortlichc Redaktion: Hölzle. Druck und yerausgegcbcn vo» der G. Zaiscr'schen Buchhaudiunj.