VnlsikaltuLg
OiclituQF und l,sksir
^GMhlMVkn Äm MevnbenL
Silvester
wie die Rakete steigt,
Kä»t und oerzischt»
Sv auch ein Jahr, es blüht, welkt unö erlischt.
panöorrnbüchjenschreck Geht von ihm aus.
Was bringst öu, neues Jahr,
Uns in das Raus?
Jauchzt, böllert, schießt unö knalltl Ein Purpurstrahl verkläre, was uns bleibt,
Unö Staöt unö walö unö Call
6eorg 8cti-varr
O'e Schokoloö'ulone
Line Usvän ^neliänte LrrLKII von Haas LSkgeo
Haydn war schlechter Laune.
Das kam bei ihm selten vor. aber dieses Mal hatte er wirklich Grund dazu. Seine Frau hatte wieder einmal einen besonders zänkischen Tag. und außerdem hatte der Verleger in Wien das versprochene Honorar sür die neuesten Quartette des Meisters immer noch nicht geschickt.
So schleuderte Haydn ein wenig mißmutig durch den Park von Esterhazy und kam. ehe er stch's versah, zu dem kleinen Haus, in dem der Gärtner mit Frau und Kindern wohnte.
Es waren liebe Leute, bei denen der Meister dann und wann einmal Einkehr hielt.
Und vor allem hatten es ihm die Kinder angetan, ein Bub und ein Mädchen. Wohl fünf und sechs Jahre alt.
Er nahm sie aufs Knie, ließ sie vergnügt Hoppe-Hoppe reiten und trieb allerlei Scherz mit ihnen.
Es war ein kleiner Trost für das Herz des Einsamen, dem das Geschick Kinder versagt hatte.
Da er nun heute in die Stube der Gärtnersleute trat, sah er ein paar bunte Kerzen auf dem Tisch brennen und erkannte sogleich, daß hier ein Geburtstag gefeiert wurde.
„Was hat der Geburtstagsmann denn gebracht?" fragte Haydn, dem nun einfiel, daß ia heute vor fünf Jahren der kleine Franz geboren wurde.
„Einen Ball hat er bekommen, Herr Kapellmeister". beeilte sich die Gärtnersfrau zu antworten, „zu mehr hat's halt nicht gelangt, aber gefreut hat er sich sehr."
„Und ich, Franz!, Hab' ganz vergessen, daß heute dein Geburtstag ist, nichts Hab' ich dir mitgebracht. — Da klopfte es ans Fenster.
Ein Diener des Fürsten stand draußen: „Ein Paketerl für den Herrn Kapellmeister, soeben aus Wien gekommen."
„Zeigt her", sagte Haydn und wog das Paket in der Hand. „Geld, auf das ich warte, scheint's nicht zu sein, da müßte mein Verleger schon der Einfachheit halber ein Goldklümpchen eingepackt haben."
Und was kam zum Vorschein?
Der Verleger sandte ihm. da, wie er schrieb,
im Augenblick das Geld knapp sei, eine-
Schokoladentorte.
„Was soll nun wieder dieser Schabernack?" > meinte Haydn ein wenig ärgerlich, dann aber fiel ihm ein, wo er sich befand, und ganz glücklich sagte er zu dem Buben: „Da schau her, Franzl, da ist ja die Geburtstagstorte."
Das Kind strahlte über das ganze Gesicht.
„Ganz allein soll ich die essen?" fragte er ungläubig.
„Du, deine Eltern und die Schwester," und schon war Haydn zur Tür hinaus, fast, als habe er Angst vor dem Dank.
Die Geschichte ist noch nicht aus.
Als die Torte angeschnitten wurde, rollten Dukaten heraus, blanke Dukaten. Haydns Honorar für seine Quartette.
Der Gärtner sammelte das Geld und brachte es zum Herrn Kapellmeister.
„So. so", murmelte der Meister ckom Klavier aufstehend, „hebt das Geld schön aus sür den Franzl, legt's aus Zinsen, bis er groß ist. wird's ein- kleines Kapital sein, das soll
ihn erinnern an den alten, einsamen Papa Haydn."
Der Gärtner wollte Einwendungen machen.
„Nichts da. tu' Er. wie ich Ihm sage. Er und seine Familie kann die Dukaten besser gebrauchen, als ich. Weiß Er. warum?"
Der Gärtner stand verlegen da.
„Weil Er Kinder bat, liebe, gute Kinder und ein braves Weib dazu. Und der Haydn, der hat nichts als seine Kunst . .
Erlebnis eines korrekten Herrn, v°»L.n»»6°°d»°d
Es war an der Alster aus der Anfahrt zu einem Landungssteg, und die Flaggen der Bootshäuser wclsten einladend im Winde. Leicht und mählich siel die Böschung ins Wasser, worin ein Dackel verzweifelt strampelte. Der Hund heulte und winselte jämmerlich, dieweil seine Herrinnen, zwei Mädchen im Alter zwischen sechzehn und achtzehn, ratlos am Ufer standen und vergebens die zartesten Lockrufe ausstießen. Ueber alledem schien eine Helle Sonne, und keine Wolke trübte den blauen Himmel. Ab und zu blieb ein Vorbeigehender stehen, der sich bei den Mädchen umständlich nach der Ursache des peinlichen Geschehens erkundigte, seinen Nat abgab und dann wieder weiterging. Der Dackel war tatsächlich in die Alster hineingefallen. Auch ein Herr kam geschritten, der schon auf der gegenüberliegenden Seite der Straße spähend die Augen hinter den Gläsern zusammengekniffen hatte. Mit gemessenen, bewußten Schritten überquerte er den Fahrdamm und machte vor
den Mädchen hart und Plötzlich halt. Er trug einen Hut, dazu gestreifte Hosen, denen man allerdings den Alltagsgehrauch ansehen konnte und schwarze Stiesel. Sein Kopf war mit einem steifen Hut bekleidet, der Kragen hatte umgebogene Ecken und war mit einer schwarzen Binde geziert. Hinter dieser Kleidung trat sein Gesicht entschieden zurück, zumal da er von Gestalt groß und breit war. Erst später gewahrte man die kräftige, leichtgebogene Nase, auf der eine Brille saß, die strengen Augen und einen stolzen, verachtenden Mund. Der Herr hielt einen Schirm in der rechten Hand, mit dem er mehrere Male heftig in die Erde stach, als er die trostlose Lage des Hundes eingehend betrachtete. Ohne ein Wort zu sprechen, stieg er kurz entschlossen die Böschung hinab, wobei er sich mit den Füßen auf die vorspringenden Steine stützte. Am Wasser angelangt, hielt er sich mit der linken Hand an einer eisernen Klammer und versuchte, mit dem Griff des Schirmes, den er bei der Spitze nahm, den Hund zu angeln. Der Versuch schien zu gelingen, doch der Dackel, den die Angst schon völlig verwirrt hatte, wich vor dem Griff jaulend zurück.
Der Herr ermüdete nicht; immer und immer wieder streckte er das Nettungsgerät über das Wasser. Der Hund trieb nach links ab, und der Herr trat einen Schritt über die Klammer. Als er aber den Schirm von der einen zur anderen Hand wechseln wollte, entglitt ihm dieser und fiel ins Wasser. Sogleich erneuten die Mädchen, die bislang geschwiegen hatten, ihre lockenden Rufe. Der Schirm drehte sich leicht und schwamm auf das Tier zu. Der Herr streckte sein linkes Bein ans. um mit dem Fuß den Schirm zu erreichen, verlor hierbei jedoch den Halt und rutschte langsam, aber unwiderstehlich, über die feuchten Steine in das Wasser. Seine Füße fanden Grund; er erhob sich, und die blaßgraue Flut reichte ihm bis an die Hüften. So stand er eine geraume Zeit. Erst als der Dackel in seine Nähe gestrampelt kam, schien er sich zu besinnen.
Er ergriff das Tier und setzte es auf die Böschung. Aus seiner Haltung und der Art der Bewegung war zu entnehmen. daß der Zustand, in den er geraten, für ihn nicht bestand. Weil der Schirm mittlerweile untergcgangen war, fing er an, im Wasser auf und ab zu gehen und in gewissen Abständen mit beiden Armen unter sich zu greifen. Die Schöße seines Cuts schwammen ihm feierlich nach, und der steife Hut gab dem Ganzen den Anstrich einer ernsten Handlung. Der Dackel, der mit letzter Kraft die Böschung hin- aufgeklcttert war, schüttelte sich und umlief die Mädchen freudig bellend. Der Herr suchte noch immer nach seinem Schirm. Inzwischen sammelte sich eine Menschcngruppc, die erstaunt und verwundert das für sie seltsame Treiben des Mannes im Wasser beobachtete. Die Mädchen, die sich wohl irgendwie verpflichtet hielten, standen noch etliche Minuten in der Menge; das eine von ihnen hatte den Hund auf den Arm genommen. Schließlich entfernten sich die beiden leise und verstohlen. Sic waren die einzigen, die lächelten.
Bald nach ihrem Weggang entstieg der Herr dem Wasser. Während sich eine Pfütze um ihn bildete, stieß er mit dem Schirm, den er endlich gesunden hatte, einige Male auf die Erde. Dann ging auch er, wie er gekommen war, gemessen und selbstbewußt. Nur sein Mund war noch stolzer und verächtlicher geworden.
Hein unö Zielje
Fietje fährt auf einem Hapagdampfer.
Als er wieder einmal Hamburg anläuft, sucht er sofort seine Stammkneipe auf und trifft hier seinen Freund Hein.
„Du, Hein, — in Nenyor^hew ick ock Jda kennenlihrt."
„Ssü! Dat is een entfernte Verwandte von mi", gibt Hein zur Antwort.
„Se sa doch, dat se dien Swester is . . .?"
MM
„Is se York."
ook — ober bedenk: se wohnt in Neu-
»
Hein und Fietje sitzen in einem VarietS von St. Pauli:
Eine Gedächtniskünstlerin eine Art Medium. tritt auf und errät mit verbundenen Augen Gegenstände, die ihr vorgehalten werden . , .
„Du Fietje — wat meenst du wie ie dal moken deiht?" fragt Hein.
Fietje überlegt.
„De kann vallicht mit de Tung!Zunge: kie- ken."
.Quatsch doch nich!"
„Na — hes du denn nix von See-Tungen hürt?"
Von valer unö Murier
Ein reicher Mann hatte drei Töchter du versorgte er ui die Ehe unö gab ihnen, wae sich ziemte. Für sich selbst behielt er auch eme Nahrung und hielt Haus mit einer Kellnerin die zwar eine fromme Frau war. Aber er blieb den Kindern zu lange am Leben. Sie lagen ihm an mit Bitten, er sollte ihnen sein Gut geben, so wollten sie ihn all sein Lebtag verpflegen. sie wollten ihm eine eigene Kammer geben und vom besten Essen und Trinlen. Der Vater übergab ihnen auch all sein Gut und kam zu ihnen. Im ersten Jahr war er wohlgehalten von ihnen, aber im andern Jahre wann er zu einer Tochter mehr kam als zu der andern, so sprach sie: „Vater, du liegst mir stets auf dem Halsei Geh auch zu den andern die haben ebensoviel empfangen als ich!" Der gute Vater sah wohl, daß er unwert geworden war und beriet sich mit einem Bürger. Der Bürger gab ihm einen Kasten dar-
Ls kommt das ^akr
die Stunöe kommt. Cs kommt öas Jahr, Jahrhundert wirü zum Ring, die Stunöe geht. Cs geht öas Jahr Unö ein Jahrhundert ging, llm Schöpferwinöe sausenö - Jahrhundert und Jahrtausend.
G Mensch, so will es öem Geschick,
Küll' mutig aus öen Augenblick unö wirke, wolle, wo öu bist,
Unö ewige so die kleine Zrist.
Otto kirüez
innen waren Sand und Steine, den ließ der Alte in sein Haus tragen und sprach zu der Tochter, sie solle ihm einen Sester*) und drev Lichter leihen, er hätte etwas zu rechnen. Da saß denn der Vater die halbe Stacht, und es klingelte, als oh er mit Gulden zu schassen hatte. Morgens ließ er mit Fleiß einen alten böhmischen Groschen im Sester liegen und gab das Gefäß der Tochter zurück. Der Tochtermann sprach: .Aater, Ihr habt mächlig geklingelt, als ob es Gulden wären gewesen; ich habe es wohl gehört!" Er sprach: „Ich habe in einein Kasten für mich selber Geld behalten und wer mir unter euch am allerfreundlichsten ist, dem will ich es lassen nach meinem Tode!" Als sie das hörten, da wollten sie ihn alle haben und stritten sich um ihn. Nun ward er wohlgehalten. Als er aber sterben sollte und sie meinten, es wäre keines Bleibens mehr für ihn, da gingen sie über den Kasten, fanden aber nichts als Sand und Steine darinnen und einen Kolben, daran in englischer Sprache geschrieben stand: „Kund und zu wissen sei aller Welt, daß man den mit dem Kolben schlagen soll, der seinen Kindern so viel gibt, daß er danach selbst Mangel leiden muß!" Da sahen sie einander an und schämten sich. — Merk auf!
»> Wobl der sechste Teil eines Scheffels.
Ole Magü Mina
Rrräklung von Hans kexliin^
Froher, warmer Gedanken voll war unter dem Dach des Klausenhofs eigentlich nur Mina, die Magd. Es werde Waffenstillstand geschlossen, hieß es. Das machte ihr leicht. Dann gingen keine Gewehre mehr los, donnerten keine Kanonen mehr über die verwüstete Erde, flögen keine Schützengräben mehr auf, töteten keine giftigen Gase mehr die bedrohten Soldaten. Hagelten keine Flugzeuge mehr den Tod aus der Luft. Dann konnte ihrem Heiner nichts mehr geschehen. Er kam bald heim, und sie durfte ihn nun für immer haben, ganz haben. Das Seldnerhäuslein. das er von seiner Mutter überkäme, bezögen sie beide, und mit ihren jungen, gesunden Armen schafften sie und kämen vorwärts. Herzklopfend überrieselte sie ein Gefühl unendlichen Glucks, das ihr doch bis jetzt so mager bemessen war.
Sie war als Waise seit ihrem vierzehnten Jahr in fremden Häusern gewesen. Das anstellige, flinke Mädchen schätzte man überall, und es ersparte sich eine hübsche Summe, schlug sich auch sonst tapfer durchs Leben. Oft griffen zudringliche Hände nach dem aufblühenden Mädchen, machten an warmen Sommerabenden werbende Flüsterworte ihr Herz klopfen und ließen die Lebenslichter ihrer Augen hell aufflackern. Aber sie war wohl durchgekommen. Sic wollte den Ast, auf dem sie ihr Nestlein bauen wollte, sorgfältig Prüfen. So war sie zwanzig geworden, als der Krieg ausbrach. Die jungen Burschen zogen ins Feld, auch des Sattlers Heiner, der ihr manches gute Wort gegeben und sie vor anderen ausgezeichnet hatte. Sie sandte ihm Liebesgaben. Zigarren, Tabak, warme Strümpfe, legte Briefe bei, deren Worte manchmal wärmer waren, als sie es mündlich zu sagen vermocht hätte. Auch sie erhielt Dankesbriefe, die manches zärtliche Wort enthielten, und so kamen
sie durch die Feldpost, die willig ihre geheimen Wünsche und Sehnsüchte hin- und hertrug, einander näher, als cs unter gewöhnlichen Umständen geschehen wäre. Darum hatte sie auch dem ersten Urlaub, den Heiner erhalten sollte, in brennender Erwartung entgegengesehen. Sie lebte von dieser Hoffnung Wochen, Monate, Jahre, die voll beladen waren mit Arbeit. Jawohl, beinahe zwei Jahre. Erst dann kam Heiner in Urlaub.
Es war fast zu viel für sie, als sie ihm eines Tages unvermutet im Dorf begegnete. Sie wurde bleich vor Schreck und fand kaum Worte. Es war ihr in lesbarer, unmißverständlicher Schrift ins Gesicht geschrieben, wie es um sie stand. Er werde am Abend vorbeikommen, sagte er. Sie konnte nur ja sagen. „Ja, ja, ja! Tausendmal ja!" So läutete alles in ihr zusammen.
Und nach Feierabend kam er. Der Klausenhof lag am Ende des Dorfes. Ein auf beiden Seiten mit dichten Hagen bewachsener Weg führte hinaus auf die Felder, die in sommerlicher Wärme der Ernte entgegenreiften. In der Ferne glänzten die Lichter der Münsterstadt. Am Himmel standen in seligem Leuchten die Sterne. Ein sommerliches Knistern ging durch das Korn hinter den Hagen. Es lag eine Wärme und Milde und Güte in der Luft, als hätte alle Welt auf diesen Abend, auf diese Stunde gewartet.
Heiner hatte Mina mit der Rechten umfaßt. Sie schmiegte sich innig an ihn, wortlos, vorbehaltlos, leise bebend vor unsagbarem Glück. So schrillen sie unter den Sternen dahin. Sie sprachen nicht vom Krieg und nicht vom Frieden. Sie lebten im unendlichen Raum und hörten nur ihre klopfenden Herzen. Und es war nur eine Behelfssprache, als er, nachdem sie sich an den Straßenram gesetzt hatten, leise zu ihr sagte: „Ich dank' dir auch für deine vielen Liebespäckchen
Und sic antwortete: „Oh, du, du! Das ist doch gar nichts und nicht der Rede wert. Du! Du!" und legte sich in seine Arme,,und als er nun mit der Hand langsam durch ihre Haare strich, war es ihr, diese Hand griffe aus der Sternenwclt nieder und bringe ihr alles, alles mit. „Oh, du! du! du! du!" Das war die selige Melodie, die im Flüsterton ewig durch die Welt zu gehen schien und die nun in heißem Tausche von Lippe zu Lippe auch sie Weitergaben, bis sich eines im anderen ganz verloren hatte. Du! du!
Eng umschlungen gingen sie wieder dem Dorfe zu. Sie sprachen wenig und versprachen sich nichts; aber eines war des anderen voll und war des anderen sicher wie die Frühlingsblust sicher war der Sonne und das wachsende Korn sicher der Reife.
Heiner ging. Das Jahr darauf bekam er wieder Urlaub, etwas länger als das erstemal. Aber was waren die paar geizigen Abendstunden für den heißen Hunger und Durst eines langen Jahres! Sie bebte vor Glück, daß Heiner unverletzt durch alle Kriegssähr- nisse hindurchgekommeiik»war. Sie koste und streichelte ihn, als wollte sie ihn fest machen gegen Hieb und Stich und Schuß, und öffnete ihm alle Brunnen der Liebe, damit er freundliche und wärmende Bilder des Himmels durch die Hölle dieses Krieges trüge.
Und wieder stand es beinahe ein Jahr an. bis der Heiner die Heimat sah. Oh, Hunger und Durst nach ihm waren brennender geworden als ehedem. Wie oft hatte sie die Arme in die leere Luft gereckt unh hatte die wenigen glücküberströmten Stunden beschworen und sich an ihren Bildern gelabt, war aber nur hungriger und durstiger geworden dabei. Und entschiedener und heftiger, als es eigentlich ihre Art war, hatte sie, wie bedrängt von einer angstvollen Unsicherheit, die Annäherungsversuche des russischen Kriegsgefangenen Iwan abgewiesen. Der war ein I anstelliger, bescheidener Bursche und versuchte.
sie mit stillem Glühen und Werben zu umspinnen. Alles las er ihr vom Munde ab und huldigte ihr mit tausend Handreichungen.
Auch Heiner erzählte sie davon. Er wurde geschwind still und sagte mit erzwungenem Scherzen: „Daß du mir. . ." Aber st- verhielt ihm den Mund und gab sich ganz in seine Arme. „Du! du!" Und in Hellem, ehr- lichem Eifer fügte sie bei: «Wenn du in mich hiueinsehen könntest, jedes Plätzle ist dir iein sauber. Jedes!" Und weiter redete sie von der schönen Zukunft, der Krieg müsse doch vald ausgehen. „Dann, aber dann — Heiner, dann! Und beide blickten wie Kinder durch ein güt- denes Tor in ein sonnerfülltes. Helles Land.
„Wenn's mich nur nicht streift!"
„Pst! Pst! Kein Wort davon!" erwiderte sie ernst. Er war der einzige im Dorf, der vom ersten Tag an dabei war und trotzdem noch heil. Man beneidete ihn darum und hielt ihn für ein besonderes Glückskind. So war es der Mina. man dürfe nichts berufen und mit keinem Wort daran rühren. Sie strich ihm lind das Hac»r und die Wangen und wieder- holte immer nur ),Du! du!" und „Dann, aber dann, Heiner, dann!"
Und wieder mußte er gehen. —
All dessen dachte Mina jetzt in der Nacht. Sie huschte geschwind nochmals aus dem Bett und sah nach, ob sie in der Erregung den Riegel gewiß auch ganz vorgeschoben habe. Dann lag sic noch lange wach. Immer beseligender erfüllte sie der Gedänke, daß der baldige Friede dem Tod die tausend Sicheln zu seiner blutigen Mahd aus der Hand risse, daß dann das Leben gälte. Und vor unsagbarem Glück reckte sic die Arme: „Jetzt. Heiner. jetzt!"
IdluS dem Roman „Der Klausenhvi". Deutscher Volksverlag München. Spielt zwischen de» Jahren 1918 biS 1984 .» _
HerauSgegeben im «uttrag der NL.-Presse Wart-
tembera vo" Ha « K Revblng. Ulm L. D.