gen allerlei ungeheuerlicher Geschöpfe. Da sind Löwen > und Leoparden, Panther und Flußpferde, Krokodile, Riesenschlangen und unmenschliche Menschen, z. B Gezo, der König von Dahomey, der unter seinen 18000 Weibern und seinen Rumflaschen wie ein wildes Thier lebt, und wenig anderes zu thun hat, als den schwächeren Stämmen um ihn her den Hals abzuschneiken. Der alte Tschunl jedoch war nicht auö Afrika.
AlS Tschuni im Jahr 1810 aus Indien kam, wurde er für 900 Guineen gekauft Vier Jahre spater ward er das Ei-enthiim eines Herrn Croß, dem damals die Menagerie in Ereler Change gehörte. Wer in London fremd ist, dem lhue ich zu wissen, daß Ereter Change km untern Stockwerk Kaufladen hatte, im obern eine Sammlung von wilden Thieren, und daß mitten durch das untere Stockwerk eine öffentliche Durchfahrt grenz. Sobald die Geschäfte des TagrS vorüber waren, wurden die Thorflügel an beiden Enten des Durchgangs geschlossen. Gar manchesmal, wenn wir die Durchfahrt passir- ten, kam uns der Gedanke was eas für eine schreckliche Verwirrung geben würde, wenn einmal Tschuni mit seinem ungeheuren Gewicht den Fußboden über mnsern Köpfen durchbrache und herabkäme.
Tschuni war ein sehr lustiger Kamerad, und als er so groß gewachsen war, daß er ein größeres Käfiz bedurfte, da hat er dem Zimmermann, der ihm seinen neuen Stall baute, gar manchen Possen gespielt. Nicht selten mußte ihn chieser ein- oder zweimal mit seinem! Bohrer anstechen, um ven gewaltigen Burschen in Orb-^ nung zu halten. Bei »ierfußigen Thieren von kleinerer! Gestalt und leichterem Bau fallen uns solche Spielereien ^ Nicht auf, aber in den Gaukeleien eines so ungeheuren! ThiereS wie der Elephant, ist etwas ungemein Komisches. Man kann sich fast ebenso gut vorstellen, daß ein aller Professor den Laubfrosch spielt, alS baß ein Elephant sich mit solchen Spassen avgibt.
ES ist wohl bekannt, daß Elephanten, wilde und zahme, jedes Jahr gewisse Anfälle von großer Aufregung und Gereiztheit bekommen, während welcher sie äußerst gefährlich werden. In einem solchen Zustand von Ge- reiztheit warf einmal Tschuru, der sonst so munter und gelehrig war, seinen Wärter zu Boden und schleuterte eine Heugabel, die man dem gefallenen Mann zur Ler- theidigung zuwarf, wie einen Strohhalm auf die Seile. Herr Croß rettete das Leben des Wärters, indem er Tschuni mit einer Schaufel auf ven Kopf schlug, und den Mann aus dem Käfiz herauszog. In Indien ist das gewöhnliche Auskunft-Mittel, daß man den Stephanien in den Wäldern herumstreifen läßt, biö der Paro- rismus vorüber ist. Herr Cloß nahm seine Zuflucht zu Arzneimitteln; allein eine Dosts von 24 Pfund Salz, ebenso viel Theriak, 6 Unzen Calomel, nebst einer Flasche Crotonöl und andern Ingredienzien machten keinen Eindruck auf Tschuni. Viel wirksamer war das Mark von Ochsenknochen. Nicht wenig Schlauheit war erforderlich, um den alten Tschuni zu ködern, daß er solche Massen von Arzneien zu suv nahm.
Mtt den Jahren wurden die Parorismen Tschum's immer andauernder, und im Februar 1826 ward er so
unbotmäßig und zügellos, daß man seinethalben in die größte Beunruhigung ger>eth. Jedes wilde Geschöpf ist in einem Zustande der Aufregung zu fürchten; aber so ein ungeheures Thier, wie ein Elephant, muß in der That, wenn eS wüthend wird, schrecklich scyn.
Am Sonntag dem 26. Februar wurde es nöthig, nachdrückliche Mittel zu ergreifen. Man gab ihm in einer Hadergrütze eine Dosis Calomel, die 600mal stär« ker war, als man sie gewöhnlich einem Menschen ver. schreibt. Von da an wurde er sehr argwöhnisch, wenn man ihm Futter gab, und wollte auch am folgenden Tag das warme Bier nicht anrühien, bis der Wärter selbst etwas aus dem Eimer nakm und trank, allein das warme Bier und das Calomel waren fruchtlos.
Montag und Dienstag gingen dahin; am Mittwoch aber zeigte fichS, daß es nöthig war, die mächtigen Arzneidosen, die Tschuni bisher genommen halte, noch zu verstärken. Indessen wurden alle Mittel, ihm dieselben beizudringen, vergeblich versucht, denn sein Argwohn war immer auf der Hut Ei» fremder Knabe, den er nicht kannte, bot ihm Miichdrode an, die er sonst liebte und in einem derselben war eine Quantität Calomel versteckt. Tschuni nab.» und aß sie, nur das mit dem Calomel nicht, vielmehr warf er dieses im Augenblick zu Boden und zerstampfte es mit seinem riesigen Fuß.
TschuniS Trübsale kamen nun haufenweise über ihn. Hätte er mit Kameraden in den indischen Wäldern um« hei stressen können, unter Ebenholz-, Aceka-, Betelnuß- und Brotfruchtbäumen — hätte er eine Zeit lang unter den Palmyra- und Talipotpalmen dahinwandern und sich enien Fußweg durch krachendes Geröhrichk, Schlingpflanzen und Bussengras stampfen dürfen — so wäre er ohne Zweifel ebenso gelehrig, folgsam und spiellustig zurückgekommen, wie er seit vielen Jahren gewesen war, aber so, aus seinen engen Wohnplatz beschränkt, konnte er nur einen swlimmcn Ausgang erleben. Tschunis Käfig hatte eine Grundlage von Backsteinen und Balken. Dies war in ler Tbat nöthig, um seine enorme Last zu tragen. Allein wenn auch die Grundlage so fest war, hatten wir doch oft gedacht, die Vorderseite deS Käfigs sey kaum stark genug, um einen entschlossenen Stoß eines Thieres auszuhalten, das ein Gewicht von wenigstens 10,000 Pfund halte. Die Zeit war nun gekommen, wo sich dies erproben mußte Ohne Zweifel hatte Tschuni seiner Zeit wohl hundertmal gegen die Vorderwand sei. net Käfigs gestoßen; aber damals befand er sich eben nur in emer theiiweisen Aufregung.
Gegen 10 Uhr Vormittags machte Tschuni ganz unversehens und ungereizl einen verzweifelten Sprung auf die Barriere vor ihm, und brach den massiven Querbalken entzwei. Jezt war alles voll Furcht und Bestürzung, denn die Thürcn mit den Eisenklammern waren jezt nicht mehr gesichert, und daS wüthendc Thier konnte einen zweiten Stoß versuchen, ehe irgend eine Maßregel zur Befestigung derselben ausgeführt war. Viel Takt und freundliches Benehmen war erforderlich, um da- gereizte Thier zu besänftigen, aber auch ebenso viel Energie, um «S von einem zweiten Angriff abzuschrecken.
(Schluß folgt.)