Juden, welche für den Kriegsdienst angeworben waren, gingen, nachdem sie den nöthigen Unterricht erhalten, zur Landeskirche über und wurden nach griechischem Ritus in der Kirche getauft. Ein großer Lheil der Bevölkerung wohnte der Ceremonie bei. Vor 20 Jahren trat das ganze in diesem Gouvernement nomadisirende Samojeden­volk zum griechischen Kultus über.

Der Pfarrer Kösters in dem kleinen Landstädtchen Werth bei Münster hat sich am 1. Februar, nachdem er zuvor die heilige Messe gelesen, mit seiner Jagdflinte erschossen. Ein Arzt und Gerichtspersonen aus der Nackt- darschaft haben den schrecklichen Selbstmord an Ort und Stelle untersucht und benachbarte Geistliche am 4. Feb­ruar den Unglücklichen beerdigt.

In Adelsberg in Jllyrien schlug bei einem Win­tergewitter der Blitz in die Kirche, in der gerade Gottes­dienst gehalten wurde. Der Blitz beschädigte die Glocken, hob in der Kirche selbst mehrere Steinplatten, auf denen Menschen standen, auf den Boden, zersplitterte eine Bank, die von mehreren Frauen besetzt war, riß die Thore aus den Angeln und fuhr endlich in den Frievhof. Von den 500 Menschen, die in der Kirche waren, wurde Niemand verletzt, obgleich gegen 40 Personen die Schuhe vcr brannt haben.

In Breslau sind Versuche gemacht worden, aus den wilden Kastanien Brod zu backen. Das Ver­fahren ist folgendes: die Frucht wird abgeschält und das Innere in kaltes Wasser gelegt. Darin bleibt es so lange, bis das Wasser etwas trübe wird. Dieses Ver­fahren wiederholt man drei- bis viermal. Der bittere Geschmack derKastanien wird so entfernt. Dann werten die Kastanien getrocknet oder geröstet, zu Mehl gemahlen und dieses nach Art des Waizenmehls zu Brod verbacken.

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Des SchloHbauers Vevele.

(Schluß.)

Acht, vierzehn Tage waren vorüber, weder Brönner selber noch Nachricht von ihm kam. Vevele war oft betrübt in dem Gedanken, daß es sein ganzes Leben lang einem Manne hingegeben seyn solle, der keinen rechten Respekt vor ihm hatte; es wir nicht stolz, aber cS dachte doch daran, wie Jeder, und sogar der Schultheiß im Orte, sich hochgeehrt gefühlt hatte durch seine Hand. Ost aber dachte es wieder mit dem innigsten Entzücken an Brönner, und es bat ihn in Gedanken um Verzei­hung für alle die herben Vorwürfe, die es ihm in seiner Seele gemacht hatte. Es stellte sich ihn ganz vor, wie er war, und da erschien er so herrlich und lieb, cs sah gar keinen Fehler mehr an ihm; denn so ist cs immer: wenn wir von Menschen entfernt sind, die wir gern ha­ben, sehen wir gar keinen Fehler und nur Tugenden an ihnen. Hätte der Brönner nur Eine Tugend gehabt!

Melchior fragte Vevele über das lange Ausbleiben Brönner's, und es that, als wüßte es den Grund und wäre es darüber beruhigt.

Eines Tages saß Vevele in trüben Gedanken in seiner Kammer; es hatte lange zum Dachfenster hinausgeschaut, ob Brönner nicht komme, aber es sah nichts. ES wollte sich eine Freude machen und öffnete den Schrank, um die schöne Aussteuer zu betrachten, aber, o Himmel! da war Alles so zerzaust, als ob Heren darüber gewesen wären; es griff unwiükührlich nach dem Gelde, aber daS war

fort. Es schrie laut auf, und plötzlich, wie feurige Pfeile so schnell, flogen ihm die Gedanken durch die Seele: der falsche Weg, den Brönner gefahren, das Zittern seiner Hand, daß es ihm nicht ausfolgen durfte, sein langes Ausbleiben. Mit raschen Schritten sprang Vevele an das Dachfenster und wollte sich Hinausstürzen; da faßte cs eine Hand von hinten, eS war Melchior, der auf den Schmerzensschrei herbeigeeilr war. Vevele warf sich auf die Kniee und erzählte händeringend seinem Bruder Alles. Melchior raste und wüthete; er wollte fort, alle Gerichte zu Hülfe rufen. Da fiel Vevele auf das Angesicht und erzählte ihm seine Schande; Melchior sank zu ihm nieder auf den Boden und weinte mit. Lange saßen die beiden Geschwister so auf dem Boden hart an einander gelehnt, laut schluchzend, ohne ein Wort zu reden, ja Beide scheu­ten sich fast, sich anzusehen.

Wer die Menschen kennt und dieEigenthümlichkeiten der Bauern insbesondere, der wird es wohl zu schätzen wissen, daß Melchior seiner Schwester Vevele nie den geringsten Vorwurf über ihren Fall machte; ja, er suchte, so vrel er konnte, ihren niedergedrückten Lebensgeist wie­der aufzurichten. Die meisten Menschen machen sich für ihre Theilnahme bei einem Mißgeschick oder einem Fehl­tritt gleich dadurch bezahlt, daß sie ihrem freundschaftli­chen Aerger und ihren weisen Ermahnungen Luft machen. Das mag bei Kindern oder überhaupt bei solchen Men­schen am Platze seyn, die nicht wissen» was ihnen ge­schehen oder was sie gethan; bei Menschen aber, die den Pfeil wohl fühlen, der in ihre Brust gedrungen, ist es unvernünftig, wenn nicht grausam, den Pfeil noch um und um zu wühlen, statt ihn sogleich behutsam und zart herauszuziehen.

Melchior berathschlagte nun mitVevele, was zu thun sei, und sie kamen überein, daß man vorerst keinen Lärm machen und Alles im Geheimen zu Ende führen müsse. Mit einer Entschiedenheit, als wäre er ein ganz anderer Mensch geworden, forderte Melchior seiner Frau Geld . ab, und wenige Stunden darauf reis te er in seinem- l gelchen dem Brönner nach. Vevele wollte mit, es wollte > fast verzweifeln, daß es zu Hause bleiben und nichts thun solle, als harren und weinen, aber Melchior redete ihm die Mitreise aufS Liebevollste aus.

Tage und Wochen schmerzlichen Hinbrütens vergin­gen. Wer das Veoele früher gekannt batte, wäre jetzt furchtbar erschrocken über die Veränderung seines ganzen Wesens. Es ließ sich aber vor Niemande» sehen, cs lebte ein Leben ohne Willen, das kein eigentliches Leben war, es und trank, schlief und stand ans, aber es wnßte und wollte von alle dem nichts, cs blickte immer drein wie eine Wahnsinnige. Auch weinen konnte es nicht mehr. AU sein Denken, seine tiefste Seele war wie scheintodt, wie lebendig begraben; es hörte tw Welt draußen han- diren, es verstand sie wohl, aber sich selber konnte eS nicht verständigen.

Ais Melchior zurückkam, ohne eine Spur von Brönner entdeckt zu habe», hörte Vevele Alles mit einem herzzer­reißenden Stumpfsinn an, es schien auf Alles gefaßt. Still, fast ohne ein Wort zu reden, lebre es dahin. Nur ! als es vernahm, daß Brönner mit Steckbriefen verfolgt ^ wurde, jammerte es laut auf; es war ihin, als ob Mil- I lioneu Zungen durch die Welt hin seinen Schmerz und ! seine Schande verkündeten, und doch so weit geht die