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Man meldet ausCoblenz vom 19. April: Abermals ist in dieser Zeit der Noch und Theurung ein schwer mit Ge­treide beladenes Rheinschiff nebst der ganzen Ladung ver­sunken. Wäbrend nämlich das mit 800 Maltern Getreide von Köln nach Mannheim befrachtete Schiff des Schiffers Mcy von Boppard auf der Bergfahrt gestern gegen Mit­tag in der sogenannten Bank bei St. Goar sich befand, näherte sich demselben aus der Thalfahrt das Dampfboot Königin der kölnischen Gesellschaft. Da plötzlich reißt durch die Gewalt der Strömung der Zugstrang des Segelschiffes, so daß solches aus der Fahrt gerälh und quer unmittelbar vor das stromabwärts eilende Dampfboot sich legt. Natür­lich war in diesem Momente an ein Aufhalten oder Drehen nicht mehr zu denken, und so wurde augenblicklich das Segel­schiff sammt der ganzen Labung in den Grund gefabren. Die Mannschaft rettete sich auf das Dampfboot, das in Folge seiner sehr starken Bauart ohne erhebliche Beschädigung davon kam. Ob die Ladung versichert gewesen ist, konnte; ich noch nicht erfahren. Auffallend aber bleibt cs jeden­falls, daß in jüngster Zeit so kurz hinter einander so viele Getreideschiffe verunglückt sind.

Man schreibt aus Wien: In eine hiesige Wechselstube wurde ein von der sehr guten Firma D. Z. angeblich ge­zeichneter Wechsel pr. 1800 fl. K. M. zum Eskomptiren von einem jungen Menschen gebracht. Unvorsichtiger Weise und gegen jeden kaufmännischen Gebrauch erfolgte die Zah­lung. Als sich nun der Wechsel als gefälscht auswics, er- innerte sich einer der Comptoirangcstellten, den jungen Ue- berbringer zu kennen. Nach längerm Besinnen fiel ibm bei, mit ibm die Normalschule zu St. Anna besucht zu haben. Diesen Umstand benützte daö Criminalgericht; die Schüler­verzeichnisse wurden nachgeschlagcn, und nachdem sich der Komptoirist bei diesem Anlasse gleichfalls des Namens ent- sonnen, wurde sofort zur Wobnungsermittlung und Verhaf­tung des jungen Menschen geschritten, der indeß selbst nur die Spur des Thäters bezeichnen konnte. Dieser war kein An­derer, als ein Beamter der Bank.

Die junge Königin von Spanien weiß nun auch, wie Pulver riecht. An einem der letzten Sonntage fuhr dieselbe mit ihrer Schwägerin in offener Kalesche spazieren, und die Königin selbst lenkte die Pferde. Es fiel plötz­lich ein Mann auS dem Volke in die Zügel des Gespanns, hielt solches an und rief mit grimmiger Gebärde: Es lebe die Freiheit! Mit Mühe bahnte man der armen Königin einen Weg durch die schnell darauf anwachsente Volksmasse und kaum diesem Schreck entronnen, fiel beim Weiterfahren nach Hause ein Scknß gegen die Königin, der wohl fehlte, allein einen Beamten ihres Gefolges verletzte. Man hat zwei Männer nrrciirt, weiß aber noch nickt, ob der wahre Thatcr darunter sich befindet.

Einem Kinde.

Laß mich sehe» deine Seele, Deine Ange», liebes Kind!

Die voll Unschuld, ohne Fehle, Ohne Welt und Sünde sind!

Die den Himmel wiederscheinen Mit der tiefen süßen Ruh.

Ach, wie wend' ich diesen Reinen Meine ganze Seele zu.

Sah in meines Lebens Tagen Manches liebliche Gesicht,

Manches Ange aufgeschlagen, 'Solche Angen sah ich nicht!

Schaut mich an! an Eurer Milde Sänftigt sich der herbste Schmerz, Sän-ngt sich das arme, wilde, Tausendfach bewegte Herz.

'Schaut mich an! auf daß ich weide Wieder gut und fromm und rein! Daß ich mag auf dieser Erde ,Wieder unter Menschen seyn!

3. N. St

Flvrran und CreSzenz.

(Fortsetzung.)

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Dreiviertel aufMordjo.

Es war Nacht geworden, Creszcnz stand in der Küche am Feuer, da kam der Srudentle laut daher geschritten und sagte: Guten Abend Crcszenz. Ich will mir ein Päckle Stcrnentubak holen, habt Ihr noch davon?

Ja, geh nein, mein Mutter wird dir geben.

Ich verher dir dein Supp nicht, wenn ich ein bisle bei dir bleib, sagte er laut, ganz leise aber setzre er hin­zu: der Florian ist da, komm nachher ein bisle nauS, du wirst uns schon hören.

Ohne die Antwort abzuwartcn, ging er hinein in die Stube, als er wieder heraus kam, war Creszcnz nicht mehr in der Küche.

Später hörte man vor dem Hause des rothen Schnei­derles singen und pfeifen und lachen, es waren die drei Kameraden, deren seit drei Jahren fehlende Stimme, näm­lich die deS Florian, um so eindringlicher erscholl; sie bkie- ben lange, eS wollte aber nichts fruchten, da schrie der Peter zum Fenster hinauf: Crcszenz, da lauft eine Gans rum, ist die nicht dein? Der Studentle stand hinter der Reisbeige und quackte wie eine Gans.

Das Fenster öffnete sich, aber nickt Creszcnz, son­dern die Schneiderin sah heraus und sagte: Treibet eure Späß vor einem andern Haus. Mit schallendem Geläch­ter ging der Studentle wieder auf die Straße.

Drinnen im Hause aber saß die Crcszenz bei dem Geometer und gab auf alle seine freundlichen Reden nur halbe Antworten; endlich sagte sie, sie sei unwohl und ging zu Bette.

Als die Burschen auf der Straße lange vergeben- geharrt hatten, gingen sie nach dem Wirthshause. Ans dem Wege begegnete ihnen Sepple, der Franzosensimpel. Der Studentle faßte ihn an der Brust und rief:

<)u1 vive, In bonrse ou In vie.

Der Angegriffene antwortete unerschrocken:

ksriänäoin inutlien, was in der Sprache de» Sepple so viel hieß, als: was willst du?

Das gibt einen Hauptspaß, jubelte der Studentle, wir nehmen den Sepple mit, der muß den Geometer spielen. Komm, wir zahlen dir eine Halbe (MaaS) Bier.

IVIoin pnrouln goiN) antwortete der Sepple, was so viel hieß, als: ich wills thun; seine Worte waren über- Haupt nur das Zufällige, er antwortcte dabei auf Alle- mit Winken oder auch mir grinsendem Lachen.

Der Sepple war eigentlich kein ganzer Simpel, son­dern nur ein halber, aber dieses Halbe wurde von allen lustigen Leuten im Dorfe zum Ganzen ausgebilder.

Wenn einer auf dem Dorfe ein Häckchen bat, so kann man sicher seyn, daß es zum Sparren ausgeschmiedet wird; so gings auch beim Sepple. Er ließ sich das gerne ge­fallen, kenn es warf immer einen guten Trunk ab.

Man wußte nicht recht, woher beim Sepple der Gedanke gekommen war, daß er alle lebenden Sprachen verstünde. Einige behaupteten, weil er so lange Kinds- magd gewesen und mit den kleinen Kindern in der Aller» Weltsprache geplaudert habe, habe er etwas davon übrig behalten; die Wahrheit zu gestehen, kümmerte sich Niemand um den Grund dieser Sonderbarkeit, genug, man mockte den Sepple anreden wie man wollte, in einer wirklichen oder gemachten Sprache, er gab immer frischweg Antwort;