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Verdeck leicht erhalten hatte, zu Pointe a Pitre, eine Kiste unter jedem Arm und seinen Empfehlungödrief in seiner Mütze. Er frug den Ersten, der vorüber ging, nach der Wohnung deö Herrn P. Sie wurde ihm bald gezeigt. Er trat in sein Magazin und sagte zu ihm: Mein Herr, hier ist ein Brief von meinem Vater.

Unser Handelsherr, der Konsignatenr des Fahrzeu­ges, das so eben, trotz der englischen Kreuzlinie, glücklich in den Hafen eingelaufen, war von Käufern umringt, die sich in Masse zudrängten, um vorzugsweise einige Artikel der reichen Ladung zu erhalten, deren Verkauf ihm an­vertraut war. Er verließ jedoch seine Beschäftigung, um Kenntniß von dem Briefe zu nehmen, den man ihm dar- reickte. Nachdem er ihn gelesen und einen wohlwollenden Blick auf seinen Empfohlenen geworfen hakte, ließ er seine Frau rufen.

Hier meine liebe Freundin, ist der Sohn von ***, der aus Frankreich ankömmt; lasse vorerst seine Felleisen abladen, bereite ein Zimmer und wache darüber, daß es ihm an nichts fehlt. Dann begann er wieder, ohne eine Antwort abzuwarten, seine Besprechungen mit den Käufern.

Madame P. führte unseren Reijenden in das Innere der Gemächer. Sie frug ihn mit Güte, ob er haben wolle, daß man seine Effekten sogleich vom Bord herbciscbaffcn solle. Er gestand, daß er keine anderen besäße, als die beiten kleinen Kisten, die er trug, von denen die eine seine Wäsche, die andere aber Gegenstände enthielt, von deren Kenntniß ihn sein Vater nicht unterrichtet hätte. Die gute Wirthin erricth sofort die Lage des Empfohlene» und sagte ohne Ziererei zu ihm: Gebt mir nur das Kistchcn mit Wasche, meine Töchter sollen sehen, ob sie in gutem Zu­stande ist. Hier ist Euer Zimmer; ruht Euch aus; man wird Euch zu Mittag holen lassen. Die Untersuchung der Wäsche konnte nicht lange dauern; es hatte sie nickt sowohl die Neugierde herbeigcführt, als die gure Absicht, das hinzuzufügen, was dem jungen Ankömmling in den ersten Augenblicken fehlte.

Mehrere Wecken verflossen in Sorgfalt und Zuvor­kommenheit. Bei Tische wurde keine versteckte Frage an den Reisenden gerichtet. Man doi ihm an, was er vor- zuziehen schien; er gehörte zur Familie.

Da sich Herr P. anschickte, einen Auktions-Verkauf seiner reichen Konsignation zu veranstalten, so ließ er sei­nen Empfohlenen in sein Komptoir kommen und sagte zu ihm: Nun, junger Mann, was kann ick für Sie lhun; mit was wollen Sie sich beschäftigen; was trieben Sie bei dem Papa in Frankreich?

Mein Herr, ich besorgte die Rechnungsauszüge, die Briefkopien, die Gänge und die Einnahmserhedungen, aber ich werte Alles thun, was Sie wollen, um meinem Vater eine Unterstützung senden zu können.

Sie haben nichts Anderes für mich, als den Brief meines Freundes?

Ja. meinHepr, ich habe eine wohl verschlossene Kiste, die msin Vater mir aufgetragen hat, Ihnen zu übergeben; ich weiß nickt, waS sie enthält.

Holen Sie sie schnell herbei, vielleicht ist etwas darin, aus dem wir in Ihrem Interesse Vortheil ziehen können.

Die samose Kiste wurde hcrbeigesckafft und mit Vor­sicht geöffnet. Wie groß war das Erstaunen des Herrn P. als er folgendeZeilen las: 150 Paar superfeine Schlitt­schuhe, um den bestmöglichen Preis für Rechnung meines SohneS zu verkaufen.

1 Wie, rief Herr P., wie, Unglücklicher, Schlittschuhe,

, Schlittschuhe hier in Guadeloupe bei 26 oder 30 Grad l beständiger Wärme! WaS Teufel wollen Sie denn, daß j ich mit Ihren Schlittschuhen machen soll?

Mein Herr, antwortete der junge Mann, mit ganz rothem Gesicht und Thränen in den Augen, mein Herr, mein Va-eer hatte nichts Anderes. Nun, nun, ich sage das n cht um ihnen Kummer zu macken, aber ich bin in Wahrheit nie wegen einer Konsignation in größerer Ver­legenheit gewesen . . . Muth, junger Mann, bereiten Sie mir einige Rechnungsauszüge vor, kopiren Sie diese Briefe, später wollen wir schon sehen, was wir thun können.

Wenige Tage darauf veranstaltete Herr P. eine Auk­tion von allem aus Frankreich erhaltenen Wein. Er al. lein in der Kolonie besaß in diesem Augenblick welchen. Er konnte daher den Preis bestimmen. Er hatte fast alle Bewohner der Kolonie zu Käufern.

Meine Herren, sagte er, der Verkauf geht vor sich: dem Meistbietenden wird zugeschlagen und sechs Monate Zeit für die Bezahlung bewilligt. Dabei aber muß ich noch eine andere Bedingung vorsckr-ciben Jeder Käufer soll gehalten seyn, noch über den Preis des Weines vier, schwere Piaster (20 Franken) für ein paar superfeine Schlittschuhe zu geben, das ihm gleichfalls zugeschlagen werden wird.

Kaum war dieser seltsame Vorschlag gemacht, als Geschrei und Gelächter die Stimme des Verkäufers übcr- tönicn. Das ist ein schlechter Spaß; das ist eine Mysti­fikation; Schlittschuhe! Schlittschuhe! und der Lärm wurde so groß, daß man einander mckt verstehen konnte.

Herr P. stieg auf ein Stückfaß Wein, ein Paar Schlitt­schuhe in der Hand, bat um Stille und machte ein Zei­chen, daß er eine Erklärung abzuqeben hätte. Da er ei- ! neS großen Ansehens genoß, so erst ckte das Gelächter und ! die Stille stellte sich wieder ein.

Meine Herren, fügte er in bewegtem Tone hinzu, mein Vorschlag ist sehr ernst gemeint. Jnbem ich die Schlittschuhe anzubringen suche, erfülle ich eie Pflicht ei­nes Konsignateurs gegen einen Freund im Unglück, der keine andere» Hülfsmittel mehr besitzt. Ich werde diese Pflicht bis zum Ende erfüllen. Es gibt in der Kolonie keinen anderen Wein, als den ich ans Frankreich erhalten habe. Ich verkaufe ihn nicht, ick behalte ihn, wenn Sie sich nickt meinen Bedingungen unterwerfen und an einem guten Merke Theil nehmen wollen. Mit einem Worte: keine Schlittschuhe, keinen Wein.

Dieser kleinen Anrede folgte ein plauderndes Gemur­mel mit leisen Stimme». Darauf brach die ganze Masse in ein beifälliges Bravogeschrei aus: angenommen, ange­nommen die Schlittschuhe . . . Schlittsckuhwei» , Schlitt- sckubwein! Man schritt in Folge des Enthusiasmus, den der Wunsch einflößt, eine gute Handlung auszuüben, zum Verkauf. Die 150 Paare Schlittschuhe wurden mit 150 Stückfässern Bordeaurwein verkauft, je um 20 Franken, was für den Empfohlenen ein kleines Kapiert von 3000 Frau­ken abwarf. Mit dieser ersten Summe errichtete er rin Magazin, wohin die Einwohner um die Wette kamen, um auf die Empfehlung des Herrn P. hin einzukaufcn. Diese gute Handlung trüg ihre Frucht. Zehn Jahre spä­ter erfreute sich der Verkäufer der Schlittschuhe, so wie sein Vater einer redlichen Wohlhabenheit, und erzählten gerne diesen Beweis der zum Sprüchwort gewordenen Gastfreundschaft der Kolonisten.