zahlrtichen Dienerschaft. Den Schluß bilden Abteilungen von Infanterie und Eavallerie der Garnison. Gewehr­salven und Kanonendonner begleiten die vorzüglichen Mo­mente der Feierlichkeit. Die vier Evangelien werden beim fürstlich Schwarzcnberg'schen Palaste am Nenen-Markte, beim fürstlich Lobkowitz'schen Palast« am Spitalplatze, bei der St. Michaelskirche und bei der Säule am Gra­ben gelesen. Natürlich nicht so imposant, aber nicht we­niger feierlich und erhebend sind die am nächsten Sonntage in den Vorstadtpfarren abgehaltenen Prozessionen. Hier sind schon, wie allenthalben auf dem Lande, grüne Zweige (Buchen und Eschen) vor den Häusern aufgcpflanzt, die Wege werden mit Gras, wohl auch mit Blumen ver­mengt, bestreut. Außer dem in den Vorstädten garniso- nirenden Militär fungiren dabei die verschiedenen CorpS der Bürgermiliz. Die mancherlei Institute und Anstalten begleiten den Zug. Am imposantesten macht sich derselbe natürlich in den größeren Vorstädten, ;. B. Wieden Leo­poldstadt, Landstraße. - Auf dem Lande bildet dieFrohn- leichnamSproccssion eine besonders erhebende und gemäch­liche Feier. Schon am Nackmittage des Tages vorher gewinnt Alles ein festliches Ansehen. Die Altäre werden aufgeschlagen, die Zweige herbeigcschafft, und schon am frühesten Morgen des Festtages entwickelt Jung und Alt ein heiteres, geschäftiges Treiben, das jenes bei anderen festlichen Gelegenheiten an Frohsinn und Heiterkeit weil hinter sich läßt. In den Gassen wogt eine Menge freund­licher Gesichter, Alles ist im festlichsten Putze, und so wie die kahlen Außenseiten der Gebäude durch die grüne Zierde ein verjüngtes und verschönertes Ansehen haben, so ist auch von jedem MenschcnaNtlitz der trockene Ernst des Alltagslebens, jede Falte des Kummers und der schweren Mühe der Berufsarbeit verschwunden. Es ist ein Tag des Herrn und die Menschen freuen sich in dem Herrn; eS ist eine Zeit der reinsten Begeisterung, die nur noch in der heiligen und erhebenden Feier der Auferstehung des Herrn ihres Gleichen findet. So feierlich übrigens dieses Fest selbst in dem kleinsten Orte begangen wird, so zeichnen sich doch besonders zwei nahe bei Wien gele­gene Ortschaften durch einwirkende Ursachen vor allen Anderen aus. Es sind dies die landesfürstlichen Märkte Mödling und Perchtoldsdorf. Im ersteren wo die Feier am Sonntage nach Frohnleichnam stattfindet, sind außer den gewöhnlichen großen Feierlichkeiten, die ungeheuren Fahnen merkwürdig, welche heutzutage kein anderer Ort mehr in so außergewöhnlicher Größe aufzuweisen hat. Es sind dies die eigentlichen Zunftfahnen der Innungen der Fleischer, Hauer (Weinbauern) und Viehhirtcn (Hal­ter genannt). Die Fahne der ersteren ist die größte und hat schon eine ungewöhnlich seltsame Form. Das Fah­nentuch ist nämlich nicht, wie sonst üblich, an der Stange herunterhängcnd und dann zwei oder drei Mai geschlitzt, sondern hängt quer von der Hauptstange an einem großen, reich verzierten und vergoldeten eisernen Querbalken, in Standarten oder vielmehr Flaggenform, jedoch auf einer Seite ausgezackt. Die Farbe desselben ist roth, in der Mitte das gewöhnliche Bild und umher viele symbolische

Verzierungen. Oben sind auf beiden Seiten die Brust­bilder der Kaiserin Maria Theresia und des römischen Kaisers Franz l. in Metaillenform. Die Fahne wird an einer sehr dicken und hohen Stange getragen, die von 8 kleineren unterstützt wird Die Hauerfahne ist ebenfalls roth, von ähnlicher Gestalt, aber kleiner, die Hirtenfahne ist grün, in gewöhnlicher, aber sehr großer Form. Die Procession in Perchtoldsdorf ist schon deßhalb merk­würdig und außerordentlich besucht, weil sie, wie bereits erwähnt, im ganzen Kaiscrstaate allein am zweiten Sonn­tage nach Frohnleichnam abgehalteu wird. Scho» der vorhergehende Sonntag ist ein Fest. Um drei Uhr Nach­mittags ertönen die ersten Schüsse von dem starken Thurme, die von den am nahen Hochberge ausgestellten Pöllern beant­wortet werden, und nun entwickelt sich allgemach ein ei­genes fröhliches Leben. Abends beginnt ein festlicher Za­pfenstreich von einer Militärbande, abermals von «Schüssen begleitet, und dieselbe durchzieht mit rauschender Festmu­sik die Gassen, bei den Officiercn und Honoratioren Ständ­chen bringend. Die Musik währt bis tief in die Nacht und erschallt am frühesten Morgen wieder, sobald von dem Thurme mit dem kleinen Feldgeschütze, welches der Ort besitzt, das Zeichen gegeben worden ist. Zeigt fick ein schöner heiterer Tag, so sicht man früh Morgens von allen Seiten eine ungeheure Menge Menschen dem Orte zuströmen, besonders von jene», die von Wien hierher führen, denn die Bewohner der Vorstädte sind ganz ei­gens Liebhaber und Besucher dieser Feierlichkeit. Im Orte und in der großen Kirche wird es allgemach ge­drängt voll, aber auch die Wirthshäuser und die zahlrei­chen, für diesen Tag besonders begünstigten Buschenschen- kcn (Leutgcbcr), wimmeln von Besuchenden, die sich da­selbst von den Mühseligkeiten des Weges oft bis zum Uebcrmaße erholen und gütlich thun. Die Straße, welche von Wien hierhcrführt, ist oft bis Liesing mit Fuhrwer­ken aller Art bedeckt, obschon auch auf der Eisenbahn Tausende von Menschen ankommen. Die Procession geht erst gegen 12 Uhr aus, von einer unzähligen Menschen­menge begleitet, die sich besonders wunderlich, etwa aus den Fenstern gesehen, ausnimmt, wenn sich bei einem ein- fallcnden Strichregen die Tausende der mitgcbrachtcn Re­genschirme entfalte», welches kein unangenehmes, aber buntfarbiges Bild des alten römischen Schild-Phalanzces, die Schildkröte genannt, gibt. Pontificat ist gewöhnlich ein infulirtcr Prälat; die begleitende Geistlichkeit ist sehr groß, da diese Procession, wie erwähnt, allein an diesem Tage stattfindet, und daher die Geistlichen in den umlie­genden Orten von dem liberalen Ortspfarrer dazu einge­laden werden. Leiter gewinnt, sobald die Procession vorüber ist, und besonders Nachmittags, das Fest ein pro­faneres Ansehen. Die distinguirtercn Besucher verlasse» den Ort, um sich entweder nach Wien zurückzubegeben oder sich an einem benachbarten Orte, meistens in der Briel, dem ländlichen Vergnügen zu überlassen; die Vieh­hirtcn mit ihren mißtönenden Tuben und dem widerlichen Geklatsche ihrer langen Peitschen (das sogenannte Halter­schnalzen) , durchziehen trunken und johlend die Gassen;