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Tages Neuigkeiten.

Aus dem Amte Trachselwald wird ein Uuglücksfall eigener Art gemeldet. Bor einigen Monaten wurde durch Anbohrcn eines Speichers zu Bärhegen ob dem Wasen Getreide entwendet. Der Bauer entdeckte den Diebstahl und den von unten in das Bohrloch gebrachten Zapfen, und in der Voraussicht, daß die Diebe wieder kommen werden, stellte er sich wohlbewaffnet im Speicher auf die Lauer. Die Diebe erscheinen aber nicht. Um nun nicht den Winter.über die kalten Nächte durchwachen zu müs­sen. richtet er nach vorheriger Anzeige an den Regierungs- ^ statthalter eine mit grobem Schrot geladene Jagdflinte ! auf daS Loch, so daß beim Herausziehen des Zapfens der ! Schuß losbrennen mußte. In der Nacht vom 1. auf den 2. d. M. hört der Eigenthümer einen Schuß und ^ findet bald darauf an den Blutspuren, daß die Diebe, wieder erschienen und getroffen worden sind. Am Mor- > gen fand man den fürchterlich verstümmelten Dieb in der ' Person eines gewissen übelberüchtigten Zuber in einem ^ Nachbarhause unter Stroh verborgen. Derselbe wurde ^ sogleich in die Nothfallstube des Armenhauses von Sumis- ! wald gebracht und ärztlich behandelt. Er hat sein Geü-bt ^ und einen Finger verloren, ist am Kopfe, an Händen, Brust und Beinen verwundet und wird wohl nie mehr herzustellen seyn.

Wiesbaden, 6. April. Eine diesige Weinhandlung schickte am 3. l. M. ihren Hausknecht mit einer Summe von 5000 fl. nach dem nahen Bieberich, um dieselbe an ein! dortiges Haus zu bezahlen. Die Treue dieses Menschen ^ mußte gewiß früher schon die Feuerprobe bestanden baden, sonst hätte man ihn unmöglich mit einer solchen gewagten Commission betraut. Doch dieser fand es für besser, eine ^ kleine Lustfahrt auf dem Rbeine anzuiretcn, kaufte sich zu! diesem Bedufe in Bieberich mehrere Kleidungsstücke und ^ sonstige Effekten und setzte sich mit dem übrigen Gelde auf! ein Dampfboot, um in Rotterdam sich nach Nordamerika! einschiffen zu können. Das ungewöhnliche Champagncrtrin-^ ken und das flotte Leben dieses Glücksritters erregte aber gleich auf dem Schiffe allgemeinen Verdacht. Man hatte daher ein wachsames Auge auf ihn, und kaum in Köln an­gekommen , naheten sich auch schon seine Verfolger, und er mußte, gewiß zu seinem größten Mißvergnügen, die Reise heimwärts amreten.

Aus Bayern, den 5. April. Zu den vielen win­digen Auswanderunzsprojekten ist in der jüngsten Zeit ein neues hinzugcksmmen. Es ist nämlich unter dem Volke stark die Rede von einer Niederlassung in dem ge­lobten Lande, in Syrien und Palästina. Man sagt, es sey den Einwanderern freie Ueberfahrt und eine Strecke Landes zugcsichert worden, doch Niemand weiß genauer anzugeben, von wem. DaS hindert inteß die Leute keines­wegs, ihre Vorbereitungen zur Abreise in das Land zu treffen, wo Milch und Honig fließt. Wahrscheinlich weiß ein schlauer Betrüger die Erinnerungen, welche sich in der Geschichte des Christenihums an jenes Land knüpfen, zu seinen eigennützigen Zwecken auszubeuten.

Die Marquise von Brinvilliers.

- . (Fortsetzung.)

Endlich aber erwachte der Zorn deS Himmels, und St. Croir wurde sein eigener Mörder; als er eines Ta­ges mit der Bereitung solcher Giftarten beschäftigt war,

welche in einen Brief gelegt oder nur in irgend einen Ge­genstand verpackt» die zum Tode bestimmte Person tödte- ten, sobald sie in deren Bereich kamen, die auS Vorsicht vorgebundene gläserne Maske ihm plötzlich vom Gesicht fiel und der Dampf des so außerordentlich flüchtigen Gif­tes ihn auf der Stelle erstickte.

Da St. Croir weder Erben noch Verwandte hatte, so versiegelte der Bezirks-Kommissarius dessen Wohnung und nahm ein Jnventarium über dessen Nachlaß auf. Bei dieser Arbeit wurde unter dem Bette ein Kistchen hervor­gezogen, auf dem Folgendes geschrieben stand:

Ich bitte diejenigen, welchen dieses Kästchen in die Hände kommt, dasselbe der Frau von Brinvilliers zu über­geben, indem dessen Inhalt ihr Eigenthum ist und beson­deres Interesse für sie hat. Im Fall, daß sie früher ge­storben seyn sollte, als ich, bitte ich, das Kästchen, ohne es zu öffnen, sammt seinem Inhalte zu verbrennen, und damit man sich nicht mit Unwissenheit entschuldigen könne, so schwöre ich bei Gott dem Allmächtigen und bei allen Heiligen, daß ich die reine Wahrheit gesagt habe, und sollte man meinem Willen und meinen gerechten Anfor­derungen entgegen hanteln, so mögen die Folgen davon auf diejenigen zurück fallen, welche sich so etwas zu Schul­den kommen lassen.

Geschehen zu Paris, den 22. Mai 1672.

Am Fuße dieser Zeilen stand: St. Croir."

An Herrn Penautier, Obereinnehmer des Klerus.

Der Kommissarius, welcher die Pflichten seines Am­tes kannte, lachte über das eben gelesene Verbot, und be­fahl, die Kiste zu öffnen, in der man 13 Pakete fand, de­ren jedes mehr als 8 Siegel hatte, und worauf geschrie­ben stand:

Zu verbrennen, ohne das Paquet zu öffnen."

Der Kommissarius ließ hierauf sämmtlicke Pakete öffnen, die gegen 75 Pfund Sublimat enthielten, auch fand man in der Kiste alte Briefe der Marquise an St. Croir und eine Schuldverschreibung derselben über 50,000 Livres zu Gunsten deS Letztcrn.

Als die Marquise Kunde von diesem Creigniß be­kam, gerieth sie in die größte Angst und ließ nichts un­versucht, um in den Besitz der ihr so verderblichen Kiste zu kommen, und da es ihr nichl gelang, gab pc einem Advokaten den Auftrag, die Schuls-Verschreibung unter dem Vorgeben zurückzufordern, daß !>e ihr abgedrnngen sey, und floh darauf nach Belgien.

Sie hätte dem Strafgericht, welches endlich über ihr verruchtes Haupt herein brach, noch entgehen können, denn nichts bewies ihre Mitwirkung bei Bereitung der Gifte, und aus dem Briefwechsel sah man nur ihre ehebrecheri­sche Verbindung mit St. Croir, allein die Hand Gottes, welche die Maske von St. Croir Gesicht fallen ließ, um ihn ! inmitten seiner teuflischen Beschäfligungen zu lödten, de- ^ stimmte auch Lachaussee, den Kammerdiener des Civil-Licu- ^ tenants, eine Handlung zu begehen, die ihn und die Mar- ! quise unglücklich machte.

Dieser Mensch protestirte nämlich gegen die gericht­liche Versieglung und machte eine Forderung von 200 Louis­dor für siebenjährigen Lohn, den er vorgab, bei St. Croir stehen zu haben.

Die in der Provinz wohnende Wiltwe Anton d'Au- bray, welche immer den Verdacht gehegt hatte, daß La- chausse bei dem Tode ihres Mannes bethciligt gewesen