Den 6. Oktober.

Beilage zum Nagolder Intelligenz»»«.

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Württembergifche Chronik. !

Prinz Paul von Württemberg, welcher mit Ausnahme^ eines ganz kurzen Aufenthalts vor wenigen Jahren seinem i Vaterlande seit mehr als 30 Jahren den Rücken gekehrt § hatte, war Dienstag den 3. Oktober, wo er auf der Stan- desherrengallene der Kammer der Abgeordneten erschien, Gegenstand vielfacher Neugier Seitens des Publikums, das große Aehnlichkeit in seinen Gesichtszügen mit denen seines Bruders, des Königs, fand. Eine nicht sehr ange­nehme Berührung für den seltenen Gast dürste es gewesen seyn, daß der gerade unter dem Sitze Sr. K. H. befind­liche Abgeordnete Ritter in einer von ihm entwickelten Motion, die auf umfassende Ersparnisse im Staatshaus­halt und Aenderung des Steuerwesens abzielte, in sehr deutlicher Weise die von dem Prinzen bezogene Apanage als nicke mehr zum Auszuzahlen geeignet, bezeicknete. Der Prinz wohne im alten Schlosse.

Bei Gelegenheit des Rechenschafts-Berichtes in unserer Standekammer hatte beinahe jeder der H.H. Abgeord­neten örtliche Jneeressen zu vertheidigen. So brachte z. B. unser Abgeordneter Geigte bei §. 9 vor, daß die Ge­meinde Wenden und Sckönbronn mit einer Bitte um Ab­nahm» der denselben auferlegten Last des Scknecbahnens durch den Staarswald Buhler adgewiesen worden seyen, weil dieselben ittckt den gehörigen Instanzenweg verfolgt hätten; das Versäumte sey aber schon Anfangs April d. I. nach- geholr worden, ohne daß bis jezl ein Bescheid erfolgt sey, er sehe sich deshalb veranlasst, diese Sache hier vorzubrin­gen und zwar um so mehr, als der Winter vor der Thüre und die Gemeinden ganz außer Stande seyen,, fragliche Bahnen zu öffnen. Beite Gemeinden gehören nämlich zu den ärmsten in seinem Bezirke und seyen ohne­dies,, besonders Schönbronn, vermöge der Straßen-Unler- haltnng, welche einzig und allein durch die Holz-Abfuhr nis dem Siaaiswald verdorben und zusammengeführt wer­den, der Art mit Gemeinde-Umlagen belast», daß z. B. die Gemeinde Wenden neben etwa 150 fl. Staatssteuer noch 600 fl. und die Gemeinte Schönbronn neben etwa 300 fl. Staatsstcuer 7800 fl Gemeindeschaden jährlich umzulegen habe. Er erlaube sich deßhälb an diese hohe Kammer die Bitte zu stellen, dieselbe möge den K. Ge­heimenrath ersuchen, so schleunig wie möglich einen Be­scheid in dieser Sache geben zu wollen, um diesen Ge­genstand noch in dieser Kammer erledigen zu können. Als die Sprache auf die Versendung des Militärs kam, nahm Geigte sich mit Wärme der Stadt Nagold an und trug darauf an, daß die Kosten der Einquartirung nicht der Statt aufgelegt, sondern vom Staat getragen werden sollen. Endlich stellte Geigle den Antrag, die Kammer möge die Regierung bitten, daß sie einen Gesetzes-Entwurf ein- bringe, nach welchem der vierte Theil der Ablösangs-Ka- pitalien für Gülten, welcher bisher an der Steuer-Anlage

abgezogen wurde, auf die Staatskasse übernommen werde. (Wir werden die Begründung dieses Antrages im nächsten Blatte nachtragen.)

InHeilbronn werden zahlreiche Verhaftungen vor­genommen , Fabrikant Bruckmann befindet sich darunter. Aus Donaueschingen wird geschrieben, daß sich mehrere Flüchtlinge von Stuttgart über Donaueschingen nach Schaff­hausen begeben haben.

Rotten bürg, den 29. September. Gestern Abend befanden sich einige hiesige Herren im Gastbof zum Wald­born im Parterresaal. Um 8^ Ubr fiel unmittelbar vor dem Fenster ein Schuß, eine Kugel flog durch ein nicht mit Laden verschlossenes Fenster, zwischen den Häuptern des Oberamts-Aktuars und eines Stubirenden von bier durch, scharf am Gesicht des diesen gegenüber an einem Stuhle stehenden Oberamtsverwesers vorbei in die Wand. Dem Tbäter ist man aus der Spur, die meuchelmörderische Ab­sicht war wahrscheinlich gegen den Oberamtsverweser ge­richtet. Ein Jnvivlduum wurde deute wegen Hochver- rathsverdachis in gerichtliche Haft genommen.

Am Sonntag dem (.Oktober ging Militär von Lud­wigs bürg nach Hall ab, wo Unruhen stattgefunden ha­ben und insbesondere der Oberamtmann arg mißhandelt worden seyn soll.

In Ulm wurde in der Nacht vom Freitag dem 29. auf Samstag den 30. September in Tr. ElsnersDru- ckerei eingebrochen, die Schnelldruckmaschine zerstört und sonst beirächtlicher Schaden angerichtet, so daß die Ulmer Kronik an diesem Tage nicht erscheinen konnte.

Ein großer Diebstahl, welcher vor einigen Tagen in einem Stuttgarter Privathause begangen wurde, dürfte insofern für Viele zur Warnung dienen, als derselbe, wie wir hören, dadurch erleichtert wurde, daß der muthmaß- liche Dieb als Bettler in die Wohnung des Bestohlenen kam und letzterer, um ihm eine Gabe zu reichen, eine Schublade mit viel Geld herauszog, wodurch der Dieb Anleitung und Gelegenheit zu seinem Diebstahl bekam.

Tages-Meuigkeiteü.

Frankfurt, den 1.Oktober. Das württembergische zweite Reiterregiment, welches seit dem 19. September hier in Frankfurt kampirte, ist heute früh nach dem Großher- zogrhum Baden oufgedrvchcn. Dasselbe hat in Frankfurt daö freundlichste Andenken zurückgelassen.

Die Mörder Auerswalds und Lichnowskys werden durch ganz Deutschland steckbrieflich verfolgt. Es sind die drei Brüder Wilhelm, Adolph und Kaspar Melosch von Bockenheim, leztere beide Schreinergesellen, Steinhauer Die­trich, Graveur Escherich, Etuifabrikant Nispel, Taglöhner Christian, ein Barbiergehilfe Born und ein achtzehnjähri­ger Bursche Louis Zeh, sämmtlich von Bockenheim. Dazu kommt noch, nach der neuesten Nummer des Fr. Journals,