tcn! Die Hose sieht mit Spannung ihrer Lossagung vom Stege entgegen, wie Deutschland inclusive Leipzig von Rom. In dieser Zwischenzeit der Spannung fertige ich nach wie vor Hosen mit Stegen an, bis der feierliche Augenblick heranrückt, wo der Steg wieder in den Urständ eines unnützen Leders zurücktreten wird, und nur noch Le­genden von dem Zwange berichten, welchen er der Hose zu thun sich anmaßt.

5) Vielfaches Dunkel in meiner Kunst aufzuklären, bin ich gesonnen, einen Cyklus von Vorlesungen über die Philosophie der Bcklcidungskunst zu geben. Ich werde mit wissenschaftlicher Gründlichkeit von Eva's Feigenblatte bis zum Sackpalletot und Pardcffus mir keine Nüance entgehen lassen. Um die Formalitäten des Honorars zu ersparen, auf die es mir gar nicht ankommt, mache ich nur die Bedingung, daß jeder Zuhörer durch Bestellung und sofortige baare Bezahlung eines vollständigen Anzugs sich die Zutrittskarte löst. Näheres in meinem Atelier.

6) Der Frack eine Mythe! .. . So haben sie ge­rufen, diese kleingläubigen Schneiderseelen. Ihr Ver­blendeten, wenn es ihm auf Augenblicke beliebte, aus Laune sich dem Gehrock zu nähern, bildet Ihr Euch darum ein, er werde nicht dennoch ewig ein Frack bleiben, so lange es noch ein einiges Deutschland gibt und Monarchien, konstitutionelle wie andere? Er ist das Hof- und Feier­kleid, und so lange Deutschland von Kind bis zu Kegel nicht mit Vater Jahn demagogisch turnt, werde ich die Ehre haben, mich mit phantasiereichem Frackschnitte der staunenden Welt nach wie vor zu produziren.

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Berlin, 23. April. Gestern bat sich bei uns eine wahrhaft entsetzliche Begebenheit zugctragen. Ein 70jäh- riges jüdisches Mütterchen, Madame Bloch, Schönhauser- straße Nro. 5 wohnend, kommt am gestrigen ersten jüdi­schen Osterfeiertage aus der Synagoge, und begibt sich mit ihrem Gebetbuche in der Hand zwischen 10 und 11 Uhr des Morgens nach ihrer Stube. Bald darauf be­merkten die Hausnachbarn dicke Rauchwolken gegen das Fenster schlagen. Sie eilen in das Zimmer und finden die greise Frau erdrosselt (am Hellen, lichten Tage, im Mittelpunkte der Stadt!) auf ihrem Bette, das Bett von den verruchten Mördern angezündet und die Brust der ermordeten Frau halb verkohlt. Die letztere hatte noch eine dicke goldene Kette um den HalS; doch war die That jedenfalls ein Raubmord. ES stellt sich heraus, daß die Frau seit 15 Jahren täglich 1500 Thaler baar und in Papierscheinen mit sich herumgetragen. Heute sind 2 in üblem Gerüche stehende Verwandte des Opfers verhaftet worden; so viel wir wissen, ist aber der Thäter noch nicht entdeckt.

Leipzig, 24. April. Unsere Polizei hat in vori­ger Woche die letzte Spielspelunke, die aus früherer Zeit her hier noch eristirte, aufgehoben. Sie war sehr geschützt gegen die Polizei und, wie erzählt wird, durch

die untersten Bedienten der Polizei selbst vertheidigt. Da wir gerade Messe haben, so war das Spiel zahlreicher als sonst besucht, und Bankhalter und Einsehende wurden zugleich von der Behörde überrascht und verhaftet. Ge­gen die letzteren findet natürlich nur eine leichtere Unter­suchung und Bestrafung statt. Der Wirth und die Bank­halter hingegen werten einer harten Buße nicht entgehen. Ucber 20 Personen sind unmittelbar bei dem Processe be­theiligt. Ein Polizeidicncr besuchte den Spielort einige Tage lang und nahm selbst am Pharo Theil, wobei er nur die Vorsicht gebrauchte, den Uniformskragen seines Rocks durch einen um den Hals geschlungenen Shawl zu verhüllen. Auf ihn durfte sich die Polizei-Direktion ver­lassen und die übrigen Polizeimannschaften erfuhren erst in der Nacht und im Augenblicke der Ausführung von ihrer Bestimmung. Eine Warnung an den Wirth ward dadurch vereitelt. Allein man kann sich das panische Ent­setzen der Versammlung vorstellen, als plötzlich einer der Mitspielenden seinen Polizeistock auf die grüne Tafel legte undim Namen des Königs und der Gesetze" die Be­schlagnahme des Geldes und die Verhaftung der Anwe­senden aussprach. Wahrend die Bestürzten sich zu sam­meln suchten und an Maßregeln zur Flucht dachten, war das Haus schon umstellt. Die Polizeidiener drangen ein und vollzogen die Verhaftungen. Nur wenige Personen, darunter 2 Taubstumme, die den Kopf behielten, weil sie die plötzliche Störung nicht begriffen, sollen im Tumulte entkommen seyn. Der Schauplatz lag in der Klostergasse, wo sich sonst die Post befand. Der Wirth heißt Hesse und ist durch sein gutes Eisbier übrigens vortheilhaft bekannt. Die Buchhändlermesse ist seit 8 Tagen in vollem Gange. Durch die frühe Jahreszeit sind viele Buchhändler am Selbsterscheincn verhindert worden; doch beträgt die Zahl der auswärtigen über 200. Gezahlt wird, den Verhält­nissen nach, bereitwillig und gut.

Mannheim, 25. April. Gestern sind aus dem Schweizer Canton Glarus, woselbst sich unter Leitung des dortigen Cantonsarztes ein Verein für Auswanderung ge­bildet hat, 204 Personen, meistens Familien, ungerechnet der unter 12 Jahre alten Kinder, hier eingelroffen. Die­selben beabsichtigen, nach Nord-Amerika auszuwandern, und gehen von hier mit den großen, bequemen Dampf­booten der Niederländer Gesellschaft nach Rotterdam, wo sich, nach der Versicherung eines Kapitäns dieser Boote, da die Seeschiffe zur Aufnahme einer so großen Anzahl von Auswanderern noch nicht völlig eingerichtet sind, ge­genwärtig 800 aufhalten sollen. Das erste von Rotter­dam abgehende Schiff wird 500 dieser Leute an Bord nehmen. Wir bemerkten unter obigen Auswanderern Greise von 60 80 Jahren und Kinder von kaum einem halbe» Jahre. Die Ueberfahrtskostcn von hier bis Nord-Amerika betragen auf den Kopf ohne Verköstigung 50 fl., mit die­ser aber 78 fl., einschließlich des freien Transportes der Effecten bis zu 105 Pfund für die Person.