Den IS. Mai,

Beilage zum Ragolder Jntelligenzblatt.

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after.

Württembergiscve Chronik.

Nagold, den 16. Mai. Die Untersuchung über die hiesigen Vorfälle wird unausgesetzt forlgesübrc, jedoch ist noch keine Verhaftung vorgenommen worvcn. Das Militär ist mit ihrer Einquarurung zufrieden, nirgends hört man Klagen, aber auch die Bürger können nur bas gute Betragen ihrer wenn auch ungebetenen Gäste loben. Die Offiziere geben von Haus zu Haus, um sich vom Betragen der Einguarnrten sowohl, a!s ' auch von dem der Quariirgeber zu überzeugen. Tue Soldaten sind aufgeweckte merst gebildete Leute, die zu­traulichen Umgang in den Familien finden. Doch dar­auf harrt die Bürgerschaft mit Spannung, wer die Ko­sten der Einquartirung, die sehr deckend sind, und durch- weg denjenigen Theil der Bürger trifft, der bei den Er­eignissen unbetbeiligt ist und dieselben bedauert, tragen soll. Der Stadt können solche unmöglich aufgebürdet werden, wenn die Gerechtigkeit unserer Regierung kern leerer Schall seyn soll.

Nagold. Bei der Wabl des Abgeordneten zur deutschen National - Versammlung sind in den Abstlinmungsorleii Herrenberg und Nagold auf Pro­fessor Fallall in Tübingen 804 Stimmen, in Herren­berg 690, in Nagold 1 !4 gefallen, wäbrend Gustav Pfizer in Stuttgart in diesen beiden Orte» zusammen 799 erhielt, i- Da das für Pfizer ^günstige Wahlergebniß in Wildberg durch die zu Gunsten Fallatis ausgefallene Abstimmung ui Haiterbach mehr als ausgeglichen wird, so ist bei der Stimmung im Oberamr Horb nicht zweifelhaft, daß Pfizer gegen Fallari unterlegen ist. AlS Ersatzmann ist mit über­wiegender Stimmenmehrheit Dekan Stockmayer in Na­gold gewäblt worden.

Wildberg. Herr Kameral-Verwalter Buhlerin Reuthin hat schon vor einigen Wochen die hiesige Bür­gerwehr mit einer wcrtdvollen neue» Trommel beschenkt, welche gemeinnützige und edle Handlung zur öffenlichen Kenntuiß dringt ein Bürgerwehrmann.

Stuttgart, den 15. Mai. Gestern hörte man rings um Stuttgart zahlreiche Schüsse knallen. Es waren Meist Landwebrmäniier, die sich im Schießen übten. Es ist dabei jedoch ein Unglück vorgekommen. Ein Friseur- gehülfe scheß in einem Garten, aber das Gewehr, das nicht in ganz gutem Stande war, zersprang und riß ihm den Daumen der einen Hand ab. Als der Unglückliche im Spital verbunden wurde, fanden sich zwei weitere Fin­ger so verletzt, daß auch diese abgenommen werten muß­ten. In der Nackt vom Samstag auf den Sonntag haben zwei gefährliche Verbrecher Gelegenheit gefunden, aus dem hiesigen Kriminalgcfängniß auszubrechen. Noch sieht man in dem Gefangmß ein ziemlich großes Lock in der Mauer, durch welches sie ihren Ausweg genommen haben. ES ist nicht unwahrscheinlich, daß sie Einverständ­

nisse mit Aussen hatten, denn man fand Morgens eine Lei­ter dort, die ihnen von dem zwei Stockwerke hoben Ar­reste herab auf den Boden geholfen hatte. Der Eine der Entflohenen soll in Sillenbuch und Gablenberg gesehen worden seyn, auch an ersterem Ort bereits emGranaten- nuster gestohlen haben. Beite sind in Sillenbuch wieder aufgefangen und durch zwei GenSdarmcn und sechs Bür­ger von kort hier cingebracht worden.

Cannstart, den 17. Mai. Diesen Morgen um 7 Uhr traf die erste Abtheilung der erwarteten Oestcrrei- cher mit einen Erlrazug hier ein, wo sie von dem Ober­amtmann und dem Bürgermikitar mit Musik empfangen wurden. Die zahlreich versammelte Menge brachte ihnen ein tausendstimmiges Hoch. Die Oesterreicher batten alle die deutsche Kokarde an Käpis und Hüten. Es waren drei Kompagnien Infanterie, eine Abtheilung Artillerie und^ eine Abtheilung Mineurs. Nachdem ihre treffliche Musik sich aufgestellt'und einen schönen Marsch angestimmt hatte, defilirten die Korps und begaben sich nach dem Wa­sen» wo sie kampiren müssen, bis der zweite Zug um 11 oder 12 Uhr den Rest der Kolonne bringt, wo alsdann die^nspicirung derselben durch E. M. vorgenommen wer- i den wirk. Wie es heißt, ist Gegenbefehl eingetroffen, der sie statt nach Rastalt wieder zurück und nach Italien ruft.

Leonberg, den 16. Mai. Zn der vergangenen Nacht ertönte die Sturmglocke, es brannie in unserem be­nachbarten Münchingen, wo ein Haus und zwei Scheuern ein Raub der Flammen wurden. Der großen Thätlgkeit der Hülfsmannschaft von hier und auswärts ist es zu danken, daß sich Las sehr rarke Feuer nicht weiter ver­breitete. Der Verdacht einer Brandstiftung liegt sehr nahe uno man hat bereits ein Individuum zur Haft gebracht.

Wie man hört, sind auch in Weinsberg Unordnun­gen vorgckommen, welche das Abschicken von Militär von Ludwigsburg aus nölblg machten.

Zwei Schlußverhandlungen fanden kürzlich in Eßlingen statt: gegen einen Mörded und eine Kiutesmör- derin, welch ersterer, Chr. Hartmann aus Spielberg, sein Weib vergiftete, und letztere, Marie Schau aus Lorch, am lehren Christfest Morgens zwischen 5 und 6 Uhr un Hause dcS Herrn Kaulla in Stuttgart ein Kind gebar, und cs durch Zuhaltcn des Mundes und der Nase erstickte. Ucber den Ersteren wird wahrscheinlich Todesstrafe verhängt wer­den , da das Gericht kein Urtheil verkündete, letztere er­hielt aber 12 Jahre Zuchthausstrafe.

Der deutsche Kaiser.

Soll denn ein deutscher Kaiser seyn? Soll denn ein deutscher Kauer seyn Vom Volk erwählt am deutschen Main