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Ende der Erklärung, und einige Tage war Armand besonders auf seiner Hut, keine zweite herbeizuführrn: aber dann vergaß er sich wieder, und Natalie zerbrach sich den Kopf und dachte in die Kreuz und Quere was ihren Mann so mißmuthig stimmen könne.

Natalie theilte endlich ihre Bemerkungen dem alten Onkel mit, welcher entgegnete: «Ja, ja, du hast ganz recht. Apremont hat etwas, ^ er sieht beim Trictrac hin und her, kratzt sich hinter den Ohren, fährt sich über die Stirne, und macht einen Fehler um den andern."

Mein Gott, lieber Onkel, was hat das zu bedeuten? Mein Mann verheimlicht mir etwas, das ist unleugbar, und das Gcheim- niß drückt und bekümmert ihn, und er will cS mir durchaus nicht offenbaren!"

Das ist leicht möglich, mein Gott, es gibt gar manches, das man seiner Frau nicht offenbaren kann."

Seiner Frau! nicht offenbaren kann! Das wäre! Ich aber will, daß mein Mann mir Alles sage, daß er kein Geheimniß vor mir habe, denn ich habe keines vor ihm, und ich kann durchaus nicht glücklich sepn, wenn ich es nicht erfahre!"

Der Onkel versprach Alles zu versuchen, die Quelle des Mißmuths an seinem Neffen zu entdecken, aber er beschränkte sich darauf, mit ihm Trictrac zu spielen, und meinte, das wäre das beste Mittel, bei gutem Hu­mor zu bleiben.

Da begann die warme Jahreszeit, man Verließ Paris, um sich auf ein schönes Land­gut zu begeben, das Apremont in der Nähe von Fontainebleau besaß, er studirte ihr in Allem zu gefallen und kam jedem ihrer Wünsche zuvor. Da aber Natalie die Ca­price hatte, die Nuhe der Promenade vor- zuzichen, so mußte sie sich bald gefallen lassen, daß Armand diese allein machte. DaS siel auch nicht auf: ein Mann, der an Bewegung gewohnt war, konnte sich in seine vier Wände nicht einschließcn lassen, aber bald wurden diese Promenaden gar zu re­gelmäßig, ob Gesellschaft da war oder nicht, Armand verschwand nach Tische pünktlich und kam erst nach zwei Stunden wieder zum Vorschein, war aber dann in der ro- senfarbcnsten Laune, und jene trüben Augen­blicke der Ungeduld und Langweile wurden nie mehr an ihm bemerkt«

Nichts desto weniger war Natalie doch sehr unzufrieden. Ihr Verdacht erwachte wieder, und sie sagte zu sich selbst:Ar­mand hat zwar nicht mehr jene verstimmten Augenblicke, die in Paris meine Unruhe er­regten, aber dafür geht er täglich nach Tische aus . . . läßt sich zwei Stunden nicht se­hen ... wo geht er hin? ... er geht immer allein ... da steckt ein Geheimniß dahinter ... und kann ich das nicht entde­cken. so ist es aus mit meinem ehelichen Glücke!"

Oft stand sie auf dem Punkte, ihn ver­folgen zu lassen; aber diese Handlung schien ihr doch zu niedrig. Einen Domestiken zum Vertrauten zu machen, um einen Mann auszuspähen, der ihr täglich Beweise von Liebe und Achtung gab, schien ihrer und seiner unwürdig, und sie widerstand der Versuchung. Nur ihrem Onkel mußte sie ihre Besorgnisse noch einmal klagen, der ihr aber wenig Trost zu geben wußte undsagte- ES ist wahr, dein Gemahl spielt weniger Trictrac mit .mir, aber er spielt doch noch, und schliche ich ihm einmal nach, so thäte er es vielleicht nicht mehr. Das darf ich also schon deinetwegen nicht thun, sonst siehst du ihn noch weniger und überdies könnte ich ihn auch nicht verfolgen; er hat sehr gute Füße, und ich sehr schlechte, er geht entsetzlich weit und schnell, und ich würde todtmüde werden."

Eines Tages war große Tafel und ein Freund des Hauses sagte lachend zu Apre- lnont:Unter Andern, lieber Freund, man will dich schon einige Male als Bauer ver­kleidet im nächsten Dorfe bei dem Fenster eines einschichtigen Hauses gesehen haben."

Mein Mann als Bauer gekleidet!" fuhr Natalie auf, und maß ihren Mann mit staunenden Blicken.

Mich, lieber Eduard, hat man gesehen?" fragte Apremont sichtbar verlegen, ich bitte dich, wie kannst du dergleichen Mahrchen glauben?"

Ich glaube es auch nicht," fiel Eduard ein, der über den Eindruck erschrack, den seine Worte auf Natalien hervorgebracht, und fuhr dann begütigend fort,und zwar um so weniger, als dieses Haus seit lange gar nicht bewohnt ist."

Und wie war denn der gesehene Mann angethan?" forschte Natalie begierig weiter, und wo liegt denn diese Hütte?"