Ter Gell Mensch ennt keine anderen Noten als Bank­noten; er würde allenfalls singen, wenn das Einmaleins nnd der Weckselkours in Nusit gesetzt wären.

Ein. Sänger darf kein hochmnthiger Aristokrat sein. Wer die Nase zu hoch trägt, der kann^ unmöglich einen reinen vollen To» auS der Kehle bringen. Im Sänger­volk herrscht vollkommene Gleichheit vor dem Gesetze der Harmonie; und wenn sich je Einer über den Andern erhe­ben und höher hinaus darf, als der Andere, so ist eS der erste Tenor.

Ein Sänger darf kein Diplomat sein; wie will ein Menschenkind singen, das von Amtswegen eine doppelte Zunge im Munde hat? Zischen wie die Schlangen kann cs zwar, aber nicht singen.

Ein Sänger darf kein Hofschranz sein: denn wir wissen aus Oken'S Naturgeschichte, daß die kriechenden Ge­schöpfe keine Stimme haben.

Ein Sänger darf endlich kein Pietist nnd Mucker sein. Der Pietist hat die Angen stets gegen die Wolken gekehrt und sieht also über die Noten hinweg. Anch beschränken sich seine musikalischen Fertigkeiten aus Winseln und Seuf­zen. Seine Weise geht uncknnte et maestoso; der Takt aber des Lebens heißt: vivace et-allcAro. Es möchte sich schwerlich seufzen lassen im Achtel- oder Sechzehntel­takt.

Wollt Ihr die Krankheit unserer Zeit, die Gemeinheit heilen, so bringt den Gesang unter das Volk und Ihr bringt zugleich den Sinn für Ordnung unter dasselbe. Und die Ordnung thut unserer Zeit mehr als sonst Noth.

Merkwürdige Beobachtung.

Daß nicht nur das Glück, sondern auch der Verstand in der Welt immer mehr abnimmt, hat man schon lange bemerkt.Neuerdings hat ein englischer Arzt wieder des­halb Beobachtungen angestellt, wie in den meisten Ländern die Zahl der des Verstandes Beraubten zugenommen habe. Namentlich soll es in England in den Gegenden, wo Acker­bau getrieben wird, ein Drittel, mehr Verrückte geben als in den Gegenden, wo die Leute hauptsächlich Schifffahrt treiben.

Die Ehe.

Die Ehe ist das Ziel, welchem alle Jungfrauen ent­gegen steuern; daß Viele es nicht erreichen, ist nur ihre eigene Schuld. Denn beim ersten Freier gebrauchen sie gewöhnlich zu viel Vorsicht, beim zweiten haben sie ihre eigene Ansicht, beim dritten nehmen sie keine Rücksicht, beim vierten haben sie keine Einsicht, da schließt sich auf einmal die Aussicht und es bleibt ihnen Nichts als die leere Uebcrsicht.

Starnmbrrchvers.

Bläst uns, o Welt, in deinem HauS Ter Tod das Lebenslichtchen aus, Wird vcm Geruch es offenbar,

Wer Talglickt oder Wachslicht war.

Die Schildwache.

Zwei Uhr vorbei, still ist die Nacht,

Ich stehe einsam auf der Wacht,

Kein Werda mehr seit einer Stunde.

Tief eingelullt liegt Lust und Leid,

Ueber des Pla.es Einsamkeit Steigt dunkel des Palast'ö Rotunde.

Im Schloß nur einer Leuchte Schein;

Dort wacht und sinnt ein Mann allein,

Es ist der höchste Herr des Landes.

Die Krone nahm er von dem Haupt,

Doch bleibt ihm noch der Schlaf geraubt Vom schweren Druck des goldnen Randes.

Der Herr und ich es wachen zwei; Mein Postcndienst ist bald vorbei,

Klirrend wird bald die Runde kommen. Ablösung! ein vortrefflich Wort;

Tie wachen Sorgen wers' ich fort,

Wann mich der Schlaf in Arm genommen.

Doch Jener darf vom Posten nicht,

Es hält ihn eine ew'ge Pflicht,

Sie hält ihn fest mit goldnen Ketten.

Kein Mund, der ihm Ablösung ruft; Ablösung! wann man in der Gruft Den wachenSmüden Leib wird betten.

I. E. Braun.

Aphorismen.

* Wenn du das Leben liebst, so verschwende die Zeit nicht; denn aus Zeit besteht das Leben. Wie viel mehr Zeit, als nöthig ist, verschwenden wir nicht durch den Schlaf und vergessen immer, daß ein schlafender Fuchs kein Huhn fängt, und daß wir im Grabe noch Zeit genug zum Schlafen haben. Wenn die Zeit von allen Dingen das kostbarste ist, so ist Zeitverderbcn die allerschändlichste Verschwendung; denn verlorene Zeit findet man niemals wieder, und waS wir nennen:Zeit genug," heißt verdolmetschet:Zu wenig Zeit."

* Sieht man den Sternhimmel an, so freut man sich, in einer so unendlichen Welt auch als Funke zu fliegen.

Anekdoten.

Ern Wittwec küßte bei dem Leichenbegängnisse seiner Frau ein hübsches Mädchen. Als man ihm Vorwürfe über dieses Benehmen in einem solchen Augenblicke machte, ant- ckvortete er:Ich bin so desperat, daß ich nicht weiß, was ich tbue."

Ein Schneidergesell hustete sehr stark bei Tische. Was fehlt ihm?" fragte die Meisterin.Es ist mir etwas kn die Unrechte Kehle gerathen," antwortete der Ge­selle.Run, das ginge mir noch ab, ein Gesell, der mit zwei Kehlen frißt! er kann in Gottes Namen gehen."

BnantwoUN'che Redaktion: Hötzle. Denek rer G. Z«Her'schell Buchhandlung in Nagold.

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