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Zn Namur berttekkt Man feit einigen Tagön einen kleinen, geschlossenen Karren, mit einem Pferde bespannt, herumfahren, dessen Kutscher, der ungefähr wie ein Koch gekleidet ist, in den reicheren Häusern die Ueberbleibscl der Mahlzeiten sammelt, sie sauber aufhebt und dann daraus Suppen und Ragout macht, welche unentgeltlich an die Armen vertheilt werden.

In Nürnberg that eine Stiefmutter täglich ihrem Stiefkinde, einem Mädchen, weiße Kügelchen in den Kaf­fee und zwang das Kind, Tropfen zu trinken, die sie in einem besonder» Behälter aufbewahrte. Das Kind erzählt dieß in der Schule, der Lehrer läßt sich einige heimlich weggenommene Kügelchen milbringen, ließ sie chemisch un­tersuchen und da findet sichs, daß sie aus Chlorkalk beste­hen. Gegen die Rabenmutter wurde sofort cineUntersu- chuüg eingcleitet.

In einem Orte der Umgebung Ofens litt ein junger Schmidgeselle seit Jahren derart an Zahnschmerz, daß er sich endlich entschloß, seinem Leben ein Ende zu machen, und er erhenkte sich in der Schmiede. Glücklicherweise ka­men bald darauf seine Kameraden dazu, schnitten ihn ab und er war gerettet. WaS aber das Merkwürdigste ist, er war auch von diesem Augenblicke an von seinem Zahn­schmerze radikal geheilt, denn vier Monate sind seit die­sem Vorfälle verflossen, ohne daß sich eine Spur davon zeigte. Dieses propate Mittel dürste aber wohl schwerlich Jemand Lust haben anzuwendcn.

Vor Kurzem ist man einer der gefährlichsten Vcrbre- cherinnen, nämlich der aus dem Zuchthause entsprungenen und mit Steckbriefen lange Zeit verfolgten 25jahrigcn Braun, zufällig habhaft geworden. Gedachte Person ver­übte die kühnsten Diebstähle, und hielt sich, verkleidet als Herr, zuletzt in Berlin auf, wo sie unerkannt alle öffentli­chen Orte besuchte, und den Damen als Liebhaber den Hof machte.

Zu Vcrvicrs und Lüttich ist von der Polizei Mehl bei Bäckern mit Beschlag belegt worden, welches nach Untersuchung fremde Substanzen, unter Anderm kohlen­sauren Kalk, Kreide enthält. Man hat den Müller aus­findig gemacht, von dem dieses Mehl abgeliefcrt worden, und eine gerichtliche Untersuchung über diese gesundheits­gefährdende Fälschungen ist im Gange.

Weimar, den 17. Dez. Nach einem auffallenden Tcmperaturwechsel zog gestern Abend zwischen 6 und 7 Uhr ein ziemlich starkes Gewitter vorüber, das mit-einem hef­tigen, hin und wieder mit Schloßen vermischten Gußre­gen begleitet war. Alles erleucbtcnden Blitzen folgten starke, weithin schallende Donnerschläge. Die ganze, in dieser Jahreszeit seltsame Erscheinung dauerte vielleicht eine Viertelstunde.

In London ward ein 87jähriger Junggeselle begra­ben, welcher nach Abzug einer Anzahl von Legaten, deren Gesammtbetrag sich auf etwa 2000 Pf. St. beläuft, sein übriges Vermögen von 6000 Pf St. der Königin ver­macht hat, damit es, wie er im Testamente sich ausdrückt, zur Tilgung der Nationalschuld verwendet werden möge Er war stets äußerst sparsam und fast geizig gewesen.

Mit dem Winter erneuern sich in England die trau­rigen Fälle des Feuertodes durch am Kamin in Brand

gerathene Kleidungsstücke. Am 6. Dez. wurde eine 96jäh- rige Frau das Opfer eines solch unglückliche» Zufalles.

Rustan-Raza, der bekannte Mameluk des Kai- sers Napoleon, ist am vorigen Sonntag in Dourdan im Departement der Seine und Oise gestorben. Rustan-Raza war aus Tiflis in Georgien gebürtig. Sein Einkommen bestand in 5 bis 6000 Fr. Rente, dem Erlöse auS den Geschenken, die er vom Kaiser und der kaiserlichen Familie erhalten hatte, eine Pension bezog er nicht. Da er sich geweigert hatte, Napoleon nach der Insel Elba zu beglei­ten , so lebte er seit dem Abschiede in Fontainebleau zu­rückgezogen in der Stadt, wo er gestorben ist.

Sin Mädchen in Melun hakte ein zartes Verhältniß mit einem Uhlancnoffizier dortiger Garnison, von dem sie sich vernackläßigt glaubte. Von Eifersucht getrieben, begab sie sich im Brautstaate in seine Wohnung und zün­dete bei verschlossenen Fenstern ein Kohlenbecken an, um auf dem Sopha ihres Geliebten den Tod zu erwarten. Der Offizier kam früher nach Hause, a!s sie geglaubt hatte; während er aber vom Schlosser die verschlossene Thür öffnen laßt, stürzt sich die Unglückliche zum Fenster hinaus auf die Straße und zerschmetterte sich den Schädel und beide Füße.

Pariser Gaunerstreiche.

Ein reicher Mchlhändlcr auS Pontoise hörte von dem ungeheuren Glück, das so viele in den Aktien machen sol­len. Er hatte eben 3700 Franken für Getreide gelöst und wollte damit auch sein Glück auf der Börse probiren. Er kömmt hin und hatte kaum die Gruppen betrachtet, die unter der Börse in eifrigen Gesprächen und Un­terhandlungen standen, als ihn eines der Individuen an­redet:Monsieur, ick bade Straßburg-Haingcrlot, Pepin, Pinsonniere das macht 15 Franks, 10 Franks, 20 Franks Prämie, und morgen werden sie auf 100 Procent gestie­gen scyn; oder vielleicht ist der Herr gekommen, um zu verkaufen? ich kaufe Caumont, Rothschild-Nord.." Ich dachte, dergleichen Geschäfte könnten nur durch Ver­mittlung eines Wechsclaqenten abgemacht werden?" Ja, sonst, alter Styl, Rococco; heutzutage leben Wechsel- agcntcn und Unterhändler im besten Einverständnisse, man hat ganz Recht, wenn man sagt, die Eisenbahnen bringen Alles näher zusammen. Kommen Sie, man öffnet." Der Mehlhändler wurde in das unermeßliche Pandämo- nion der Agiotage mit hineingedrängt; unverständliches, wirres Geschrei schlägt an sein Ohr; er kann nicht be­greifen, wie in einem so betäubenden Tumult nur das ge­ringste Geschäft geschlossen werden kann. Doch sieht er eine Unzahl von Personen, Büchlein in der Hand, Worte und Zeichen wechseln, Namen und Ziffer notircn; sein Begleiter bemerkt ihm, so werde gekauft und verkauft, und ruft plötzlich:Ah, Teufel, von Lyon nach Avignon, 19 Franks! Das ist verlockend! Damit hat gestern durch meine Vermittlung M. Bcaupre 16,000 Franks gewonnen. Leider sind meine Fonds schon verwendet." Der brave Mehlhändler verspürte schon den hinreißenden Einfluß des Ortes, er griff nach dem Portefeuille, zog es hastig aus der Tasche und sagte:Da habe ich tausend Thaler, an wen muß ich mich wenden, um die Möglichkeit zu haben,