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den, in diesen Tagen würden 40 Abgeordnete der Rechten ausscheiden und dann könnten die Beschlüsse nach Wunsch auSfallen. Als ein Bataillon Pfälzer Soldaten gestern Frankfurt verließ, ließ es die Freiheit und Hecker leben; mau konnte sie hier nicht zurückhalten, und um den Kon­flikt zu vermeiden, hat man sie in die Pfalz marschiren lassen.

Karlsruhe, den 7. Mai. Heute Nachmittag fand im großen Saale des Rathhauses unter Vorsitz des ersten Bürgermeisters Herrn Malsch eine äusserst zahlreiche Ver­sammlung der hiesigen Bürgerwehr statt, worin nach län­geren Erörterungen folgende Beschlüsse gefaßt wurden: 1) Die Regierung auf das Dringendste zu ersuchen, daßsie sogleich nach dem Erscheinen der Reichsverfassung im Re­gierungsblatt die Beeidigung auf dieselbe, gleich der auf die Landesverfassung, vornehme; 2) die Karlsruher Bür­gerwehr ist bereit, die Verfassung gegen jeden verfassungs- verlehenden Angriff zu vertheidigen; 3) die Karlsruher Bürgerwehr fordert sämmtlicbe Bürgerwehren des Landes auf, sich in demselben Sinne zu erklären, um sich zum Ein­stehen für die Reichsverfassung bereit zu halten; 4) die Karlsruher Bürgerwehr fordert insbesondere die badische Regierung auf, bei der Centralgcwalt schleunigst die- Ihigsten Schritte zum Schutz des Nachbarlandes Rhein­bayern, welches sich für die Reichsverfassung ausgespro­chen, zu thun, namentlich wolle die Centralgewalt keiner­lei Durchmärsche von Truppen solcher Staaten, die die Reichsverfassung nicht anerkannt haben, gestatten; 5) die Karlsruher Bürgerwehr erläßt einen Aufruf an ihre Ka­meraden in Württemberg und Hessen, in derselben Weise das Ihrige zum Zweck der Aufrechkhaltung der Reichsver­fassung und insbesondere zum Schuhe Rheinbayerns ein­zuleiten. Mit der Ausführung wurde der Gemeinderath in Verbindung mit dem Heerschaar-Kommando beauftragt.

Kaiserslautern, den 6. Mai, 10 Ubr Morgens. Ge­stern ist Landau in Belagerungszustand erklärt worden. Alle Fremden mußten die Stadt verlassen. Das 9. Regiment soll den Gehorsam verweigert haben, überhaupt nur etwa ein Fünftel des Militärs für die Negierung, der Nest für die Bürger seyn. Hier ist Alles bewaffnet. Beständig wer­den Patronen gemacht.

Neustadt, den 6. Mai. Bei der beute stattgebabtcn Volksversammlung wurde eine provisorische Negierung ge­bildet, mit der ein Kommissär der Centralgewalt, welche die provisorische Regierung anerkennt und ihre bewaffnete Macht zur Verfügung stellen will, das Weitere berathen Wird. Die Republik ist nicht proklamirt und bis jezt nur ein Festhalten an der Reichsverfassung und der Crmralge- walt erklärt worden.

Ein bayrisches Jnfanterie-Bataillon, das in Frankfurt lag, ist nach der Pfalz abmarschirt und zu seinem Ersah rin kurhessisches Bataillon cingerückt. Wie man hört, sol­len demnächst auch württembergische Truppen nach Frank­furt kommen.

Die Rheinbayern wollen ihre Beschlüsse der National­versammlung mittheilen und diese soll wegen ihrer weiteren Maßnahmen deshalb interpellirt werden. Daß die auf­tauchende Idee einer Lossagung Frankens von Bayern be­reits festen Fuß gefaßt hat, konnte man auf einer am 2. Mai von weit über >5,000 Menschen besuchten Volksver­sammlung bei Nürnberg ersehen.

München, den 5. Mai. Krieg! Krieg! Die ganze Ar­mee mit Ausnahme der hier garnisonirenden Infanterie Hai

Marschbereitschaftsbefeble erhalten. Vorgestern Nacht und gestern früh langten Kuriere von Olmütz hier an und ge­stern sah ich es selbst, wie einer wieder dorthin abging. Man sagt, der Kaiser von Oestreich verlange zufolge eines bestehenden geheimen Traktats Hülfstruppen gegen die Un­garn. Viele Militärs, die ich gesprochen, sagen geradezu, sie werden nicht gegen die Ungarn marschiren; es mag übrigens auch seyn, daß die Kriegsvorbereikungen der ei­genen bayerischen Sache in der Pfalz und Franken gelten.

Die braunschweigische Regierung hat auf Andringen der Abgeordnetenkammer und des Volks der Nationalver­sammlung ihre gesammte bewaffnete Macht zur Verfügung gestellt, und die Bürgerwehr mit Waffen, selbst mit Ka­nonen versehen.

In Hannover ist das Korps der bewaffneten Poly- techmker aufgelöst und die polytechnische Schule bis auf Weiteres geschlossen worden. Am 7. sollte eine Mas­sen - Deputation zum Könige sich begeben, diese ist aber schon am 4. verboten worden. Der König hat sich auf sein Lustschloß Herrenhausen zurückgezogen, Minister Stuve ist nach Berlin abgereiSt. Die Nachrichten auS allen Theilen des Landes, aus Harburg, Nienburg, Stade, Hil­desheim, Hameln und Peterstorf, lauten alle günstig für die Aufrechtballung der deutsche» Reichsverfassung. Ma­gistrat- und Burgervorsteher schließen sich bereitwillig den Beschlüssen der Vereine an, so wie die Bürgerwehr- und Turnvereine sich bereit erklären, für die Reichsverfassung mit Wort und That, mit Gut und Blut einstehen zu wol­len. Es herrscht ein ächt deutscher Geist auch im hanno­verschen Lande.

Hannover bat sich zum preußischen Oktroyirungspro- jekt bereitwillig finden lassen, Sachsen-Coburg und Anhalt- Dessau aber nicht, gleich Württemberg.

Welcker und Gervinus erhielten in Heidelberg am 5. Abends Katzenmusiken; zugleich wurden Fenster und Läden zertrümmert.

Schmerling wurde am 4. Mai in Hamburg durch das erbitterte Volk als Verräther am deutschen Vaterland zur Börse hinausgeworfen.

In Jütland hat, 8 Meilen westlich von Kolbing, ein Gefecht zwischen dänischer und schleswig-holsteinischer Rei­terei stattgefunden. Doch war noch nicht« Näheres bekannt, als daß es hieß, es seyen deutscher Seits 30, dänischer Seits 70 Mann kampfunfähig geworden.

Die Stadt R-pen (dänische Enclaoe in Schleswig) ist von Bayern besezt. Der schleswig-holsteinische Marine- Lieutenant Kiaes bat einen dänischen Kauffabrtei-Schooner, 5060,000 Mark an Werth, und eine dänische Jacht ge­nommen.

Berlin, den 5. Mai. Im Ministerium soll gestern Abend die Meldung eingegangen seyn, daß ein Zuzug rus­sischer Hülfstruppen gegen die Ungarn nicht statthabea werde. Wie es scheint, hat eine energische Note der eng­lischen Regierung diese Entschließung des Kaisers von Ruß­land hervorgerufen. Anderseits vermutbet man auch, daß dieselbe in einer Aufregung ihren Grund habe, die im In­nern Rußlands selbst die Lage der Regierung immer schwie­riger macht.

Unter dem preußischen Militär fängt gleichfalls große Mißstimmung an, sich kund zu geben und die Theilnahme für die Sache des Volks gewinnt Boden. Bei den lezten Vorfällen in Berlin schoßen viele Soldaten vom Kaiser Franz-Regiment blind, indem sic die Kugel vorher abbißen.

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