-4us 8tadt und Kreis Calw
vlrtt Ksmersttscttakt
Wenn, was jetzt alle Tage geschieht, eine „diene" irgendwo zur kriegswichtigen Arbeit Antritt, dann interessiert sich meist auch die Nachbarschaft für den Fall. „Aha, Frau Meier geht jetzt auch arbeiten", heiht es dann, wenn ste des Morgens zu ungewohnter, bald aber recht gewohnter Stunde aus dem Hause geht.
Und alle, die daheim bleiben dürfen oder müs- »n, schauen ihr mit einer gewissen herzlichen Anteilnahme nach. Es ist, als gehöre sie nunmehr stärker zur nachbarlichen Gemeinschaft, da sie ja auch bereit ist, für diese Gemeinschaft und darüber hinaus für deu gemeinsamen Sieg zu schaffen. „ .
Die guKu Nachbarn wollen dann natürlich auch mancherlei von der „Neuen" wissen. Wie das war, am ersten Arbeitstag im Werk, wie die Mitarbeiter sind, wie sie sich einschafft und ob sie mit den häuslichen Pflichten auch lisch zurechtkommt. Schon bietet sich eine Nachbarin helfend an: „Soll ich Ihnen vielleicht in der Frühe gleich die Milch mitnehmen? — Ich sangen die Ärbeitsmaiden des hiesigen Arbeits gehe ja sowieso!" Und eine andere: „Heute dienstlagers. Worte des Führers hörte mal habe ich Wäsche, da kann ich doch Ihre paar Sachen gut auch mitwaschen!" Und weniges sich gar um eine Freiwillige handelt, eine Soldatenfrau vielleicht, deren Kinder Wohl zur Schule oder in den Kindergarten gehen, so Wird sie sich freuen über das Angebot. „Ihr Hansl und Ihr Mädel können immer zu uns kommen, wenn Sie nicht daheim sind, können die Aufgaben machen oder mit meineil Kindern spielen!" Hier erkennt die Nachbarin das Schöne, Große der Kameradschaft und sie Wird frohen Herzens ans tägliche Werk gehen können.
Denkt daran, ihr guten Nachbarinnen, so eine Anteilnahme auszudrücken, wenn die Frau von nebenan in die Fabrik geht. Habt den Willen und Mut, über alle Engherzigkeit und Eigensucht wegzusteigen und euch anzubieten für einen kleinen regelmäßigen und selbstverständlichen Kameradschastsdienst. Was wolltet ihr noch eine Dankesforderung oder Gegenleistung, schafft doch die Nachbarin für die Front, für dich und uns alle!
Wenn die Frauen daheim so zusammcnhel- fen, wenn Nachbarschaft Kameradschaft wird und die Heimat Zusammenhalt beweist, dann sind sie ihren Männern und Söhnen draußen ein Stückleiu näher gerückt.
Verpflichtung der Vierzehnjährigen
i>8ß. Der 28. März 1943 ist im Leben des jungen Deutschen ein besonderer Feiertag. An ihm findet die feierliche Verpflichtung der 14jährigen Jungen und Mädel ans den Führer statt. Sie wurden seit Monaten ans Viesen Höhepunkt ihres Lebens vorbereitet. Schon die Heimabende im letzten Jahrgang des deutschen Jungvolks bzw. des Jung- mädelbundes waren im weiten Sinne auf die am Ende des Dienstjahres liegende Verpflichtung abgestellt.
Eltern, Betriebssichrer und Freunde unserer Jungen und Mädel werben an dem Tag der Verpflichtung teilhaben und es sich nicht nehmen lassen, durch eine Erinnerungsgabe die Bedeutung dieses Tages noch zu unterstreichen. Allen guten Wünschen kann am sinnfälligsten Ausdruck gegeben werden durch ein Spargcschenk in Form eines HI. - Sparkassen - Geschenkgutscheines. Diese find eigens für den Tag der Verpflichtung geschaffen und an den Schaltern der öffentlichen Sparkassen erhältlich. Die. Neichs- lugendführung hat das Sparen jedem deutschen Jungen und Mädel zur Pflicht gemacht.
Angehörige der zur Verpflichtung kommenden Kinder sollen nach Möglichkeit zur Sonntagsarbeit nicht herangezogen werden.
HI. im Dienste deeKohlenkiau-Aktion
Im Rahmen ihres Kriegscinsatzes übernimmt die Hitlerjugend innerhalb der Kohlen- klau-Aktion zur Einsparung von Energie, Gas und Kohle die Verteilung von Kohlenklau- klebczetteln für die Lichtschalter. Die Klebezettel werden ausschließlich an öffentlichen Gebäuden, und zwar bei der Reichsbahn, der Post-, Staats- und Stadtverwaltung ange-
Soldaten, denen zur Vorbereitung unb Ablegung der Meisterprüfung im Handwerk Urlaub gewährt wird, erhalten auf Antrag einen Unterhaltszuschuß von 40 bis SV Mark. Muß die Borbereitungszeit außerhalb des Heimatortes zugebracht werden, erhöht sich der Zuschuß auf 80 bis 100 Mark. Verheiratete Prüfungsurlauber erhalten daneben 6V bis 8V Mark Familienbeihilfe.
Der Rundfunk am Mittwoch
Neichsvrogramm: 18 bis 15.80 Ubr: Kleines Kon- zeit: 18.80 bis 1« Ubr: Musikalische Kostbarkeiten: 18 bis 17 Ubr: Melodischer Reigen: IS bis 1S.18 Ubr: Vizeadmiral Lübow: Seekrieg und Seemacht: 20.15 bis 21 Ubr: „Bier Mädchen im Archiv" lmusi- kalischeS Spiel): 31.10 blS 33 Ubr: Die bunte Stunde. — Dentschlandsend«: 17.18 bis 18.18 Ubr: Havd». Blume, Siedler: 18.18 bis 18.80 Ubr: Kavallerie- und Jägernmsik: 30.18 bis 31 Ubr: „Sredigundis" von Kran» Schmidt (erster Akt): 31 bis 23 Ubr: Auslese schöner Schallplatten (dentfch- italienische Overnmustk).
Dcckenpfronn. Unter Beteiligung der gesamten Einwohnerschaft fand beim Kriegerdenkmal eine Heldengedenkfeier statt. Einleitend
lieber die den Krallen
vle Landeshauptstadt meldet
geistige Befreiung der Ukraine auS des Bolschewismus sprach Gau- propagandaleiter Oberbereichsleiter Mauer m der Liederhalle im Rahmen einer Veranstaltung der Volksbildungsstätte der NSG. „Kraft durch Freude".
Auf einer Arbeitstagung des Deutschen Vereins für Bermessungswesen im NSBDT. Gau Württemberg-Hohenzollern sprach Reaierungs- und Vermessungsrat Dr. Idler über zeitsparende Messungsverfahren auf optischem Wege mit neuzeitlichsten Instrumenten. In einem zweiten Vortrag sprach Oberregierungsrat Stegmann vom Reichs- ernäbrnngsmmisterium über neue Wege in der Grundstücksumlegung.
Stuttgarter Hausangestellte können für eine ununterbrochene Dienstzeit von 5, 10, IS, 20, 25 usw. Jahren in einem und demselben Haushalt eine Ehrenurkunde des Oberbürgermeisters der Stadt Stuttgart erhalten mit einer Geldgave. die neuerdings als besondere Anerkennung des Berufs der Hausangestellten eine wesentliche Erhöhung erfahren hat. Die Dienstjahre in einem kinderreichen Haushalt werden doppelt ungerechnet.
Kreisgesundheitsrat in Ulm gebildet
»88. Ulm. In Gegenwart von Kreisleiter Maier fand in der Dürftigen Stube die Einführung des Kreisgesundüeitsrats für den Kreis Ulm statt. Pg. Dr. Schwarze, der als Kreisgesundheitsführer die Leitung der Gesundheitsführung im KreiS Ulm übernimmt, ernannte die Leiter der sieben Arbeitsringe. Zu seinem Stellvertreter wurde Pg. Dr. Rapp bestellt. Anschließend sprach Gaugesundheitsführer Dr. Stähle, Bereichsleiter der NSDAP-, über „Gesundheits- flihrniig im Krieg".
man
von Sprechern der Partei. Pg. Vehl sprach über das Kämpfen und Sterben unserer Helden. Ortsgruppenleiter Lutz hielt eine längere Ansprache über die Bedeutung des .Heldengedenktages und über den Sinn des Opfertodes.
Wildberg. In einer erhebenden Feier vor dem Heldendenkmal wurde der Gefallenen gedacht. NSKOB., Kriegerkameradschaft, Pol.
Leiter, HF., DRK., Wehrertiichtigungslager,
NSFK. und Liederkranz marschierten zum schön geschmückten Ehrenmal, wo sich die Angehörigen der Gefallenen sowie die Einwohnerschaft und die Frauen des NT. - Müttererholungsheims versammelt hatten. Die Feier wurde durch einen Chor des Licderkranzes und ein Lied des Wehrertüchtigungslagers und der HI. eingelciter. Die Gedenkansprache hhstt der Lagerführer des Wehrcrtüchtigungslagers,
Bannführer Bamcs. Stellvertretender Ortsgruppenleiter Göttisheim nahm die Gefallenen- Ehrung vor.
Die neue Lebensmittelzuteilung
Wieder 8ctil3Lti1iHtte und 8peiseö! — 6rot3b8Llinitte über 50 und 500 Orsmm
Kultureller Rundblick
Neues von de» Wttrttembcrglsche» Staatstheater«. Im Kleinen Haus wird als wettere Uraufführung eines zeitgenössische» Dramatiker» Herybert Menzelö Komödie „Noch einmal Napoleon?" in der Inszenierung von Helmut Henrichs unb mit Bühnenbildern von Kelir Erlöste! vorbereitet, -erobert Menzel, der bisher vornehmlich als Lyriker hervorgetrete» ist, legt mit dieser Komödie sein erstes Bühnenwerk vor. — Anläßlich deS 78. Geburtstages von Dietrich Eckart gelangt am 34. März Ibsens „Peer G o n t" in der Bearbeitung von Dietrich Eckartzur Wiederaufnahme in den Sviel- vlan des Kleinen Hauses. In Hein» Hauses Inszenierung spielt Waldemar Leitgeb wiederum die Titelrolle.
bracht, und, soweit die Stückzahl dies ermöglicht, in Banken, Sparkassen, Hotels, beim Einzelhandel und in den Dienststellen der Partei und ihrer angeschlossencn Gliederungen.
in KürLv
Knabenanzüge und Knabenanzugstofse Kursen auch auf die Vierte Reichskleiderkarte abgegeben werden.
Arbeitskräften weitgehend weibliche Hilfskräfte «rücksichtigt werden.
Die Lebensmittelrationen der gegenwärtig laufenden 47. Zuteilungsperiode gelten auch jin der kommenden 46. Zuteilungsperiode vom A April bis 2. Mai 1943. Lediglich in der Fettverteilung treten folgende Aende- xungen ein: Die über14Jahrc alten Ver- fforgungsberechtigten erhalten an Stelle von »25 Gramm Margarine 125 Gramm Schlacht- ssettc und an Stelle von IVO Gramm Butterschmalz 100 Gramm Speiseöl. Auch die über 14 Jahre alten Selbstversorger mit Butter, hie Inhaber der Reichsfettkärten 8V 1 und 8V 5 erhalten statt 100 Gramm Butterschmalz 100 Gramm Speiseöl. Die Gesamt- fcttration bleibt also für alle Verbraucher- gruppcn unverändert. Alle Verbraucher Erhalten die folgenden Erzeugnisse in der gleichen Menge wie in der 47. Zutei- jungsveriode: Brot, Mehl, Fleisch, Butter, Käse (abgesehen von der in der 47. Zuteilungs- Periode erfolgten Sonderzuteilung an Käse). Quark, Getreidenährmittel, Teigwaren, Kartoffelstärkeerzeugnisse, Kaffeemittel, Vollmilch, Zucker, Marmelade. Kunsthi lmlve,-
Honig und Kakao-
Schwei ne schlachtfette werden auf tinen abzutrennenden Einzelabschnitt mit dem Aufdruck „125 Gramm Speck oder
schweinerohfett oder 100 Gramm Schweine- chmalz" ohne Bestellschein abgegeben, schwemeschlachtfette dürfen nicht durch den l, sondern nur durch Flei- werden, die innerhalb der
schwemeschlachtfette Einzelhandel
Bettkarten mit iürcm Fi rmenstemvel
zu versehen haben. Die Reichsfettkärten für Normalverbraucher und für Jugendliche von 14 bis 18 Jahren, sowie die Reichsfettkärten 8 V 1 und 8V5 enthalten einen Bestellschein über 100 Gramm Speiseöl und einen entsprechenden Einzelabschnitt. Der Bestellschein darf nur von Kleinvertcilern angenommen werden, die zur Verteilung von Speiseöl zn- gelasscn sind. Die Abgabe des Speiseöls erfolgt gemäß dem Aufdruck auf dem Einzelabschnitt in der 3. und 4. Woche der 48. Zn- teilungsperiode.
Ans Gründen der Verwaltungsverein- fachung enthalten die Reichsbrotkarten — abgesehen von den 10-Gramm-Abschnitten der Karte V — sowie die Zusatz-, Zulage- und ^ Wochenkarten für ausländische Zivrlarbeiter — künftig mir noch Brotavschnitte über 50 und 500 Gramm. In Bayern, Wien, Kärnten, Nieder- und Oüerdonau, Salzburg, Steiermark und Tirol-Vorarlberg ist den Bewohnern dieser Gebiete, wie bisher, die Möglichkeit gegeben, in erweitertem Umfange statt Roggenbrot Roggenmehl zu beziehen.
Rinder- und Knochenfett wird verstärkt als Rohstoff zur Maraarineherstellung benötigt. Aus diesem Grunde dürfen die Ernährungs- ämter Bezugscheine kür Rinder- und Knochenfett an Stelle von Bezugscheinen für Butter oder Margarine nur noch ausnahmsweise nach schriftlicher Genehmigung des zuständigen Milch- und Fettwirtschasts- verbandes ausstellen. Eine solche Ausnahme- regelung kommt z. B. für in bestimmten Heil- und Krankenanstalten untergebrachte Kranke in Frage, denen vom Arzt eine Diät vorgeschriebe» ist.
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, Es ist eine Geschichte der Sparsamkeit, und lener Unterrock, von dem hier die Rede sein soll, war einstens der oberste von fünfen gewesen, als Urahne Hochzeit hielt und ein wunderbares Stück. Kornblumenblau, ein Wollstoff weich wie Seide und zäh wie Leder, eineu halben Zentimeter dick und in einem LcbeN nicht zu verbrauchen. Samtstreifcn und kunstvoll gelegte Rüschen verzierten ihn. und er hing, nachdem ihn Urahne etwa siebenmal getragen — zu ihrer Hochzeit und den Taufen und Hochzeiten ihrer drei Kinder —, zwei Generationen lang im Schrank, denn zu GroßmuttcrS Zeiten hielt man schon auf Daille, wobei gut drei Meter gefältelten Wollstoffes etwas hinderlich sind. Und so überlebte das gute Stück in stiller Beschaulichkeit und zuhinterst in einem ebenfalls uralten bemalten Niescnschrank Gencrationcii.
Es war im Weltkrieg, als Mutter die ersten Mottcnlöchcr in der kornblumenblauen Herrlichkeit entdeckte, und sie fand, daß dieses Futter denn doch etwas zu kostbar sei für solch Ungeziefer. Nahm also das Erbstück heraus, trennte resolut Rüschen und Streifen ab und schneiderte einen fabelhaften Wintermantel daraus, den ihre Äelteste, gefolgt von drei Schwestern, durch Krieg- und Jnflations- wirren hindurch, viel bewundert und beneidet trugen, bis er dann doch mit der Mode nicht mehr mitkam, auch an Farbe verloren hatte und an viel benutzten Stellen dünner geworden war.
Also wurde er nach sieben Jahren treuer Wen st« wiederum M .StgffstiickenLpfgeFsi,
,elnc innere, noch strahlend vlaue Seite nach außen gewendet, und diente weitere vier Jahre als mollig-warmes Winterkleid mit gleicher Wärme und Anpassungsfähigkeit wiederum erst der Aeltestcn und dann dem Nachwuchs, Hilde. Marie und Dorle.
Bei solchen Strapazen ist zu begreifen, wenn dem an sich Unverwüstlichen doch manches an Ansehen und Farbe verloren ging. Aber die Mutter, durch Weltkrieg, Inflation und die schreckliche Zeit der arbeitslosen Jahre darauf gedrillt, alles bis zum äußersten auszunutzcn, trennte noch einmal, als Dorle, das Nesthäkchen, eben aus dem Kornblumenblauen herausgewachsen war. und tat. da es nun nichts mehr zu wenden gab, den Nest von Urgroßmutter? Staatsunterrock in den Färbetopf.
Daraus entstand ein fescher dunkelblauer Trägerrock für Hilde, die Zweitälteste — für die Äelteste langte es nun doch nicht mehr —, auf den nun wieder auch Marie und Dorle zu hoffen hatten. Sic trugen ihn im Laufe von drei Jahren auch hübsch der Reihe nach und kräftig.
Trotzdem blieb doch noch was übrig, wenn auch Bund und Rand abgestoßen waren, und Mutter zauberte eine hübsche warme Weste
Schluß. Öho, noch lange nicht! Die abgetragene Weste ergab noch em Paar warme Hausschuhe, mit bunten Stickereien hübsch verziert, die Mutter nebst zwei Topflappen aus dem gleichen Stoff zum Muttertag so gewissermaßen als beziehungsreiche Huldigung überreicht wurden — und die leben beute noch!
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(15. Fortsetzung)
„Und wenn einer in unser Abtei! will?"
„Werde ich knurren wie ein Löwe und beige ihn 'raus."
„Ganz meine Meinung."
Ruhig rauscht der Zug durch die Nacht, still und weich, in langen Schwingungen. Draußen fliegen die Stationen des märkischen Landes vorüber. Vor kleinen Vahnwärterhäusern stehen Männer und präsentieren die Lampe zum Zeichen, daß die Strecke frei und gesichert ist.
Die Gänge des Zuges sind verlassen, die Abteilfenster zugezogen. Richard aber steht in das Gesicht der ruhig Schlafenden, die da in seinen Arm geschmiegt liegt. Wie ein Lämmlein schläft es, das Fräulein Hilde, freilich, wie ein miide- gespieltes Kind. Er beugt sich nieder — und plötzlich schlingen sich zwei Arme um seinen Hals. Hilde richtet sich auf — er fühlt, wie sich zwei Lippen auf die seinen pressen — dann sinkt das Mädchen wieder zurück, zufrieden seufzend.
„Das war >ehr, sehr lieb von Ihnen, Herr Rittersmann!" sagt sie leise und verschiafen. Dann nimmt sie seine Hand und bettet sie an ihre Brust. „So. Und ganz still sitzenbleiben." Schon hat sie die Auge» wieder geschlossen, uni» wirklich, wenige Augenblicke später fühlt er ihre Atemzüge wieder lang und gleichmäßig werden.
Richard sitzt da wie ein hölzerner Götze. Verteufelt! Was würde Lore sagen, wenn... Nein, sie braucht es ja nicht zu erfahren. Was ist denn geschehen'? Nichts ist geschehen. Wozu soll man! Lore beunruhigen? Langsam macht er sich frei.! Wenig später rasselt der Zug über die erstem Weichen der nahenden Stadt.
„Oh," seufzt Hilde, „wir sind schon am Ziel?, Schade! Dann heißt es wohl, die Sachen zu-, sammensuchen. Uebrigens, ich habe herrlich ge-! schlafen und wundervoll geträumt." Sie sieht ihn dabei an, als erwarte sie eine Antwort.' Aber es kommt keine. Da holt sie ihren Kofferi aus dem Netz herunter und zieht zuerst ein reizendes Puppchen heraus.
„Bitte, wollen Sie das Ihrem kleinen Mädchen mitnehmen? Ich gehe doch nicht fehl in der Annahme, daß der Herr Papa vergessen hat, etwas von der Reise mitzubringen? Danke, Ihr Gesicht sagt alles. Nun, wenn Sie erlauben^ helfe ich Ihnen. Dieser kleine Schirm sollte eigentlich für mich sein. Ich trete ihn edelmütig für Ihre Frau an Sie ab."
Richard ist aufs peinlichste betrofsen. „Abev das ist doch ausgeschlossen! Das kann ich doH nicht annehmen!"
" Sie lacht ihn einfach aus. „Was bleibt Ihnen anderes übrig? Die Puppe bitte ich als Geschenk für Ihr Töchterchen zu betrachten. Dev Schirm kostet vierundzwanzig Mark. Sie werden begreifen, daß ich Ihrer Frau keine Geschenke machen kann. Es ist nach meinem Dafürhalten genug, daß sie mit Ihnen verheiratet ist und ein so entzückendes Kind hat. Da kann siei gut auf die Geschenke eines Mädchens verzichten^ das sich die netten Stunden stehlen muß und- sie außerdem immer mit einem schlechten Ges wisse» bezahlen müßte, wenn dieses Mädchest überhaupt ein Gewissen hätte. Eapisce, Signor?^
Richard seufzt lang und tief, dann beugt e« sich über die Hand, die ihm die Geschenke en't- gegenreicht, und drückt einen Kuß darauf.
„Sie sind ein kleiner Engel, Hilde!"
„Stimmt wieder nicht. Ein großer Engel! Ich« hatte das schon einmal erläutert, aber Sie wer4 den es erst begreifen, wenn es zn spät ist. Da» ich jetzt um die vierundzwanzig Mark bitten? Es war Barzahlung vereinbart."
Als sie sich gegen zwei Uhr morgens vor de», menschenleeren Hauptbahnhof am Taxenstan» trennen, sagt Richard: „Ich danke Ihnen. Heut« habe ich zum ersten Maie wirklich in Ihr Her§ gesehen."
„Und es graute Ihnen bei dem Anblick. Runt hoffentlich schlafen Sie trotzdem nicht allzuz schlecht. Gute Nacht, enolgreicher Herr Werbeleiter!" W H
Am Morgen wird Frau Lore davon rvach, dast sich plötzlich zwei Arme um ihren Hals schlingest und etwas Rosiges, Zappelndes sie überfällt. -
„Mutti! Mutti! Ich bin schon lange wach!" j
Es ist der Pumpel. Er ist im Nachthemd herj übergekommen und zu Mutti ins Bett geschlüpssi Das schönste Vergnügen, das man sich denken kann.
„Mutti, weißt du, ich bin der Wolf und du das Rotkäppchen, ich komme und fresse dich auf!"
Es wird nicht abgewartet, ob die Mutti wilkj es wird gleich losgelegt mit dem Auffressen.
Frau Lore ist langsam wach geworden. Das Bewußtsein des Geschehens der Tage von ge^ stern und vorgestern ist da.
„Ich mag jetzt nicht spielen, Kind", wehrt fi« matt, „komm, geh noch ein Weilchen ins Beit! Mutti zieht sich nur an und Holt-Vich dann."
Der Pumpel mault: aber was kann man da machen? Betrübt zieht er ab.
„Pappi konnte viel, viel schöner mit mir in, Bett spielen!"
Ach, der Tag hat noch nicht recht begonnen und schon geht es: Pappi hier, Pappi dort. Das .Kind ist weit mehr Vatis als Muttis Tochter? Wie soll das einmal werden?
Langsam beginnt Frau Lore sich anzukleiden? Ja, was soll nun überhaupt werden? Schließlich muß sie ja irgendwie leben. Es geht doch auf die Dauer nicht, daß sie sich bei Mutier mit dem Kind durchschleppen läßt. Nein, das mag sie auch gar nicht, lind wer weiß, wie lange! die Mutter noch so gesund und rüstig ist! Auf alle Fälle muß sie Geld verdienen, denn von Richard wird sie keinen Pfennig annehmen: Das ist sicher. Ich werde mit Paul sprechen! denkt sie. Paul ist trotz seiner lieberspauntheit ein praktischer Mensch. Er wird mir sicherlich hellen können.
Der Morgenkaffee, verläuft sehr ruhig. Niemand rührt an das, woran sie alle denken. Man will sie schonen, die unglückliche, kleine Frau, der jetzt das Leben die erste Nuß zu knacken gibt. Ein wenig später kommt Paul zu seiner Schwester.
„Nun wollen wir beide einmal miteinander reden, Lorli", beginnt er ohne Umschweife. —> I „Hör mal zu. Ich kenne da 'ne herrliche Ge« schichte von zwei Fröschen."
I ' (Fortsetzung fosLt.L