Die Franzosen thun sich auf eine neue Erfindung viel zu gut. Sie bauen eine neue Art Kanonendöte und schwimmender Batterien. Die Widerstandsfähigkeit der­selben soll außerordentlich sein. Sie werden mit der Schraube bewegt, allein die Dampfmaschine ist mit einer Vorrichtung versehen, die de» Rauch vollständig verzehrt, so daß die schwimmende Festung sich nicht durch den Schornstein oerrathen kann. Um daS unvermerkte Her­ankommen noch mehr zu erleichtern, werden sie ganz meer- färben angestrichen. Ihr Bau ist ganz flach und im Wasser gehen sie nur so tief, als wegen der Kanonen unumgänglich nöthig ist. Die Franzosen hoffen Wun­derdinge davon im nächsten Seefelvzug.

Die Engländer äußern die schüchterne Lermuthung, daß ihre Königin Victoria im Frühjahre einige Zeit außer Stande sein werde, den Regierungsgeschafien obzuliegen.

Nach den neuesten Aufzeichnungen hat London nicht weniger als 1129 BuchdruEereien, Paris dagegen nur 94, Petersburg 14, Moskau 6, Rom 10, Mailand 37, Madrid 15, Wien 25, Berlin 62, Hamburg 45, Lelp- zig 35, Stuttgart 28, Frankfurt a. M. >9.

In gewissen Dingen haben die Engländer eine sehr zarte Moral. Daß ihr Opiumhandel die Cymescn ver­giftet, berührt sie nicht; sie führen sogar Krieg gegen den chinesischen Kaiser, weil er ihr verderbliches Opium nicht dulden will. Daß aber die Cirkassierinnen in die Harems verkauft werben, ^mpör, sie. Die Sache ist allerdings nicht zu billigen und zu wünschen, daß der abscheuliche Menschenhandel aufhört; allein wenn Reise- beschrelbungen recht berichten, so lst sie keineswegs so barbarisch. Die Mädchen selber in C'.rkassien füblen das Entwürdigende nicht und freuen sich auf die Zeit, wo sie aus ihrer Armuth in das Haus eines Neichen und Vornehmen kommen und mit Allem, was das Leben bedarf, reichlich versorgt werden. Freitich haben es die reichen englischen Ladies besser, die sich nach eigener Her- zenöwahl einen Gemahl wählen können, aber wie viele Tausend unbemittelte Mädchen müssen sich denn nicht auch in Europa doch nur der Versorgung wegen einem Manne antrauen, den sie nicht lieben? Und läge es nicht näher, zunächst die Blicke auf die vielen Tausend Mädchen in London zu richten, welche größtentheils die Noch auch zu einem Verkaufe treibt?

Die Nachrichten über den blutigen Schlachttag am 5. Novbr. vor Sebastopol fließen fetzt reichlicher. Der Kampf war bedeutender noch als der an der Alma, man focht mit mehr Truppen und von Morgens bis Nach­mittags 4 Ubr mit großer Erbitterung. Auf beiden Sei­ten, am meisten auf englischer, fielen viel Oderofsiziere oder wurden schwer verwundet. Der Kamps war für die Russen eine Notbwendigkeit, eine Feuerprobe. Nach allen Nachrichten sollte am 5. ein Sturm gegen Scba- stopol stallfinden; dem wollten die Russen mit Aufgebot aller Kräfte zuvorkommen und dieFestung ganz entsetzen. Das ist ihnen nicht gelungen. Sie schieben die Schuld des Mißlingens auf eine Division, die zu spät in rer Schlacht eingetroffen sei. Was jetzt den Russen mißlun­gen ist, nachdem sie alle Hülfstruppen an sich gezogen

batten, wird ihnen später nicht gelingen, da sie auf neuen Zuzug nicht mehr zu rechnen haben.

AuS Kvnstantinopel vom 9. Nov. werben noch folgende interessante Details berichtet: Der Verlust der Engländer ist auf 2000 Tobte und Verwundete und jener der Russen auf 78000 Mann angegeben. Der Kampf dauerte 12 Stunden und endigte mit dem völligen Rück­zug der Russen. Der Verlust der Franzosen war noch unbekannt.

In einer der jüngsten Proklamationen an die Be­lagerer von Sebastopol heißt es am Schluffe:Nur noch wenige Tage und das Bollwerk wird vor Euren s Füßen liegen." Obwohl nun diese wenigen Tage bereits verstrichen zu sein scheinen, so will doch das Bollwerk no- immer nicht zu den Füßen liegen; rm Gegeniheil erfährt man, daß viele Füße vor dem Bollwerk liegen.

Die neuen und »eucsten Nachrichten auS der Krimm sind verschieden. Den neuen zufolge wollen die Verbün­deten daS russische Heer außerhalb Sebastopol angreifen und gründlich schlagen, um freie Hand für Belagerung und Sturm zu haben; nach den neuesten aber wollen sie nicht eher stürmen, bis ihre Verstärkungen eingelrof- fen sind.

Fürst Menschikoff selber berichtet, am 5 Nov. habe , er an Verwundeten 3500 Mann und 109 Offiziere ge­habt; die Tobten habe er noch nicht gezählt. Die feind­lichen Artilleristen und Scharfschützen hätten ihm unge­heuren Schaden gethan.

Was Rußland auf dem Schlachtfelde nicht gewin- ^ neu kann, sucht eS mit der Feder zu erobern. Es zieht ! scheinbar seine Truppen von der östreichischen Gränze zurück, erklärt sich sogar gegen das Berliner und Wiener Kadinet bereit, auf Grundlage der geforderten vier Ga­rantien in Unterhandlungen zu treten. Man will die Fische ködern und locken. Deßwegen ist auch die Aus­sicht auf Frieden, ungeachtet di« Würfel der Entscheidung vor Sebastopol noch nicht gefallen find, wieder einmal vorherrschend. Man wird sich aber wohl darin täuschen,

Venn dis jetzt ist immer das Gegentheil von dem erfolgt, was man nach der jedesmaligen Lage der Sache als daS Wahrscheinliche erwartet hatte. Ho viel ist gewiß, daß die Westmächte, wenn auch die deutschen Großmächte in ihrer ZögerungS- und Neulralttäis-Politik verharren, jeden Nerv anstrengen werde», um einen ehrenvollen Frieden zu erzwingen; bevor aber Rußlano sich zu größe­ren Concessionen dequemk, muß noch mancher Centner Pulver von Seite der Verbündeten wirksam verschossen werden.

Auch in New-Uork gibt'S gute Hausvätei, die streng Buch führen. Einer hat sich vom Jahre 1830 an die Preise der nothweadigsten Lebenömiket und was dazu gehört Jahr für Jahr genau ausgeschrieben. Vor Kur­zem hat er seine Tage- und WirthschafrSbücher veröffent­licht und nachgewiesen, daß sich tue Preise im Durchschnitt aus daS Dreifache erhöht haben, manche sogar um 3>/, Mal. DaS trifft namentlich Fleisch, Butter, Kartoffeln, Feinmehl und Holz. Mancher vergißt das, wenn er von den hohen Löhnen drüben hört. ^