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Tode durch den Strang verurtheilt, wurde aber durch Fürst! Windischgrätz wegen mildernder Umstände gänzlich begna- > dlgt und wieder in Freiheit gesezt. Er verdankt dies vor- ^ züglich dem Umstand, daß er am 29. nicht mehr das Koni-j manbo führte und selbst mit eigener Gesadr zu Entwaff- ' nung des Proletariats in den Vorstädten beigttragen hat. Auch soll er Len unglücklichen Minister Latour bereüs am 5. Okt. vor der ihn bedrohenden Gefahr gewarnt haben. Aigner ist Künstler (Porträtmaler).

Man erzäblt sich in Wien, daß der Kaiser dem Für­sten Windischgrätz erlaubt habe, sich von demselben eine Gnade auszubitten. Der Fürst soll gebeten baden, Seine Majestät möge nach Wien zurückkchren (?).

Zn Kremsier ist der Reichstag am 22. von Neuem feierlich eröffnet worden. Zum Präsidenten wurde, jedoch erst im zweiten Scrutinium, der frühere Vicepräsident Smolka erwäblt. Er erhielt 13k Summen; der Kandi­dat der tschechischen Pariei, Sirobach (der frühere am 6. Okt. entflohene Präsident des Reichstages), bekam 124 Stimmen. Bor dem durch Len Präsidenten beantragten Schluffe der Sitzung gab noch Schuselka in seinem und vieler andern Namen die Erklärung, daß nur die Rücksicht aur die Lage des Landes, das Pflichtgefühl und Gehorsam gegen die Majorität der Versammlung die Veranlassung ihres Erscheinens in Kremsier sey; man habe in Wien gegen diese Verlegung prokesiirt, unk auch jezi dürfe man aus dem Eintreffen in Kremsier keineswegs den Schluß ziehen, als ob man hiemit bas Recht der Krone ober ir­gend eines Ministeriums, die Versammlung wider ihren Willen zu verlegen, anerkenne. Diese Erklärung Europa gegenüber zu geben, erheische die Ehre der Versammlung. Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. Auf der Minister­bank wohnte ihr Stadion, Kraus und Dach bei.

Robert Blums Frau, welche m Wien den Leich, nam ihres Mannes rcklamirte, hat man geantwortet, daß der Leichnam, wie bei Hinrichtungen gewöhnlich geschieht, secirt worden sey.

Die Allg. Ztz. enthält nachträglich eine Schi!der.ung über das Verhalten der Proletarier während der lezten Oktobertage. Sie bestätigt, Laß Liese allerdings gedroht haben, die kaiserl. Burg in Brand zu stecken, daß cs aber bei der Drohung verblieb und diese selbst rn der Burg da­gegen Wache gehalten haben, lieber den Brand m der Hosbibliothek ist erwiesen, daß er durch die Naketen-Bat- terie der kaiserl. Arttllerie verursacht wurte. Als bestes Zeugniß für das Verhalten der Proletarier wird angeführt, daß das Haus res Fürsten Windischgrätz m Wien voll­ständig unversehrt blieb. Man boffi, daß der brückende Belagerungszustand Wiens Ende Dezember ausbören werde. Man klagt besonders bitter über das Gezücht der Narde- rer und Spitzeln (Spione).

Ein Ounützer Blatt entwirft von Wien folgendes Bild: Seit der Erschießung des Brünners Borgini, wegen Wone, sind alle Kaffee - und Wuthshäuser still geworden. Der Freund traut dem Freunde nicht. Es ist eine traurige, heillose Zeit. Wegen Verletzung des Briefgeheimnisses kommen viele schüchterne Klagen vor. Wenn die Wiener sprechen dürften, wenn Fürst Windischgrätz nicht Leu lau­nigen Einfall gehabt hätte, den Sprechern den Mund mit Blei zu stopfen, so würde man hier viel über Berlin spre­chen. Mit banger Aengstlichkeit werden in Kaffee- und Gasthäusern die deutschen Journale erwarset. Man stürzt auf sie los, man perschlingt sie, dann sieht man seinen

Nachbar an und der Nachbar versteht, was man sagen will, wenn man ihn anschaut. Das ist der Effekt, den die Berliner Ereignisse in Wien heroorbringen."

Radetzky har über 120 lombardische Familien eine im- gebeure Steuer verhängt (einzelne Familien sind mit je 800,000 Lire bedacht; das Ganze läuft hoch in die Mil­lionen), was große Erbitterung erzeugt hak, welcher der bekannte Großrevolutionär Mazzini durch neue banditen­artige Instruktionen des Aufstandes zu Hülfe kommt.

Zn Nom wurde am 17. durch das neue demokrati­sche Ministerium die Schweizergarde des päpstlichen Pa­lastes aufgelöst und cinwaffuel. Viele zerbrachen im Un­willen den Schaft idrer Hellebarden. Papst Pius IX. liegt m Folge der Gemütsbewegungen, welche ihm die legren beispiellosen Ereignisse bereiter, krank darnieder. Er soll, Mährens die zügellose Cwica (Bürgergarde) nach dem Morde Nossis, rdn, den Mann, welchen sie so oft bis in die Sterne erhoben barte, in seiner Wohnung, dem Qui- rinal belagert und der Kugelregen bis rn seine Vorzim­mer drang, rubig und ergeben dagesesscn scyn und sich be­reit erklärt haben, als zweites Opfer zu fallen. Em Prä­lat des päpstlichen Hauses, Mons. Palma, wurde an dem Fenster seines Zimmers bei dem Sturm auf den Quiri- nal erschossen. Man glaubt, der Papst werbe energisch gegen die ihm abgezwungenen Zugeständnisse protestiren. In ganz Italien ist die Aufregung in Folge der rö­mischen Revolution wieder auf den Siedpunkt gestiegen. Man befürchiet Rückwirkungen auf Florenz und Turin. Zn lecher Stadt sse-'en an drei Abenden bmter einander, am 18., 19. und 20. lärmende Demonstrationen der de­mokratischen und Kriegspartei vor. Auch ein Gerücht über eine Adelsvcrschwörung gegen den König circulirke.

Kürzlich kam im Zollamt vor London ein Fall vor, der unter allen Bijouteriewaarenbäntlern eine große Be- ! stürzung erregte. Bekanntlich bat das englische Zollamt ! Las Recht, wenn ihr eine Waare gar zu nieder angesezt ! scheint, dieselbe gegen den verlangten Wert an sich zu ! ziehen, und fürRcchnung des Schatzes zu verkaufen. Ließ ! fand kürzlich mir einer Partie Uhren statt, die zu nieder ^ angesezt schienen, weßbalb man den Konsigna arrs denver­langten Preis ausbezablte, unv Len öffentlichen Verkauf der eingczogenen Uhren anordnete. Da ergab sich, daß die Uhrgehäuse, die man als Gold betrachtet batte, nichts als gewöhnliches durch galvanische Mittet vergoldetes Me­tall waren, an dem die stärksten Proben Schiffbruch ge- I litten baten. Erst als einer der Käufer einen Einschnitt ! gemacht hatte, wurde der Betrug entdeckt; der Verkauf ! harre natürlich keinen weitern Fortgang. Daß ein Betrug ! beabsichtigt gewesen, ergab sich aus dem Umstand, daß in E dem Uhrenkästchen oben mehrere wirklich goldene Uhren lagen.

Auf dem Börsenplatz und in der Ruc du Coq zu Paris bildeten sich am 24. große Zusammenrottungen vor den Büdcrläden, welche eine Menge von Karrikaturen auf Ludwig Napoleon ausgestellt haben. Die Menge sprach sich mit großem Unwillen darüber aus, daß jetzt so zahl­reiche Karrikaturen gegen Ludwig Napoleon in den Bil- derläden ausgestellt würden und nicht eine einzige gegen Cavaignac; die Leute behaupteten, die Regierung habe ge­wiß ihre Hand im Spiel. Die Gruppen nahmen zuletzt eine so drohende Haltung an, daß die Bilderhänkler tzch genölhigt sahen, die Karrikaturen von den Schaufenstern entfernen.