wurde der Preis des SarazenenRLubers, dessen Für­worte ich die Erhaltung meines Lebens, wofür ich ihm nicht dankte, zuschreibe» mußte. Er führte mich aus der Klause fort und tief in das Gebirge hinein. Drei Wächter waren immer um mich, so daß ich unmöglich entweichen konnte. Am drit­ten Tage ward ich an einen Sklavenhändler um einen Äaufschiiling verhandelt, der, nach deutschem Gclde berechnet, ungefähr 200 Gulden betrug.

Mein »euer Herr zog mitiernachtwärts mit mir und mehrern andern mir unbekannten Unglücklichen, die er zu Markte in die größer» Städte schleppte.

In Tripolis ward ich an Abul Hasan, einen reichen Türken, verkauft. Diesem folgte ich in sei­ne Ländereien und Besitzungen. Ich wurde unter­wegs nicht unmenschlich doch auch nicht gütig be­handelt. Mein Gebieter schien sehr stolz und ein großer Chnstcnfeind zu ftyn. Ich versprach mir wenig Gutes von ihm; als wir aber in seiner Hei­mlich anlangten, da wendete sich, mein Schicksal auf eine merkwürdige Weise. Wir hielten vor die­sem Landhause. Eine Menge von Dienern ström- ter ihrem Herr» entgegen. Einige Gelichter kamen mir bekannt vor, und indem ich noch darüber nach­sann, wo ich dieselben wohl möchte gesehen habe», stürzte ein junges Mädchen aus dem Garten her­vor i» Abul Hasans Arme. Auf den ersten Blick erkannte ich in ihr die schöne Saide, die ich und Ludwig im Thale von Sichem aus der Gewalt des Räubers gerettet halten. Ach schon damals war sic mir so unendlich reizend erschienen, und hatte eine Leidenschaft in mir entzündet, die ich zwar beherrschen, aber doch nicht unterdrücken konnte. Heut war sie noch anmuthiger; ihr prächtiger An­zug erhöhte ihre Schönheit noch mehr. Nur weit blässer sah sic heute aus, als damals bei unserm er­ste» Begegnen. Nach einigen Augenblicken wandte sich ihr liebliches Antlitz, die strahlende» Sterne ihrer Augen fielen auf mich, und eine glühende Purpurröche färbte ihre vorher bleichen Wangen. Aufs Neue fiel sic dem staunenden Abul Hasan um de» Hais und rief nn Tone des Entzückens :S mein Vater, welche nie gehoffte Freude hast Du mir bereitet. Wie ist es Dir gelungen, diese» edcln Mann aufzufinden's"

Abul Hasan sah sie befremdet an.

Du weißt cS wohl nicht, wer er ist?" fuhr Saide fort, oie in seinen Blicken las.Nein, Water Du kannst cs »och nicht wissen, sonst würde er nicht in dem armseligen Sklavenkleide hinter Dir stehen. Unbewußt hast Du mir des Herzens heiligsten Wunsch erfüllt. Q Dank dem Schicksal das Dich solchen Weg geführt hat."

Sie nahte stch mir und fragte mit süßtönender Stimme:Kennst Du mich noch, mein Retter und Befreier s" Ich sank vor ihr auf das Knie. Sie reichte mir ihre weiche Hand; ich drückte sie an meine Lippen und eine Thräne fiel darauf.

Wie, Dein Retter ist dieser Christ? rief Abu! Hasan erstaunt und trat zu mir.

Ja, mein Vater;" antwortete Saide;ohne

ihn hättest Du wohl damals Dein Kind nicht mehlt wicdergesehen."

Ich bin Dein Schuldner worden, Ungläubiger! sagte der alte Türke, mich auf die Schulter klo» pfcnd, aber sch wills nicht lange blcibc». Sey gutes Miithes! es soll Dir wohl gehen in meinem Hause, und man wird Dich mit keiner KncchteS- Arbeit beschweren. Wer weiß, was die Zukunft Dir noch für Früchte dringt, wen» Du klug bist!

Man wies mir ei» anständiges Gemach in einem Gartcnhause zur Wohnung an; ich erhielt bessere Kleider; und da Abul Hasan erfuhr, ich sei frü- hcrhin Stallmeister bei einem christlichen Fürste» gewesen, äußerte er seine Freude darüber und meinte er würde mir bald eine Beschäftigung geben, die mir zusagte. Einer seiner ältesten Diener, der bis­her die Oberaufsicht über die zahlreichen arabischen Pferde führte, die der reiche Türke besaß, war seit einiger Zeit krank und schwach, und ich sollte ihn in seinem Amte unterstützen. Ich erhielt die Freiheit, im weiten Bezirke der meinem Herrn zu­gehörige» Ländereien umherzugchen; doch mußt« ich vorher auf Ehre und Glauben schwören, nicht entfliehen zu wollen. Ich sah die liebliche Said« bisweilen im Garten und durfte mit ihr sprechen. ES schien, als ruhte ihr sanftes Auge mit Wohlge­fallen auf mir, sic erinnerte mich so oft an das, was ich für sie gethan hatte, und begleitete ihre Worte stets mit so freundlichen liebevollen Blicken daß ich mir zu schmeicheln anfing, ich sey ihr nicht gleichgültig. Ach mir ward so wohl und weh in ihrer Nähe; ich fühlte es, daß meine Leidenschaft immer mächtiger emporwuchs, so sehr auch di« Vernunft darwider strebte, und mir bangte vor der Zukunft.

Drei Wochen war ich ungefähr hier, da wurde ich eines Abends zu Abul Hasan gerufen. Er em­pfing mich sehr wohlwollend und gütig und hieß mich ihm gegenüber Platz nehme». Nach der Fra­ge: ob eS mir hier gefalle ? die ich natürlich mit Ja beantwortete, forschte er mich aus, ob ich wohl für immer in seinem Haufe bleiben möchte ?

Ich weiß cS nicht,", antwortete ich:ob nicht eine mächtige Sehnsucht nach der lieben Heimath früher oder später in meinem Herzen erwachen wird. Doch ich habe ja meinen freien Willen nicht mehr; ich bin durch das Schicksal und auch durch mein Wort gebunden, und werde auch das Gefühl des Heimwehs, wenn cs erwacht, unterdrücken müssen."

Wie aber, fragte der Türke, wenn sich hier ein« neue Heimath Dir aufthäte ?

Ich schaute ihn verwundert an.

Laß mich offen und wahr mit Dir reden! fuhr er fort. Seit jener Zeit, wo meine Saide im Thale von Sichem geraubt, und von Dir gerettet wurde, ist flc wie umgewandelt. Eine Scbwcrmuth, von der früher keine Spur in ihrem fröhlichen Ge- müthe zu finden war, bemächtigte sich ihrer bald Nach jenem Lage. Sie wezittr oft und fand keinen Gefallen mehr an dem, v« so«L ihr Freude