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Es blicb «Iso Manuelen nichts übrig, als zu erwarten, ob ihr die furchtbar große» Thiere, die, wie sie wußte, von nicht so grausamer und blutdürstiger Natur sind, als die übrigen Ungeheuer Afrika's, etwas zu Leide thun würden oder nicht. Sie legte sich, damit die hcrantrabenden Elephanten sie weniger bemerken sollten, dicht an einen Baobab nieder und mußte nun zum Viertenmale den Tod erwarten, denn sie schwebte in nicht geringer Ge- sahr, von de» Ricscnfüße» der unförmigen kolossalen Geschöpfe ertrcten zu werden.
Allein auch diesesmal wurde sie von der Vorsehung bewacht. Die furchtbaren Thiere liefen an ihr vorüber, ohne ihr den geringsten Schaden zu- zusügen, und aufs Neue crmuthigt durch den Glauben: .sie stehe sichtbar unter dem Schutze des Himmels, erhob sie sich nach einige» Minuten wieder, dankte dem Herrn für die Wunder, die er wiederholt an ihr gcihan, und verzehrte dann ihr einfaches Mittagsmahl auf dem Steinsitze unter dem Schatten verbreitenden Baobab.
Die Ebene, durch welche Manuele nach einer Stunde weiter wanderie, wurde immer grasreicher und endigte sich zuletzt an einer Reihe grüner Hügel die mit Weihrauchbäumcn besetzt waren. Welch ein erfreulicher Anblick überraschte Manuelen, als sie nach Ersteigung dieser Anhöhen, ein bebautes Land vor sich sah. Mais- und Hirsen-Fclder wechselten smit üppigen Wiesen ab, auch zeigten sich hier und dort Anpflanzungen von Reiß und an mehreren Stellen ragten Gruppen von Dattelbäu- mcn über die Feldfrüchte hervor.
„Das sind die Spuren menschlichen Fleißes," rief Manuele entzückt: gewiß finde ich hier, was ich seit drei Tagen mit ängstlicher Sehnsucht gesucht habe. O Gott, laß diese meine Hoffnung nicht wieder zunichte werden!
In der gespanntesten Erwartung eilte sie vom Hügel herab. Der Pfad, der, je weiter sie kam, immer deutlicher zeigte, daß diese Gegend bewohnt scyn müsse, führte um ein Gebüsch herum wieder auf eine grasbewachsene Anhöhe, und hier erblickte Manuele — nein, dickesmal war cs keine Täuschung — in der Entfernung von einer halben Meile, ein großes romantisch gelegenes Dorf. Es hatte von weitem ganz das Ansehen eines niedlichen Lust- wäldchcns, in welchem eine Menge Häuschen angebracht sind. Und zwischen dieser Kolonie und der Anhöhe arbeitete ein Häuflein Eingeborner auf
dem Felde. Dieser Anblick mußte für sie, die drei Lage lang, ofr unter Todesangst in der schauerlichen Oedc umhcrgcirrt war,' und nichts als kahle Felsen, Bäume und wilde Thiere gesehen hatte, wohl ein Grund zum höchste» Entzücken scy».
In freudiger Rührung fiel sie auf die Knie, hob die Hände gen Himmel und dankte dem Allgütigen, daß er sie bis hierher in die Nähe der Menschen durch so viel drohende Todesgefahren gnädig geführt hatte.
Diese Menschen waren aber vielleicht blutdürstige Wilde. — Doch eS war ja wohl immernoch besser, ihnen, als den reißenden Thiercn in der Wildniß anheim zu fallen. Sollte denn die arme Pilgerin, die sich so sehr nach einer bewohnten Gegend gesehnt hatte, jetzt von der Furcht eingcfchüchtert, sich dem Anblicke der menschlichen Wesen entziehen und wieder in den düster» Einöden umherirren/L Nein, siemußtevcrtraucn! Dem allmächtigen Gotte, der sie mehr als einmal, als sie sich schon verloren wähnte, wunderbar erhalten hatte, war cs ja ein Leichtes, die Herzen dieser Wilden zu rühren, zu ihnen die heilige Stimme des Mitleids sprechen zu lassen. Und so schritt sie denn entschlossen durch die Pflanzungen nach dem Orte hin, wo sic die Arbeiter gesehen hatte. Bald hörte sie den Schall ihrer Stimmen und befand sich nach wenigen Minuten, aus einem Gesträuch von jungen DcrabokiBäum- chen tretend, ganz in ihrer Nähe. Es waren Nc- gcrvon mehr braungelbcr als schwarzer Farbe. So wie dieselben die Ankommende erblickte», schienen sie von einer gewaltigen Bestürzung ergriffe» zu werden. Sie schrien laut auf und stießen einige Worte aus, welche Manuele zwar nicht verstand, deren Betonung aber deutlich das Gepräge der Angst und des Schreckens trug.
Als nun Manuele muthvoll auf sie zuschritt, wurden sie alle von Furcht und Entsetzen so sehr erfaßt, daß sie im Begriff waren, die Flucht zu nehmen. Manuele aber gab ihnen durch Zeichen zu verstehen: daß sie in keiner feindlichen Absicht nahe, wornufdie Gesellschaft, welche aus acht Männern und sechs Frauen bestand, einigen Muth zu fassen schien und sichen blicb. Als aber die Pilgerin wieder um ein paar Schritt: sich näherte, da fielen alle vor ihr nieder, bedeckten einige Augenblicke lang mit ihren Gesichtern den Boden und blieben dann, auch als sie aufschauten, in der dcmü- thigsien und unterwürfigste» Stellung liegen. Ma-