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Nr. 225

Amis- unä Anzeigeblatl für äen Obsramtsbezirk ?aliv.

Montag, den 27- Septenlbcr 1926.

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Fenisprrcher Nr S

verantwort!. Schriftleitung: Friedrich Hans Scheele Druck unä Verlag äer K Oelschlciger'schen Buchäruckerei.

101. Jahrgang

Deutschlands Außen- und Innenpolitik.

Dr. Külz über die Reichspolitid.

TU Dresden, 27. Sept. Am Sonntag vormittag fand im großen Sitzungssaal des Landtags der außerordentliche Par­teitag der Deutsch-Demokratischen Partei statt. Rcichsinnen- minister Dr. Külz hielt einen programmatischen Vortrag, in den: er sich zunächst über die außenpolitische Lage verbreitete. Mit der Wiedereinreibung Deutschlands, so führte er aus, in die Mächtekonstcllation der Welt und mit der Aner­kennung der deutschen Republik als Großmacht sei zunächst -imnal ein ungeheurer moralischer Erfolg erreicht, dessen Be­deutung nicht zuletzt dain liege, daß die Behauptung von der Allcinschuld Deutschlands am Kriege nicht durch Deklaratio­nen, sondern durch die Wucht der neuen historischen Tatsachen endgültig in die Versenkung verschwunden sei, jn die als trübe Erinnerungen und kricgspsychologische Verwirrungen hoffentlich recht bald noch andere Ucbcrbleibsel des Vertrages von Ver­sailles mitverschwinden würden. Der moralische Erfolg müsse selbstverständlich von realpolitischen Auswirkungen bekrönt sein. Bisher seien wir in der Hauptsache die Gebenden ge­wesen, die den guten Willen zum dauernden Frieden und zur europäischen Neuordnung bekundeten. Deutschland habe jetzt einen starken Anspruch auf Gegenleistung. Völkerbundseintritt, Locarnoverträge und Dawcsabkommen verkörpern, als Ganzes zowüvdigt, die Voraussetzungen, unter denen nach Artikel 431 des Versailler Vertrages ein Rechtsanspruch auf vorzeitige Räumung des besetzten Gebietes gegeben sind. Mit der vom Völkerbund garantierten Hoheitsstellung seiner Mitgliedsstaaten vertragen sich die Funktionen der interalliiicrtcn Kontrollkom­mission ebensowenig, wie sich die fernere Bcsetzuirg des deutschen Landes mit der Unverletzlichkeit des Gebietes der Völkerbunds- staatcn verträgt. Ausgleich und Verständigung wurden voll­kommen sein, wenn nicht auch an der Saar politisch und wirt­schaftlich normale Zustände erreicht werden könnten und wenn Deutschland nicht bei der ersten sich bietenden Gelegenheit in den Kreis der Mächte zugelassen würde, die an der kolonialen Irschließung der Welt beteiligt sind. Wenn über die politische Verständigung mit Frankreich hinaus noch eine wirtschaftliche Entente erreichbar sei, so würde das mit Freuden zu begrüßen sein, und unter diesem Gesichtspunkt sei auch der Gedanke eines finanziellen Entgegenkommens hinsichtlich der dem Treu­händer für die Reparationen übergebenen Eisenbahnoüligatio- nen erörterungsfähig.

Die innere wirtschaftliche Entwicklung be­reite nach wie vor ernste Sorge. Anzeichen der Besserung seien vorhanden, aber noch bedinge die Unterhaltung unseres Erwerbslosenhocres einen Millionenaufwand. Der Minister erinnerte an die Maßnahmen des Reichssinanzministcrs und an das große Arbeitsbeschasfungsprogramm der Reichsregierung, sowie an den bevorstehenden endgültigen Finanzausgleich zwi­schen Reich, Ländern und Gemeinden. Die innere politische Entwicklung zeige eine erfreuliche Konsolidierung. Es sei zu begrüßen, da ß sich, wie dies die Rede Silverbergs und auch ihre Aufnahme zeigten, auch in den Kreisen des Unternehmertums die Erkenntnis immer mehr druchsetze, daß eine befriedigende mnerpolitischc Situation nur erreicht werden könne, wenn die in der Sozialdcmkratie zusammengeschlosscnen Massen der arbei­tenden Bevölkerung in verantwortlicher Staatsbcjahung erhal­ten würden. Der in Sachsen unternommene Versuch, den Aus­schluß der Sozialdemokratie von der staatlichen Verantwor­tung als Kampfparole zu propagieren, sei ein schwerer und ver­hängnisvoller psychologischer Fehlgriff.

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Deutschland der Führer

zum europäischen Frieden.

Erklärungen des Botschafters Schursra« in Amerika.

TU Rruyork, 27. Sept. Der amerikanische Botschafter Schur- nran gab nach seiner Ankunft in Amerika folgende Erklärung ab: Deutschland sei augenblicklich der Führer zum europäischen Frieden. Die F.iedensaussichten seien niemals so günstig ge­wesen wie jetzt. Deutschland gebe allen, die ihm früher feindlich gegenüber gestanden hätten, ein gutes Beispiel, was ihm hoch angerechnet werden müsse. Deutschlands guter Wille stehe, wie seine Taten beweisen, völlig außer Zweifel. Der beste Beweis seien seine prompten Reparationszahlungen. Als Anerkennung dafür gelte, daß Deutschland als gleichberechtigtes Mitglied in den Völkerbund ausgenommen worden ist. Wirtschaftlich und finanziell erstarke Deutschland immer mehr. Die republikanische Staatsform sei fest begründet, und es seien weder von Rechts noch von Links Putsche zu befürchten. Reichspräsident von Hin- denburg sei in allen Dolksteilen äußerst beliebt und daher eine der stärksten Stützen des Staates. Deutschlands Beziehungen zu Amerika seien die allerbesten, und cs läge kein Grund vor, daß hier ein Wandel eintreten könne. Die Freundschaft könne noch dadurch gefestigt werden, wenn recht viele Amerikaner Deutschland und recht viele Deutsche Amerika besuchen würden.

Der AAsklemg in Genf.

Die Schlußsitzung der Dölkerbundsversammlrmg.

TU Ee»s, 27. Sept. Die Vollversammlung des Völtcrbun- es hat am Samstag ihre Arbeiten beendet. Als erster Punkt er Tagesordnung der Schlußsitzung wird die Frage des Schieds- erichtes, der Sicherheit und der Abrüstung verhandelt. Den Zericht hierzu erstattet der serbische Delegierte Markowitsch. Zur Debatte steht ein Antrag des Berichterstatcrs, die Prinzi­nen der Locarnoabkommen der Vollversammlung als Grund- age der Autzenpoilik aller Staaten zu empfehlen. Bundesrat Rotta als Delegierter der Schweiz wendet sich gegen einige Be- enken, die bei der Kommissionsberatung ausgetreten seien. Es alle das Ersuchen an den Rat gerichtet werden, dabei behilflich u sei», daß die Hauptidee der Locarnoverträge, nämlich die der lnwendung der Schiedsgerichtsbarkeit bei der friedlichen Schlich- nng von Konflikten ständig auf der Tagesordnung des Völker­bundes gelassen werde. Die Resolution Markowitsch wird dar­uf angenommen. Ueber die Kodifikation des internationalen lechtes berichtet Bundesrat Motta im Namen der 1. Kommis- ion, dessen Vorschläge gleichfalls von der Kommission angenom­men werden. Den Bericht über die Frage der Zahl der nicht- ändigen Mitglieder erstattet der dänische Gesandte in Berlin Zahle. Die Versammlung beschließt, das Sekretariat aufzufor- «rn der nächsten Vollversammlung neue Vorschläge hierzu zu mte'rbreiten. Ueber die Auslegung der Einleitung der Artikel , und < des Völkerbundspaktes erstattet der französische Dele- ierle Barthelemey einen umfangreichen Bericht. Die von chm ,orgelegte Resolution weist folgende Richtlinien für dre Tatig- eit des Völkerbundes aus: Die Vollversammlung müsse darauf chten, daß der Völkerbund sich nicht von der hohen Aufgabe den VeltsriL^en vorzuöereiten, durch anderweitige TätiMert aolen- en lasse, da es seine wichtigste Pflicht wäre, die gememsame Ar- >cit der Völker im Geiste des friedlichen Fortschrittes zu sor- ern. Der Völkerbund dürfe sich daher nur mit Aufgaben befas- en. die mit diesem Ziele übereinstimmten und dazu beitragen, ie Befriedung der Welt herbeizuführen. M,t der UebeMwch- na dieser Richtlinien sei der Bölkerbundsrat zu betrauen. Ueber iAn Punkt der Tagesordnung liegt ein ausfuhrli^s Memo­

randum der britischen Delegation vor. Nach den Ausfiihrungen Barthelemeys wurde von dem tschechischen Außenminister Be- nesch der Antrag gestellt, die Fortsetzung der Diskussion auf die nächste Tagesordnung des Völkerbundes zu verschieben. Nach kurzen Ausführungen Lord Cecils, des kanadischen Delegierten und des Berichterstatters Vundesrat Motta wurden Diskussion und Resolution auf die Herbsttagung 1927 vertagt. Ueber die Arbeiten der 6. Kommission, betr. die Mandatsfragen, berichtet der belgische Delegierte. Fritjof Nausen bedauert die Atmo­sphäre der Hast, mit der die 6. Kommission mit der Mandats­frage sich hätte beschäftigen müssen. Es fei wünschenswert, daß in Zukunft diesen wichtigen Problemen mehr Zeit gewidmet würde. Nach Nansens Ausführungen wird von her Versamm­lung der Bericht der 6. Kommission, die Mandatsfragen betref­fend. angenommen.

In der Nachmittagssitzung berichtete der Abg. Breitscheid über die Lage der russischen und armenischen Flüchtlinge. Die englischen Delegierten berichteten über den Kinder- und Frauen­schutz des nahen Orients. Der Delegierte Dänemarks, Olden­burg, verlas einen Bericht über die Finanzen des Völkerbun­des und des internationalen ständigen Gerichtshofes im Haag.

Vor stark gelichteten Bänken hielt der Vorsitzende Nlut­schst.sch hierauf seine Schlußansprachc. Er wies darauf hin, daß die 7. Vollversammlung des Völkerbundes viel zu ein« Fortentwicklung des Völkerbundes beigetragen habe. Die cha­rakteristischsten Merkmale dieser Versammlung würden in aller Zukunft die Umgestaltung des Völkerbundes und Deutschlands Eintritt in den Völkerbund sein. Nach langen und sorgfälti­gen Studien wäre es gelungen, die Frage der Umgestaltung des Völkerbundes zu lösen, denn die Krisis, die der Völker­bund überstandvn hätte, hätte ernstliche Beunruhigung ge­schaffen. D ie Vollversammlung dieses Jahres sei durch ein wichtiges Ereignis gekennzeichnet. Wir sehen diejenigen Völ­ker, so führte der Redner aus, di« der schrecklichste aller Kriege entzweite, Seite an Seite in voller Eintracht im Völkerbund sitzen, alle verbunden durch die freiwillige Anerkennung der Satzungen des Völkerbundes. Wenn de- Völkerbund «ich noch

Tages-Spiegel.

Rcichsinnenminister Dr. Külz sprach in Dresden über die deutsch» Außen- »nd Innenpolitik-

Die Völkcrbundstagnng ist am Samstag geschlossen »vordem Die Mitglieder der deutschril Delegation kehren heute nach Berlin zurück.

Beim Schluß der VölkcrbniidS'iignng hielt Präsident Nintschiisch eine Ansprache, in der er auf die Bedeutung des Eintritts Deutschlands hinwres.

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Als aussichtsreicher deutscher .Kandidat für das Vizesekrctnriat im Völkerbund wird der Neichsprrssechef Dr. Kiep gcnanntz

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Die Vertretug des Reichsfinanzministers Dr. Reinhold im inin'sicriellen Thoiry-Ausschuß überuü.nnrt Staatssekretär Popitz.

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Neust der Gesamtdeu,Mission des polnischen Kabinetts hak Mi­nisterpräsident Bartel die Regiemngsbildung erneut über­nommen.

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Jn Japan rechnet man mit der Auslosung des Parlament- und der Ausschreibung von Neuwahlen.

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Die Ostasirn-Flngexpedibion der Lufthansa ist nach erfolgreiche« Durchführung ihres Programms gestern wieder in Berlin eingctroffen-

nicht alle Nationen umfasse, so wäre doch der Beweis erbracht daß er sie umfassen werden könne und werden würde.

Hierauf erklärte der Vorsitzende die 7. Session des Völker Hundes für geschlossen.

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Der deutsche BAkerbnnvsbeitraz für 1928.

Der deutsche Beitrag für das Völkerbundsbudget für 192k ist nunmehr endgültig festgesetzt worden. Deutschland wird dem­nach dieselbe Annuität zahlen wie Frankreich, d. h. 76 890 Pfd. Der diplomatische Korrespondent desDaily Telegraph" bemerkt dazu, Deutschland würde eine höhere Annuität als Frankreich zu zahlen gehabt haben, wenn nicht dieses Einspruch dagegen erhöhen hätte mit der Begründung, Laß das französische Prestige Schaden erleidm könne, wenn das Deutsche Reich als auf einem höheren finanziellen Niveau als Frankreich stehend eingeschätzi werden würde. _

Vor der Zusammenkunft

MussoliniChamberlain.

Keine Rückversicherung gegen die dentsch-sranz Verständigung.

Tll Rom, 27. Sept. Die Zusammenkunft Mussolini-Tham- berlain, die wahrscheinlich an einem der nächsten Tage an der Riviera stattfiiiden wird, dürste, wie man hier allgenrein an­nimmt, keinerlei alarmierenden Charakter haben. Es ist anzu­nehmen, daß die Tangerfrage einen breiten Raum in der Be­sprechung emnehmen wird. Man glaubt hier, daß England ge­neigt sein werde, die italienischen Wünsche bei der Umgestal­tung des Tangerinstituts zu berüchichtigen, falls eine internatio­nale Konferenz zunächst ausgeschaltet bleibt. Da im Grunde ge­nommen auch Frankreich bereit ist, den italienischen Wünschen in der Tangerfrage nachzugeben, um wenigstens vorübergehend Ruhe vor der sich ständig wiederholenden Ausrottung der italie­nisch-französischen Mittelmeergegensätze zu haben, dürste die Aus­sprache zwischen Mussolini und Chamberlain in der Mittelmcer­frage keinen bedeutenden Gegensatz zur französischen Politik er­geben. Die Meldung, wonach Mussolini die Absicht habe, bei der Zusammenkunft mit Chamberlain den Abschluß eines italie- nischpenglischen Freundschaftsvertrages auf der Basis einer weit­gehenden Verständigung in den Mittelmeer- und zentraleuropäi­schen Fragen vorzuschlagen, dürste wohl als italienischer Ver­suchsballon zu werten sein. Der Abschluß eines solchen Freund­schaftsvertrages müßte heute bei der anhaltenden starken Ver­stimmung zwischen Italien und Frankreich, die infolge des Mus- soliniattentatcs heftig aufflammte, eine Spitz« gegen Frank­reich bekommen, was wohl nicht im Sinne der englischen Poli­tik liegen kann. In hiesigen diplomatischen Kreisen betont man auch, daß die Thamberlain-Mussolini-Aussprache durchaus nicht eine Art Rückversicherung gegen die deutsch-französische Verstän­digung bilden könne. Chamberlain, der diese Verständigung be­günstig habe und fortlaufend über die weitere Entwicklung der sich hieraus ergebenden finanztcchnischen Fragen unterrichtet werde, würde wohl kaum, sagt man in diesen Kreisen, seine bis­herige Haltung durch ein Sonderabkommen mit Italien ab- schwächrn wollen, das sich einem deutsch-franMischrn Abkomme« aeaenüber mindestens ikevtiick verhalten müßte