Stuttgart, den 25. August. Die Frage, an welche unser Ministerium die Fortdauer seiner Wirksamkeit geknüpft hatte, hat eine glückliche Lösung erhalten. Nach aus Meran eingetroffenen Nachrichten ist Obertribunalrath v. Sternenfels provisorisch zum Bevollmächtigten beim Neichsverweser ernannt. Der Beobachter sprach vor einigen Tagen von neuen Kollisionen, die gegen Vas Ministerium im Anzuge seyen. Wir glauben versichern zu können, daß diese Andeutung ohne Grund ist. — Vorgestern Abend mußte unsere Eisenbahn zum ersten Male einem Selbstmord zum Werkzeug dienen. Der Stabsfourier Mahle, der seit mehreren Tagen vermißt und daher schon öffentlich aufgefordert war, legte sich bei Zuffenhausen auf die Schienen, als eben ein Zug heranbrauske, und fand hier, obgleich er von der Schaufel zur Seite geschleudert wurde, doch schrecklich verstümmelt seinen Tod. — Dienstag rrüh wurde im Pfaffensee bei Stuttgart ein Mann aufgefunden, der sich selbst den Tod gegeben und schon mehrere Tage im Wasser gelegen haben muß. Er hatte Stricke um die Füße und einen schweren Stein daran befestigt.
Sicherem vernehmen nach bat das Rclchskriegsinini- sterinm an die württembergische Regierung bereits die Aufforderung ergeben lassen, die von der Nationalversammlung beschlossene Erhöhung der deutschen Truppenmacht auf zwei Prozent für unser Land ins Leben ei.izuführen. Württemberg hätte hiernach 30,0 O Mann (eigentlich 35,000 Mann) zu stellen, zu deren Einberufung schon die nöldigen Einleitungen ge,rossen werden. Bedeutende Einkäufe von Reiterei- und Arlilleriepferden sind tbeils schon vorgenommen, »Heils werden sie noch tortgesezt. — Die furchtbaren Rüstungen Frankreichs, trotz aller Friedensversicherungen Cavaignac's, die drohenden, unverschämten Noten Frankreichs und Englands in der dänischen Sache, machen es leider nötbig, daß Deutschland eine Achtung gebietende Stellung einnehme, was aber neue, gewaltige Lasten auf das Land wälzt. — Man spricht davon, daß bei neuen Ausrüstungen für unser Militär nur noch Waffenröcke ange- schafft werden sollen, wie unsere 'Nachbarn in Hohenzol- lern sie bereits besitzen.
T«rgeS Meuigkeiten.
In München Aufstand wegen des vom König einge- packien Staatsschatzes ; in Berlin gegen den Minister Auers- wald; in Frankfurt streiten sie sich zwei Tage lang, um Trennung von Kirche und Staat, und sind noch nicht zu Ende, Rußland aber und Frankreich rüsten. — In Wien fürchtet man auch neue Ausbrüche. - Schweden rüstet eine starke Flotte aus.—In Kassel gab cS unruhige Bewegungen, weil einige Gardisten eingezogen wurden, die im heitern Verein mir Bürgern an des Kurfürsten Geburtstag die Kopfbedeckung gewechselt hatten. — Venedig hat in Paris Hülfe gegen Oestreich verlangt. - In Darmstadt ist eine außerordentliche Einkommenssteuer ausgeschrieben worden. — Die Skaatspapiere fallen wieder. — Während Deutschland beratoei und sich über einen Zoll mehr oder weniger Rechte streuet, handelt das Ausland. Während man bei uns vergeblich »ach einem Bündniß mit Frankreich ermähnte, bat sich Rußland plötzlich zu einem solchen entschlossen. Frankreich ist von Rußland anerkannt, der Kaiser will nach Paris kommen; Frankreich, England und Rußland reichen sich in Schleswig, in Limburg und Italien die Hände zum Bund wider Deutschland. Zezt wird
! dieses seine 900,000 Mann Rcichskontingent wohl brau- l chen können.
^ Die Reaktionäre in Charlottenburg haben dort ein j ähnliches Bubenstück verübt, wie eine Anzahl Angehöriger ! des 3. Reiterregiments in Ulm. Auch dort sind, wie es scheint, Höherstehende Anstifter der Hezjagd auf die Demokraten.
Auf der Altonaer Sternwarte ist von Dr. Petcrsen ein neuer Komer entdeckt worden. Möge derselbe wie der I8llr einen gleich trefflichen Wein, zugleich aber auch Verbesserung unserer sonstigen Verhältnisse bringen.
Die Bergleute im Harz, deren Lage keine sehr günstige »st, haben sich zu Erringung besserer Lohnverbältnisse in eine Bewegung eingelassen, die alsbaldige Absenkung von Militär aus Hannover zur Folge hatte.
In ToSkana und dem Kirchenstaate sind an verschiedenen Orien Unruhen ausgcbrochen, die einen sehr bedenklichen Charakter annehmen. — Auch im Vetlin haben die Lombarden nicht Stand gehalten und so ist die Lombardei denn wieder ganz im Besitz Oestreichs.
Eines Tages ging Napoleon in einem Bivouac umher, trat zu eiuem Brummbär, der schweigend sein Gewehr putzte, und redete ihn an: Was thust du da? Das geht dich nichts an, antwortete der Soldat, ohne den Kopf um- zudreheu und ohne die Stimme des Kaisers zu erkennen. Ich meine, es gehe mich doch etwas au. Nun, wenn du es besser weißt, so mach' links umkehrt und marsch! Du bist sehr rauh. Ich bin nun einmal so; der liebe Gott hat mich für meinen Kaiser so erschaffen. Du liebst also diesen Mann? Das geht dich nichts an. Ich glaube dock, daß es mich etwas angehr. Wenn du nun fertig bist, vorwärts, marsch! Hast du schon einmal mit deinem Kaiser gesprochen? Mehrmals als du, Gelbschnabel, er hat mir selbst das Band da ins Knopfloch gebunden, und er hat etwas gut bei mir. Was hat er bei dir gut? Das geht dich nichts an. Nenne mir es doch! Der Soldat wendete jezt so halb und halb seinen Kopf, und rief erschreckt, alS er den Kaiser sah: Ah» Pardon, Sire, ich bin ein wahrer Rekrute, daß ich Sie nicht sogleich erkannte; ich besah mir aber eben meinen Schnurrbart in i meinem Gewehrschlosse. Ich habe Unrecht und gebe zu,
^ daß es Sie etwas angeht. Die Kaltblütigkeit des Sol- ^ daten gefiel dem Kaiser, der ihn nach der Schlacht, für j welche jener sein Gewehr so besonders gut in Stand ge- sezt hatte, rufen ließ. Nun? Sire, es versagte nicht ein einziges Mal und das Rottenfeuer war gut genährt. Du hast nichts erhalten? Nichts, als einen Streifschuß an die i Achsel. Du hattest mehr verdient. Was, Sire? DaS ! geht dich nichts an. Ich denke doch, das ginge mich wohl etwas an. Du willst wohl meine Rolle spielen, Alter? Sie spielen ja die weinige; aber, waS verdiente ich? Die Schleife der Ehrenlegion. Ach, das gebt uns beide an, Sire: Sie geben sie, ich nehme sie, jeder nach seinem Metier. Ich danke!
Nock einen Gericktsbof.
Es ist wohl nicht das schlimmste der Vergehen,
— Wenn Recht und Freiheit von der Erde sticht, Und nur am Sternenzelte frisch noch blüht: —
Sie kühnlich holen aus der Sterne Höhen.
Der aber ist ein schwarzer Nebelthätcr,
Der frech des Volkes Freiheit rritt und schilt.
Drum, wenn Gerechtigkeit kein Luftaebild, Drum auch ein Tribunal für — V "
o lksoerrä t h e r.