Schwarzwald - Heimat
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^ö//rc^r^e?t c^es Herzens
Das sicherste Mittel gegen unfruchtbare und nutzlose Reibereien ist die Höflichkeit, das selbstverständliche sichere Taktgefühl des Herzens, die Fähigkeit, sich selbst und seine Seelenregungen immer fest in der Hand zu halten. Es ist nutzlos, zu fragen, wer nun eigentlich die Schuld an unnötigen Spannungen und Erregungen hat, meist liegt sie auch auf beiden Seilen. Viel wichtiger ist es, daß jeder für sich und auf seine Weise an der Erhaltung der Ruhe und Gelassenheit, der gegenseitigen Rück- sichtnähme mitarbeitet. Höflichkeit ist die Voraussetzung jedes geordneten, menschlichen Zu- sammenlcbens. Unhöflichkeit verbraucht Kraft, und das können wir nns heute weniger denn ie leisten. „Höflichkeit ist Klugheit, folglich ist Un- höslichkcit Dummheit", sagt Schopenhauer.
Wir alle haben wohl schon einmal erlebt, wie sich die Gesichter in der Straßenbahn aufhellen, wenn eine freundliche, umsichtige und ruhige Schaffnerin den Dienst versieht. Sicher empfinden wir es wohltuend, wenn wir in einem Geschäft — auch wenn die Ware knapp und die Zahl der wartenden Käufer groß ist— von einer Verkäuferin zuvorkommend und höflich bedient werben. Jeder Mensch, der nach den Gesetzen der inneren Höflichkeit handelt, wird die angenehme
Ueberraschung haben, daß auch der andere Pfötz- lich rücksichtsvoller und zuvorkommender wird. Selbst dem Mißmutigsten wird durch beherrschte unbeirrt« Höflichkeit gleichsam seine Masse aus der Hand geschlagen. Wenn ihm im gleichen Tone geantwortet würde, in dem er begann, dann würden sich beide Teile sehr bald in nmner größere Erregung und unfruchtbare Mißstimmung hineinsteigern.
Wir müssen uns immer wieder vergegenwär- tigen, daß beute jeder Mensch Unannchmlich- keilen und Sorgen hat, daß er Enttäuschungen überwinden muß und unter Anspannung aller Kräfte arbeitet. Es gehört jeden Tag von neuem Unverdrossenheit und ein fester Lebensmut dazu, um sich nicht von Stimmungen nnterkriegcn oU lassen. Deshalb dürfen wir uns nicht das Leben dadurch belasten, daß wir gereizt und ungerecht gegeneinander sind. Jeder sollte es sich fest vornehmen, allein mit seinen Lebensschwierigkeiten fertig zu werden, und nicht seine schlechte Laune über seine eigene Unfähigkeit an anderen anS- lassen. ' . .
Wer heute durch Unhöflichkeit »iid unbe- herrschtheit Nervenkräste vergeudet, der schadet der Gemeinschaft genau so wie der, der irgendwelche sichtbaren Werte verschwendet oder zerstört. Denn er mindert damit die Nervenkrasl und damit die Leistungsfähigkeit der Nation.
„Rund um den Globus"
Künstler von Format bei Lazarettveranstaltungen in Nagold und Wildbad
Hochwertige und dabei doch leichtbeschwingte Musik aus aller Welt wurde den verwundeten und kranken Soldaten in Nagold und Wildbad vorgestern und gestern von ersten Künstlern geboten. Aus dem reichen Schatz der Musikliteratur der ganzen Welt waren bekannte und weniger oft gehörte Weisen sehr geschickt zusammengestellt und zu einem Blumenstrauß gewunden worden, der bei den Zuhörern großen Gefallen fand. Leo- nore Bernd (Alt), Mitglied des Opernhauses Nürnberg, und Charlotte Töpfer (Sopran), bekannt dnrch ihre Vorträge an allen deutschen Sendern, trugen reizende Liebes- u. a. Lieder, z. T. in italienischer und spanischer Sprache, mit Innerlichkeit und Wärme vor. Der Tenorist Karl Jautz, den wir so oft und gern im Rundfunk hören, war mit seinen! fein einfühlsamen, klangvollen Organ Mittler des „Schwan" von-Grieg, des Hinduliedes u. a. m. Ein besonderer Genuß war das Auftreten von Andrea Wendling vom berühmten Wendling-Quartett. Mit seltener rhythmischer Exaktheit, wunderbarer Gemütstiefe und hinreißendem Schwung gab sie aüf ihrer Geige Werke bekannter Meister des In- und Auslandes wieder. Unser Stuttgarter Pianist Hermann Loux war nicht nur ein gewandter Begleiter am Flügel, sondern auch ein feinsinniger Mitgestalter. Lore Hirsch (Wiesbaden) sprach verbindende Worte und wußte die Zuhörer mit hübschen Anekdoten und Histörchen aufs angenehmste zu unterhalten. Die Soldaten nahmen das Gebotene dankbarst entgegen. Dieser Dank galt auch der NSG. „Kraft durch Freude", die solch schöne Nachmittage und Abende vermittelt.
Bombengeschädigte brauchen Bette«!
Für die bombengeschädigten Volksgenossen müssen auch Betten beschafft werden, soweit mit der übrigen Habe auch hier Zerstörungen erfcklgt sind. Im Zusammenhang mit den deshalb erforderlichen Maßnahmen wird vom Reichsnährstand ein Appell an di« Landfrauen gerichtet, der aber auch darüber hinaus alle Personen und Stellen angeht, bei üeneu Geflügelfedern anfallen, alle Federn sorgfältig zu sammeln und abzuliefern. Nicht nur Gänse- und Entenfedern sind brauchbar, andern auch di« bisher verachteten Hühner- «dern. Zur Erfassung aller anfallenden Federn läuft zur Zeit eine Erfassungsaktion an. Sie wird von den Milch-, Fett- und Ei e-r w irtschaftSverbänden ge- meinsam mit der Fachuntergruppe Bett- federn-Jndufttrie durchgesührt. Sammelstellen für Federn sind in erster Linie di« Eiersammler und die Eierkenuzeich- n u u gS st«llen, wo di« Sammlung nicht in wunfchenSwerter Weise geordnet werde» kann, sorgen die Ortsbäuerinnen oder die NS.- Franenschaft für Annahmestellen.
neu Löhne und Gehälter erhalten, die im Auf- nahmegebiet unter Berücksichtigung der tariflichen Bestimmungen zulässig sind.
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Es erweist sich als notwendig, nochmals darauf hinzuweisen, daß auch Feldpostsendun- gen bis zu lvO Gramm Gewicht an Wehrmachtangehörige mit einer Feldpostnummer in der Zeit vom 10. bis 30. November nur m,t einer Zulassungsmarke zur Beförderung auf dem Felbpostwege angenommen werden. Vom 1. bis 25. Dezember werden Feldpostpäckchen überhaupt nicht angenommen.
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Wegen der großen Gefährdung der Garagenbetriebe durch Luftangriffe darf für icdes Kraftfahrzeug innerhalb der Garage nur ein Kanister bis zu 15 Liter Fassungsvermögen leer oder gefüllt unteraebracht werden. Weitere Kraft- oder Schmierstoffe dürfen Port nicht untergebracht werden.
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Für Fliegergelckiädigte wurde die Krankenversicherung insofern verbessert als Personenschäden aus Fliegerangriffen die Normal- ansprüche an di« Krankenkasse nicht mehr mindern. Auch bei Zabnersatz erfahren die Vergünstigungen weitere Verbesserungen.
Aus den Nachbargemeinden
Essringen. 84 Jahre alt wird heute in verhältnismäßig guter Gesundheit Andreas Kemps, verwitweter Landwirt.
Oberjettingen. In voller Rüstigkeit vollendete gestern Irl Barbara Rinderknecht ihr 70. Lebensjahr.
Leonberg. Zu Grabe getragen wurde der einem schweren Leiden erlegene Küfermeister und frühere Wirt zum „Goldenen Adler", G. Schmidt. Er war Mitbegründer und erster Vorsitzender der Küferinnung bis 1934. — In Stuttgart wurde Rektor Jakob Waide lich feuerbestattct. Obwohl er den größten Teil seines Lebens außerhalb der schwäbischen Heimat zubrachte, zog es ihn doch an seinem Lebensabend dorthin zurück. Bei Kriegsausbruch stellte er sich der Schule in Leonberg zur Verfügung. — In Merklingen wurde der drittälteste Bürger, Jakob Theurer beerdigt. — In Gebcrsheim wurde der seiner Verwundung erlegene Paul Epple mit militärischen Ehren beerdigt.
Pforzheim. Am Sonntag fand die Aufführung von „Schillers Glocke" in der, Bearbeitung von Max Bruch statt. .Das Werk erhielt eine glanzvolle Wiedergabe. — Zum 10. Jahrestag von
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S.vkLk^vkir 4S4L
„Kraft durch Freude" fand eine Festvorstellnug mit der Oper „Friedcmann Bach" statt. — Bei der Schul-Altstoffsainmlnng ist die Hindcnbnrg- schule I nicht nur im Kreis, sondern auch im Gau die beste Schule in Baden geworden. — In der Westlichen wurde ein angetrunkener Mann von einem Straßenbahnwagen angefahren und schwer verletzt. — Aus einem Schrebergarten im vorderen Wartberg sind wieder drei Stallhasen im Werte von 50 RM. gestohlen worden. — Ter Einzelrichter verurteilte eine 32 Jahre alte Französin, die in einem hiesigen Hotel als Weißzeug- beschließerin fortlaufend Wäsche- und Kleidungsstücke gestohlen hatte, zu 10 Monaten Gefängnis. — Eine große Hasenschau fand starken Zuspruch. Zum ersten Male wurde ein Angorahase in Deutschland überhaupt mit „vorzüglich" ausgezeichnet.
Gestorbene: Karl Günther, 37 I., Dietersweiler; H. Schüßler, Schwann; R. Schnüffler, 61 I., Leonbcrg; Friede. Zeeb, 88 I., Hirschlanden; Fr. Häberle, Steinhauer, 69 I., Merklingen; Otto Feiler, 28 I., Heimsheim; Georg Mörk, Maurermeister, 70 I., Leonberg.
Tafelschokolade für Kinder bis zu 14 Jahren
Zonsti^e ^ebeliLmitteliruteilunZeli vom 13. Dezember—9. Muar unverändert
Die Lebensmittelrationen der gegenwärtig laufenden 56. Zuteilungsperiode gelten auch in der kommenden 57. Periode, die vom 13. Dezember 1943 bis 9. Januar 1944 läuft. Alle Verbraucher erhalten die Erzeugnisse in der gleichen Menge wie in der 56. Zuteilungsperiode. Es können aber in der 57. Zuteilungsperiode auf den über 62,5 Gramm Kakaopulver lautenden Abschnitt der Reichsfettkarten für Kinder bis zu 14 Jahren an Stelle von Kakaopulver 60 Gramm Tafelschokolade im Rahmen der bei den Verteilern vorhandenen Vorräte bezogen werden. Die Verbraucher geben die Bestellscheine in der Woche -om 6. bis 11. Dezember bei den Verteilern ab, lffern nicht die Ernährungsämter die Abgabe af bestimmte Tage dieser Woche beschränken, lleichzeitig werden die DurchführungS- estlmmungenzurWeihnachtS-Son- erzuteilung bekanntgegehen. Die Weih- uachts-Sonderkarten, die in braunem Farbton gehalten sind, werden zusammen mit der Verteilung der Lebensmittelkarten für die 57. Znteilungsperiode ausgegeben. An Urlauber, die sich bis zu ihrem Urlaub und nach dem Urlaub in Gemeinschaftsverpflegung befinden, geben die ErnährungSämtcr keine Weihnachts-Sonderkarten auS, weil diese Urlauber die
Weihnachts,Zuteilungen durch ihre OrganijatioN, Anstalten usw. bekommen. Im Bedarfsfall« können jedoch den genannten Institutionen Sonder- karten zgr Weitergabe an die Urlauber auSge- händigt werden, z. B. den Internaten für ihre Schüler. Die Ernährungsämter haben jedoch den Wehrmachtsurlaubern von der Front und aus den besetzten Gebieten, soweit sie mindestens eine Woche Urlaub haben, der in die 57. Zuteilungsperiode fällt, die Weihnachts-Sonderkarten für Normalverbraucher über 18 Jahre gegen Abstempelung auf der Rückseite des Urlaubsscheins auszuhändigen. Das gleiche gilt für die Urlauber der Schutzgliederungen außerhalb der Wehrmacht, der Organisation Todt usw.
Die Weihnachts-Sonderkarten bestehen an' einem Stammahschnitt und Einzelabschnitten Sie sind vom 13. Dezember 1913 bis 6. Fc > bruar 1944 bis zum Ablauf der 58. Zwei lungsperiode gültig. Die 125" Gramm Butter sollen möglichst bei dem Kleinverteiler bezogen werden. Bei den Verbrauchern, die Bohnenkaffee und Trinkbrauntwein aus berechtigtem Grunde nicht vorbestellen konnten, haben die Ernährungsämter den Stammabschnitt der Weihnachts-Sonderkarten mit dem Vermerk „ohne Vorbestellung." und dem Dienstsiegel zu versehen.
Guter Anfang für jung« Mädchen
Unter den sozialen Frauenberufen der NS gibt es auch die Volkspflegchelferin. Sie st «ine Vorstufe zu dem Beruf der NSV.-Vol Pflegerin dar und wird als Hilfskraft zur Unt stutzung der Volkspflcgerin in Kreis- und Or gruppenamtslcitunaeii eingesetzt. Bei.besonde Eignung wird di« Volkspflegehelferin später ) Volkspflegerin fortgebildet und hat dann viel lei Möglichkeiten beim Arbeitseinsatz in der ? milienpflege, in Müttererkolnnqs- und „Mutt uiid-Ki,id"-.H«iinen, in NSV.-JugendbcimstSt usw. Ucber die fachliche Vorbildung, Einsatz- u Aufstiegsmöglichkeiten usw. geben das Gaua der NSV., W n r t t e m be r g-Hoh c n zr lern, Stnttgart-N. Gartenstraßc 27, lowie a l Dienststellen der NSV. Auskunft.
i» Kür««
Die Bauernschnle, die den Berufscrziehuns weg der ländlichen Jugend abschlicht, werd einen beträchtlichen Ausbau erfahren. Sie soll jährlich 30 000 tüchtige Jnnaen und Mndch des Landes erfassen können. Das bedeutet, d die Zahl der Bauernschulen von bisher 32 a 200 gebracht werden muß.
Betriebe, die wegen Luftgefährdung verlaa« find, werden nn Aufnabmegebiet auch neue E folgschastsinitqlicder einstellen müssen. Diele kö
Wenn wir einen Zahlungsporgang recht nachdrücklich hervorheben möchten, so sagen wir gern, wir zahlten in „klingender Münze". Wir pflegen heute mit mehr oder weniger mitleidigem Blick beim Klimpern von Geldstücken zu sagen: „Kleingeld". Die große Notcnbankpolitik betrachtet nicht erst seit der Entgoldung des Verkehrs Kleingeld nebensächlich als Scheidemünze. Im Geldumlauf werden diese nicht mitgezählt, ungeachtet des richtigen alten und weisen Spruches: „Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert." Aber Metall ist Nietall, und wenn im Kriege mehr und mehr Papier für die Klcingeldversor- gung eingesetzt wurde, so hat das wenig oder nichts mit einer Geringwertigkeit der Scheidemünzen zu tun, sondern ist die Folge der Notwendigkeit, auch das, Geldmetall einzusparen, namentlich soweit es sich um seitens Metalle handelt, wozu außer Gold natürlich Silber und auch Nickel und Kupfer rechnen. Nickel- und Kupfermünzen sind nicht mehr Zahlungsmittel, ebenso wurde der Umlauf an Aluminium-Bronze-Mün- zen vermindert, und wir haben neben den noch in Verkehr gebliebenen Silberstücken zur 2 und 5 Reichsmark die Aluminiumstücke über 50 Pfg. und die Zinkmünzen über 1, 5 und 10 Pfennig.
Bor allem aber wurde Kleingeld durch die Ausgabe von Scheinen über 1 und 2 Reichsmark geschaffen, mit welcher Aufgabe die Rentcnbank betraut wurde, die neben der Reichsbank weiterhin ein Noteninstitut ist. Durch diese Hilfe der Rentcnbankscheine ist es möglich gewesen, trotz einer Steigerung des Notenumlaufs der Rcichs- bank von Mitte 1939 bis Ende September 1943 von 8 auf 30 Milliarden den Betrag der im Verkehr befindlichen Scheidemünzen mit 1,83 gegen 1,82 Milliarden fast unverändert zu lassen. Bon diesen 1,83 Milliarden entfielen noch 1,09 Milliarden auf die silbernen Fünf-Mark-Stückc und 0,27 Milliarden auf die silbernen Zwci-A^irk- Stücke. Die Werte von 1 bis 50 Pfennig beanspruchen also nur 0,47 Milliarden. Dennoch sind, wir wissen es alle, weder der Groschen noch der Sechser, ja nicht einmal der Pfennig im täglichen Leben entbehrlich. Die Pfcnnigrcchnung hat ihren guten Sinn; mit der Aufrundung wird in Zeiten der Geldsülle häufig genug zuviel des Guten getrieben, so daß es mitunter an Unfug grenzt, weil solche schlechten Beispiele die Sitten, verderben und leider erheblich dazu beitragen^ daß der Wert des Geldes zu gering geschätzt wird. Das Geld spielt nach wie vor eine Rolle, das ist ein wichtiger wirtschaftspolitischer Grundsatz, an den immer gedacht werden soll. Bei der „klingenden Münze" fängt 's an.
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(8. Fortsetzung)
Hatte auch Frau Utermarck das Gefühl, daß sie sich mehr an der Unterhaltung beteiligen müsse? Ich merkte, daß die wenigen Worte sie schon rein körperlich anstrengten.
„Ich habe Enke Rathsack gern. Sie ist meine Freundin."
Ich hatte die verrückte Empfindung, als wolle Frau Utermarck eine Art Eigentumsrecht geltend machen, als wollte sie sagen: Enke Rathsack geht keinen andern etwas an! ^
Natürlich batte sie das nicht sagen wallen, es hätte keinen Sinn gebabt. Ey klang wohl nnr lo sonderbar, weil auch Frau Angela mit einer ungeheuren Befangenheit zu kämpfen hatte. Oder kämpfte sie mit einer Scham? Schämte sie sich vor ihrem Mann? Oder gar — vor mir? Alles ! flutete durcheinander.
Henning erzählte in einem neckenden Ton, daß ! seine Frau an dem alten Rathsack einen Narren ! gefressen habe. Die Fischerkate sei ihr ein lieber Aufenthalt. Angela behaupte, daß sie hin und wieder das Meer sehen müsse. Mer es sei nicht sicher, ob der wunderliche Heilige sie nicht noch mehr nnzöge.
Fian Angela ging nicht aus den Ton ihreH Mannes ei». Sie schloß halb die Angen. etwaq wie Andacht war in ihrer Alntwort: „Herrn Rath, sack könnte ich das Letzte sagen — wie denk Meer."
Henning wandte sich a.i gnich.' „Du staunst, Jobst? So etwas will Bäuerin sein!" In seinen Worten war aber keine Spur von Tadel, eher Stolz. Er hielt seiner Frau die leere Tasse hin, daß sie ihm von neuem einschenke. „Ja, Anaela, wir sind beide einigermaßen fehl am Platze!"
, Henning spielte darauf an, daß ihre mißliche Lage wohl zum Teil auf das Unvermögen »an Mann und Frau znruckzuführen sei, die Sielte nachhaltig zu bewirtschaften. Aber das kam mir gar nicht zum Bewußtsein. Der K'ang von Angelas dunkler Stimme war mir noch im Ohr. „Das Letzte sagen . . Meinte sie damit, daß ich, der Freund und Kriegskamerad Hennings, hier mit ihm und leiner Frau am Tisch laß, als wäre es das Natürlichste von der Welt? Wollte sie mir zu verstehe» geben, daß diese Tmstche das „Le' " war, was «in Menschenkops an Unmögürl em :r ersinnen konnte?
Da ging die Tür auf. Eli' Mädchen mit einem Schulranzen trat ein und gab mir scheu und linkilch dl« Hand.
' „Das Ist unsere Noje", sagte der Bauer und tätschelte ihr die Backe. „Sonntags heißt sie Leonore."
Blutübergossen, verlegen wie ihre Tochter, sah Frau Utermarck da. Ich war so kindisch und dumm, daß ich dachte: Nun fühlt sie die Scham über meine Anwesenheit noch stärker, muß sie sich nicht nur verstecken vor ihrem Mann, sondern auch vvr ihrem Kind. Ja, das habe ich gedacht und glaubte wohl, ein guter Psychologe zu sein, der die Gedanken hinter der Stirn eines anderen lesen könne. Von den wirklichen Zusammenhängen Hab« ich nichts geahnt. Aber auch so war die Lage unhaltbar.
Frau Angelas Arm flog, als sie die Kann» nahm, um die Tasse der Tochter zu füllen. Si» schob für Noje einen Stuhl an den Tisch, daß sie nun zwischen ihrer Mutter und mir saß. Das war Absicht. Der Menschenkenner Jobst Lorenz mutmaßte, daß Frau Angela eine Schranke, bauen wollte; er wußte nichts davon, daß sie, die mit niedergeschlagenem Blick ihm schräg gegenübersaß, überhaupt nicht fähig war, bewußt zu denken, daß sie wie ein Automat nur mechanische Bewegungen verrichten konnte. ^
Henning erzählte, daß Noje in der Schule tapfer' ihren Strang zöge. Aber viel sei in einer ein- klassigen Dorfschule nicht zu erreichen. Sie müßten sich wohl bald mit dem Gedanken vertraut machen, Noje nach Rostock in Pension zu geben, und hätten dann nur noch ein Ferienkind. Wenn jemand uns gesagt hätte, daß nicht Rostock, sondern Bergedorf Nojes nächster Schulort sein würde? Keiner von uns hätte eine Brücke zwischen beiden Orten ge- seben.
Mir fiel auf,, daß Frau Angela ihren Mann nicht aus den Äugen ließ. Sie will sich überzeugen, ob er noch unbefangen ist, stellte der lächerliche Detektiv in mir fest. Er glaubte auch, die demütige Bewegung, mit der sie den Aermel ihre, Mannes berührte, ihn fragte, ob sie ihm noch eine Schnitte streichen solle, aus das Konto ihres schlechten Gewissens setzen zu sollen.
„Ich will schon meinen Teil kriegen", sagte Henning. „Sorg lieber für unseren Gast; es scheint mir, als ob es Jobst bei uns nur mäßig schmeckt."
Da überfiel mich wie eine Lawine der Gedanke, daß unser Beisammensein eine nicht zu überbietende Unehrlichkeit Henning gegenüber war.
' Von Rechts wegen, das heißt nach dem Recht de» allereinfachsten Anstandes, hätte ich zu ihm sagen müssen: Deine Frau und ich spielen vor dir und mit dir Komödie, und du solltest mich beim Genick packen und aus der Tür werfen. Mindestens hätte ich ausstehen und mich schweigend entfernen müssen.
Warum ich es nicht tat? Aus Furcht? Ich will mich nicht schlechter machen, als ich bin. Den Mut dazu hätte ich schon aufgebracht. Denn es war eine offene Frage: wozu mehr gehörte, ob zum Bleiben oder Gehen. Aber wenn ich ging, zersplitterte die durch Blut und Not geschmiedete Kameradschaft mit Henning. Und Frau Angela? Wenn ich ging, blieben hinter mir Scherben zurück. Ehescherben.
Also weiterspielen. Weiter die heiße Maske tragen.
Ob Frau Angela einen Ausweg wußte? Sie strich Noje über das Haar.
„Freu dich, mein Kind!" '
Sie meinte wohl die' Ferien, die morgen begannen und von denen eben die Rede gewesen war. Sonst war kein Grund zum Freuen vorhanden. '
Da trasen sich unsere Blicke. Oevelgönnel dachte ich. Sie auch? Ließ sie darum langsam die Lider fallen? Oder hatte sie den Aufruhr in meinem Innern bemerkt? Haltung I Wir müssen den Weg zu Ende gehen! Meinte sie das? Aber es war schlechthin ein Unding, daß ich mit der Frau meines Freundes ein Zeichen des Einverständnisse« tauschle!
Ich war in einer surchtbaren Sackgasse, litvrtletzuiig solot.»