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Oer Nationale keivrtsz

Der erste Mai, der Nationale Feiertag des deutschen Volkes, hat im Kriege ein anderes Gesicht als in den Jahren vorher. Es fehlt das festliche Bild mit flaggenerfüllten Stra­ßen, großen Aufmärschen und machtvollen Kundgebungen. Sie unterblieben auch in die­sem Jahre.

Dafür gönnten sich die Schassenden auch Heuer einen Ruhetag, um neue Kraft zu sam­meln für den Alltag. Wenn wir es uns lei­sten können, in dieser harten Kricgszeit einen Feiertag im Jahre zusätzlich einzulegen, dann gibt es keinen gleichen Fall auf der Welt von so hingebendem Einsatz, opferbereitem Zu­sammenstehen und bedingungslosem Zutrauen, wie es sich in Deutschland zwischen Führer und Volk zeigt.

Angesichts der gewaltigen Leistungen von Front und Heimat konnten wir stolz erhobe­nen Hauptes das Fest der Arbeit begehen: unseren ersten Mai. Die Maschinen dröhnen jetzt länger und intensiver, die Hände wer­

den mit größerem Fleiß gerührt. Alles -mit dem einen Ziel: Der Sieg muß und wird unser werden!

Wahrhaftig, ein Volt solcher Krastentfal- tung und solcher Willenseinheit kann nicht untergehen, zumal die Arbeit den ethischen Sinn hat, daß sie Rücken an Rücken mit der Front verrichtet wird. Die nationalsozialisti­sche Bewegung hat dem ersten Mai gerade in der Jetztzeit die Bedeutung eines symboli­schen Tages gegeben, an dem die gewaltigen Schöpferkräfte der Natur hervorbrcchen, und sie verbindet damit das Bekenntnis zu noch stärkerer Entfaltung der menschlichen Arbeits­kraft.

So wurde der erste Mai zu einem Tag, der auch ohne große Kundgebungen Ausdruck des Willens zur Gemeinsamkeit aller schaffenden Volksgenossen, des Bekenntnisses zum sozialen Fortschritt und vor allem der Entfaltung auch der letzten noch ruhenden Kraft war.

Jeder in der Heimat tut an seinem Platz seine Pflicht bis zum Aeußersten und hilft mit eins zu erzielen: den deutschen Sieg!

Der Maibeginn in Nagold

Der erste Mai, der Festtag aller Schaffen­den, stano auch in Nagold im Zeichen des Frühliilgs. Wenn inan am Morgen durch die noch stillen Straßen schritt, bemerkte man, daß der Frühling in die Stadt gekommen war: Die alte Sitte des Maiensteckens ist noch nicht ausgestorben, und die eine und die andere Schone hat sich sicherlich über den ihr gesteckten Maibaum gefreut. Freilich fehlte auch der Schabernack nicht.

Die ersten Maigrüße erhielten und das ist eine schöne Sitte geworden unsere Soldaten. Schon in der Morgenfrühe er­schienen die Mädel unserer Jugendformatio­nen in den einzelnen Lazaretten und erfreuten die Verwundeten und Kranken mst frisch ge­sungenen Frühlings- und anderen Liedern. Die Mädel, der Frühling unseres Volkes, stell- >en zudem in jedem Kränkensaal die schönsten Kinder des heurigen Frühlings, das Beste, was man in den prangenden Gärten und beim blumenpflegenden Gärtner erhalten konnte, auf den Tisch. Die strahlenden Augen der Lazarett­soldaten waren ihnen der schönste Dank.

Im Tonfilmtheater fand eine kosten­lose Vorführung des FilmsWir machen Musik" für die Werktätigen statt. Der Schwarzwaldverein, Ortsgruppe Na­gold, machte ejnen schönen Mai-Wandergang über den Killberg nach Ebhausen. Abends hatte die Firma C. Klinglers Erben, Elektrizitätswerk Nagold, imSchiff" einen Kameradschaftsabend.^

Der Sonntag gehörte den Sportlern. Der Nachmittag wurde eingeleitet mit Flaggen- bissung und Ehrung des verstorbenen Reichs- spmtfuhrers v. Tschammer und Osten. Der stellt). Vereinsführer des VfL. Nagold, Malermeister He spei er, würdigte in einer kurzen Ansprache das Lebenswerk des Toten, der mit großem Geschick und in ruhiger, sach­licher Arbeit den deutschen Sport aus seiner Zerrissenheit herausführte und ihn im Volke verankerte. Der Gruß an den Führer und den deutschen Sport leiteten über zu spannenden Läufen, Fuß-, Faust- und Korbballspielen, die alle mit lebhaftem Interesse verfolgt wurden.

In Calw wurden die gefallenen Sport­kameraden in einer Feier geehrt und dann das Leben und Wirken des verst. Reichssport­führers in einer weiteren Feier gewürdigt. (Näherer Bericht folgt.)

^»bttareder Arbrlt

In der Strickwarenfabrik Christ. Lud. Wagner, Calw konnten zum ersten Mai der Stricker Johann Georg Schwemmte, Alt­burg und die Spulerin Emilie Franzeski, Calw sowie die Heimarbeiterin Anna Köhler, Calw ihr 25jähriges Arbeitsjubiläum, der Stricker Adam Stotz, Altburg, der Heizer Heinrich Sailer und der Stricker FriedrichBauer, Calw, die Näherinnen Barbara Läßle uird Regine Jetter, Calw ihr 40jähriges Be­rufsjubiläum, die Näherinnen Christ. Rentsch« ler, Altburg und Elise Jrion, Hirsau ihre 50- jahrige Zugehörigkeit zum Betrieb feiern. Jur Rahmen eines Appells der gesamten Be­triebsgemeinschaft, dem auch Kreisamtsleiter Burkhardt von der DAF. beiwohnte, wurden die Verdienste der Jubilare durch den Be­triebsführer gewürdigt und entsprechend be­lohnt. Auch die Gefolgschaft beschenkte die Ju­bilare und trug durch die Werkfrauengruppe zur Verschönerung der Feier bei.

Lberreallehrer G. Straub i« Nagold

70 Jahre alt

Heute feiert Oberreallehrer a. D. Gerhard Straub seinen 70. Geburtstag. Geboren am 3. Mai 1873 in Gerabronn als Sohn des Schullehrers August Straub und erstes unter 7 Kindern, erstand er 1892 die erste Volks­schuldienstprüfung in Nürtingen, 1900 die ziEte Volksschuldienstprüfung und 1901 die Reallehrerprüfung. Nach Verwendung an ver­schiedenen- Volksschulen 18921894 wirkte er 1894-1901. am Knabeninstitut in Wilhelms­dorf Lei Ravensburg, 190104 an der Ho­spitalschule in Stuttgart. 1901 und 1903 be­

tuchte er 2 Kurse in NeuchLtel und Marin. Nach der Reallehrerprüfung war er 1904 bis 1906 tätig an der Oberrealschule in Eßlin­gen, 190618 an der Elementarschule, 1918 bis 1939 an der Bürgerschule I und Stöckach- realschnle in Stuttgart. Am 1. Juni 1938 trat er in den Ruhestand und siedelte nach Nagold über. Seit Kriegsausbruch 1939 hat der Jubilar sich gern und freudig wieder der Oberschule in Nagold zur Verfügung gestellt. Oberreallehrer Straub bewährte sich als flei­ßiger, pünktlicher und äußerst gewissenhafter Lehrer und Erzieher, der es versteht, mit Liebe und ebenso mit Bestimmtheit die Schü­ler zur Schularbeit heranzuziehen, sie zu bil­den und zu erziehen. Der stets hilfsbereite, charaktervolle und tüchtige Lehrer ist bei Amtsgenossen, Schülern und Lehrern gleich geachtet und beliebt. Sic danken ihm am heu­tigen Ehrentag von Herzen für alle seine Dienste und Leistungen.

Mädeltreffen de» Bannes Schwarz« wald in Schmieh

Die Mädel unseres Bannes gingen auch Heuer wieder auf Osterfahrt. Die Bewohner verschiedener Dörfchen vom Walde sahen er­staunt drein, als am Sonntagnachmittag BDM-.Mädel erschienen und sich in einer Scheune häuslich einrichtetcn. Teilweise er- gii^ an die Einwohner sogar die Einladung zu einem lustigen Abend, der sie gerne folg­ten. Schon früh am andern Morgen begann cs in und um Schmieh lebendig zu werden Frohe Lieder erklangen und überall erblickte man Mädelgruppen mit flatternden Wim­peln.

Auf einem schön gelegenen Platze versam­melten sich sämtliche Gruppen zu einer Feier­stunde mit dem ThemaDeutschland, du herr­liches Land". Bei dem nachfolgenden Sing­wettstreit holten sich die Stammheimer Ma­del klar und eindeutig den Siegespreis. Ein Besuch beim Gauleiter, der zufällig in Schmieh weilte, bildete den Abschluß des Treffens. Hell erklangen die Mädelstimmcn und Gauleiter, Reichsstgtthalter Murr und seine Gattin sprachen erfreut ihren Dank aus über den Liedergruß der Schwarzwaldmädel. Die Bannmädelführerin Lydia Berner verab­schiedete dann die Mädel und voll Freude zo­gen die einzelnen Gruppen wieder ibrcm Hei­matorte zu.

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Wildberg. Wieder können wir ztvei Aiicrs- jubilare ehren: In geistiger und körperlicher Rüstigkeit wird heute die Büglerin Pauline Frank 82 und der Sattlermeister Ludwig Sch weick Hardt 75 Jahre alt.

Rohrdorf. Gestern vollendete die Witwe Barbara Seeg er, die alte, liebe Sonncn- wirtin, ihr 81. Lebensjahr.

Haiterbach. Heute wird Anna Maria Lehre, Witwe,im Tal" 83 Jahre alt. Sie erfreut sich ihrem Alter entsprechend noch guter Ge­sundheit. Der im Rahmen einerKraft durch Freude"-Veranstaltung für Freitagabend angcsetzte FarbfilmvortragZillertal, du bist mei Freud" von Pg. Erich Herlt erfreute sich von hier und Umgebung eines recht gu­ten Besuchs und fand reichen Beifall.

Stärkeres Erdbeben am gestrigen Sonntag

Reick: Kückrvestteil cken K1b In Zaus 8iick>vestäentseliailck verspürt- lllvbrkkvd Rninineiustiirrv

Am gestrigen Sonntag, um 3.08 Uhr, wurde das ganze Nagoldtal von einem stärkeren Erd­stoß erschüttert. Man wurde aus dem Schlafe gerüttelt, Zimmergegenstände zitterten, Türen wurden zugeschlagen und die Fensterscheiben klirrten. Schäden wurden nicht angerichtet.

Der Erdstoß wurde in ganz Württemberg und Baden und darüber hinaus in weiten Teile» Südwestdeutschlands verspürt. Nach den vorliegenden Meldungen, entstanden manchen­orts Sachschäden durch Kamineinstürze und Risse an den Hauswänden.

An den württembergischen Erdbebenwarten Stuttgart, Ravensburg und Metzstetten be­gannen die Aufzeichnungen mit einer sehr starken Stotzbewegung aus Südwesten uin 3 Uhr 8 Minuten 12 Sekunden, der in kur­zen Abständen von je einigen Sekunden noch weitere starke Stöße folgten. Die Herdentfer­nung von Stuttgart beträgt 50 bis 55 Kilo­meter. Der Herd liegt also wiederum, wie bei dem schwächeren Osterbeben, im Süd west­teil der Schwäbischen Alb, und zwar im Dreieck Ebinge nB alinge nO n st- mettingen. Dem Hauptbeben folgten einige Zeit später noch leichtere Nachbeben.

Auch dieses Erdbeben war tektonischer Art, es stand wie alle vorausgegangenen Beben in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Aufbau der Erdkruste und Verlagerungen im Erdinnern. Seine Stärke erreichte im Herd­gebiet den Grad sieben der zwölsteiliaen Erd­bebenskala, ist also nur wenig hinter dem bisher stärksten süddeutschen Erdbeben am 16. Novemberl911zu- rückgeblieben, dessen Stärke etwa den Grad acht erreicht hatte.

Nach den bis jetzt vorliegenden Berichten aus der Herdgegend sind dort in vielen Ge­meinden, insbesondere in Tailfingen, Onst­mettingen und Ebingen sowie in der Hohen- zollern-Alb Häuser sch äden durchzahl» reicheKamineinstürzeundRissein den Hauswänden entstanden. Ver­einzelt sind auch Zimmerdecken herunterge­brochen. Vielfach Rieben die Uhren stehen, Bettladen und schwere Schränke wurden von ihrer Stelle gerückt, Türen öffneten sich, Bil­der an der Wand bewegten sich, Basen und andere Gegenstände fielen von den Schrän­ken und Tischen. In den Biehställen wnrden die Tiere unruhig.

In Stuttgart, wo die Bevölkerung fast all­gemein aus dem Schlaf geweckt wurde, äußerte sich das Beben noch mit dem Stärkearad fünf bis sechs. Die Erschütterungen in Stuttgart waren so stark, daß die hochempfindlichen Seismographen durch den Hauptstoß teilweise außer Betrieb gesetzt wurden.

Nach Berichten aus Karlsruhe, Freiburg, Mannheim Heilbronn, Ulm, Friedrichshofen wurde das Beben dort überall deutlich wahr­genommen. Vereinzelt werden noch arts Herd­entfernungen von hundert und mehr Kilo­meter Kamineinstürze und fonstige kleinere Schäden gemeldet.

Mitteilungen über weitere Beobachtungen und Wahrnehmungen bei diesem Beben wer-

ing an den Stuttgart- . Fernsprecher

32158, erbeten.

Große Schäden im Kreis Balingen

Aus dem vom Erdbeben unmittelbar betrof­

fenen Gebiet von Balingen werden uns noch folgende aufschlußreiche Einzelheiten mit­geteilt:

Der mit dumpfem Grollen und starken Schwankungen verbundene heftige Erdstoß wurde in Balingen am Sonntag früh 3.10 Uhr wahrgenommen. Im Zusammenhang da­mit wurden auch Lichterscheinuugen in der Lufthülle beobachtet, sie sahen wie eine Feuersäule aus und hatten die Form von Ku­gelblitzen. Als Mittelpunkt des Bebens dürfte das Gebiet von Onstmettingen, Tailfingen und Trochtelfingen anzusehen sein, das auch die schlimmsten Schäden aufzuweisen hat.

Auf der Erdbebenwarte Meßstetten waren die Erschütterungen so stark, daß der Schreibarm des Seismographen gleich bei der ersten Welle aus dem Lager geworfen wurde, so daß dort keinerlei Aufzeichnungen über die­ses Beben vorliegen. Außerhalb von Meß- ftetten hinterließ der erste Stoß keine nen­nenswerten Spuren. Die Fensterscheiben klirr­ten, Verputz fiel von den Zimmerdecken und Geschirr zersplitterte aus dem Boden.

In der Gemeinde Onstmettingen bie­tet sich dagegen das Bild einer ziemlichen Ver­wüstung von umgestürzten Kaminen und zer­brochenen Dachziegeln. Etwa 40 v. H. der Wohn- und Fabrikgebäude sind durch das Erdbeben mehr oder weniger stark in Mit­leidenschaft gezogen worden. Das elektrische Licht versagte und viele Bewohner flüchteten in ihrer Panik auf die Straße. In Richtung Tailfingen wurden gewaltige Lichterschei- nungen beobachtet, die die Aufregung noch er­höhten. Vier bis fünf Nachwellen wurden im Verlauf der nächsten Stunden bis in den Sonntagvormittag hinein wahrgenommen, doch verursachten sie keinerlei Schaden mehr. In rund 400 Häusern sind die Ka­mine ein ge stürzt. An vielen Häusern zeigen sich Risse an den Außenwänden sowie in den Zwischenwänden der Wohnungen. Die herabstürzenden Kamine zerstörten auch einen Teil der Dachplatten. In den Wohnungen be­stehen die Schäden hauptsächlich in zerbroche­nem Geschirr, herabgefallenen Spiegeln, Bil­dern, Vasen usw. Die Wanduhren blieben allgemein stehen. Im Ortsstromnetz sind ein­zelne Drähte.entzwei gxrjsse».

In Pfäffingen sind etwa yuiwert rra- mme eingestürzt, auch der Kirchturm hat einen Riß davongetragen. Aus der Gemeinde Bitz, das beim starken Erdbeben von 1911 ziemlich übel mitgenommen wurde, liegen diesmal keine schlimmen Nachrichten vor. Sehr erheb­lich wurde Tailfingen mitgenommen, es weist nämlich 300 Schadenmeldungen, auf, in der Hauptsache sind es ebenfalls Kaminein­stürze in Privatgebäuden, dagegen blieb eine große Fabrik unversehrt. Auch in Truch­telfingen, das gegen 200 Kamiiieiilstürze meldet, entstanden bedeutende Schäden, eben­so in Ebingen. Die Auswirkung des Erd­bebens in Balingen war dagegen nur mäßig. Bis Sonntag abend waren nur drei Kamin­einstürze bekannt.

Bei dem starken Erdbeben vom 16. Novem­ber 1911 war übrigens Pfäffingen der Mittelpunkt. Die Erschütterung verursachten damals in Ebingen. Balingen und anderen Orten des Kreises Balingen gewaltige Häu­serschäden; sie wurden aus mehr als eine Mil­lion Mark beziffert.

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videber--»ulrr°lj,t ->»7» Verl-e -ot»-v-r<Nm fl»., (45. Fortsetzung)

Heißer Zorn kocht in ihm auf. Dieses widert liche Bursche! Wie kommt er dazu, seinen Arn> um Lores Schulter zu legen? Wer gestatt» ihm so etwas? Etwa Lorle. die sich sonst peinlich vor jeder Berührung durch andere Männer hütet? Nein, Lorle kann das nicht gutheißen!

Aber das Photo lügt nicht! Es ist der unbe­stechliche Zeuge eines Vorganges, einer Situa« tion, die nur so und nicht anders gewesen sein kann. Ilnd Lore lacht. Lacht offensichtlich zu­frieden und glücklich.

Mit einem dumpfen Seufzer sinkt Richard zusammen. Er fühlt es ist am Ende. Das Schicksal hat gesprochen. Lorle liebt ihn nicht mehr, Lorle lacht mit einem andern. Es ist aus und vorbei. Er hat ausgespielt.

Ja, ausgespielt! Denn mit grausamer Deut­lichkeit kommt es ihm zum Bewußtsein, daß er in diesem Augenblick die ganze Sache zum ersten Male todernst nimmt. Bisher hat er alles bloß für einen unsinnigen Scherz gehalten.

Warum Hab ich nicht sofort zugegriffen? macht er sich Vorwürfe. Warum Hab ich mir das ganze alberne Spiel überhaupt so lange mit angesehen? Weshalb Hab ich nicht in den ersten Tagen schon den Weg zu Lore gefunden, als ich wutzte, daß sie bei der Mutter in Biedritz war? Eine halbe Stunde ruhige Aussprache und alles wäre erledigt gewejen. Aber ich war zu stolz! Ich glaubte, diese alberne Komödie müßte sich von selbst totlaufen.

Weshalb Hab ich Lorle überhaupt so viel allein gelasien? Ist es wirklich so wichtig, ein Theaterstück zu schreiben, wenn einem die Frau darüber trübsinnig wird? Ja, ja. Richard, dreh und- winde dich, wie du es auch vermagst, du kannst dich nicht von aller Schuld freisprrchen. Klage dich nur an, aber laut und vernehmlich: der sträflichen Vernachlässigung, des Leichtsinns und der Trägheit des Herzens, klage dich an des dünkelhaften Eigensinns und der unverzeih­lichen Gleichgültigkeit! Du hast einen Roman geschrieben, während deine Frau hilflos jedem Zugriff ausgesetzt war, du bist Abend für Abend bei Hilde auf der Bude gehockt und hast mit ihr eine Komödie gezimmert, während deine Frau daheim nicht wußte, wo du steckst und dich um­sonst erwartete! Du hast ihr das Wichtigste ent­zogen, was ein Mann einer Frau überhaupt schenken kann: dein Vertrauen. Diese Fräulein Hilde muß daherkommen und sich zum Sachwal­ter deine Schicksals aufschwingen, weil sie dich; deine Arbeit und dein Herz bester zu kennen meint, als deine eigene Frau! ' - - -

Die Bilanz, die Richard in diesen Minuten abschließt, sieht nicht günstig für ihn aus. Aber sie hat einen Vorzug: sie rst ehrlich. Sie gibt ihm endlich den klaren, sicheren Blick zurück. Sie macht aus dem ahnungslosen Toren, der die Welt aus dem Wölkenkuckucksheim des Dichters betrachtet, wieder den zupackenden Mann.

Nein, noch ist nichts verloren! überlegt er. Ich will es von Lore selbst hören, daß alles, was dieses Mädchen Hilde schreibt, auch Wahr­heit ist. Ich weigere mich, auch ntik ein Wort davon zu glauben, ehe es mir Lore ins Gesicht sagt. Auch ein Bild kann meinen Glauben an die Frau, die ich liebe, nicht wankend machen. Wegen eines Bildes laste ich die Mutter meines Kindes noch nicht. Herr Malzahn, wir wollen sehen, wer hier der Stärkere ist!

Eine Viertelstunde später braust Richard mit seinem Wagen davon, nichts bei sich als den kleinen Handkoffer.

Herr Pfannschmidt geht mit der Miene eines Zeremonienmeisters vom Begräbnisinstitut durch das Haus.

Er hat auch allen Grund dazu. Die Sache mit der Kapelle und dem Variete hat ihn eine Stange Geld gekostet. Und was ist daraus ge­worden? Zuerst war es ja so etwas wie ein Erfolg. Viele junge Mädchen und Burschen sind gekommen. Getanzt haben sie bis in die tief« Nacht hinein. Aber verzehrt haben sie nichts. Ein Bier, eine Weiße, eine Taste Kaffee, eine Brauselimonade und dabei haben sie ge­sessen bis zum Kehraus. Drei AusbiliskeIner hatte Pfannschmidt eingestellt. ......

Mit bem Variete g-ng es ganz ähnlich. Erst guckten sie neugierig, die Damen und Herren aus Heidenau, dann fanden sie es unbequem, daß man sich nichts erzählen konnte, während der Vorstellung. Die Echönheitstänze erklärte das Kaffeekränzchen für unanständig und ver­legte seinen Mittwochkaffee nach draußen in denSilbernen Mond". Man säße schon luftig, und das Ballett sei sehr gut.

In seiner Verzweiflung senkte Pfannschmidt die Eintrittspreise auf die Hälfte. Darauf kamen die Maurergesellen von Dietrich Garde. Und zwar kamen sie in der gleichen Kluft, in der sie vom Vau gestiegen waren. Nie wird festzustellen sein, ob es reine Gedankenlosigkeit war oder ob Dietrichs Hand dabei still und heimlich Regie geführt hat. Sie hatten meist alle schon irgendwo einige Helle genehmigt und waren bereitsin Fahrt", als sie ankamen. Jedenfalls lärmten sie wie die Matrosen in einer Hafenschenke, riefen allerlei dreckige Be­merkungen in die Vorstellung, tranken, bis es nicht mehr anzusehen war und schlugen einen Mordskrach, als sie nichts mehr bekamen.

Darauf blieben auch die letztenbesseren Gäste" aus.

Herr Pfannschmidt zahlte wutknirschend den Künstlern die Gage und machte das Variete zu.

Nun herrscht Grabesstille in derGoldener Sonne". Mal kommt ein Reisender, mal hall ein Auto. Aber das sind keine fetten Fliegen Das Geschäft machen die infamen Kerle drau­ßen imSilbernen Mond"!

Seit mehr als dreißig Jahren kommt Don­nerstags der StammtischFidelitas" in dtt Sonne". Heute ist Donnerstag und de« Stammtisch kommt nicht. Heute sitzt der Heri Stadtsekretär Plumboom ganz allein neben dem Wirt am großen, weißgcscheuerten Stammtisch- «Fortsetzung folgt.)

I von 21.89 bis 5.29 Uhr