- 4 us 8 ladt und Kreis Calw
IVie oft sUieeibst ctu?
Die Feldpost bleibt aus. Tag um Tag, Woche um Woche. Die Sorge wächst. Zermürbend wirkt das Warten. Der Briefträger wird am Morgen und an: Nachmittag abgepaßt mit Hangen und Bangen. In der Zeitung sind schon oft Erklärungen gegeben worden für solche Verzögerungen. Viele Gründe können mitsprechen. Wir kennen sie nachgerade.
Aber — hat manche Frau wohl bedacht, daß vielleicht sie selbst auch ein wenig mit Schuld trägt an der langen Laufzeit der Briefe? Wie oft schreibt sie ihren: Gatten, ihrem Jungen? Am l:ebsten täglich. Ja, manchmal drängt es ihr übervolles Herz, sogar mehrmals an emem Tag zu schreiben. Denn in dieser Beschäftigung findet sie eine Verbindung mit dem liebsten Menschen da draußen, eine gewisse Befriedigung ihrer Unruhe und Sehnsucht. Und so wie sie, handeln viele, ja unzählige Bräute, Ehefrauen und Mütter.
Einer wahrem Flut von Briefen sieht sich die Feldpost gegenüber, ohne den Ansturm durch vermehrtes Personal oder hinreichende Transportmöglichkeiten auffangen zu können. Was muß die unausbleibliche Folge sein? E:ne Verstopfung der an und für sich überlasteten Zufahrtswege, eine Verzögerung der Abfertigung, Verschleppung des Transports. Und bannt ist das Gegenteil der liebevollen Absicht erreicht. Anstatt die Bindung enger zu gestalten, ist sie zeitweilig gänzlich unterbrochen. So schwer es also auch fallen mag. das Mitteilungsbedürfnis einzuschränken — es geschieht zum eigenen Vorteil!
Sicherung der Kleidung und Wasche Vorsichtsmaßregeln bei Luftangriffen
Es liegt im Interesse eines jeden Volksgenossen, dafür zu sorgen,' daß bei Fliegerschäden der Verlust an Kleidungsstücken und Haushaltswäsche vermieden oder möglichst klein gehalten wird, da bekanntlich bei einem Totalschaden nicht die gesamte Kleidung und Haushaltswäsche, die als Vorrat vorhanden war, ersetzt werden kann.
Es empfiehlt sich daher, nicht in Gebrauch befindliche Kleidung und Haushaltswäsche, auch schmutzige Wäsche, in emem besonderen Koffer oder Paket, 'wenn eine sichere und pflegliche Dauerunterbringung im Keller nicht möglich ist, bereitzuhalten, um sie bei Fliegeralarm mit in den Keller zu nehmen. D:e Kleidung und Haushaltswäsche, die nicht laufend benötigt wird — also beispielsweise im Winter die Sommcrbekleidung und die Reserven an Bett- und Haushaltswäsche — sollten bei Verwandten oder Freunden in nicht luftgefährdeten Gebieten untergebracht werden.
Bei Fliegeralarm sind die Gardinen aufzuziehen, allerdings darf dadurch die Verdunkelung nicht aufgehoben werden. Jeder Volksgenosse muß ::: eigener Verantwortung mit dafür sorgen, daß Verluste au Spinnstoff- Waren vermieden oder so klein wie mögl:ch gehalten werden.
Ole Offizierslaufbahn in der Luftwaffe
Angehörige des Gebnrtsjahrgangs 1926, die sich für die aktive Offizierslaufbahn (Berufs- offiznrslanfbahi:, Flakartillerie. Luftnachrichtentruppen, Fallfch:rmtruppe oder der Div:- sion Hermann Görina) bewerben wollen, müssen ihr Gesuch bis spätestens 1. April an die ihrem Wohnort nächstgetegenc Annahmestelle für Offiziersbewerber der Luftwaffe einreichen. Bewerbungsgesnche für die Sanitätsoffizierslaufbahn in der Luftlvaffe sind bei dem für den Wohnort zuständigen Luftgaukommando (Luftgauarzt) vorzulegen. Die Annahmestelle befindet sich in München 23. Franz-Josef - Straße 1. Das Merkblatt ist beim Wehrbezirkskommando erhältlich.
Wozu die NSV neue Mitglieder braucht
nsg- Daß in unserem Gau laufend beinahe 300 Schülerinnen in acht Ausbildungsstätten für sozialpädagogischc und sozialpflegerische Berufe der NSV. zu NSB.-Kindergärinerin- nen, zu NSV.-Jngendleiterinnen, zu NSB.- Bolkspflegerinne::, NSV.-Haushalthilfen und so weiter ausgebildct werden können, ist das Verdienst der zahlreichen NSV.-Mitglieder. Es fehlen aber nnmer noch sehr viele NSV.- Mitglwder und deshalb auch viele Nachwuchskräfte der sozialen Franeubernse der NSV. Aus diesen: Grund wird cs höchste Zeit zum Eintritt :n die NSV.!
Die Warnsignal« bei Seindeinfliigen
Ueber die Bedeutung des neuen Warnsignals „Oeffentliche Luftwarinu^z" besteht in weiteren Kreisen noch nnmer Unklarheit. Das Signal „Oeffentliche Luftwarnung" ist weder eme Vorwarnung noch ein Voralarm. Das Warnsignal „Oeffentliche Luftwarnung" (dreimalige Wiederholung eines hohen Dauertons von etwa 15 Sekunden Länge) bedeutet, wie das Signal „Fliegeralarm" (an- und abschwcl- lender Heulton), daß mit den: Eintreffen feindlicher Flugzeuge in Kürze gerechnet werden muß. Das Warnsignal „Oeffentliche Lnft- warnung" besagt nur zun: Unterschied vom Signal „Fliegeralarm", daß mit einem größeren Luftangriff nicht gerechnet wird.
Bei „Oeffcntlicher Luftwarnung" sollen daher Verkehrs- und Wirtschaftsleben wciter- gehen. Es soll durch dieses Signal die Öffentlichkeit zu erhöhter Aufmerksamkeit veranlaßt werden. Luftschutzmäßiges Verhalten der Bevölkerung ist bei „Öffentlicher Luftwarnnng" nicht vorgeschriebe::. Die Annahme, daß auf das Signal „Oeffentliche Luftwarnung" be: weiterer Annäherung der Feindflugzeuge immer „Fliegeralarm" folgen muß, ist ebenfalls irrig. Es kann allerdings Vorkommen, daß nach dem Signal „Oeffentliche Luftwarnung" auch noch „Fliegeralarm" gegeben wird. Dies ist dann der Fall, wenn es sich hcransgeftellt hat,
Oer Rundfunk am Donnerstag
Reichsvrogkam«: 14.18 bis 18 Ubr: Uutertialtiame Oichestennusik: 18 bl» IS Ubr: Im Volkston; IS bi» 17 Ubr: Opern- und Konzertmusik; 17.18 bi» 18Z0 Ubr: Leicht- Unterhaltung: 19.48 bi» 20 Ubr: Sm Urwald von Bialowiez; 20.18 b!» 21 Ubr: Mozart- Klavierkonzert: 21 b!S 22 Ubr: AuS Verdis Over „Die Macht des Schicksals". — Dentschlandsenber: 17.18 bis 18.80 Ubr: Deutsche unb italienische Konzert, mnsik: 20.18 bis 21 Ubr: Beschwingte Klänge: 21 bis 22 Uhr: „Mnsik für dich".
Oberrrichenbach. Für Tapferkeit vor dem Feind wurde der Gefreite Eugen Nounenmann aus Obcrkollbach mit dein E. K! I. Klasse ausgezeichnet.
Deufringen. Dieser Tage brach bei Albert Zippcrle, Brunnenstraßc, ein Kaminbrand aus. Durch schnelles Eingreifen der Feuerwehr konnte der Brand schnell gelöscht und größerer Schaden verhütet werden.
Hues ckuk'ck c/en Tpok-t
In 2V- Stunden 18 Wettbewerbe
Der Svortgau Württemberg wartet am Hcldcn- Gcdenktag in -er Stuitgarter Stadihalle mit einer groben Tnrn- und Sportschau ans. Jnncr- balb von zweieinhalb Stunden werden nicht weniger als 18 Wettbewerbe abgewickelt. Im ersten Teil werden neben gpmnastischc». chorischcn und tänzerischen Vorführungen der Turnerinnen auch Las Kinder- und Kraucniuriien gezeigt werde». Zum ersten Male wsrd eine originelle Kgmilienstgffcl gelaufen, an der Männer mit über 80, Frauen mit über 80 Jahren, sowie Jungen und Mädel bis zu zebn Jabrc» tcilnebmen. Hallenspiele der Männer vervollständigen Liese Gemeinschafisvorfübrunac». Im zweiten Teil beanspruchen die württembcrgische» Meisterschaften im Rinaeturnen und im Hallcn- Handball besonderes Interesse. Im Handball »»erden die Schlntzspicle -er Männer und Kraue» -nrch- gesührt. Im Hallenbocke» treffen Reichsbahn und Kickers aufeinander, wäbrend im Kaustball TGS. Stuttgart und Stuttgarter TV. die Gegner sind. Beim Kunstkraftsport »eigen Ordnungsvolizci, TB. Bad Cannstatt und KB. Nnterttirkhcim ihre vobe Kunst. Aber auch leichtathletische Wettbewerbe stehen ans -cm Programm.
Kriegsversehrte Gäste der Sportler
AnS gegebener Veranlassung wird erneut ans die folgende Verfüanng des Retchssportfftbrers binge- »viesen: 1. Die Schwerkriegsbeschädigten sind zu allen gröberen sportlichen Veranstaltungen in genügendem AuSmah alS Gäste L«S NSNL. einzuladen. 2. Ueber diese Einladung hin- aus ist den Schwerkriegsbeschädigten grundsätzlich der entgeltliche Eriverb für Einlabkarten zu ermöglichen. Die Kriegsbeschädigten entrichten- den vierten Teil des normale» Preises für alle Mätze. 3. Zur Erleichterung der Durchführung dieser Anordnung ersuche ich, die örtlichen Stellen der N S.» Kriegsopferversorgung einzuschalten, mit deren Hilfe insbesondere jeder Mibbrauch der selbstverständlichen Vergünstigung verhindert wer- . _ _ ,,, ___ den kan».
^Ealwer Tuche waren einst stark begehrt
^U8 äer 2eit als Lalw eine weitbekannte >Veber- un<1 ?8rber8t3cit war-
daß ei>: größerer Angriff zu erwarten ist. Sowohl dem Signal „Oeffentliche Luftwarnung" als auch dem Signal „Fliegeralarm" folgt bei Beendigung der Luftgefahr das Signal „Entwarnung" (1 Minute gleichbleibendcr hoher Dauerton).
Verdunkelungspflicht nicht vernachlässigen
Es ist nachgewicsen, daß mehr als einmal schon fehlende oder schlechte Verdunkelung dem fliegenden Feind den Weg gewiesen hat. Wer heute noch seine Verdunkelungspflicht vernachlässigt oder gar verabsäumt, der handelt nicht mehr bloß verantwortungslos und leichtfertig, nein — der begeht ein Verbrechen gegen seine Mitbürger. Könnte ein Verdunkelungssündcr. der sich so an der Volksgemeinschaft verfehlt, heute noch Anspruch auf nachsichtige Beurteilung erheben? In Stadt und Land kann es da keinen Unterschied geben: Nur wer seine Luftschutzpflicht restlos erfüllt, darf sich guten Gewissens zur Gemeinschaft der kämpfPtden und schaffenden Heimat zählen.
ü> Itürre
Die größeren Postämter geben vom 26. März bis 15. Mai eine Sondermarke zum Tag der Verpflichtung der Jugend zu 6 plus 4 Pfg. aus.
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Die Lattenverschläge auf den Speichern sind zur Bekämpfung von Brandbomben eine große Gefahr und sollten entfernt werden. Sie eignen sich gut zur Anfertigung von Rosten und Sitzgelegenheiten :n den Luftschutzkellern.
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Im Reichssiedlerhof in Oberursel wird im April der erste Lehrgang zur Ausbildung von Siedlerfrauenberaterinnen des Deutschen Frauenwerks eröffnet. Die Ausbildung dauert ein Jahr.
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In den rund 6600 LagernderHJ. werden jährlich mindestens 1F Millionen Jugendliche straffer, mehrwöchiger Erziehungsarbeit durch Erholung oder Umschulung unterworfen, mit dem einen Ziel, zum endgültigen Sieg beizutragen. ..... .
Warnung vor dem Genuß von Barbenrogen
Der Rogen der Barben enthält vor und während der Laichzeit, also Ende März bis Juni, einen stark wirkenden Giftstoff. Nach Genuß solchen Rogens sind schon schwere Erkrankungen (sogenannte Barbencholera) mit Todesfällen beobachtet worden. Der Rogen ist auch in gekochtem Zustand giftig. Mit Rücksicht auf den bevorstehenden Beginn der
aichztzit der Barben wird vor dem Genus»
von Varvenroaen gewarnt, selbst ist unschaolich.
Das Uschfleifch
Kaum eine andere Stadt im Schwabenland hat sich schon in früheren Jahrhunderten durch ihre rege Gewerbetätigkeit einen so guten und ehrenvollen Ruf errungen wie Calw. Auf den schwerbcladenei: Fuhrwerken der Calwez; Tuch- und Zeugmacher saßen einst die Fuhrleute in ihren blauen Kitteln und fuhren nach Ungarn, Böhmen, Polen, Siebenbürgen, Elsaß-Lothringen und Italien hinein. Auf den Messen von Leipzig, Naumburg, Frankfurt, Nördlin- gen und München standen Calwer Erzeugnisse hoch im Ansehen.
Schon in: 13. Jahrhundert war Calw der bedeutendste Jndustricort Württembergs. Betrachten wir den Flamen Calw, der 1037 Ka- lewa geschrieben wird, 1075 Cyalawa — was nichts anderes bedeutet wie „kahl", „kahle Stelle", so hat gewiß diese Armut des Bodens die Menschen zur zielbewußten Arbeit hinter dein Wcbstuhl gezwungen und mit den Jahren zu den: Reichtum geführt, für den Calw bekannt war. Schon 1327 wird eine Walkmühle genannt, ein Zeichen blühenden Tuchmachcr- gewerbes. Uebcrhanpt brachte die Tuch- und Zeugweberei den Bewohnern des ganzen Na- goldtaleK Verdienst.
In der württembergischen Landesvrdnnng von 1567 werden die Calwer Tuche besonders .erwähnt; sie fanden im In- und Ausland starken Absatz, namentlich seit der Italiener Crolo- lanza aus Piacenza das Wollkämmen, Weben und Färben wesentlich verbessert hatte. Wegen ihres feinen Gewebes, ihrer Appretur, ihres Glanzes nnd ihrer schönen, dauerhaften Farben erfreuten sich die Calwer Erzeugnisse großer Beliebtheit. In: 17. Jahrhundert beschäf
tigte Calw 400 Weber, 1200 Zeugmacher und . ^ ^ ^ie säcksiscken We-
erliche tausend Spinnerinnen, Aber die Ke:-. - n Kr.ege sta k ,u da d sächsische We
malige Zerstörung der Stadt in: Dreißigjährigen und Orleansschen Krieg warf dieses Gewerbe stark zurück, von dem die Chronik berichtet, daß der gesamte Wollcrtrag Württembergs kann: für den vierteljährlichen Bedarf der Stadt hinreichte nnd die Zufuhr von Wolle ans anderen deutschen Ländern und den Niederlanden notwendig war. Jährlich gingen 70 000 Stücke Tuch aus den Calwer Werken hervor, zu deren Bereitung Oel und Butter in Menge, Alaun, Vitriol, Brasilienholz, Galmei, Gilbwurz, Rauschgelb, Saflor, Weinstein,. Färberwaid und Kupferwasser gebraucht wurde. Die Erzeugnisse führten besondere Namen: Engelseit, Grobgrün, Boy, Federrisscn, Bombasin, Barchent, Kölsch, Macheier, Scheiter, Atlas und Teppiche.
Neben den Wollwebern arbeiteten die Leinenweber; der starke Flachs- und Hanfbau Württembergs konnte aber der Nachfrage nicht genügen; man führte immer noch viele fremde Leinwand ein, da eine Menge rohen Stoffes
leddüi«, MvIlliÄlÄo knui
vrdebersclixirreein ckxrNi Verlax Oskar Nelst«, Ver4»« <S».>
(11. Fortsetzung)
Dort oben sitzt Richard, ihr Mann, bei einer fremden Frau. Nun ist's geschehen! Das Bau- gen ist vorüber, die Ungewißheit zerschlagen, de» Verdacht zum Wissen geworden. Frau Lore Sprenger hat mit eigenen Augen gesehen, das ihr Mann sie betrügt. Es gibt keinen Zweiset mehr. Eine Welt ist in diesem Augenblick in Trümmer gestürzt. Ihre Welt! Ihr Glück und das eines Kindes, das daheim den unschuldigen Schlaf seiner fünf Jahre schläft.
Eine junge Frau mit hartem Gesicht geht mühsam, aber aufrecht, davon. Sie weiß, was sic nun zu tun hat.
Biedritz liegt eine Stunde vor der Stadt. An: Sonntag wanden: die Großstädter gern hinaus, um ihren Kuchen dort draußen unter ehrwürdigen Eichen zu vertilgen, den gleichen Eichen, die schon ihren Urgroßvätern Schatten spendeten. Sie trinken dazu einen eiligen Sonntagskaffee und stimmen gern — in Vereine zusammenae- ballt oder auch solistisch — das herrliche L:cd an: „Wo die Eichen hehrer rauschen . .
Wenn der Abend kommt, spielen sie inänn- licherseits Skat, weiblicherseits Handarbeiten sie und sehen den Männern zu. Ehe sie dann Ab» schied nehmen von dem grünen Sonntagsasyl, werfen sie noch einen sehnsüchtigen Blick auf die Häuser von Biedritz, die einige Steinwürfe entfernt ihre Lichter erstrahlen lassen und seufzen: „Da möchte man auch wolmen!"
Run, Frau van Etappen, Witwe des Studiendirektors Walter van Stoppen, wohnt da. Seit dreizehn Jahren. Acht Jahre hat ihr Mann das Glück noch mitgenossen und Rosen gezüchtet, dann legte er die Schere aus der Hand, streckte sich aufs Ruhebtt und meinte gemächlich: „Mutter, nun ist's so weit. Du bist eine alte Be- amtenfran und weißt: Dienst ist Dienst. Also mach keine Geschichten. Gib auf die Kinder acht. Die Lore ist ein gutes Mädchen. Aber der Paul hat seinen Kopf für sich. Laß ihn! Ich wäre auch für mein Leben gern Schauspieler geworden. Laß den Jungen also, den Paul! Er wird seinen Weg machen. Und nun leb wohl, Mutter! — Schönen Dank für alles — es war doch schön, nicht wahr?"
Darauf gab er ihr die Hand, lächelte noch einmal glücklich nnd müde seines Erdenwerkes ging er heim zur großen Konferenz. Zu einer, die ausnahmsweise nicht er selbst einberufen, sondern ein anderer, Mächtigerer.
Seit jenen Tagen ist Frau van Stoppen zwar etwas stiller geworden, aber ihre Lebenskraft ist noch immer ungebrochen. Ihr Leben läuft mit dem Gleichmaß ab. das sie seit Jahrzehnten gewohnt ist.
So weiß Lore auch, als sie gegen Abend in Biedritz eintrifft, was die Mutter um diese Zeit tun wird. Sie hat sich nicht getäuscht. Es ist alles wie sonst. Das Läuten — die Diele wirly hell, dann Mutters Stimme: „Wer ist denn da?"
„Ich bin's, die Lore!" Dazu Pnmpels Geschrei;« „Oma! Oma!" Dann schnarrt das Schloß, u»di Lore tritt in ihr Elternhaus.
„Mein Gott, Kind, wo kommst du denn her?: Bist du heute morgen abgereist. Hast du Ferien? Bleibst du bei uns? Herrlich, herrlich! Weißt! du, daß Paul auch hier ist! Na, komm nur erst rein! Die Koffer sind noch auf der Bahn? Ich rufe sofort Lamprecht an. Lamprccht kann sitzi herbringen l Komm nur! Ach — und der Puin- pel ist arod aeworden!"
Wer steht da breit nnd lächelnd au: der! Schwelle?
„Onkel Paul!" schreit Rest voll Jubel. Undi schon saust sie zielsicher los. geradewegs in seine Arme. Oma ist lieb, Mutti ist auch lieb, aber- Onkel Paul ist unübertrefflich. Er kann Mäuse aus einem Taschentuch machen, auf zwei Fingern Lieder pfeifen, ein Ei in der Hand verschwinden lassen und außerdem ißt er selbst gerio Fruchteis nnd geht in jede Konditorei, die er am Wege trifft.
„Und den ganzen Tag bist du unterwegs gewesen?" fragt Frau van Etappen, und sie wirb ordentlich rot bis unter die schneeweißen Haare, die das feine, kluge Gesicht in peinlicher Exaktheit umgeben. „Nein, daß das Kind das so aushält! Ach du mein kleines Pumpelchen, nun freut sich deine Oma aber! Jetzt bleibst du auch drei oder vier Wochen oder noch länger bei mir; nicht wahr? Soll ich dir eingemachte Blaubeeren heraufholen? Oder magst du lieber Him- beerlimonade?"
„Ich würde ihr dann noch Rizinusöl einslö- ßen und anschließend den Arzt rufen, Mudding." fügt Paul boshaft hinzu. „Großmütter scheinen allgemein eine Neigung zu haben, ihre Enkelkinder mit Süßigkeiten zu vergiften."
„Paul!" Ein vernichtender Blick, der aber wirkungslos abprallt. „Dich trifft auch noch einmal die Strafe. Du init deiner gottlosen Rederei!
..Meinetwegen. Mudding. Aber zuerst schlage ich vor, wir effen Abendbrot. Und bei dieser Gelegenheit erzählt „reine verehrte Frau Schwester, was uns eigentlich die Ehre verschafft zu so später Stunde. Hat der Herr Gewühl einen längeren Ehenrlaub genommen? Oder habt ihr — etwa Krach gehabt? Ich meine natürlich nur ein Krächlein. Du siehst aämlich so aus." Darauf bekommt er von Lore kein« Antwort. Aber der Pumpel, der kann ieine Weisheit natürlich nicht bei sich behalten and trompetete los. was das Zeug hält.^
„ Wir haben mit unserem Pappi Mittagessen gewollt in der Stadt, beim Herrn Ober, und »ie Mutti hat das feine Kleid angczvgen und ch Hab auch mein feines Kleid angezogen. Aber >er Pappi hat schon eine andere Frau da- zeyabt, und die Mutti hat geweint. Meinen Springestrick hat er auch nicht mitgebracht und nun ist er heute morgen weg nach Berlin. Er ist gar kein lieber Pappi. Aber wenn er mir den Springestrick mitbringt, dann ist er wieder ein lieber Pappi, nicht wahr. Mutti?"
Frau van Etappen legte Messer und Gabel beiseite. Auch Paul hört auf zu essen.
„Lore, was schwatzt das Kind da für einen Unsinn?"
„Es ist kein Unsinn. Mutter."
„Es ist — um des Himmels willen — er hat dich betrogen?" . „ ^
Paul legt der Mutter warnend die Hand aui> „ - „ » den Arm. „Latz das bis nachher! Erst muß da«
fo weitverzweigten Wollweberei den Todesstoß. SM mal ins Bettl" (Fortsetzung folgt.)
und Garnes von Ulmer, Augsburger und Memminger Kaufleuten aufgekauft wurde.
Herzog Friedrich begünstigte die Weber in allen Stücken, denn damit fand ein großer Teil der Bevölkerung Verdienst. Die Bauern bekamen ihren Flachs und Hanf gut bezahlt, und um die Wolle rissen sich die Händler. In Wild- berg, Nagold, Göppingen, Marbach, Bietigheim und anderen Orten taten sich gleichfalls Webereien auf: zu den vier Walkmühlen in Calw gesellten sich weitere, so daß zuletzt 42 Walkmühlen für Tuch- und Zeugwcber in Betrieb waren. Bei ausgedehnten Arbeitsbezirken konnte auch die Anlieferung minderwertiger Erzeugnisse nicht ausbleiben, weshalb ein Schaumeister für die gefärbten und uiMfärb- ten Wollwaren ausgestellt wurde.
Jedem für gut befundenen Stück mußte der Schaumeister ein Zeichen aus Blei anhängen und dafür ein kleines Schaugeld von 3 bis 5 Kreuzer einziehe::; die Färber, Tuch- und Zeugmacher aber, in: Verein mit den sogenannten Stümplern, den Walkern, Tuchscherer::, Hutmacher:: und Wollknappen, beklagten sich über die Einrichtung der Schaumeisterstelle, doch wurde ihre Beschwerde sehr ungnädig ausgenommen. In dem Bericht ließ der Herzog Mitteilen, „man wolle eben in: Lande nach keiner guten Ordnung leben; dies müsse jedoch sein, und wer die neuen Einrichtungen nicht beachten wolle, solle auch kein Tuch mehr machen dürfe::".
Nach der Zerstörung Calws 1634 legten zwei Wollfabrikanten den Grund zu der Calwer Zeughandlung, die später unter der Firma Maier, Schill L Cie. berühmt wurde. Der Absatz an schwäbischen Waren nahm in: Siebeu
ber nichts auf den Markt bringen konnten. Infolge der starken Beschäftigung hatte Calw aber Mühe, für'die cinlausendcn Aufträge die notwendige Arbciterzahl zu bekommen. Wie es auf öd:: Messen und Jahrmärkten über die Calwer Waren hcrging, das sagt der Spruch: Um Tuch und Zwilch man sich schier
rauft,
Etlich tausend Stück man kauft,
Man fällt darein als wie die Staren,
Wenn sie in einen Weinberg fahren.
Leider vermochte Calw seinen Ruf als Hauptort der Weberei und Färberei in der Folgezeit nicht zu behaupten. Die Einführung der mechanischen Webstühle in England nnv die Zufuhr billiger Rohstoffe nach diesem Lande, die Berrmnderung des Absatzes nach Italien, das Aufblühen der sächsischen Fabriken, Handelsbeschränkungen in: Osten, der veränderte Geschmack in der Kleidung und das Tragen von Baumwollzeua versetzten der einst