derben reißen, aber ehe ich gehe, will ich mich vor Euch rechtfertigen, Regina, denn ich möchte nicht gerne von Euch für schlimmer gehalten werden, als ich bin. Ihr sollt, Ihr müßt mich entschuldigen."O gewiß, gewiß," sagte Regina, während der Jüng­ling ihre Hand ergriff, und sie mit einem Blicke betrachtete, der ihr Inneres durchdrang. Wenn Ihr Jemand getödtet habt," setzte sie mit leisem Schauder hinzu,so ist es wohl nicht absichtlich geschehen?"Doch, Regina!" sprach in dumpfem Tone Herr­mann, und sein Blick suchte scheu und düster den Boden. "O still," cntgcgncte das er­schütterte Mädchen,ich will nichts weiter wissen."Nein, ihr müßt mich anhören, denn ich könnt' es nicht ertragen, von Euch verkannt zu seyn."

Ich bin kein Schleichhändler, ick bin der Sohn eines geachteten Danzigcr Bürgers. Mein Vater war der als geschickter Uhrma­cher bekannte Meister Dannebcrg. Er hatte eine Uhr verfertigt, die ihres Gleichen nicht in Eurapa oder der ganzen Erde hatte. In der Marienkirche war dieß Meisterwerk zu schauen, und alle Fremden, die nach Danzig kamen, bewunderten es, und ergötzten Aug' und Ohr an der kunstreichen Arbeit und am wundervollen Klange des Glockenspieles, wel­ches gar herrliche Weisen ertönen ließ. Die Bewohner Danzigs waren stolz auf den Be­sitz der Uhr, und der Ruf meines Vaters verbreitete sich weit hinaus in die Fremde. Da erschienen auf einmal in Danzig Abge­sandte von Hamburg, welche kamen, meinen Vater dahin ui entbieten, um für die dortige Hauptkirche eine ähnliche Uhr anzufertigen. Der Vater willigte ein. Schon waren die Schiffe scgelfertig, welche die Hamburger nach Danzig gebracht hatten, und die sie nebst mei­nem Vater zurückflchrcn sollten; da ließ der erste Stadtvogt von Danzig, ein neidischer hochmüthiger Mann, der dem Vater seinen Ruhm und die Liebe seiner Mitbürger um so mehr mißgönnte, weil er sich nicht geliebt wußte und weil der Vater sich nicht tief genug vor ihm beugte, den Befehl an ihn ergehen, nicht nach Hamburg zu reisen, weil Danzig den Vorzug haben sollte, eine Uhr zu besitzen, wie sonst keine Stadt mehr. Der Vater ließ antworten, es sey frei, seine Kunst zu üben, wie und wo er wolle, und er werde sie stets zur Ehre Gottes gebrauchen, wo er Gelegen­heit dazu finde. Die Vorbereitungen zur

Reise wurden nun fortgesetzt, und mit dem ersten günstigen Winde sollte die Fahrt an- getreten werden. Den Tag vor der Abreise wurde der Vater aufs Rathhaus entboten. Der Stadtvogt inmitten der versammelten Rathsherrn cmpfieng ihn mit düstcrn Blicken, und wiederholte sein Verbot Danzig zu ver­lassen. Der Vater erwiederte bescheiden aber fest, daß er den Hamburgern sein Wort ge­geben habe, und eS halten müsse und wolle, und daß Niemand das Recht habe, ihn in Ausübung seiner Kunst zu stören.Ihr sollt sehen, daß ich cs habe," rief, vor Wuth schnaubend der Stadtvogt, und auf ein Zei­chen, das er gab, traten vier Henkersknechte hervor, die über meinen Vater herfielen und ihn in die Marterkammer schleppten. Ver­gebens wehrte sich der Vater aus allen Kräf­ten, die Vier überwältigten ihn, und während ihn drei hielten, stieß ihm o kaum vermag ich es auszusprechen stieß ihm der Vierte ein spitziges Messer in die Augen." Herr­mann mußte innchaltcn, sein Kopf war auf den vor ihm stehenden Tisch gesunken, wäh- rend Regina bleich und starr, wie ein Mar- morbild, neben ihm auf der Bank saß. Nach einer schauerlichen Pause, richtete sich Herr­mann in die Höhe und erschrack, als sein Auge auf die bleiche, regungslose Regina fiel. Er faßte ihre Hand und sah ihr wch- müthig ins Gesicht.Vergebt," sprach er, daß ich Euer weiches Herz durch meine gräßliche Erzählung so rauh berührte; doch das Gräßlichste ist vorüber."

Der arme unglückliche Vater," fuhr H c r r m a n n fort,'wurde nun mit seinen blutenden Augcnwundcn in einen feuchten Kerker geworfen. Meiner Mutter und mir ward kein Zutritt zu ihm gestattet, und auch was mit ihm voracgangcn war, erfuhren wir nicht, Niemand sollte cs erfahren, denn der Stadtvogt fürchtete die Wuth des Volkes. Jndcß wurde doch hin und wieder gcmunkclt, es sei dem Vater ein großes Leid angethen worden. Die Mutter halb in Verzweiflung, eilte zu ihrem Beichtvater, einem alten ehr­würdigen Geistlichen und flehte um seinen Beistand. Der würdige Greis sann eine Weile und sagte dann:Ich kenne einen unterirdischen Gang, der aus der Marien­kirche in den Kerker Eures Mannes führt. Durch diesen Gang will ich zu ihm gelangen und sehen, was mit ihm vorgegangcn ist." i Die Mutter bat ihn, sie mitzunehmcn, aber