der siebenundzwanzigjährige Schxeidergesell Peter Ludwig von Bockenheim.

Am 30. Sept. stand Struve in Müllheim vor dem Standgericht. Er wurde gefesselt in denselben Saal ge­führt, in welchem er wenige Tage zuvor diktatorisch ge­herrscht hatte. Er benahm sich, wie die Freib. Zkg. sagt, weder arrogant noch servil, am wenigsten aber imponirend. Er bewährte jedoch diejenige Fassung, die es ihm möglich machte, in Kürze klar Dasjenige zu sagen, woraus es an­kam. Er sagte in seiner Rede, das Läugnen widerspreche seinem Charakter; er gab dcßhalb fast Alles zu, wessen man ihn beschuldigte, machte jedoch geltend, daß seine Be­gleitung beim Eindringen in das Land weder zahlreich, noch bewaffnet gewesen sey, sondern daß sein Zuzug erst im Lande sich an ihn angeschlosscn habe. Auch sey das Standrecht am 26. Sept. verkündigt, er dagegen schon am 25. festgenommen worden, daher scheine ibm, daß das Standrecht nicht auf ihn angewendet werden könne. Wäh­rend der Abwesenheit der standrechtlichen Kommission, die über eine Stunde währte, saß Struve mir sichtlicher Apa­thie auf einem Stuhl, nur hie und da sorgsam seine Blicke da- und dorthin richtend, wo irgend em Geräusch seine Aufmerksamkeit in Anspruch genommen hatte. Nach Ver­lauf einer Stunde trat die Kommission wieder ein und sprach in kurzen Worten ihr Urtbeil, daß der Angeschul­digte vor die gewöhnlichen Gerichte zu verweisen sey. Der­selbe ist auch in Ketten und unter starker militärischer Be­gleitung mit seiner Frau und mit noch andern Freischaa- renanführern in Freiburg eingebrachl worden.

Immer noch werden gefangene Freischärler emgelie- fert und fortwährend kommen noch Truppen an. Am Sam­stag dem 30. September Abends traf General Miller mit seinem Generalstab und dem ersten Bataillon des ach­ten württembergischen Infanterie - Regiments, aus Schles­wig-Holstein zurückkehrend, in ärciburg em.

Die Karlsr.Zeitung schildert den Einzug vonSrruve und seinen Nöthen in Staufen, wie folgt: Voran spreng­ten drei Reiter mir dem Ruf: die Republik und die pro­visorische Negierung lebe hoch! o-eie sandten sodann in die Kirche, um zur Feier der g'ückbrlngenken Ankunft des Statthalters mit allen Glocken läuten zu lassen. Nun kam der Zug, voran eine Musikbande, sodann der Fahnenträger mit einer seuerrothen Fahne, drei Offiziere zu Pferd mir rochen Schärpen und Binden, gefolgt von 300 sehr gut bewaffneten Scharfschützen, darunter viele Italiener und Piemontesen, aus diese wieder Offiziere, rothe Fahnen und ungefähr 1500 soldatisch aussevende Männer mit neuen glänzenden Gewehren, alle mir rothen Binden. Sodann eine Kutsche, in der Madame Struve fuhr, binter ibr em entblößter Degen mit goldenem Griff, aus dem Rücksitz ein Kammermädchen. Sie schaute durch eine goldene Lorgnette auf die Menge. Nach ibr Struve mit seinen Generalen zu Pferd und nach ihm die freiwilligen und unfreiwilligen Zuzüger mit rothen Binden und Fabnen. Struve selbst war ganz schwarz gekleidet, mit blutrorber Schärpe und Binde. Hierauf hielt er eine Rede, ließ sich die Kassen geben, und hob die Mannschaften aus. Die Einquarurren sollen sich bescheiden betragen haben. Sie kamen je fünf und fünf, um sich speisen zu lassen.

Die terroristischen Maßregeln, nul welchen er agirte, bestätigen sich. Ganz unschuldige Leute wurden ausgegriffen und wegen Hochverrats arrettrt, ein ehrenwerther Geist­licher vom ruhigsten Temperament wegen Widersetzlichkeit

l vor ein Gericht nach Müllbeim geschleppt, sein Vikarius

> als Freiwilliger mit fortgefübrt. Das Gericht in Müll- ^ heim war bezeichnend ausgewäblt; ein ehemaliger Bäcker i ließ sich Kommissär der Regierung tituliren, zwei bankerotte

> Kaufleule waren Sekretäre.

In Freiburg entstand am 30. September gegen Struve, der auf der Hauptwache gefangen saß, einSol- datenkrawall. Vierhundert badische Soldaten versammel­ten sich vor der Hauptwache, wo Struve gefangen saß und verlangten mit Ungestüm seine Herausgabe. Herbeigeeiltc Stabsoffiziere suchten die Menge zu beschwichtigen, aber die Wuth derselben stieg von Augenblick zu Augenblick. ! Endlich, nach vielen vergeblichen Vorstellungen und nach- j dem die Offiziere erklärt halten, nur über ihre Leiber würde -man zu dem Gefangenen gelangen, beruhigten sich die auf- -gebrachten Soldaten, nachdem ihnen nachgegeben worden iwar, daß die demselben gewährten Bequemlichkeiten, na- ^ mentlich sein Bett, wieder entfernt werden, und er sein Lager auf Stroh bekommen sollte. Oie Soldaten über­zeugten sich von der Erfüllung der gegebenen Zusicherung und verließen dann den Ort der Aufregung. Struve ist selbst vor seinen eigenen Wachen nicht sicher gewesen, in­dem sie nur auf Vorstellungen ihrcrOsfiziere davon abge­standen haben, ihn zu erstechen. Um die Erneuerung sol­cher Auftritte zu vermeiden, brachte man Struve am 1. Okt. nach Rastatt. Seine Frau, welche bis jetzt im Sladrge- fängniß von Freiburg saß, wird gleichfalls nach Rastatt lranöpornrt werten.

Gegen das Fürstenthum Sigmaringeu, von wo fick der Fürst mit seinem Negierungspersonal in Folge einer republikanischen Bewegung entfernen mußte (er ist an den Bodensee gegangen) ist baierisches Militär nn Anmarsch, zum Sturz der dort unter Advokat Würth eingesezten re­publikanischen Regierung. Man spricht auch von dem Ein­rücken eines Regiments Preußen.

Man schreibt aus Sigmaringen vom 30. Sept, daß die Republik daselbst schon wieder im Sinken begrif­fen sey. Bäurische Truppen rücken heran, die flüchtigen Beamten kehren zurück; dagegen rüsteten sich mehrere vou der republikanischen Seite zur Flucht.

In Darmstadt ist der radikale Abgeordnete in der zweiten Kammer, Kinscherf, gesanglich eingebrachl wor­den. Er ist beschuldigt, bei der Zerstörung der Eisenbahn bei Weinheim mitgewirkt zu haben!

Aus Neustadt an der Hardt berichtet kie Speyerer Zeitung, daß die dortige deutsch-katholische Gemeinde den Bürger Loose aus Stuttgart als deutsch-katholischen Pre­diger engagirt habe.

In Düsseldorf wurde am 23. September der un­ter den Auspicien von La falle und der berüchtigten Grä­fin von Hatzfeld berathende republikanische Ausschuß von zwei Säcklragern unter allgemeiner Verhöhnung ausein­ander gejagt. Die republikanischen Helten waren gerade in der Votirung einer Oankadresse an die Frankfurter Barrikadenkämpfer begriffen, sprangen aber, von Schre­cken ergriffen, sogleich zum Fenster hinaus, sobald sie die beiden Sackirager mit ihren Knütteln emneien (ab-n.

In der Stadt Mücheln in Preußlsch-Sa.y eu, von der früher schon berichtet, daß dorr sogar der Bürgermei­ster und andere Mitglieder dev Magistrats als Republi­kaner verhaftet wurden, soll man jezr cuicm schauderhaften revolutionären Complotr (mit Brandstiftung und E-mor- dung aller Gerichts- und Regierungsbeamren in Raum-