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Als trefflicher Musiker hatte der alte Doktor bald bei Margarethen ein besonderes Latent für diese Kunst entdeckt und es war ihm gelungen, in kurzer Zeit sie zu einer uusgezelchneien Klavierspielerin, und als ihre Dtimmc sich mehr entwickelt hatte, zu einer trefflichen Sängerin heranziidilde», die nicht nur verstand, waS sie vorlrug, sondern ctz auch tief und innig fühlt-.

Dieses Glück dauerte lange Zeit; aber endlich kam der Tag, an welchem Doktor Rousseau an ihrer Trauer ohne einen bestimmten Grund, an jenen häufigen Träume­reien, die man so oft bei jungen »Mädchen findet, merkte, daß der poetische Genuß der Musik bald nicht mehr zu Margarethens Gluck ausreiche» würde, und daß mitten in dieser bloß künstlerischen Atmosphäre sei» geliebtes Kind bald wie eine tropische Pflanze ui einem GewächShause verkümmern würbe.

Obgleich rer alte Mann sich über die Ursache dieses innern Umschwungs nicht tauschte, so versuchte er doch mir der Selbstsucht eines Varers, die man fast eine Tu­gend nennen kann, cem geheimen Sehnen seiner Tochter eine andere Richtung zu geben, indem er der Thangkeit ihres Herzens eine neue Nahrung verschaffte. Er weihte sic in die Geschäfte seines äußern Lebens ein, führte sie in cie Zufluchtsstätte teS Armen und vertraute ihr die Tröstungen der Leidenden und Unglücklichen an. Marga­rethe widmete sich, wie wir oben gesagt haben, miithig die­ser Aufgabe; aber die Befriedigung der Pflichterfüllung, die Freude des Bewußtseyns füllten doch nicht ganz die Leere auS, die in ihrem Herzen entstanden war.

Der Doktor verfolgte mit schmerzlichem Antheil die Forschritte deS verborgenen UedelS, taS die Wangen deS jungen Mädchens bleich machte, und manchmal verwünschte er seine Wissenschaft, die ihm keine Waffen in die Hand gab, durch die er im Stande gewesen wäre, eine Desor­ganisation zu bekämpfen, welche sich so zu sagen unter seinen eigenen Augen immer mehr auSdilteie. Ein uner­wartetes Ereigüiß sollte aber bald die Seele des vortreff­lichen ManncS wieder beruhigen, indem es ihn das Ente seiner Befürchtungen h.ffn ließ.

Eines Abends, als er mit Margarethen unter einer Laube des Gartens saß, kam die alte Gerrrude, ihm zu melden, daß ein Fremder ihn zu sprechen wünsche. Dok­tor Rousseau wollte eben aufstehen, um dem Fremden ent­gegen zu geben, als dieser bereits selbst unter dem Ein­gänge der Laube erschien. Es war dieß ein junger Mann von crwa 25 Jahren, mit angenehmem Acußern und edlem Anstand. Die Keckheit seines Blickes war durch ein sanf­tes Lackeln gemildert, und obgleich sein Benehmen dieUn- gezwunqenheit eines Weltmanns vcrricth, so war dock leicht zu bemerken, daß er sich demudre, seinen Zügen den Ausdruck jugendlicher Schlichte ndeir zu verleihen.

Beim Anblick dieses jungen ManneS stieß Margare­the einen leichten Schrei des Erstaunens auS und wandte sich rasb weg, um die Röche zu verbergen, die auf ihren Wangen flammte. Der Doktor bemerkte diese Bewegung nicht; mit einer Geberde gab er dem Fremden zu verste­hen, Platz auf enicm Garkcnstuhle zu nehmen, der neben der Bank von Holz stand, ans der er saß, und durch eine stumme Verbeugung forderte er ihn auf, den Grund seines BesuckeS anzugeben.

Der junge Mann, der Margarethens Verlegenheit nicht zu bemerken schien, sagte nun dem alten Arzte, daß er Friedrich Beauval heiße, Blumei maler sey und seit ci-

I niger Zeit ein kleines Haus mit einem Garten in her ! Straße des Batailles gemielhet habe. Er habe, fuhr er i sork, von der reichen Sammlung von Dahlien des Dok- ! torv sprechen gehört; er selbst besitze eine nahezu vollstän­dige Sammlung; doch fehle ihm noch die Pearl - Olivia, und er sei gekommen, um Herrn Rousseau den Vorschlag zu machen, ihm einen ocer zwei Ableger dieser Gattung als Austausch für jede andere Blume seiner Wahl abzu- lassen.

Der gute Doktor that sich etwas auf seine Garten­kunst zu gut; er fühltech deshalb angenehm überrascht über den unverhofften Ruf, i» welchem sein Garten stand, !nahin daher das Anerbieten des Herrn Beauval mir Dank ! auf und zeigte ihm seine Aammliinq mit einer Gefallig- ! keic, welche der junge Mann mit Lodsprücken vergalt, die ! kr mit der gelehrten Zohriheit emes Kenners eriheilre.

Als die Nacht hereinbraed, begab sich der jungeMa- l ler mir der so sehr gewünschten Blume weg, dock nahm ! er zuvor noch Herrn Rousseau das Versprechen ab, ihn l morgen in seinem Atelier und seinem Garren zu besuchen.

! Während des Weggehens, und als der gute alte Mann 'im Begriff stand, die Außenthüre zu öffnen, trat Mar­garethe rasch an ihn heran und sagte mit zitternder Stimme:

Welche Kühnheit, mein Herr!

Der junge Mann rechtfertigte sich durch einen'be- rcdten Blick und indem er Margarethens Hand ergriff, sprach er:

Ach, Fräulein, warum haben Sie meinen Brief nicht beantwortet?

Die Gartenthüre war jezt offen; man mußte sich trennen; aber Margarethe machte an tiefem Abend keiner Musik.

(Die Fortsetzung folgt).

An das deutsche Volk.

Fasse Muth, Volk, deutsches Volk!

Noch ists zur Rettung »ich! zu spät;

So lange über Dcnischlands Gauen Der Dopveladler stark im Selbstvertrauen Stoch schwarz-roth-g olden jauchzend weht JstS nicht zu spät!

Hermanns Kraft und Hermanns Geist Schwebt über deinen Bergen hoch;

Nicht Barns Legionen mögen In Deutschlands freien Hutten und Gehegen Aufburden uns ein fremdes Joch

Hermann kämpft noch!

Freier Rhein und deutscher Wein!

Wie lächelnd beide doch io mild!

So lang der deutsche Wein sich reget.

Den freien Rhein 'ein deutsches Sinder schlüget- Scp deutsche Brust auch Deutschlands Schild, Wenns ernnlick gilt!

Freie Wehr und fester Muth Wacht jezt in deutschen Hütten still.

Doch regt sich bald hi rarchisch Walte»,

So Sellen löwenäbulichc Gestalten Beicell mit Hermanns Geist und Will Sich in der Still!

Nun starkes Volk Germanen

Steh fest und weiche nickt vom Recht!

Manch Unbill habt ibr längst erlitten,

Natürlich Reckt mit theurem Blut erstritten, Himnorden sehn manch deutsch Geschlecht! Weicht nicht vom Recht!

W.