Kleine politische Rachrichte«.
Stapellauf deutscher Zerstörer. Auf der Marinewerft Wilhelmshaven fand die Weihe und der Stapellauf der beiden letzten Zerstörer der Möweklasse statt. Der Feierlichkeit wohnten Truppenabordnungen der Marine und der Küstenwehr, sowie Traditionsvereine bei. Der Leiter der Wilhelmshaven« Marinewerft hielt eine längere Rode, in der er auf die Verdienste der beiden alten Kolonialkreuzer Falke und Kondor zu sprechen kam.
Errichtung deutscher Konsulate im Hoheitsgebiet Frankreich. In Ausführung des deutsch-französischen Handelsprovisoriums steht die Schaffung von deutschen Generalkonsulaten kn Marseille, Bordeaux, Le Havre, Lyon und Algier in der nächsten Zeit bevor. Vorgesehen sind ferner Generalkonsulate tn Tunis und Beirut- Hierüber wird jedoch zur Zeit noch verhandelt.
Eine Konferenz im Haag? Dem Berliner Tageblatt zufolge meldet der Amsterdamer Telegraph, daß wahrscheinlich demnächst im Haag eine Konferenz französischer, belgischer, deutscher und englischer Delegierter über die Räumung der besetzten Gebiete stattfinden werde. Handelt es sich bei dieser Konferenz auch nicht um eine Liquidation des Versailler Vertrages so könne doch gesagt werden, daß bei den kommenden Besprechungen die bisher vertretene Auffassung liquidiert werden wird.
Neue Reise Vandcrveldes und Franquis nach Paris. Nach einer Pariser Meldung bestätigt es sich, daß sich die beiden belgischen Minister Vandervelde und Franqui demnächst wieder nach Paris begeben werden, um mit Poincare von neuem über eine französisch-belgische Zusammenarbeit auf finanziellem Gebiet zu verhandeln.
Die Zusamenkunft Chamberlain—Mussolini. Wie aus Rom gemeldet wird, bestätigt sich, daß Chamberlain binnen kurzem eine Zusammenkunft mit Mussolini haben wird. Taomina, das für die Zusammenkunft in Aussicht genommen war, ist jedoch wieder aufgegeben worden. Man glaubt, daß die beiden Minister sich in einem Hafen von Toscana oder Ligurien treffen werden.
Konzentration polnischer Truppen an der litauischen Grenze. Wie die Central News aus Kowno berichten, hat die litauische Regierung alle ihre Gesandten im Auslande instruiert, di« Aufmerksamkeit der Regierungen, bei denen sie akkreditiert sind, auf die .Konzentration polnischer Truppen an der litauischen Grenze zu lenken. In dem Memorandum, das die Gesandten dm betreffenden Regierungen vorlegen sollen, wird Polen beschuldigt, den Frieden Europas durch seine Truppenkonzentrationen zu gefährden.
Die Kantonarmee bedroht Schanghai. Der Beherrscher der fünf chinesischen Küstenprovinzen, General Sun, hat dm größten Teil der Provinz Kiangsi planmäßig geräumt und neue Defenstvstellungm bezogen. Die Kantontruppm sind nachgerückt und bedrohen das Hinterland von Schanghai und diesen wichtigsten Hafen Chinas selbst._
Die Reform des Aktienrechts.
Uebe.-z-c.^>i:!g des Aktienrechts durch das Reichsjustizmin-stcrium.
TU Berlin, 26- Sept. Halbamtlich wird mitgeteilt: In der Tagespresse ist vielfach ein Gegensatz zwischen der vom Reichsminister der Justiz bei der Begrüßung des Juristentages zur Frag« einer Reform des Aktienrechtes abgegebenen Erklärung und den Ausführungen behauptet worden, die Geheimrat Schlegelberger in dem Ausschuß des Juristentages zu der gleichen Angelegenheit gemacht hat. Ein solcher Gegensatz bestes nicht. Der Reichsjustizminister hat in seiner Begrüßungsansprache lediglich erklärt, daß die Fragm einer Reform des Aktienrechts das Reichsjustizministerium ernsthaft beschäftigen und daß die Durchführung des Aktienrechts unter Verwertung der Erfahrungen des Auslandes mit aller Beschleunigung durch- gesührt werden soll. Dagegen hat es dem Reichsminister der Justiz ferne gelegen, über das Ergebnis dieser Prüfung vor
weg Me bestimmt« AnfW zu iivtzem» denn Ä ürÄ llt welchem Umfange ein« gesetzlich« Aendermtg de, Mienrechts erforderlich wird, läßt sich naturgemäß erst nach Abschluß der ringelet« teten Arbeiten beurteile«, die tatkräftig gefächert werden und von denen zu hoffen ist, daß sie durch die von dem Juristentag eingesetzte Kommission eine wesentliche Unterstützung ersah- ren wecke.
ReichsschrrlgesH und Elternschaft.
Die Führerschaft des evangelischen Reichselternbundes zur schulpolilischen Lage.
TU Berlin, 26. Sept. Die gestern unter dem Vorsitz des Unterstaatssekretärs a. D- Conze in Berlin versammelte Führerschaft des evangelischen Reichselternbundes nahm zu der zur entscheidenden Auseinandersetzung stehenden Frage des Reichsschulgesetzes Stellung. In einer Erklärung spricht sie die Erwartung aus, daß der in Aussicht gestellte Reichsschubgesetzentwurf in Bälde dem Reichstag zugeleitet und öffentlich bekanntgegeben wird. Für die Gestaltung des Gesetzes fordert sie im Namen von Elternrecht und Gewissensfreiheit erneut die volle Gleichberechtigung der Bekenntnisschule und gleiche staatliche Förderung, wie sie den anderen Schularten gewährt wird. Me bei Erlaß der Reichsverfassung vorhandenen Schulen sollen ohn-e besonderes Aniragsverfahren erhalten bleiben und für andere die Möglichkeit eines sofortigen Eröffnungsverfahrens gegeben werden. Die Bestimmung über einen geordneten Schulbetrieb müsse durch das Reichsgesetz getroffen und dadurch auch die Schulen mit geringerer Gliederung als ein geordneter Schulbetrieb anerkannt werden.
Erhöhter Sicherheitsdienst bei der Reichsbahn.
TU Berlin, 26. Sept. Generaldirektor Dr. Dorpmüller hat soeben eine Verfügung an alle Dienststellen erlassen, in der es u. a. heißt: Da auch nach dem Attentat von Leiferde weitere Bahnfrevel verübt worden seien, sei der Streifdienst überall so zu verstärken, daß alle Strecken wöchentlich mindestens einmal bei Nacht vom Streisdienst begangen werden könnten. Die Streifdienstkräste müßten die notwendigen Gegenstände bei sich führen, die erforderlich seien, um Züge anhalten zu können. Der Streifdienst'sei in engem Zusammenwirken mit Kriminal- und Schutzpolizei vom Bahnschutzdezernenten zu regeln. Wo die Vorbedingungen zu rascher Beweglichkeit des Streifdienstes fehlen, sei alsbald für Abhilfe zu sorgen. Bei einem Unfall müsse sofort die nächste Streifiüenstwache verständigt werden. Zu diesem Zwecke solle auch ein Alarmsystem eingerichtet werden. Um die Beamten für den Ernstfall auszubilden, seien öftere Probealarme abzuhalten. Der Eifer der Streifdienstkräste soll durch namhafte Belohnungen für besondere Erfolge vergrößert werden. Auch für die körperliche Ertüchtigung der Beamten sei zu sorgen. -„E——
Am die Mobilisierung
der Dawesobligationen.
England und Amerika lehnen ab.
TU London, 26. Sept. Wie der diplomatische Korrespondent des Daily Telegraph schreibt, findet der französische Vorschlag auf Mobilisierung eines beträchtlichen Teiles der Dawesobligationen auf dem internationalen Geldmarkt sowohl bei britischen als auch amerikanischen Bankiers wenig Gegenliebe. In diesen Kreisen sei man der Ansicht, daß Frankreich, wenn es Geld zu verhältnismäßig niedrigen Zinssätzen wünsche, in erster Linie seinen internationalen Kredit wieder Herstellen solle. Das könne nur durch Ratifikation der britischen und amerikanischen Schuldenabkommen geschehen, aber ohne eine solche Ratifikation werde Amerika nicht für irgend eine Mobilisierung der Dawesvorzugsobligationen zu haben sein.
Das Heimatblatt
für den Oberamtsbezirk Calw ist seit über 100 Jahren bas -Calwer Tagblatt'. Den Bedürfnissen der Zeit stetig folgend, ist eh heute zu einer ansehnlichen Tageszeitung hcrangewachsen, die ihre Leser mit Sorgfalt und Zuverlässigkeit über alle Vorgänge in Welt und Heimat unterrichtet. Die klare und übersichtliche Art der Einteilung und Zusammenfassung des Nachrichtenmaterials» unterstützt durch erläuternde Aufsätze, gewährt dem Leser jeweils eine rasche Orientierung über alle Ereignisse im politischen Leben. Dieser Umstand ist gerade heute von besonderer Bedeutung, wo die deutsche Außenpolitil große erfolgversprechende Fortschritte macht und alltäglich jeder Deutsche, dem das Wohl des Vaterlandes am Herzen liegt, mit neuer Hoffnung den Gang der politischen Verhandlungen und Ereignisse verfolgt. Die kommende Zeit stellt uns vor große Aufgaben politischer und wirtschaftlicher Natur. Es gilt, mit Umsicht für die Sicherung des Wiederaufstiegs und der Weltgeltung Deutschlands zu kämpfen; ein solcher Kampf setzt aber nicht allein fähige Führer und Diplomaten voraus, auch die Glieder des Volkes, jeder Staatsbürger, muh Wissen, worum geht. In der heutigen Zeit /' '
gehört',,,
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in jede Familie
gehört, trägt es doch tagtäglich Anregung und Bereicherung des Wissens auf allen Gebieten bes politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens zu seinen Lesern hinaus. Wir hoffen, daß auch im nächsten Quartal die große Zahl der Freunde des Calwer Tagblatts weiter steigen wird und versprechen die redaktionelle Ausstattung auch weiterhin in jeder Hinsicht zu pflegen.
Verlag und Schriftleitung des „Calwer Tagblatt".
bv u. s.6.8-
„Du wirst ihn wohl empfangen müssen, Altchen.*
^Es wird nicht anders gehen."
Wieder lachte er grimmig.
„Da machen wir beide Gesichter, als käme der leib hastige Gottseibeiuns ins Haus."
Dabei freute es ihn doch, daß auch Lene ihn ungerr kommen sah.
Sie ging hinaus. Draußen wurde eben die Tüi geöffnet, und ein großer, junger Mann trat ein.
„Gestatten Gnädigste, Forstassessor von Zirneck."
Er schlug die Hacken zusammen und küßte ihr di> Hand. Es war in der Diele, die nur durch die Ober lichter der Haustür erhellt wurde, immer dämmrig und sie hatte ihn gar nicht recht angesehen, aber ei schien ihr, als ruhte sein Auge mit einem Ausdruck dei Verwunderung auf ihr.
..Ich muß Sie im Namen meines Mannes, der sc leider fest liegt, willkommen heißen, Herr Forstassessor/
..Darf ich fragen, wie es dem Herrn Oberförster geht""
Lene kam ein unangenehmer Gedanke. Ihr Mann war unberechenbar. Wenn er den Fremden vielleicht
jn seiner schlechten Laune nicht freundlich empfing-
„Ich danke, abgesehen von seinem Fuß, ist er ganz munter, nur — Herr Assessor müssen verzeihen — — seine Stimmuna-"
„Kann mir's denken. Ein alter Waldbär, der an das Bett gefesselt ist! Keine Sorge, gnädige Frau, ich werde ihn schon aufheitern."
Jetzt schaute auch Lene auf. Die fröhliche, junge
Stimme kam ihr so bekannt vor und jetzt-sie
waren inzwischen in das Wohnzimmer getreten-
auch das Gesicht. Aber das war ja Unsinn —> -- wo sollte sie den Mann gesehen haben?
„Darf ich Sie zu meinem Manne führen?"
«sie traten ein.
„Herr Assessor von Zirneck ist gekommen."
Es gab Wandtland wieder einen Stich. Wollte man ihm nicht einen jungen Vertreter senden?,
„Freut mich-Herr Assessor."^
Er dehnte zögernd die Worte.
Wendtlands Stimmung wurde nicht rosiger. Ein Argwohn stieg in ihm auf. Wollte man ihn vielleicht vensionieren und der junge Mensch da war schon sein designierter Nachfolger? Man hatte es ihm ja schon ein paarmal nahegelegt, wenn ihn der Rheumatismus auf ein paar Wochen an das Zimmer fesselte.
Aber Zirneck hatte den grimmigen Klang überhört.
„Danke, verehrter Herr Kollege, und gestatten Sie, daß ich Ihnen meine Freude darüber ausspreche, daß mir diese Vertretung geworden. Wir werden wohl in Zukunst Nachbarn werden, weil man mir Hoffnung gemacht hat, daß ich die durch Pensionierung im Herbst erledigte Oberförsterei Johannisbad übernehmen soll. Da ist es denn für mich ein besonderes Glück, mich unter der Leitung und unter dem Rat eines erfahrenen, älteren Kollegen in die hiesigen Verhältnisse einzuarbeiten."
Wendtland atmete auf untz schämte sich wegen seiner Begrüßung. ^
„Dann also nochmals willkommen, und nehmen Sie es nicht übel, wenn ich bisweilen etwas ungenießbar bin."
„Legen Sie sich nur keinen Zwang auf, ich habe ein dickes Fell und kann Sie verstehen."
„Bitte, da ist ein Stuhl-da sind Zigarren--
Sie müssen schon tun, als ob Sie zu Hause wären."
„Die Herren gestatten, daß ich mich zurückziehe und nach dem Essen sehe."
Auch Lene ging mit einem fröhlicheren Gefühl aus dem Zimmer. Der Mann schien wenigstens zu wissen, wie man mit ihrem Gatten umging. Sie war ihm fast dankbar, daß er wieder in besserer Stimmuna war. Dabei hatte sie noch ein anderes empfunden. Bisher hatte sie eigentlich nur Bauern, Knechte und die paar alten Herren gesehen. Sie war die „Frau" oder im
besten Fall „Frau Oberförster" gewesen-mM
hatte sie zum ersten Male eine gesellschaftlich einwand« freie Begrüßung gehört.
Er hatte sie gnädige Frau genannt und ihr die Hand, geküßt — Zum ersten Male hatte sie empfunden« daß sie eine Stellung der Wett einnahm-
Wieder kam das bittere Gefühl, das ihr so oft die flüchtigen Freuden verdarb. Gamn? Wenn er wühtetz
Sie war die Wirtschafterin — die Erzieherin-s?6
war das „Altchen^!
„Altchen, der Herr von Zirneck ist ja ein reizender! Mensch! Wie gut wir uns unterhalten haben! Denk
dir, er ist aus Niederschlesien-ist dann spater erst
nach Oesterreich gekommen, hat aber Deutschland so
gern! Und denk' dir-das Riesengebirge kennt es
noch gar nicht! Hat es nur immer von weitem gesehen? Jetzt freut er sich darauf, es zu sehen! Er will ja immer hierbleiben. Altchen, ryir sind, schon die besten Freundet
iFortsetzuna fol-ttt
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