Z8S
Prinz seine» Feinden, nachdem er zuvsr die Be. dinzungen gemacht hatte, daß seine Bcilciler ungehindert weiter fliehen durften. „An ihnen ist nichts gelegen, wir sollen nur Dich dem neuen Könige bringen!" so sagte der Anführer des Rei- tcrhanfens und bewilligte des Unglücklichen Begehr.
Im Prunksaale des Pallastcs saß auf goldgesticktem Thronseffcl der Usurpator Muhamad, umgeben von seinen Anbüngern, und harrte der Ankunft des von ihm gestürkten Bruders, den die Afrikaner eben nach Granada gebracht hatten. Die hohen Flügcllhüren rauschten auf, und von acht Bewaffneten geführt, erschien der unglückliche Iuzcf. Nicht wie ein Gefangener, gebeugt und die Augen zu Boden geschlagen, sondern kühn und mit königlichem Anstande schritt er auf den Kronenränber zu, und maaß ihn mit einem scharfen Blicke, ohne ein Wort zu sage». Diesen Blick konnte Muhamad nicht ertragen; er senkte das Haupt, sah erlbihend vor sich hin und die innere Stimme der Wahrheit sagte ihm, daß er in all' seinem Glanze, mit all' -seiner Macht jetzt doch weit kleiner dastebe, als der gefangene, von den Höhen seines Glücks durch ihn herabgeschlcudcric Juzef. Doch Stolz und Trotz bestegten bald diese bessere Regung. Er schaute keck empor und sprach: „Das Glück hat Dir den Rücken zugewandt, Bruder, um mir zu lächeln. Nach alten Gewohnheiten »nd Rechten hast Du zwar gültige Ansprüche auf den Thron, weil Du der älteste Prinz bist. Doch jene alten Rechte sind Ausgeburten der Thorheit — den» der Aclkcrc ist nicht immer der Würdige. Ich will Dich durch diese Behauptung nicht schmähen, Juzef. ,Du besitzest Tugenden, die hoch Dich zieren, Edelsinn, Sanftmut!) und Milde sind die Grundzüge Deines Charakters; aber sie reichen allein nicht hin, einen glorreichen König aus Dir zu machen, wie Granada in diesen stürmischen Zeilen ihn von Nöthen hak."
B,st Du der Mann dazu? fragte Juzef, ihn mit einem scharfen Blicke musternd.
„Der bin ich!" antwortete Muhamad und Zorn blitzte aus seinen Augen; „denn ich habe Muth, Kühnheit und Kraft, um mit fester Hand die Zügel eines wankenden Staates zu Hallen. dessen Grundpfeiler schon scttIahren erschüttert sind. Für Dich aber wäre dieß kein Werk; darum entsage vor diesen versammelten Edeln des Reichs feierlich dem Throne, den Du doch nicht würdig zieren könntest. Das Schicksal hat Dich in meine Gewalt gegeben, füge Dich meinem Willen!"
Wohlan, sprach Juzef ernst und fest: um meinem Vatcrlandc einen Bürgerkrieg, oder Dir ein blutiges Verbrechen zu ersparen, entsage ich hiermit meinem angestammte» Rechte. Ihr Alle, die Ihr in dieser Fürstenballe mich umgebt, seyd Zeugen dieses Worts. Wenn Du vollführst, Bruder, was Dir ziemet, wenn Du den wankenden Staat befestigst, seinen Ruhm mehrest, und Dein Volk beglückst, dann will ich gern die Stunde segnen, welche die väterliche Krone mir entriß, um sie auf Dein Haupt zu -rücken. — Nun aber., da ich ge-
than, was Du begehrtest, nun laß mich ungehindert »ach Alhama ziehen, und gieb mir aus dem Schatze meines Vaters nur so viel, daß ich als ein freier und begüterter Bürger die ferneren Tage meines Erdenwallens durchleben kann.
„Thöngter I" gab Muhamad in höhnischem Tone zurück: wähne nicht, ich fey so sehr von aller Klugheit entfernt, daß ich Dich freilasse» könnte. Ei» Andrer an meiner Stelle würde ohne Bedenken Dich dem Tode überliefern, denn also gebietet es die Vorsicht — doch nur im höchsten Nolhsai! möchte ich zu diesem grausamen Mittel schreiten."
Was fürchtest Dn noch von mir ? Habe ich nicht eben meinen Ansprüchen entsag: ?
„Es ist schon mancher freiwilliger Schwur gebrochen worden, um so weniger dürfte Dir, wen» steh früher oder später das Glück auf Deine Seite stellte, die erzwungene Entsagung eine hemmende Kette sch», die Dich auf dem Wege zum Throne aufhielie. Nein Juzef, Du bleibst mir stets ein gefährlicher Gegner. Will ich sicher leben, so darfst Du nimmer frei werden, noch weniger Dich vermählen !"
Wie, Hartherziger? rief Juzef betroffen: des Lebens höchste Güter, Liebe und Freiheit, soll ich Dir auch noch zum Opfer bringen, nachdem ich meine Rechte auf Macht und Hoheit schon hingc- geben habe ?
„So ich voll Zuversicht und Kraft die Herrscherbahn betreten soll," erwiedcrte Muhamad : muß ich völlig vor Dlr gesichert senn. Geletzt auch. Dir ötteöe Dein cr,wungc»es Work selbst heilig, und Du unternähmest nie etwas Feindliches gegen mich, so könnte doch Erncc Deiner Söhne, wenn er kräs- k ig hciaii'.oücbfe, und ich kraftlos würde, mir die schwer bchanpleie Krone endlich vom Haupte reißen. Nie darf Dir ein Nachkomme emporblühen. Darum entsage in männlicher Ergebung, wie Du bcm Throne entsagtest, auch Deiner Lieoe zu der reizenden Almuna. Nimmer wird die schönste Blume Granada's Dein Eigcnchum. Doch traure nicht um ihr Schicksal. Sie soll „ichi einsam verwelke»; denn für mich ist sie ausgesproßt, zu meiner Lust von der Natur so hold gepflegt; ich will sie pflücken, und ihr soll das glänzenbe Loos nicht entgehen, welches Du ihr zu bereite,> gedachtest."
Da verhüllte Juzef fein Haupt und der Schmerz der Verzweiflung durchras'te seine Seele. So nimm auch mein Lebe» hin, grausamer Tyrann! rief er: wenn Du mir dessen höchstes und einziges Glück entreißest. Was soll mir ein schaales elendes Da- seyn, dessen Gehalt Du vernichtet hast. Was Du scyn willst, das sey ganz — ein frecher unmknsch- lichcr Räuber!
„Lästre den König, unsern und Deinen Herrn nicht, Wahnsinniger, oder Du bist des Todes!" so schrieen die versammelten Anhänger Muhamad« wild durch einander und zogen ihre Damaszener.
(Fortsetzung folgt.)
,