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Da wir nun glauben, daß wir unfern deutschen Milbrüdern noch nützlicher werden können, wenn wir ihnen, bevor sic ihr Vaterland verlassen, einige wohlgemeinte Winke geben, so haben wir uns entschlossen, ihnen in diesen Blattern solche Weisung zu erthei- len, als wir durch langjährige Erfahrung zu thun in, Stande sind.

Zuförderst ist es denn gewiß ralhsam, daß derjenige, welcher mit dem Gedanken um­geht, von Deutschland nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika auszuwandern, sich wohl prüfe, ob seine Dermögens-Umfiande seine Anlagen seine Sinnesart sein erlerntes Handwerk sein Alter und seine Gesundheit auch dienlich sind, ein solches Unternehmen auszuführen; denn gar mancher, der unüberlegt, oder durch Andere verlei­tet, den Schritt gethan, hat und gewöhnlich zu spat es bitterlich bereut!

Es ist nur zu wahr, daß in Deutschland meistens eine verkehrte Ansicht von den hiesi­gen Verhältnissen unter denjenigen obwaltet, welche den Gedanken des Auswanderns auf­gefaßt haben. Gewöhnlich sind solche zu enthusiastisch dafür eingenommen, als daß sie erst die ruhige Ueberlegung walten lassen sollten, daß sie erst sollten von der rechten Quelle die Erkundigung cinziehen, und dann entscheiden, ob sie für dieses Land paffen oder nicht. In Deutschland giebt es einen Wust von Büchern über Amerika, theils geschrieben um Geld damit zu verdienen und in dieser Absicht mit Bildern ausgeschmückt, die der Wirk­lichkeit nicht entsprechen, an denen aber der Enthusiast seinen Gefallen hat, und die er durch seine eigene Phantasie und durch gegenseitige Mittheilung mit Andern welche in seine Ideen cingehe», nur in einem noch übertriebneren Lichte auszumalcn sucht. Ver­derblich sind, unserer Ansicht nach, jene Zusammenkünfte in Deutschland, wo eine Menge Personen sich verbindlich machen, sich gemeinschaftlich hier anzusiedeln, jene Clubs, wo über Amerika gelesen, gesprochen und geschrieben wird, und jene Bücher von denen oben die Ncde war.

Will Jemand hierher kommen, der untersuche zuerst seine Vermögens-Umstande und berechne wohl, ob nach den Ausgaben der Reise bis an den Hafen, seinen Unkosten dort, und seiner Passage hierher, ihm noch genug überbleibe, um die Reise von hier weiter fortzusctzen, und nach Ankunft am Bestimmungsorte Land u. s. w. zu seinem Fortkom­men zu kaufen.

Er untersuche weiter, ob seine Anlagen der Art sind, daß er in einem Lande wie diesem, wo der Mensch erfinderisch sein muß, sein gutes Fortkommen finden werde. Dann prüfe er auch seine Sinnesart; war er mürrisch und unzufrieden in Deutschland, so wild Hn diese Gemüthsart auch hier nicht verlassen, und er wird gewiß bald Ursache zu klagen seiden und vielleicht über kurz oder lang sich zurücksehnen. Die Beispiele sind nicht sel­ten, daß gerade diejenige Menschen, die durch Unzufriedenheit mit den RegierungsVerhalt- nissen daheim zur Auswanderung veranlaßt wurden, bald hier noch weit mehr zu tadeln finden, und gern zurückkehrten, wenn sie die Kosten der Rückreise bestreiten könnten.

In diesem Lande, welches so sehr im Wachsen ist, findet jetzt und wahrscheinlich noch geraume Zeit, Ackerbauer und Handwerker am leichtesten ihr Brod. Der Ackerbauer wird die Art und Weise daö Land zu bestellen und Geralhschaften zu gebrauchen, hier verschie­ben von seiner gewohnten finden, und wenn er wünscht daß alles gedeihen möge, so wird er genöthigt sehn, hier zu lernen und sich nach seinen Nachbarn zu richten. Wir sehen keine Nothwendigkeit, Ackergeräthschaften und dergleichen mitzubringcn, da alles zweck­massiger an Ort und Stelle zu haben ist. Auch der Handwerker wirb hier lernen müssen, denn er wird bald finden, daß der amerikanische ihm an Behendigkeit überlegen ist. Nur tüchtige Ackerbauer und Handwerker werden sich unserer Ansicht nach, für ihre Reise belohnt finden. (Fortsetzung folgt.)