«Ä-mlichni Charakter angeergiret, und zwar in einem so hohen Grade» daß dadurch die natürlichen Tugenden ihres Geschlechtes in den Hintergrund traten. Nur ein weibliches Wesen besaß ibr Vertrauen und ihre Freundschaft; sie hieß Helene von tzorvidos; sonst befanv sich die Prinzessin meistens in Gesellschaft von Soldaten. — Helene war ein liebliches Wesen; für ihre Gebieterin besaß sie eine hingehende, aufovsernbe Liebe; ihre Phantasie war lebhaft, sie erging sich gern in Schwärmereien und war zu allerlei romantischen Unternehmungen stets bereit. Sie war die stete Begleiterin der Prinzessin und blieb auch bei ibr, wenn nur Soldaten die Gesellschaft bildeten; sie besaß ihr ganzes Vertrauen und verdiente diese seltene An- bänzlichkeii durch unbedingte Hingebung.
Unter den Offizieren der Garnison von Stettin befand sich ein junger L-eutenai::, der Baron von Berkef. Er hatte erst vor zwei Jahren das Kadettenhaus in Berlin verlassen, zeichnen: sich vor allen Ucbrigen durch jugendliche Anmutb und Heiterkeit aus und wußte auch in seinem Aeußern so viel zierliche Eleganz zn zeigen und sich von jedem Uebermaße so geschickt entfernt zu halten, daß seine persönlichen Vorzüge dadurch nur erhöbt wurden. Die Prinzessin Sophie, welche damals 14 Jabre alt war, harte ihn oft auf der Paraoc bemerkt; der Eindruck aber, den er auf sie bervorbrachie, war vorübergehend und verschwand, sobald Derlei nicht mebr da war. Endlich wurde der Baron zum Adjuianken des Gouverners ernannt, und diese Stellung veranlaßie, daß er eine Wobnung im Schlosse erhiclr. Sophie halte dadurch Gelegenheit, ihn öner zn sehen, und wenn gleich sie erst l4 Jabre zählte, verstand sie doch die vorzüglichen Eiaenschaiten dieses jungen Mannes zn würdigen, und em Gesübl wurde wach ui ihrem Herzen, das sic bisher nickt kannte; die Verstellung aber war ibr fremd, und Zurückbaliung kannie sie nicht; ihre Blicke verneihen ihr Gebemniiß. Berkef war von diesen unzweideutigen Beweisen einer erwachenden Neigung lief gerührt und empfand eine Unruhe, die er nicht bewältigen konnte. Aber er fürchtete bald, sich geirrt zu haben, und war außerdem zu sehr von dem bedeutenden Abstaude in ihren beiderseitigen Stellungen durchdrungen, um seine Blicke so dock zu richten. Er bekämpfte daher muthigdie aaskelmende Leidenschaft auch schon dadurch, daß er sich das ganze Verhält!,,ß klar machte, und antwortete mit Käste den Anzeichen einer Zärtlichkeit, deren Gegenstand zu sepn er sich immer noch nicht einbilten mochte. Sophie batte aber schon damals denselben Cbarakter, welchen sie später als Katharina entwickelte; diese bescheidene und acktungs- wertbc Zurückhaltung reizie ihren Zorn, und als sie eines Tages dem Baron beim Herausireien aus dem Speisesaal begegnete, trat sie ihm näher und sagte in einem anscheinend ruhigem Tone zn ibm: Herr Baron, erwarten Sie nicht, daß man Ihnen noch mehr entgegen komme.
Diese Worte stürzten den Baron in die größte Ans rcgung. Er konnte nun nicht mebr zweifeln, daß er geliebt war. Seine Zurückhaltung und Schüchternheit verschwanden, und eben so sehr, als er bisher bemüht gewesen, die Neigung seines Herzens zu unterdrücken, eben so überließ er sich den leidenschaftlichsten Empfindungen, welche ibn bestürmten. In größter Aufregung begab er sich in fein Zimmer und schwelg e in den Hoffnungen des Glückes, das er bisher bezweifelt harre. Der Gedanke daran war schon eine Seligkeit, er verkiekte sich in süße Träumereien und merkte es nicht» baß der Abend heranbrach.
I Schon breitete sich die Dunkelheit in seinem Zimmer ! aus und hüllte die Gegenstände in einen melancholischen ! Schatten. Da öffnete sich plötzlich die Tbür. Ein Arm, , weiß wie der Schnee, ward sichtbar, ein Brief ward auf I die Erde geworfen, und die Erscheinung war verschwunden. Berkef erhob sich schnell wie der Blitz und stürzte zum Zimmer hinaus, den geheimnißvollen Boten zu erreichen: aber er sah und hörte nichts und kehrte in sein Zimmer zurück. Beim Schein des Mondes, der eben aus den Wolken heroortrat, las er zitternd die Worte: Sie lieben und Sic werden geliebt, aber scyen Sie vorsichtig ; bleiben Sie ihrer Liebe treu , sprechen Sie wenig und hoffen Sic.
Dieses neue Ereigniß versezte den Baron in die höchste Verzückung: er küßie den Brief mit heißer Inbrunst und warf sich bald ganz angekleidet auf sein Bett, nur in süßen Träumereien sein Glück zu finden. Früh am andern Morgen schon verließ er sein Zimmer, und in kindischer Ungeduld ging er vor den Fenstern der Prinzessin spaziren, obgleich er wobl wußte, daß sie um diese Zeit noch nicht ausgestanden war, und er kehrte erst in das Schloß zurück, als es Zeit war, im Vorzimmer des Gouverneurs zu erscheinen, um dessen Befehle in Empfang zu nehmen. Die Prinzessin hatte die Gewohnheit, jeden Morgen zu ihrem Vater zu geben; der Baron hatte also die Hoffnung, sie zu sehen- und in der Stimmung, welche ihn jezt erfüllte, ! war dieses Glück ein ganz außerordentliches. In derTbat, ! Sophie zögerte nicht, im Vorzimmer z» erscheinen; sie rich- ! rete em süßes Lächeln an dein jungen Offizier, welches ihn ! im Innersten seiner Seele beglückte, und war in demsel- ! den Augeiiblicke seinen Blicken entschwunden. Berkef verlangte nicht mebr; man hatte ihm Klugheit anempsohlen, i und es war natürlich, daß sie nickt minder diese Tugend ! ausübte und ihm mit gutem Beispiele voranging. Und ! galt ibm dieses Lächeln inchk mebr, als jeoe Unterhaltung, die -m Beisehn von Andern geführt wurdet Dieses Lächeln galt ja ihm allein!
Einige Augenblicke darauf ließ der Baron den dienst- rbuenden Adjnianren rufen. Der Baron trat eilig ein, aber Sophie war nicht mehr da. Er empfing die Befehle seines Lorgesezten und begab sich nach dein Platze, wo die Offiziere sich täglich zur Parade versammelten. Die Regimenter standen schon in Reihe und Glied, die Soldaten hatten das Gewehr bei Fuß, und die Offiziere, welche in der Suite ihrer Bataillone standen, unterhielten sich lärmend von den Neuigkeiten des Tages.
Werkes, der sich jezt so glücklich fühlte, dachte nicht daran, diese freudige Aufregung zu mäßigen, und als er zu seinen Kameraden trat, sahen diese es ibin gleich an, eaß elwas Freudiges ibm begegnet war. Sie scheinen diesen Morgen sehe vergiiügt--zu scyn, Baron, sagte ein Ossizier zn ihm. Sie kennen also schon die freudige Nachricht ?
Es ist ganz in der Ordnung, sagte ein Anderer, rast Berkei es früher erfahren, als wir, da er im Schlosse wobnt! Was meinen Sie damit, Oberst? fragte Berkei ganz erstaunt. Nun, die Tochier unseres Gouverneurs verbeiraibet sich ja, wissen Sie denn das nicht? Die Tochter des Gouverneurs verbeiratbet sich? und zitterte an all seinen Gliedern. Aber ganz Stettin weiß es, und Sie wissen es nicht? Und mit wem? fragte der Baron, weiter in größter Angst. Mit dem Großfürsten vonRußland-, morgen reisen Sie nach Petersburg ab — lautete die Antwort. (Fortsetzung folgt.)
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