480
WaS wollt Ihr dem strengen Haffu» antworten, wenn er meine» Brief von Euch verlangt's"
„Bekümmre Dich um unser Schicksal nicht, schöne Christin, das werden wir schon scldst zu lenken verstehen; wir handeln so unvorsichtig nicht, als Du glaubst. Füge Dich lieber geduldig in das Deine, und folge uns jetzt in das nahe Dorf, dort wirst Du das Weitere erfahren !"
Manuele mußte gehorchen. Wehmuthsvoll blickte sie noch einmal den Leichnam ihres Gatten an und rief in schmerzlichem Tone: ,,O Brüfsterc, Du bist Mt glücklicher als ich! Mich wird,wohl nimmer der Anblick der theuren Heimath crsreiien, und so wie Du, werde ich, ein Opfer der frechen Will- kühr, unter fremdem Himmel mein leidcnvolles Daseyn enden!"
.Weinend verließ sie die Hütte und ging mit trostlosem Herzen ihrem traurigen Geschick entgegen. Als sie mit ihre» Feinden das hinter dem Hügel liegende Dorf erreichte, wurde sie in das Haus des Sklavenhändlers geführt. Dort brachte der Letztere Papier und Schreibgerät- herbei und gebot seiner Gefangenen, dasjenige in Schrift zu bringen, was einer der Maure» ihr vorsagen würde- Manuele erkannte den schändlichen Betrug und weigerte sieb, Folge zu leiste». Da langte der wilde Seelenverkäufer die große Sklavenpcitsche von der Wand und bedrohte die arme Verraihcnc mit der empfindlichsten Strafe, wenn sic noch länger in ihrem Ungehorsam verharren wolle. Was blieb der unglücklichen Manuele anders übrig, als dem Willen ihrer Peiniger Gehör zu geben. Sie schrieb an Haffu» und meldete ihm, dem Begehr der Mauren gemäß : Laß sie glücklich in Algier augekommen und, während der Reise mit ihren Begleiter» sehr zufrieden gewesen scy. Als sie fertig war, las einer der Vcr- räther den Brief durch, bezeigte über den Inhalt seine Zufriedenheit und entfernte sich dann mit seinem Kameraden, nachdem Beide von dem Sklaven- bändlercinen Beutel voll Silberstücke erhalten hatten.
Manuele sah nun in ihrem neuen Verhältnisse einer höchst tyrannischen Behandlung entgegen und glaubte, sic würde jetzt eben so beschwerliche und harte Knechtsarbeiten verrichten müffe», als früher ihr verstorbener Gatte- Allein mit Erstaunen wurde sic gewahr, daß sic sich geirrt hatte. Man versorgte sie mit guter Kost, legte ihr nicht die geringste Arbeit auf, und kränkte sie durch kein böses Wort. So verstrich ein Monat; da kündigte ihr der Sklavenhändler an: daß sie morgen Mil ihm die Reise nach Algier ankreken würde. Nun erklärte sic sich das schonende Betragen ihres Gebieters Er hakte sie nicht durch schlechte Behandlung verderben wollen, damit er auf dem Menschenmarkte, wohin er sie zu schleppen beabsichtigte, einen höher» Preis für die zu verkaufende Sklavin fordern könne.
Die Wanderung nach Algier ging ohne Beschwerlichkeiten von statten, und nach zwölf Tagen war die Berbernstadt erreicht. Die arme Manuele wollte vor Schaam und innerer Empörung vergehen, als
der Sklavenhändler sie einem Thlere gleich auf den Markt führte und öffentlich zum Verkauf ausbot. -
Da stand die Unglückliche nun auf dem volkreichen Platze, zwischen frechen afrikanischen Weibern, die zu gleichem Behuf« diehergebrachk waren, den lüsternen Blicken der vorübcrwandelndcn Türken und Berbern ansgesetzt. Sie schlug den de» thränten Blick zu Boden und flehte still den Himmel an: daß er sie bald Lurch einen schnellen Loh von Schmach und Leiden befreien möge, denen sie, wie es scheiinc, nimmer zu entrinnen vermöchte. Wahrend dessen war ein reicher und vornehmer Einwohner von Algier hcrangenahl und Halle die schöne Christin aufmerksam betrachtet.
,,Dies Weib gefällt mir!" sagte er zum Sklavenhändler : ,,wie viel begehrst Du für sie 's"
Dieser forderte eine hohe Summe. Man handelte und ward endlich einig. Manuele mußte dem prächtig geklcioctcn Berbern in dessen Wohnung folgen. Mn Furcht und Zage» betrat sie das Haus ihres neuen Herrn. ,,Hier werde» sich wohl," seufzte sie still für sieh: ,,dic schmachvollen Auftritte, die ich in der Gefangenschaft Haffun'S erlebte, erneuern, aber kein leitender Engel wird Mir erscheine» im Augenblicke der höchsten Gefahr ! O Gote, so soll ich dennoch der Schande ei liegen !"
Ei» paar Diener führten sie jetzt auf des Ge, bieters Wink durch eine» schönen Garten in ein geschmackvoll eingerichtetes Sommcrhaus. Dort fand Manuele schon drei Weiber, welche die An- kömmlmgin mir unfreundliche», ja wie es schien, auch mit neidischen Blicken bcliachicien. Doch cs war noch keine Slundc vergangen, so siegle bei den Asrikaneeinnen die weibliche Neugier über den Un- mulh, eine neue Nebenbuhler,» in >h,rm Harem zu sehen, und sie bestürmten Manuelen mit einer Menge lästiger Fragen.
Als diese beantwortet waren, erfuhr die Christi», daß sie in den Gärten Iffuffs, eines der reichsten und vornehmsten, und vom Del sehr geschätzien Einwohners von Algier sich befinde, der eist vor kurzer Zeit eine seiner Flauen durch den Loc ver- lorcn »uv durch de» heutigen Kauf die Steile derselben ersetzt habe.
Spät am Nachmittage wurde Manuele zu dem Herrn und Gebieter ln Las VordeihauS gerufen. Ec genoß eben, auf einem prächtig gestickten Kissen sitzend, seinen Sorbet und befahl fciiicii Diener», der Angekommenen ein Polster zu reichen. Sie mußic ihm nun erzählen, woher sie sey und wie sie in dir Hände des Sklavenhändlers gekommen. Sie machte ihm nur eine ganz kurze Miilheilung ihrer letzter» Schicksale, indem sie ihm brrichtcic, daß sie ihrem Manne aus Europa nach Afrika gefolgt, durch unglückliche Zufälle aber, von ihm getrennt, von den Mauren gefangen worden und von diesen in die Gewalt des Sklavenhändlers geraihcn sey. Mil gespannter Aufmerksamkeit hörte er ihr zu und verrierh bisweilen durch unwillkührliche Zeichen
*