148

besetzte die Hauptpunkte der Stadt, namentlich die Zu­gänge zu den Festnngswällen, und hält sie bis diesen Äu­genblick besetzt. Die Thore der Stadl sind geschlossen, die Stadt in Blokadezuftand erklärt und eine Entwaff­nung der Burger ist vorgenommen worden. Zu den Opfern von gestern sind heute noch zwei gekommen. Ein Schrei­ner, Familienvater, wollte für seine franke Frau einen Krug Wasser holen; ein in der Nähe stehendes Piqnek Preußen rief ihn an, nicht weiter zu gehen, und kaum wollte der Arme umwenden, als ihn auch schon die Kugel ins Herz traf. Ein anderer, ein Tüncher, der an der Stadtmauer wohnt, ebenfalls Familienvater, wollte seine Wohnung zu erreichen suchen, und auch dieser siel, von einer preußischen Kugel getroffen; selbst ein junger Mann, der an einer preußischen Kaserne voruberging, wurde durch einen Steinwurf am Kopfe aus der Kaserne heraus ver­wundet. Eben so sielen heute Morgen aus der preußischen Kaserne auf Vorübergehende Pistolenschüsse, Um 2^ Uhr durften die den ganzen Morgen festliegenten Booie adfah- ren, doch wurde noch keines zugelassen. Oie Rheinbrucke ist auch wieder aufgefahrcn und die Eisenbahn »n Gange, sonst aber noch alle Kommunikation gehemmt. Die Waf­fen sind bis auf 90 Musketen abgelieferr. Der Vicegou- verneur war gestern in großer Gefahr, eine Flintenkugel streifte seine Epaulette.

Der Krieg im Norden plänkelt noch ein wenig , ist aber dem Erlöschen nahe. Ein auf dem Wege nach Han­nover durch Hamburg gekommener Adjutant des Generals Halkett versicherte, daß der Friede mit Dänemark so gut wie abgeschlossen sey; der letzte Kanonenschuß sey ge­fallen. Wenn nur die Diplomaten jetzt so gutes Pulver erfinden als die Soldaten verschossen haben. Die schleS- wig-holsteinische Regierung hat Rendsburg verlassen und ihren Sitz wieder in Schleswig bei ihren verwaisten Ar­chiven aufgeschlagen.

Vor einigen Tagen gab es in Koburg eine politi­sche Komödie. Ein Lolkshaufc zog vor das Schloß und rief den Herzog heraus, um ihm anzukündigen, daß man ihn abschätzen und die Republik im Landlein proklamiren wolle. Der Herzog erklärte höflich, sey ihm auch recht und er wolle dem Thron entsagen, - wenn die Mehrheit sich für die Republik aussprcche. Sofort erhob sich aber von der andern Seite der Ruf: Keine Republik! ES lebe die konstitutionelle Monarchie! und die beiden Staatsfor­men kämpften cineZcit lang in heftigen Rufen mit einan­der, bis sich der Tumult zuletzt in eine Prügelei auflöste, aus welcher die konstitutionelle Monarchie als Siegen» hervorging.

In Madrid läuft das Gerücht um, die Gegner der Regierung, die sich nun überzeugt Härten, daß sie zu schwach zu offenem Kampfe sehen, hakten jetzt beschlossen, es mit Mord zu versuchen; eS waren Listen hoher Personen ausge­stellt worden, die den Pistolen und Dolchen der Mörder bezeichnet seyen.

Paris, den 2t.Mai. Bei dem heutigenEintrachts- fest zogen mehr als 300,000 Bürger, Abgeordnete der Departements, Nationalgarde, Truppen zu Fuß und zu Pferde, mobile Nationalgarde, verschiedene Körperschaften von Arbcuern rc. an den Mitgliedern des vollziehenden Ausschusses und den Volksvertretern vorüber, unter dein Ruf: Es lebe die Republik! Es lebe die National - Ver­sammlung! Der Zug ist noch nicht zu Ende. Es herrscht ununterbrochen die vollkommenste Ruhe. Das Fest macht

sich prächtig; das schönste Wetter begünstigt diese Feier­lichkeit; die Begeisterung ist allgemein.

Im Lurcmburgische» ist es zu Unruhen gekommen, indem dorr Versuche zu Ausrufung der Republik gemacht wurden. Ein Theil der preußischen Garnison aus Lu- remburg, so wie Gendarmen stellten die Ruhe wieder her.

Wien, den >8. Mai. Der Kaiser mir den Kaise­rinnen und der ganzen kaiserlichen Familie sind heute nach dem getreuen Tyrol geflüchtet. Die Bestürzung ist gräa- zenlos. Ueder die Flucht des Kaisers und der Kaiserinnen erfahrt man aus sicherer Quelle, daß II. MM. Abends 8 Uhr nach Schöndrunn fuhren und erst dort in einen bereit gehaltenen Reisewagen stiegen. Erzherzog Franz Karl verließ heute Nachmittag mit seiner Kamille die Burg, die Kaiferen Mutter aber entfernte sich Abends 9 Uhr in Begleitung einer Kammerfrau zu Fuß aus der Burg bis zur Mariahülfer Linie, allwo sie in einen Fiaker stieg, und vis Purkersdorf fuhr, wo sie erst ihren Reisewagen traf. Von der ganzen kaiserlichen Familie ist nur die kranke Erzherzogin Marie Anna, Schwester des Kaisers, die heute nach Baden gebracht wurde, zurückgeblieben. Die Proklamation deö Ministerrathes zeigt deutlich, daß die Flucht so heimlich geschah, daß er es ebenso wenig als die Dienerschaft in der Burg ahnen konnte. Der komman- dirende General Graf Auersberg hat dasKommando über das Militär und die Nationalgarde übernommen, und bi» zum Postschluß hatte sich, trotz der fürchterlichen Aufre­gung, nichts Besonderes ereignet. Die Burg ist von der Nationalgarde bewacht und die Linie» sind gesperrt.

D-e Ungarn haben zwei Regicrungsdepurirke nach Frankfurt gesendet» um ein Schutz- und Trutzbündniß mir Deutschland zu schließen.

Sankt Hildegard.

(Deutsche Sage.)

Gold durchwirkte Banner wehen. Kaiser Karol glänzt in Stahl. Vordem Schlosse stampft sein Streüroß, in dem Schlag weint sein Gemahl. Und er schwingt sich aus den Rappen uns sie winkt mit nassem Tag-; Nach dem trotzgen «vachsentaude führt er seinen Heereszug,

Schon drei Monden sonder Freuden; Hildegarde, schaut mich an! Suchet Trost beim treuen Freunde l Karol war ein rauher Mann l Taland sprachs, des Kaisers Bruder, und die Frau erschrack in Hast, Doch mit Bitten und mit Drohen folgt er ihr zu jeder Nast.

Sprach die schöne Hildegards: Bauet mir ein Brantgema»,

Doch drei Thürme muß es haben, feste Wand und festes Dach!

Und er baute es mit Freuden, kostbar ganz und fest zumal,

An den Thüren starke Schlösser, vor den Fenstern starker Stahl. Hildegards, kommt und schauet, sicher ists im stillen Haus!

Und sie sprach mit sanftem Munde: Taland, schreitet mir voraus! Und er sprang mit wildem Eifer fröhlich durch das dritte Thor,

Ha! wie warf sie schnell die Pforte, legte schwere Riegel vor.

Und es gingen viele Monden, Hildegarde schaut ins Land;

Kam ein Bote angestogen, hielt ein Schreiben in der Hand:

Reich an Siegen tchr ich wieder, frohen Herzens und gesund, Morgen um die zwölfte Stunde letz ich mich an deinen, Mund!

Hildegarde Horts voll Freuden, und doch bangend: der Gemahl Würde seinen bösen Bruder zornig strafen sonder Wahl.

Taland, schwöre mir beim Kreuze, daß Du willst in Ehren gehn.

Und Du sollst vor deinem Bruder morgen frei und schuldlos stehn!

Und er schwors bei Christi Wunden; sprach sie zu den Dieuern dann: Morgen um die zwölfte Stunde lasset ihn aus seinem Bann.

Lautes Jubeln ln den Straßen, stilles Jauchzen in dem Schloß. Kaiser Karol kam gezogen, Kaiser Karol sprang vom Roß.

Und er hielt sein Weib umfangen, letzte sich an ihren, Mund,

Und sie hing an seinem Halse, selig in des Herzens Grund,

Hob der Kaiser seine Augen und er sah Len Bruder gleich;

Taland, ei wie bist.Du mager, ei wie bist Du bleich k