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scheintodt gewesen sei. Der Bürgermeister setzte seine Brille auf, öffnete das Register und schrieb in die Rubrik der Bemerkungen: „aus Versehen gestorben". Kaum waren die beiven Individuen wieder nach Hause zurückgekehrt, so fanden sie den Verstorbenen wirklich todt. Sie mußten also zum dritten Male zum Bürgermeister gehen, um nicht den Schein einer falschen Erklärung auf sich zu laden. Der Bürgermeister schien dieser Erklärung nicht recht zu trauen; er sah die beiden Individuen lange mit großen Augen an, um sich zu überzeugen, ob er auch nicht der Gegenstand einer Fopperei sey, und erst, nachdem ihm der Thalbestand ausführlich erklärt worden war, schrieb er unter die Bemerkung: Aus Versehen gestorben, die Worte: Zum zweiten Male wirklich gestorben.
Eines der schrecklichsten Dampfbootunfälle hat sich am 28. Januar bei Mobile ereignet. Das Dampfboot Tuskaloosa, bestimmt, den Leichnam des im Kriege gefallenen tapferen Lieutenants Inge nach TuSkaloosa zu bringen, war kaum 10 Meilen von Mobile, als zwei seiner Kessel zersprangen und von seinen Passagieren, deren Zahl auf 100 angeschlagen wird, wenigstens 20, nach neueren Berichren 50 getödtet und eine große Anzahl mehr oder weniger schwer verletzt wurde. Dabei wüthete ein so schreckliches Unwetter, daß man das Unglück des Bootes zuerst dem Einschlagen des Blitzes zuschrieb. Den Schrecken der Scene zu erhöhen, erfuhr man jetzt, daß Feuer ausgebrochen und 30Pulverfäßchen an Bord seyen; und kaum hatten die Ueberlebenden das Ufer oder vielmehr den wasserangefüllten Morast, der dieses dort bildet, erreicht, als die Reste des Fahrzeugs in die Luft flogen. Ohne den edlen Eifer eines Kapitäns, der durck die Helle des Brandes aufmerksam gemacht, von Mobile herbeieilte, würden noch manche der Verwundeten, der Frauen und Kinder in dieser schrecklichen Lage umgekommen seyn. Gegen 50,000 Shilling in Gold sollen verloren seyn — ein Passagier allein soll 22,000 Shilling bei sich gehabt haben; und als man nach dem Wrack zurückkehrte, hatte ein Haufen todteswürdiger SLürken von demselben Besitz genommen, war in offener Plünderung des zurückgebliebenen Eigenthums begriffen und konnte als der stärkere Theil nicht einmal vertrieben werden.
Genrebilder aus einer kleinen Stadt.
.Eine alte Jungfer.
In der Vorstadt des Städtchens, wo ich meine Jugend verlebt., stand ein gar freundliches Häuschen, das aus seinen vier Fenstern recht bell in die Welt hinaus schaute; daneben ein Garten, nicht eben kunstvoll angelegt, noch zierlich gepflegt, sondern zum Theil mit Küchcuge- wächsen, zum größeren aber mit lustigem Gras unv mit Obstbäumen bepflanzt. Dicht neben dem Häuschen breitete ein stattlicher Nußbaum seine dunkelgrünen Zweige aus, und warf seinen Schatten und zur Herbstzeit seine Früchte gastlich weit in die Straße hinein, ein beliebter Sammelplatz für die liebe Jugend der ganzen Vorstadt. Minder freundlich und einladend erschien ein paar kleiner fetter Möpse, die sich abwechselnd oder gemeinsam auf der Gartenmauer präsentirten und die obbemcldte Jugend und die Vorübergehenden beharrlich anbellten, ohne jedoch die mindeste Furcht zu erregen, da ihre beschwerliche Leibesbeschaffenbeit ihnen nicht gestattet hätte, ihre Drohungen auszuführen.
Wer nun erwartet, an den Fenstern des Häuschens einen lockigen Mädchenkopf zu erblicken, wie das in ländlichen Novellen der Fall zu seyn pflegt, der täuscht sich. Nein, so oft an der Hausglocke gezogen wurde, und das geschah sehr oft, erschien am Fenster das allzeit freundliche, aber sehr runzclvolle Angesicht der Jungfer Mine, der unumschränkten Herrin und Besitzerin des Häuschens. Und doch wurde dieses gealterte Antlitz von Jung und Alt so gern gesehen, wie nur je eine blühende Mädchenrose, und ihre Beliebtheit stieg noch von Jahr zu Jahr, was bei jungen Schönheiten gar selten der Fall ist.
Die Jungfer Mine war der hülfreiche Genius des Städtchens. Wie die Glocke begleitete sie „des Lebens wechselvolles Spiel," aber nicht herzlos, sondern mit dem allerherzlichsten Mitgefühl. Wo Kindtaufe war, da durfte die Jungfer Mine nicht fehlen; geschäftig und eifrig, aber leise, leise, um die Wöchnerin nicht zu stören, schaffte und waltete sie in Küche und Vorzimmer, um alles zu besorgen, was an Speise und Trank zur Erhöhung der Festlichkeit gehörte. Ins Zimmer ging sie nicht, auf kein Bitten: „Behüte, laßt mich gehen, Kinder, ich kann nicht, ich habe zu schaffen." Sie glich den Erdleutlein, die den Menschenkindern mit emsigen Händen ihre Arbeit verrichten und vor Tag verschwinden. Ein Hochzeitmahl war vollends ihr Element; da konnte man Tage lang zuvor in allen Räumen des Hauses ihre etwas singende Stimme, ihr geschäftiges Hin- und Hertrippeln hören. Sie war unentbehrlich, denn wer hätte solche Torten gebacken, solche Braten gewürzt, wer vor Allem solche Nudeln geschnitten, wie die Jungfer Mine? Wo der Tod in einem Hause eingekehrt war, da war sie die Erste, die mit bescheidener, aufrichtiger Theilnahme nahte und mit geschickter Hand den Leidtragenden die materiellen Mühen und Sorgen abzunehmen wußte, die betrübten Herzen so schwer werden.
Alle Kinder lachten ihr schon von Weitem entgegen, denn allen hatte sie schon eine Freude gemacht. Wie fröhlich stürmte das junge Volk zur Osterzcit in den Garten der Jungfer Mine, wo eine lange Reihe von Nestchen bereit stand, mit bunten Eiern und Backwerk gefüllt, eine zahlreichere Ostergabe, als die kinderreichste Mutter zu spenden hatte! Und wie manchen Bissen hatte sich die gute Seele am Munde abgespart, wenn um Weihnachten die Hanne, ihre treue Dienerin, von Haus zu Haus ging, wo Kinder waren, um Allen eine kleine Weihnachtsfreude zu spenden!
Eine Geschichte hat sie nicht gehabt, die Jungfer Mine. So mittheilend und gesprächig sie war, so hat doch nie eme Seele etwas von ihr gehört über die Zeit, wo ihr Herz jung war; Niemand weiß, ob sie auch einmal geliebt, gehofft und geträumt, ob sie eben als ein vergessenes Blümchen stehen geblieben, oder ob Schuld eines Ungetreuen sie betrogen um des Weibes schönstes Lebensziel. Ihr einfacher Lebensgang lag offen vor Aller Augen; ihr Vater war Bürgermeister des Städtchens gewesen, in dem sie ihre Tage verlebte, und sie hatte eine harmlos fröhliche Jugendzeit unter günstigen Verhältnissen verbracht. Ein Paar alte Herren der Gegend, die sie noch fleißig heimsuchten, versicherten, daß sie ein recht hübsches Mädchen und eine flinke Tänzerin gewesen sey, welche Bemerkung sie immer recht günstig, wenn auch mit niedergeschlagenen Augen und vielen Verwahrungen aufnahm. Zur Zeit, wo ich sie kannte, zeigte ihr Aeusseres
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