Schwarzwald - Heimat

lVaelieivlitea a«» «ten Xeoisgebivtea 6aku» «nck lVagolct

Oesakenke aus LUenem

VN gewöhnlichen Zeiten WeihnachtSvorberci- rungen treffen, ist keine Kunst. Die Art der Vorbereitungen und der Geschenke hängt höch­stens ein bißchen vom Geldbeutel ab; aber schließlich schafft es jeder. Schenken und Freude machen, wenn mau nicht nach Belieben alles Gewünscht« kaufen kann, ist viel schwerer. Da heißt es Nachdenken, erfinderisch sein, Opfer brin­gen und "im wahrsten Sinne mit dem Herzen schenken. Unzählige Menschen haben unter den schweren Auswirkungen des Krieges alles ver­loren. .Jeder hat einiae von ihnen in seiner Verwandtschaft oder Bekanntschaft. Sie in erster Linie müssen an diesem Weihnachtsfest die Beschenkten sein. Wer nach Weihnachtsge­schenken Umschau hält, muß es zunächst im eige­nen Haushalt, unter seinem eigenen Besitz tun. Wir fragen heilte nicht mehr danach, ob die Dinge, die wir verschenken,neu" sind, wir wis­sen ganz genau, daß die älteren, schon gebrauch­ten, meistens die wertvollsten und haltbarsten sind. Alles was im 'eigenen Haushalt nur irgendwie cnthehrt werden kann, bei den prak­tischen Gebrauchsgeaknständen angefangen, sollte zu Weihnachtsgeschenken verwendet werden. Denn Menschen, die ihren ganzen-Besitz ver­loren haben und jetzt behelfsweise wirtschaften, können alles brauchen und freuen sich auch über jedes Stück, und sei es das kleinste, unschein­barste Küchengerät, der einfachste Gebrauchs­gegenstand oder irgendein Kleidungsstück, das zumindest noch zusätzlich gute Dienste leisten kann. Tenn jeder, der sein Hab und Gut noch hat, besitzt damit soviel, daß er noch teilen und abgeben und damit zu Weihnachten einem ande­ren Freude machen kann. Niemals hat das Weihnachtsfest sovielHerz" und Liebe von uns gefordert wie diesmal. Wir wollen die Probe bestehen und gerade in der Notzeit lernen, was Schenken" heißt. 54. k-

*

Lalw und Liebenzell 1791

Was ein geographisches Lexikon darüber zu sagen hatte:

Die Stadt Calw wird geschildert alsin einem Tale liegend, das zwischen zween Bergen hinläuft, an welchen die Stadt sich hinzieht und also sehr uneben liegt. Die Nagold teilt den Ort in die obere und untere Stadt. Wegen der Lage der Stadt sind viele Straßen uneben, auch manche wegen der alten Bauart krumm und enge. Dies obgleich die Stadt Ende des 16. Jahrhunderts ab­gebrannt worden ist; denn beim Neubau wurde an, keine regelmäßige Einteilung und Anlage ge­dacht. Die beste Straße ist die Ledergasse. Außer der Stadt gegen Hirschau zu, einem ur­alten, schönen Kloster, sind Alleen, artige Gär­ten und Spazierwege".

Bon Liebenzell,einem Städtchen, so zur Markgrafschoft Baden gehörte, aber zu Württem­berg abgetreten wurde, was einen laugen Prozeß, der 150 Jahre lang dauerte, nach sich zog", wird außer dem obligaten tiefen Tal, in den: es liegt, erzählt, daß es700 Einwohner, zwei Bäder, eine Vorstadt, eine Löffelschmidsfabrik und ein herzog­liches Oberamt hat". Von dem Bad wird bemerkt: Sein Wasser quillt lau, die Bewirthung im un­tern Bad ist gut, und ungeachtet der rauhen und wilden Gegend können sich die Badgäste doch Ver­gnügen machen."

Wir sehen im Nim:

Der Meineidbauer" im Tonfilmtheater Nagold

Die Wiederholung des eindrucksstarken Film­werksDer Meineidbauer" kann nur begrüßt werden. In dem gleichnamigen Roman, an den sich der Film hält, zeigt sich Anzengruber als Dichter von seltener Tiefe und Innerlichkeit. Wie alle seine Dramen, die meist im oberöster­reichischen Dialekt geschrieben wurden, hat auch Der Meineidbauer" eine erschütternde Wirkung, dabei enthält er Szenen voll reinster Poesie. Dem Film blieb es Vorbehalten, dem überaus drama­tischen Inhalt des Dramas mit der großartigen Alpenwelt den passenden Rahmen zu geben.

Noch mehr Strom sparen!

Es ist ein hervorragendes Zeichen deutscher Selbstdisziplin, daß ' den 20 Millionen Haus­halten Eingriffe desReichslastvcrteilcrs" er- spart werden können. Dieser Lenker der gewal­tigen Energiamenaen, die unsere Kraftwerke er­zeugen, hat die Aufgabe, Stromerzeugung und Stromverbrauch mit einander in Einklang zu bringen. Während man den nicht unmittelbar kriegswichtigen Betrieben, wie z. B. den Gast­stätten, eine bestimmte Beschränkung des Strom­verbrauchs auscrlcgte, blieb es für die Haus­halte beim Appell zur freiwilligen Stromeinspa­rung. Auf diesen Appell hin sind bisher in den 20 Millionen Haushalten gewaltige Strommen­gen gespart, also für die Rüstung freiaemacht worden. Aber der Strombedarf für die Rüstung steigt unaufhörlich. Beschränkende Eingriffe des Stromlenkers" werden sich wie bisher vermei­den lasten, wenn die Haushalte freiwillig noch mehr Strom sparen. Von allen Stromhanshal- ten können noclMnige Lichtstundcn in der Woche -eingcspart werden. Noch heute wollen wir da­mit beginnen, und weitere Millionen-Kilowatt stellen wir damit der Rüstung und der Front zur Verfügung.

Verbesserte Altersgrenze für die Elternversorgung

Das Oberkommando der Wehr­macht hat die Versorgungsmöglichkeilen für die Eltern Gefallener weiter verbessert. Für die Ge­währung der VersorgnBg spielt das Einkommen aus nicht selbständiger Tätigkeit eine gewisse Rolle. Dieses Einkommen wird jedoch in keiner Weise in Absatz gebracht, wenn die zu versorgen­den Eltern, bzw. Elternteile bereits das 70. Le­bensjahr vollendet haben. Die neue Anordnung des OKW. setzt nunmehr die Altersgrenze ans da? vollendete 6 Lehensjabr berauf, so

baß bereits von 6b Jahren an Elternverjorgung ohne Rücksicht auf die Arbeitseinkommen in Be­tracht kommt. Gleichzeitig wird bestimmt, daß Anträgen auf Gewährung oder Erhöhung der ElterpversoPgrmg^ die nach dieser Neuregelung jn Frage kommen, vom ersten des Monats ab entsprochen werden kann.

Fenster als Glasreserve»

Zur Verringerung Fon Glasschäden bei Flie­gerangriffen wird dringend empfohlen, die Bör­sen st ernichtein zu setzen und bei Dop­pelfenstern, soweit dies die Fenstcrkonstruk- tion zuläßt, die Jnnenflügcl zu entferne». Es wird ferner darauf hiugcwiesen, daß diese Fen­ster als sofort greisbare Reserve'für zerstörte Fensterscheiben möglichst liegend aufbewahrt wcc- den sollten, weil die bisherigen Erfahrungen ge­zeigt haben, daß liegende Fenster durch den Ex- plosionsdrnck weniger beschädigt werden als stehende Fenster.

Greuelmärchen in Feldpostbrief u

Im Kriege ist die Feldpost oftmals aus lang« Zeit das einzige Band, das den Frontsoldaten mit seinen Angehörigen in der Heimat verbin­det. Der Soldat will über das Ergeben und das Schicksal seiner Lieben unterrichtet sein und alles wissen, was sich in seiner Familie und in seinem Lebenskreis ereignet hat. Der Soldat ist auch nicht zimperlich und er will nicht, daß ihm wirk­lich begründete Sorgen und tatsächlich erlittene Schicksalsschläge im Feldpostbrief vorenthalten werden. Er hat aber auch einen Anspruch darauf, daß ihm, der täglich sein Leben einsetzt und Schweres und UebermenschlicheS leisten muß, kleinliche Dinae ferngehalten werden. Geradezu unverantwortlich ist es jeimch.^wenn Greuelmär­chen und unkontrolliert« Gerüchte ins Feld ge­schrieben werden oder wenn über Ereignisse in der Heimat, so z. B. über Terrorangriffe, in maßlos übertriebener Form berichtet wird. Der Schaden, der durch solche Briefe bei der kämpfen­den Truvpe anoerichtet wird, ist gar nicht abzu­sehen. Wer solche Briefe ins Feld schreibt, ver­geht sich in unverantwortlicher Weise au dem ge­schlossenen Kampf- und Abwehrwillen des deut­schen Volkes.

Vogelfang wird schwer bestraft

Der große Nutzen der Singvögel ist allgemein bekannt. Landwirt und Obstzüchter schätzen sie als wertvolle Helfer. Vor wenigen Jahrzehnten war die Vogelstellerei in vielen Gegenden des Reiches ein weit verbreiteter Unfug. Aber auch heute gibt es immer noch viele Vogelfänger, wie die Gerichtsverhandlungen beweisen. Vor ein-m Amtsgericht hatte sich ein 62jäbriger Mann zu verantworten, weil er einige Vögel mit Leim­ruten gefangen hatte. Bei einer Haussuchung fand man bei ihm zwei Hänflinge und einen Behälter mit Vogelleim vor. Der Vogelfänger

wurde zu einer Geldstrafe von 300 Mark ver­urteilt. Außerdem wurde die Einziehung der Fanggeräte angeordnet. Es ist verboten, den Vögeln nachzustellen, sie mutwillig zu beunruhi­gen. insbesondere sie zu sangen oder zu ' n, Eier, Nester und Brutstätten zu beschädigen, oder wegzunehmen. Von diesem Verbot ausge­nommen sind Nebelkrnben, Rabenkrähen. Saat- krähen. Eichelhäher. Feldsperlinge und Haussper- linge. Raubvögel, Wasservögel, Drosseln. Wach- . teln, Rebhühner usw. unterliegen- den Bestim­mungen des Jagdgesetze? Gegen gewerbs- und gewohnheitsmäßige Booelsängcr können Gefäng- nisstrafen bis zu zwei Jahren verhängt werden.

HVickliA«» ü>

Nach den Richtlinien über di« Berufsberatung und den Arbeitseinsatz Jugendlicher aus den luftgefährdeten Gebieten sollen die Schulab­gänger, soweit sie Schulen besuchen, die nach auswärts tmüegt sind, im Heimatbezirk zur Be­rufsausbildung eingeletzt werden. Dagegen sol­len diejenigen Jugendlichen, die bei Verwandten od«r Bekannten nntergebracht sind, durch das Arbeitsamt des Anfnahmeortes erfaßt werden.

«-

Die Direktion der Europäischen Güter- und Reisegepäckvcrsicherung AG. hat jetzt ihre Ge- schäftsränmr-in BerlinW. 9. Linkstraße 44. Alle Versicherten, die Schadenersatzansprüche ge­stellt haben, werden gebeten, sich, nochmals an die Versicherung zu wenden.

Nach dem Mutterschutzgesetz sind werdende . Mütter in den letzten sechs Wochen vor ihrer Niederkunft auf ihr Verlangen von jeder Arbeit zu befreien. Es ist nun die Frage auigctaucht, wie Anträge auf Zustimmung zur Lösung des Arbeitsvcrhältnifses zu behandeln sind. Solchen Anträgen ist nach einem Erlaß des Generalbe­vollmächtigten stattzugebcn, die Frauen werden in diesem Fall jegliche Ansprüche nach dem Mut- terschutzaefeh verlieren. Voraussetzung ist in allen Fällen, die sichere Feststellung der Mutter­schaft. Mit Rücksicht auf die Kriegsproduktion ist eS jedoch erwünscht, daß die Frauen ^ibre Be­rufstätigkeit bis zur gesetzlichen Schutzfrist fort- setzen.

Aus den 9?achbargemeinden

Hrrrenbcrg. Unsere älteste Mitbürgerin Ehri- stina Böckle, Schmieds-Witwe, feierte ihren 89. Geburtstag.

Gestorbene: Anna Keck, Baiersbronn; Georg Braun, Obermusbach; Mathilde Philippin, geb. Düppel, 66 I., Rutesheim; Wilh. Mörk, Maurer,' 75 I., Warmbronn; Regine Feuerbacher, 84 I., Zwerenberg; Max Schüler, 24 I., Freudenstadt; Ernst Ling, 24 I., Tonbach; Bernhard Calmbach, 74 I., Klosterreichenbach; Friederike Eberhardt, geb. Teufel, 57 I., Klosterrcichenbach; Arthur Koch, 19 I., Gebcrsheim; Erwin Böhringcr, Weil im Torf.

Fliegeralarm im Dorf

Liefert clie I^ukl8Lku1r:b6relt8cli3ft aut ciem l^anäe!

Auf dem Lande begegnet der Luftschutz ohne Zweifel erheblichen Schwierigkeiten. Die Brand­empfindlichkeit der Gebäude, Betriebsmittel und Vorräte auf den Dörfern und Höfen ist groß, ein Schadenfeuer findet reichliche Nahrung und gün­stige Gelegenheit, sich auszrtbrciten. Bei der Be­kämpfung der Gefahr ist der Luftschutz vorwiegend auf den Selbstschutz und Erweiterten Selbstschutz angewiesen, die Zahl der verfügbaren Abwehr­kräfte ist in der Regel gering. Den unausgesetzten Bemühungen des Reichsnährstandes und des Reichsluftschutzbundes ist es trotzdem gelungen, die Luftschutzbereitschast der Höfe und Dörfer in weiten Gebieten des Großdeutschcn Reiches zu einer erfreulichen Höhe zu entwickeln.

Es kommt nun darauf an, die Luftschutz - bereitschaft auf dem Lande, aufbauend auf den bisherigen Erfolgen und Erfahrungen, wei - ter zu entwickeln, die Vorbereitungen für die Abwehr der Gefahr zu vervollkommnen, die Schulung der Selbstschuhkräfte zu verfeinern und alle verbliebenen Mängel der Luftschutzbereitschast endgültig zu beseitigen. Regelmäßige Luftschutz­übungen der Selbstschutzmannschaften sind die beste Methode, um diese Ziele ju erreichen. Prak­tische Brandbekämpfung, Bergung gefährdeter Tiere und Betriebsmittel und Unterweisung in der Ersten Hilfe bilden den wesentlichen Inhalt der Schulung der Selbstschützkräfte. Probealarme müssen daher so angelegt sein, daß sic Gelegen­heit zur Uebung in diesen Schutz- und Abwehr­maßnahmen bieten und die Selbstschutzkräfte mit der Handhabung der verfügbaren Mittel des Selbstschutzes vertraut machen. Sic sollen über­dies die Sclbstschuhkräfte auf die am stärksten gefährdeten Betriebspunkte aufmerksam Wachen.

Bei Hebungen ist in der Anlage darauf zu achten, daß die Bekämpfung der unmittelbaren Gefahr und der Schutz mittelbar bedrohter Bc- triebsteile gleichzeitig ins Auge zu fassen sind. Auch der Einsatz der Laienhelferinnen ist regel­mäßig zu berücksichtigen. So kann eine einzige Uebung über verschiedene wichtige Gesichtspunkte des Selbstschutzes Klarheit schaffen. Eine vor­dringliche Aufgabe ist der Schutz der Tiere in den Ställen. Übungen, die sich darauf beziehen, haben einen doppelten Zweck: sie sollen die Selbst­schutzkräfte über hie im Schadensfälle notwendigen Maßregeln unterrichten, gleichzeitig aber die Tiere an die Vorgänge gewöhnen, die sich bei der Anwendung der Abwehrmaßnahmen abspielen. Für die Aufstellung von Tieren aus getroffenen oder gefährdeten Viehställen ist von vornherein ein Platz außerhalb des Gefahrenbereiches vor- sorglich zu bestimmen. Die Stalltore müssen so breit sei», daß zwei Tiere mit ihren Begleitern gleichzeitig ins Freie gelangen können; ist der Stall nach zwei Seiten hin zu öffnen, so vollzieht.

sich das Berguugsmanöver schneller, wie über­haupt die zweckmäßige Gestaltung der Betriebs anlagen viel zur Erhöhung der Luftschutzbereit­schaft beiträgt. Den Bergungstrupp bilden die Kräfte, denen die ständige Pflege der Tiere an­vertraut ist. Ertönt das Alarmsignal, so begeben sie sich sofort in den Stall und schirren die Tiere an. Diesen Vorgang kennen die Ackerpfcrde. Mgß nun die Bergung angeordnet iverden, dann glau­ben sie, es ginge an die Arbeit und folgen willig dem bekannten Pfleger. Der Rinderstall wird in ähnlicher Weise mit geschulten Wach- und Ber­gungstrupps besetzt und zur Räumung vorberei­tet, und wie die Tiere, so sind auch die Betriebs­mittel zu sichern.

Der Besitz an Wagen, Geräten unö Maschinen wird in der Weise auf dem Hofe verteilt, daß er nie in seinem ganzen Umfange durch einen Bombeneinschlag getroffen werden ^ann. In den Unterbringungsräumen sollen die Geräte so aufgestellt sein, daß sie mit den Deich­seln zur Türe weisen und daher im Falle der Räumung des brennenden Schuppens schnellstens ins Freie gezogen werden können. Die Jnnchal- tung einer bestimmten Ordnung.in den Wagen­reihen und Geräteschuppen ist eine wichtige Be­dingung der Luftschutzsicherhcit eines ländlichen Anwesens, Unordnung und Nachlässigkeit sind dagegen ihre gefährlichsten Feinde. Schadhafte Bodenluken und Fensterscheiben bilden bei Fun- kenslug eine große Gefahr. Unzweckmäßig auf­gestellte Holzstapel bilden Feuerbrücke», verwit terte oder zu kurze Leitern, die womöglich am vorgesehenen Ort nicht zu finden sind, verzögern und erschweren Brandbekämpfung ebenso wie unzureichende Wasser- und Sandvorrätc in den Wohnungen, Speichern, Ställen, Scheunen und Schuppen. Selbstschutzgeräte müssen in zweck­mäßiger Auswahl und genügender Zahl vorhan­den sein, wo sie gebraucht werden. Auch mit dieser Ordnung ist die Selbstschntzgcmeinschast vertraut zu machen. Den Zweck jeder einzelnen Maßnahme müssen die Selbstschutzkräfte genau so kennen wie den Posten, auf den sie sich bei Fliegeralarm zu begeben haben. Die Einteilung der Truppe muß darum feststchen und sollte nicht ohne Grund verändert werden. Die Eignung der einzelnen Kräfte für die eine oder andere Aufgabe kann indessen gleichfalls nur durch wiederholte Hebun­gen erprobt werden. Die Amtsträger des Rcichs- luftschutzbundes stehen hilfsbereit zur Verfügung, um die Luftschutzleiter der Landwirtschaftsbetriebe bei der Schulung der Selbstschutzkräfte zu beraten und zu unterstützen, und der Notwendigkeit wirk­samer Luftschutzmaßnahmen auf dem Lcnide wird sich nach den Erfahrungen des Luftkrieges kein landwirtschaftlicher Betriebssichrer mehr ver­schließen.

kgtUzn VON ZVIl,I.V «äk!N8 ltrkeberreetirLsctniri! 6vred ünorr v Nink ln UUnekea

it-t. '

Während ich noch mit Noje redete, hatte ein anderes Ich in mir, das Ich des Soldaten von neunzehnhundertoierzehn, gerechnet, zurückgezählt und mir ins Ohr» gedröhnt: Nicht der Frühling hat Noje wachgeküßt, sondern der Krieg, du selber, du du!

Wie aus weiter Ferne hörte ich eine tiefe, dunkle zerquetschte Stimme:Lauft voraus, Kinderl Ihr dürft am Graben Blumen pflücken."

Angela hatte verstanden, warum ich plötzlich stehengeblieben war, wollte mir Gelegenheit ge­ben, meine Selbstbeherrschung wiederzukriegen.

Angela, ist das wahr?" Vielleicht habe ich mich so weit erniedrigt, daß in meiner Frage ein Betteln um ein Nein war.

Auch sie verhielt den Schritt, und Blick glühte in Blick.

So sprich doch endlich! Ist Noje das Kind des unbekannten Soldaten?"

Noch heute schäme ich mich dieser Umschreibung.

,Za, Noje ist sein Kind. Aber der unbekannt« Soldat ist tot. Er vertragt auch nicht, daß man über ihn redet."

Er ist ein erbärmlicher Kerl!"

Man soll über Toto nichts Schlechtes reden, Jobst Lorenz."

Sie wandte sich um nach den Kindern. Der Fußsteig war so schmal geworden, daß wir nicht mehr Seite an Seite gehen konnten. So schlich ich wie ein geprügelter Hund hinter ihr drein, obwohl nicht die Spur einer Anklage in ihrem Bekenntnis gewesen war. Aber ich kam mir vor wie ein Verbrecher, der eben sein Urteil empfan­gen hatte, ein lebenslängliches Schweigegebot. Der Blick kroch vorbei an Angela, griff nach Noje, die sich von ihr?d Freundin Blumen zurei­chen ließ. Ich hatte sie ins Dasein gerufen und nichts von ihr gewuhtl Und sie war elf Jahre alt!

Ich merkte nicht, daß mir die in den Feldweg hineinragenden Zweige des Schlehdorns die Hände zerrissen, daß ich den Fußsteig verlassen hatte und im zerfahrenen Fahrweg entlangstümperte, daß links der wilden Rosensträucher die Fischerkate in Sicht kam. Alles war belanglos, wurde erdrück! von dem Wissen um Noje.

Völlig gedankenlos war ich durch die Jahre ge- tappert. Gibt es überhaupt eine Erklärung da­für, daß ich nicht ein einziges Mal gedacht hatte an Verantwortlichkeiten? Nicht im Schützengra­ben, wenn das Denken nach Oevelgönne gerannt war? Nicht nach dem Kriege, als der Zurück­gekehrte sich einen Beruf gezimmert hatte? Auch gestern nachmittag beim Nachhausekommen Nojes mußte ich wie mit Blindheit geschlagen gewesen sein, hatte nicht gerechnet und nach Zusammen­hängen gesucht.

Ein furchtbarer Tor war ich gewesen.

Angela!"

Sie blickte sich nicht um, als sie antwortete: Nojes Geburtsurkunde liegt bei Henning im Schreibtisch."

Was sollte das? Glaubte sie, daß ich an meiner Verantwortlichkeit zweifelte? Dachegriff ich: Jobst > Lorenz hat nichts mit der Geburtsurkunde zu tun. Darüber verfügt mein Mann. Und du hast zu schweigen, denn Noje.geht dich nichts an!

RM"te Ana-lg das? Selbstverständlich. Sonst wäre sie nickt Anaela.

Wir waren in der Nähe der Fischerkate.

Kinder waren stehengeblieben und ließen uns herankommen.

Angela sagte ruhig und freundlich:Nun sind die kleinen Beine müde, weil sie den Weg dc>""elt gemacht haben."

Ich nahm Noje die Blumen ab und schob ungeheuer tapfer kam ich mir vor ihren Arin in den meinen. Angela machte eine- Bewegung, ' als wollte sie es verhindern, ließ es aber doch zu und faßte nach der Hand der kleinen Maria.

Vater und Tochter gingen die letzten Schritte bis zur Kaie gemeinsam, und sehr wunderlich sah es im Kopf des Vaters aus. Stolz und Sckam waren miteinander verstrickt.

Eine halbe Stunde später waren wir alle im Wasser, und es war, als spülten die Wellen man­ches hinweg von dem Unfaßbaren, das der Vor­mittag vor mir ausgehäuft hatte. War Enke der Grund, die mir den Wasserball aus den Kopf warf, daß es nur so klatschte? Oder Noje, die sich in meinen Arm flüchtete, weil Maria sie unter­tauchen wollte? Auch Angela beteiligte sich am Spiel, mehr als ich. Ich habe sie'bewundert. Ich konnte mich lange nicht so gut beherrschen wie sie. Einen forschenden Blick von Enke glaubte ich zu spüren Merkte sie. daß ich in einer anderen Welt war? Mich stieß der Gedanke: Enke von allem zu sagen, ihr die Entscheidung über das. was wer­den sollte, zu überlassen. Natürlich ging das nicht. Ich wußte da». Ich sage ja auch nur. daß mich dxr Gedanke lockte.

Eine Weile haben wir dann noch vor der Fischerkate gesessen. Vater Rathsack lobte den Strand: sein größter Vorzug sei. daß er steinig wäre, sonst hatten die Bodegäste ihm den Allein­besitz längst streitig gemacht.

Wie zum Beispiel wir". lächelte Angela ver­loren.

Sie wissen, daß die Rathsäcke und Utermärcker zum selben Stemm geh n eu und daher das gleiche Recht aus den Strand haben." wciamn Stamm,."

Zum Stamm derjenigen, die in jeder Lebens­lage ein kleines Lächeln bei der Hand haben. Dies Lächeln ist wie Medizin und in den meisten Fäl­len wirksamer als ineine Trapsen."

War Herrn Rathsack doch etwas an Frau Aimeia ausgefallen? Er sprach in einem sorglosen D'.

<ü>ke erzählte, daß der Vater ihr endlich zu­gejagt habe, bald nach Stralsund zu reisen, um noch einmal seinen Studienfreund, den Medizinal­rat Haberwisch, wegen seines Leberleidens um Rat zu fragen.

Rathfack zeigte auf den offenen Arzneifchrank. Ich verdanke Freund Haberwifch sckon mancher, guten Schlaf. Aber bald dürfte er-mit feiner Kunst am Rande fein."

'.oim Abschied lud Frau Angela Herrn Rathsack uim Enke zum Nachmittagskaffee ein.

thoch der Alte schüttelte ablehnend den Kopf. Sie nehmen mir meine Absage nicht übel, Frau Utermarck. Ich habe die Großstadtmauern ver­lassen, um an der See zu fein. Jede halb« Stunde, die ich ihr raube, kommt mir wie ein Unrecht vor. Aber Enke wird gern kommen."

(Fortsetzung folgt.)