höchst erschrocken bei dem unerwarteten Ein» tritt eines Kosackcn aus, und noch mehr als er eine unerschwingliche Brandschatzung for- derte, bei deren Verweigerung alles gleich in Asche gelegt werden sollte. Mit dieser rau­hen Begrüßung stand das einnehmende Lä­cheln auf seinem Antliz in keinem geringen Widerspruch, so daß wir auch unk bald er- holten. Mein Bruder flog zugleich herein, uno nun lösete sich das Räthscl von selbst. Wir flogen alle in Zamas Arm. und wußten am andern Tage nicht, sollten wir stein dem nun vertauschten Anzug, oder in dem mann- lichen, von gestern, schöner finden.

Vierzehn Tage sind beide nun hier, und gleich so Vielen Minuten ist mir diese Zeit cmflohen. Ein enges FreundschastSband ha­be ich bereits mit Zama geknüpft, und so die Vertraute ihres Herzens geworden, hege ich nicht den mindeste» Zweifel mehr, Carl werde nach dem Neujahre glücklich sepn.

Zama hat uns ihre Lcbcnsumstände, ihre seltsamen Schicksale erzählt. Wie viel Un- glück hat das gute Mädchen von zarter Ju­gend an erlebt! Ich kann nicht umhin, liebe Tante, Ihnen die merkwürdigen Begeben­heiten wieder mitzutheilen. Zama selbst mag so redend eingeführt werden, als sie uns an einem Abend die Erzählung vortrug.

Sie mögen wissen, fieng Zama an, daß ich im Jahre 1742 zu Torna in Sibirien geboren wurde. Mein Vater war ein Deut­scher von Adel. Wl genannt. Er war lange Zeit Haupkmann unter den Mos- kowitischcn Haustruppen, als er sich mit ei­nem Fräulein von N aus Kurland ver- mahlte, die sich zu Petersburg am Hofe be­fand. Sie war eine der vorzüglichsten dor­tigen Schönheiten, anfangs kann ich sagen, zu meine« Vaters Glück, und späterhin zu seinem Unglück.

Was vermögen nicht Günstlinge an einem großen Hofe, besonders unter weiblichen Re­gierungen. Ein solcher war e». der meinem Vater bald nach seiner Heiralh, mit ausge­zeichneten Freundschaftsbeweisen nahte, und sich oft in unserm Haus« rinfand. Wer

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würde dem Mächtigen nicht huldigend ent. gegen getreten sepn. Er ließ cS auch nicht bei kahlen Höflichkeiten bewende», thäkig wandte er vielmehr seinen Einfluß zu meines Vaters Beste» an, der bald darauf zum Obersten emporstieg, und sich noch anderwei­tiger Gnadenbezeugungcn erfreute. Je we­niger mein Vater das unerwartete Glück verdient zu haben glaubte, je inniger dankte er dem so großmüihigen Beschützer; doch nicht lange hernach zeigte es sich, daß hier eben keine Freundschaft, sondern eine unrr» laubte Liebe im Spiele sep. Der Günstling entblödete sich nicht, erst in stummen Zeichen dann in Worten und endlich in, von reichen Geschenken an Juwelen begleiteten Briefen, sie meiner Mutter zu bekennen. Sie liebte meinen Vater so treu, als sie tugendhaft war. Mit Abscheu hatte sie das erste, auf unreine Absichten deutende, Benehmen des Grafen L angesehn, doch aus Furcht, ihr Gemahl würde seine Rache empfinden müs­sen, diesem alles verschwiegen. Als hinge­gen die Briefe mit unumwundenen Erklä­rungen eingelaufen waren, glaubte sie ihm nicht länger ein Gcheimniß daraus machen zu dürfen. Sie bat ihn aber inständig, ja sich zu mäßigen, und mit aller nöthigen Klugheit auf Mittel zu sinnen, die unver­schämten Zuinuthungen so abzuwenden, daß kein Unglück die Folge ftp. Allein mein Va- ter war zu entrüstet, wallte zu heftig in Zorn auf. daß man cS hätte wagen wollen, die Ehre seines Hauses anzutasten, als daß er dem, was die Vorsicht empfahl, hatte Gehör geben können, wenn er eS schon sei- ner Gattin versprach. Heimlich sandte er dagegen seinem Beleidiger sogleich eine AuS- forderung auf Pistolen zu.

Statt einer Antwort erschien in der näch­sten Mitternacht ein Offizier in seinem Hause, der ihn mit der Nachricht weckte, er sei be­fehligt. ihn zu verhaften. Auf die Frage: womit er eine solche Behandlung verwirkt habe? erklärte der Officier: dieß sep ihm nicht bekannt, er fühle auch alle« Mitleid, habe jedoch seine Pflicht zu vollzieh«. (Fortsetzung folgt.)