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«s gut sein würbe, wenn er sich dazu entschließen wollte, bei mir zu wehnen; denn je mehr er unter meiner Aufsicht und Pflege steht, um desto eher läßt steh für ihn hoffen."
Derbois Diener gieng. Felicie warf sich schluchzend an die Brust ihres Gatten. „Ach mein armer Vater!" rief sie: „während ich glücklich war, Hat er sich um meinetwillen die Augen ausgeweint. Während ich des Lebens höchste Seligkeit empfand, Hat er auf dem Grabe, in welchem er mich »ermordet wähnte, sich dem trostlosesten Schmerze hin- gegeben- D hält' ich doch der Stimme meines Herzens gefolgt, hält' ich doch, ehe ich Paris verließ, mich ihm zu erkennen gegeben — ach dann würd' ich ihm unendlichen Jammer erspart —"
— Aber auch zugleich das Glück unserer Liebe zerstört haben, fiel ihr Antoine in die Rede-
Sie schwieg und verbarg ihr Gesicht am Busen des geliebten Mannes. „Ach, nun ist es doch auf immer betrübt, dies schöne Glück!" sagte sie nach einer langen Pause sehr wehmüthig, „denn nun wird mir täglich mein Gewissen den gerechten Vorwurf mache», daß ich Schuld an des Vaters Unglück bin."
Male nicht mit so grellen Farben, theures Weib! erwicdeite Antoine sanft verweisend, und lade nicht selbst einen Fluch aus Dich, 'mit welchem Niemand Dein Haupt belegte. Ich bin jetzt gerade voll von froher Zuversicht, und hoffe: daß auch die letzte schwarze Wolke sich zcrthcilen wird, die bisher noch manchmal an dem Himmel unsrer Liebe Hcraufzog. Die weise Vorsehung sendet oft dem Menschen nur deßhalb Leid und Schmerz, damit er des nachfolgenden Glückes desto würdiger sey. Auch wir wurden ia schwer geprüft, ehe das Schicksal uns vereinte: Du mußtest ja sogar durch Grabesnacht! erst geben, che der schöne Morgen der Erdcnwonne I Dir anbrach. Vielleicht folgt auch Deinem Vater ! noch ei» lichter Tag nach der Nacht, die jetzt seine Augen umgicbl. Um wie viel glücklicher werden wir sein., wenn Gott durch meine Hand ihm die Wohlihat zu tbeil weiden läßt.
„O möchte diese Hoffnung uns nicht täuschen!" rief Fclicie. „Vater im Himmel! der du so großes Wunder schon an mir gcchan, erhöre auch noch dieses Flehen! — dann bin ich eines der beglücktesten deiner Kinder!"
Kaum hatte sic dieses gesprochen, so wurde der blinde Derbois von seinem Diener in das Zimmer
geführt. Nur ihres Mannes bittender Wink vermocht» die gerührte Tochter zurückzuhalten, daß sie dem unglücklichen Vater nicht sogleich um den Hal- ficl. Antoine selbst war sehr bewegt, und empfing feinen Schwiegervater , den er seit länger als fünf Jahren nicht gesehenchatte, mit wehmüthigcr Freundlichkeit. Der Alte dankte ihin mit einem warmen Händedrucke und sagte : „Ich kann Sie nicht sehen, edler Herr, aber Ihre Worte schon dringen mir wunderbar tröstend zu Herzen. Ich lege mit vollem Vertrauen mein Schicksal in Ihre Hände, und bin überzeugt, daß wenn Hülfe für mich noch möglich ist, sie mir durch Ihre Hand werden wird. Doch weiß ich auch daß Sie nur Menschliche- vollbringen können. Ist für mich keine Heilung zu hoffen, so sagen Sic es mir unumwunden. Ich bin auf Alles gefaßt, und werde das Unvermeidliche wie ein Christ mit Dcmuth und Standhaftigkeit ertragen."
Antoine führte den alten Freund, seines Vater- an das Helle Finster und untersuchte milder genaueste» Aufmerksamkeit den Ausland seiner Augen. In der ängstlichsten Erwartung sah Felici'c zu und gab sich Mühe, aus den Mienen ihres Gatten ein Freude dringendes oder niederschlagendes Unheil zu lesen. Mit Furcht zund Zagen glaubte sie zu bemerken, daß der langsam Pn'ifende einigemal bedenkliche Blicke machte, endlich aber, — o Freude! rief ec nach langem aufmerksamen Forschen: „ES ist noch Hoffnung da! Wenn Gottes Segen auf meinen Hcilvcrsuchen ruhl, so können Sie wieder sehend werden !"
Ei» Ausruf der Freude drängte sich «»will« kührlich über Zelicicus Lippen.
Wer nimmt au meinem Schicksal so lebhaften AnthciN fragte Derbois sehr geruh: t-
„Meine Frau!" antwortete der Doktor. „Sir ist aus Paris und ihr sind Ihre Familienvcrhält- »iffe, mein Herr, nicht fremd, den» sie kannte Ihre Tochter. Sie wird sich auch das Vergnügen nicht nehmen lassen, während Sie dei uns wohnen, Ihre Fahrerin und Pstcgerin zu seyn."
Lassen Sie mich Ihre Hand an mein Herz drücken, edle Frau! sagte Derbois mit tiefer Empfindung. Nur Ihr Bewußlfey» kann Ihnen solche Großmuth lohnen.
„Kommen Sie, würdiger Greis!" sagte Fe« lieft, ihre Lhräncn trocknend. „Ich werde Sie in Ihr Zimmer führen. Vertrauen Sic sich mir ganz;