Mit der des Ew'gen Sohn die Schmerzensbahn, Betrat, für uns am Kreuze zu erblassen!
Kein Herz hat jemals, was Er litt, empfunden,
Wo sah ein Auge je wohl tiefte Wunden,
Als die, so man dem Unschuldsvollsten schlug,
Wo eine Last, gleich der, die Jener trug?
Er ging dahin, verrathen und verhöhnt,
Für uns den bittern Leidenskelch zu leeren,
Mit Dornen war die edle Stirn gekrönt,
Aus seinen Augen flößen Wehmuthszähren,
Das Marterholz drückt seine Schultern nieder,
Des Todes Bangen schüttelt seine Glieder:
Doch blieben seine Henker ungerührt,
Bis Alles, was die Schrift sagt, war vollführt'.
Und al§ in Qualen nun sein Auge brach,
Als er verschied, still duldend und ergeben,
Da hüllte Plötzlich sich in Nacht der Tag,
Die Erde dröhnte, Felsen sah man beben,
Rings barg sich die Natur in tiefe Trauer,
Das Herz durchdrang gehcimnißvollcr Schauer,
Des Heilands Feinde selbst gestanden's ein:
Ja, der muß Gottes Sohn gewesen sepn! —
Der heil'ge Leib lag nun in Grabes Schoos,
Doch schaut das Wunder, der Vollendung Siegel, Der Gottmensch streifte seine Bande los,
Zersprengte kühn des Todes eh'rne Riegel,
Die seligste Gewißheit uns zu geben,
Daß nach dem Tode ewiglich wir leben,
Daß wir gleich ihm dereinstens auferstehn,
Und aus des Grabes dunkler Pforte gehn!
Erfüllt ward die Verheißung, die er gab,
Wir dürfen jenem großen Wort vertrauen:
Ich selber breche diesen Tempel ab,
Um nach drei Tagen wieder ihn zu bauen!
Sein Leib, der Göttlichkeit erhabner Stempel Ward unser Heiligthum, ward unser Tempel,
Das neue Testament in seinem Blut
Es kommt auch uns, auch uns kommt es zu gut. ---
Und als die frommen Frau'n beim Dämmerschein Des Ostermorgenö zu dem Grabe gehen,
Erblicken sie hinweggewälzt den Stein,
Und in der Gruft zwei lichte Engel stehen,
Die geben ihnen mit entzücktem Munde Des hehren Wunders gnadenreiche Kunde,
Und in der glänzendsten Verklärung Licht Tritt der Messias vor ihr Angesicht!
Und allen, welchen er hinfort erschien,
Ruft er ein: „Friede sey mit euch!" entgegen;
Der schöne Gruß, er ward auch uns verlieh'»,
Auch uns durchdringt sein milder Himmelssegen; Denn zum Gedächtniß jener Stunde wallen Die gläub'gen Schaaren zu des Domes Hallen,
Wo Orgelton und Heller Glockenklang Erschallt zu frommer Beter Weihgesang! —
O Seele, schwing' auch du dich himmelwärts, Den Tag der Auferstehung zu begehen,
Mrsch' deinen Jubel ein, erlöstes Herz,
Er schweb' im Wohllaut auf zu jenen Höhen! — Du Sohn des Höchsten, heilige mein Leben,
Dir, Allerbarmer, Hab' ich mich ergeben, Anbetung, Preis und Dank sey Dir geweiht O Herr, von nun an bis in Ewigkeit! —
Guckkasten-Bilder-.
Der König Laku von Siam wurde einmal im Kriege durch das Geschrei eines Esels aus dem Schlafe geweckt und dadurch vor dem Feind gewarnt, der ihn überfallen wollte. Zum Dank für diese Rettung befahl er, daß von nun an der Esel ein geheiligtes Thier und sein Name eine besondere Auszeichnung für angesehene Menschen seyn sollte. — Als bald darauf ein Gesandter aus China an den siamesischen Hof kam, ward er von dem Oberhofmeister und ersten Kammerherrn folgendermaßen angekündigt: „Großmächtiger Laku, Beherrscher der Gläubigen und des Weltalls, König des weißen Elephanten und Besitzer des heiligen Zahnes! Ein ungeheurer Esel ist aus China angekllmmen, und wünscht vor dem Antlitz Deiner Erhabenheit sich in den Staub zu werfen!"
Ein sehr kleiner Advokat erschien als Zeuge vor einem englischen Gerichtshöfe. Ein Rechtsgelehrter von riesenhafter Größe fragte ihn, weß Standes er sep, und als jener geantwortet hatte, hob er an: „Sie ein Rechtsgelehrter? Ei, ich könnte Sie ja in meine Tasche stecken!" — „Das könnten Sie freilich, erwiederte der Andere, und wenn Sie es thun, werden Sie mehr von Nechtsgelehr- samkeit in der Tasche haben, als im Kopse."
Charade.
Ein großes Haus, in das wir freudig wallen, Weil nur allein in diesen hcil'gen Hallen Die Leidenschaft des Menschen schweigt;
Wo wir uns Kräfte sammeln für das Leben,
Und wo wir Allen Alles gern vergeben,
Das ist's, was dir die erste Sylbe zeigt.
Gehst du der zweiten Sylbe glatte Pfade,
Und kühlest dort um Glück und Mcnschcn-Gnade, So sieh dich vor, wer steigt, der fällt auch gern; Symbolisch warnt sie dich in deiner Wonne,
Denn siehst du sie am Mond und an der Sonne, So ist der Regen und der Sturm nicht fern. —
Das Ganze? — ach! wie soll ich dir es nennen? Es ist das Ziel von unserm Wette-Rennen;
Der Vorhof ist es zum Elisium!
Es stillt die Wünsche, die das Herz durchziehen, Und für die Blumen, die hienieden blühen,
Ist es ein friedliches Herbarium.