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Deine Hausfrau, edler Bruder, die nicht würdig deiner Huld,

Listig setzt« ste gefangen mich, den Zeugen ihrer Schuld;

Gottlos wollt sie mich berücken, und in Sünden sich ergehn.

Doch ich schwor für meinen Brnder treu und ohne Schuld zu stehn.

Ha, sonder Treue also. Du Gott vergeffnes Weib,

Haft Du dem edle» Bruder geboten deinen Leib?

Und wohl aus andre Männer warfst Du dein Auge auch.

So werde Dir entrissen ihr fiedelnder Gebrauch!

' So rief der .Kaiser Karol; und zu den Knechten bald:

Hinaus mit diesem Weibe, zieht in den nächsten Wald,

Und bringt mir ihre Augen zum sichern Zeichen dar,

Daß also ihr vollzogen, was euch geboten war!

Machtlos stand Frau Hildegarde, barg ihr bleiches Angesicht,

Solcher Bosheit sich zu stellen, wagte selbst die Reine nicht,

Ihre Zunge war gelähmet, Thronen deckten ihr Blick;

Also schien sie zu erliegen dem verschuldeten Geschick.

Und die rauhen Knechte legten Stricke um den keuschen ä«b.

Und die rauhen Knechte schlepvten aus dem Schloß des Kaisers Weib. Fort und weiter, wo das Grauen wohnt im dnnklen Föhrenthal Wehe, wehe, Hildegarde! vor den Augen blinkt der Stahl. -

Horch, da ranscbt es in den Sträuchen; Rettung naht, eo sie erliegt. Ach es ist ihr treues Hündlei», das sich ihr zu Füßen schmiegl.

Doch des Hunde,« feste Liebe rührte auch der Männer Sinn.

Und das Thier gah seine Ange» für der Herrin Augen hin. l Also zog die Schaar von dannen, Hildegards saß zu Grund,

Weinend barg sie auf dem Schooße, den für sie erblindten Hund,

Hat mit ihrem Busentuche seine Wunden zart bedeckt.

Während ihr das treue Thierlein voller Dank die Hände leckt.

Jahre gingen, Jahre kamen, längst vergaß man Hildegard,

Taland nur, der Mißethäter, der von Gott gestrafet ward Mit Erblindung beider Augen, dachte oft an sie zurück,

Und der edle Kaiser Karol öfters noch mit feuchte,n Blick.

Zu der hohen Roma zog er, daß der Pabst ihn kalbe dort,

Taland auch, der blinde Sünder, folgte ihm zum Heilgen Ort,

Und ihm ward gar frohe Knude, und er horchte ihr genau t Daß die Blinden seh.nd mache eine fromme Klosterfrau.

Ließ sich leiten zu der P orte, pochte dreimal bittend an ;

Morgen um die zwölfte Stunde komm zum Dome, blinder Mann, Auch der Kaiser und sein Hofstaat sollen in der Kirche seyn,

Aber früher mußt Du beichten, daß Du ganz von gründen rein.

< Sprachs dieFrau und schritt von dannen. Ha wie pochte ihm das Herz; Ha ! wie zog imrch seine Seele tiefe Ren und tiefer -schmerz I W >rs die Hoffnung zu genesen, wars der Stimme milder Klang,

Daß ihn wunderbare Freude, wunderbare Pein durchdrang?

Andern Tags zur zwölften Stunde regte sich das ganze Rom.

Denn der Kaiser und sein Hofstaat schritten zu Sankt Petri Dom, Auch der Pabst mit seinen Fürsten prangte in dem Heilgen Raum, Und das Bolk, so nach gedrungen, faßten alle Chöre kaum.

Und sie nahte, schritt vorüber, neigte sich vor dem Altar.

Und das Frösteln der Erwartung bebte durch die stille Schaar. Taland! Taland! Taland, höre, bist Du ganz von Sünden rein? Wollte Dir der Gott im Himmel alle deine Schuld verzeih» ?

O, barmherzig ist der Schöpfer, Gnade hat er mir geschenkt.

Aber nimmer kann verzeihen jene, die ich schwer gekränkt!

Taland riefs: da sprach es leise: Fühl, daß Dir Verzeihung ward!

; Und er öffnete die Augen, sah und rief: Sankt Hildegard!

Hildegarde! rief der Kaiser, wer erhielt dein Augenlicht?

" Gott im Himmel hatS erhalten, er verläßt die Unschuld nicht!

Und sie sank zu seinen Faßen und er küßt« ihr den Mund,

Und sie hing an seinem Halse, selig i» des Herzens Grund.

Taland schlich zerknirscht von dannen, schloß sich in ein Kloster ein. Reuig führl er seine Tage, daß er ganz von -Sünden rein,

Doch der Kaiser Karol setzte Hildegarde auf den sthron,

Also warb dem frommen Weibe hohe Ehre und super Lohn.

Ein seltsamer Krankenbesuch.

(Fortsetzung.)

Ja, ja, so bieß es! seufzte die Kranke. Es muß aber doch Nicht ganz so gewesen seyn, sonst wurde die arme Grace nichi ihren Sohn als Pirarcn und zuletzt am Gal um Gaues willen, mein Herr! scvrie sie plötz­lich aus, die Arme »ach dem Arzt ausstrectent, sehen Sie dorr den armen Lewis, sehen Sie mit dem blutigen Ring um Le» Hals dorr, dort!

I Die eingefallenen Augen waren weit aus ihren Höhlen l getreten, als sie stier nack der Wand des Zimmers blickte r § jetzt sank sie abgemattct auf das Lager zurück und ein ^ heißer Thranenstrom rann auf ihre bloßen Wangen nieder.

I Brougtwell leistete ihr eilig Beistand und mit Hülfe > einiger stärkender Essenzen, die er als Arzt stets bei sich führte, brachte er sie bald zu sich zurück.

Ich bin Grace Hestan, die Schwester Ihres Vaters! sprach sie plötzlich mit einer Ruhe, wie sie der Arzt in ihrem Zustand kaum erwartet hatte.

Wie? Sie, die seit siebennndzwanzig Jahren Ver­schollene? rief Brougtwell, aufs Höchste betroffen.

Iw bins! versetzte sie. Die Geschichte meines elen­den Lebens har vielleicht Interesse für Sie und dann wird sie auch dazu beitrage», Ihnen und der Welt zu zeigen, wie unglücklich eine Mutier werten kann, die, verlassen und allein stehend in einem fremden Lande, ihr einziges, geliebtes Kind von Stufe zu Stufe dem Verderben ent­gegen eilen siebt, ohne cS retten zu können.

Schweigend ließ sich der Arzt an ihrer Seite nieder und erwartete das Weitere. Sie begann.:

Ich war glücklich im Besitz eines heiß geliebten und mich liebenden Mannes und eines Kindes, welches ich im zweiten Jahr unserer Ehe gebar. Ich war zu glücklich! rief sie weinend, und deßhalb zürnte der Himmel und ver­nichtete mich. Ich wohnte zu Bombay und mein Gemahl batte die Station zwischen dieser Stakt und Sydney, ei­ner der Strafkolonien Neu-Hollands. Sein Dienst fesselte ihn zwar mehr an die trügerischen Elemente und an die Gefahren des Seelebcns, als die Seite seiner Gattin, aber wenn er dann immer wodl behalten zurückkehrte, um eine lange Zeit wieder bei mir zu leben, so war die Freude herzlicher, die Liebe inniger. Denn wir fühlen nicht mehr das snrcbterliche -Weh der Trennung, als wenn wir den Geliebten von Gefahren umgeben und stündlich für das schöne Leben kampfend wissen. So verflossen drei Jahre, die seligsten meines DaseynS; doch jetzt war es auch vor­bei mit kein Glück und der Hoffnung, und sie hat mir bis heure nie mehr gelachelt.

Das Schiff meines Garten scheiterte, er selbst kam in den Wellen um. Ein dunkles Gerücht sprach jekvckr von einigen Geretteten, die sich in Sydney befinden sollten. Die Hoffnung, diese-- kokette Weib, welches uns immer schmeichelt und immer betrügt, log mir vor, daß er unter den Einigen sich befinde; ich war nicht mehr in Bombay zu halten und ein Transportschiff trug mich mit meinem zweijährigen Kinde nach Neu-Holland. Vergebens! mein Gatte war todt, ich Wtttwe, mein Kind vaterlose Waise. Das ungeheure Unglück warf mich aufs Krankenlager, ich gebar zu frühzeitig und befand mich an dem Rande deS Todes. Nach Verlauf eines halben Jahres war ich wieder hcrgestellt und mein sehnlichster Wunsch der, nach dem Vakcrlante zurückzukehren und im Schooße der liebe» Meimgen meinen Sohn zu einem braven Mann zu cr- zieden und den theuern Gatten ewig zu beweinen. Schon früher hatte ich zwei Briefe an meine Eltern geschrieben, aber keine Antwort erhalten. Nun veränßerre ich alles Entbehrliche und am Bord einer englischen Fregatte trat ich die Ruckreise an.

Die Fahrt ging gut bis zur afrikanischen Küste. Aber eines Tages vernahm ich großes Geräusch aus dem Verdeck. Die Kommandvstimme dcö Kapitäns klang lau­ter als je, ich Hörle das Rasseln der Waffen und die Kanonen in der Batterie wurden zum Kampfe gerüstet.