stärken! In, du Ewiger, höre mich! — fuhr er gen Himmel blickend fort, „laß mein Wagestück gelingen, auf daß ich nicht umsonst den Schein des Böse» auf mich lade. Du kennst ja mein Herz und weißt, daß kein niedriger Gedanke Mick zu dem, was ich jetzt khuc, verleitet. Dir ist ja meine Absicht bekannt, fördre sie durch deinen Beistand und führe mich zum Ziele!"
Er steckte de» gefundenen Schatz zu sich, löschte die Laterne aus und überkletterte die Mauer. Hierbei verlor er, ohne es zu bemerken, durch den Riß des KctileinS, an dem es hing, ein goldnes mit einigen schönen Steinen besetztes Kreuz, welches er einst vom Herzoge kurz vor . dessen Abreise geschenkt erhalten, und bisher immer auf der Brust geiragen hatte. Alle» lag noch im festen Schlafe, Niemand stieß ihm auf, als er durch den Garten und die finstern Gänge des Schlosses die Treppen hinauf in se>» Gemach zurückcilre. Dort warf er sich auf sein Ruhebett nieder und sein Geist versenkte sich i» eine Fluch von Gedanken. Erst als der Morgen schon dämmerte, kam der Schlaf über seine Augen. Doch nur ei» paar Stunden gcnoß er der Ruhe- Er warckaum erwacht, als es an seine Thür klopfre. alter Diener trat ein z
und sagte ihm : Die Herzogin scy heut ^in aller c Frühe aus eines ihrer Güter geritten. Sie lasse c ihm glückliche Reise wünschen und überscnrc ihm außer diesun Briefe, den er a» seinen neuen Gebieter abgcbcn solle, noch dieses kleine Geschenk, alS einen Beweis ihres Wohlwollens, wnt welchem sie oft noch an ihn denken werde. Erstaunt betrachtete Franz die Spende der Huld. Ein kostbares Wehrgchenk und hundert ungarische Gulden waren die Abschiedsgabe der gnädigen Gebieterin. Die letztem kamen ihm bei dem vorhabendc» Zwecke sehr zu Aalten.
Er ging nun, um den Schloßbcwohncrn Lebewohl zu sagen. Die meisten schieden mit gerührtem Herzen von ihm. Ein sonderbares, fast ängstliches Gefühl bemeisterte sich seiner, als er vor Seyfrieds von Tcmpetfeld Thüre kam. Doch überwand er cS und klopfte an. Allein Seyfried ließ ihm sagen: er könne unmöglich mit ihm sprechen, da er krank geworden sey und der Ruhe sehr bedürfe; er lasse ihm Glück für die Zukunft und eine gulc Reise wünschen.
„DerSchreck muß dem Nachtwandler geschadet haben," sagte Franz still für sich: „doch nur Geduld, betrogener Dieb, du wirst noch mehr erschrecken I UebrjgcnS ist eL mir sehr lieb, des Abschieds von dir enthoben zu scyn."
Er begab sich nun in sein Gemach zurück, steckte all' sein Geld und das Schmuckkästlci» zu sich, hing seinen Mantel über, nahm ein kleines Rciscbündel mit den nölhigstcn Sachen (denn die übrige» sollten ihm an den neuen Aufenthaltsort gelegentlich nachgcscbickt werden) und ging, nachdem er noch einmal auf seine kleine Wohnung gerührt zurück- gedlickt hatte, in de» Hof hinunter, wo sein Pferd schon gesattelt stand. Scheinbar den Weg nach
QelS einschlagend, ritt er über die Oderbrücke zur Stadt hinaus; kaum aber hatte er den Forst erreicht, so wendete er sich links und folgte immer dem Laufe des Stromes. So erreichte er nach einigen Stunden daö alte vielthürmize Breslau. Von dort aus sandte er den Brief Katharina's durch einen ihm bekannten armen Bürger, den er für den Weg hinlänglich bezahlte, an den Herzog Conrad; befahl aber dem Boren, erst- am folgenden Abende in OelS einzutrcffen; das Schreiben an den Thorwäcbicr deS Schlosses abzuzcben und sich sogleich wieder zu entfernen,
Nur eine Stunde verweilte der eilige Franz in Breslau, und ritt an demselben Tage noch einige Meilen, um spätestens morgen das böhmische Land zu erreichen. Als er am späten Abende in der Herberge, wo er eingekehrt war, zur Nachtruhe sich ausklcidete, vermißte er erst das goldne Kreuz. Seine Gedanken waren seit gestern so sehr mit andern Dingen beschäftigt gewesen, daß er auf das Gewöhnliche wenig oder gar nicht geachtet hatte. Er wußte auch nicht genau, wo er dieses Andenken verloren, ob beim Uebcrklettern der Mauer L oder späterhin L Er war sogar im Zweifel, ob er cs nicht vielleicht gar in seinem Gemache aus Eil- ferligkeit hatte liegen lassen. Genug, es war nicht mehr da, und er mußte, da er nicht wieder zurück konnte, seinen Verlust verschmerzen.
Seyfried von Tempclseld war bei jenem nächtlichen Abentheuer durch den unerwarteten dumpfen Zuruf an der Gartenmauer wirklich in den furchtbarsten Schreck versetzt worden. Denn obgleich sonst ein frecher, hcimlückischer und heuchlerischer Mensch, der manches RcligionS- und MoralGesetz heimlich verachtete und verspottete, war er doch von der abergläubischen Gespcnsterfurcht feines Zeitalters nicht frei geblieben. Dazu kam noch, daß ihm das Gewissen gerechte Vorwürfe machte; daher war es leicht erklärbar, daß ihm in jener verhängnißvollcn Minute, da Franz ihn mir dumpfem Tone aus dem Versteck anrief, aller Mulh entwich, und er, eine Geisterstimme zu vernehme» glaubend, in Todesangst von dannen lief.
Er hatte den Schmuck entwendet. Schon vor langer Zen, da er einst im Vorzimmer der Herzogin wachte, war er in das offen gebliebene Klose! Katharina's geschlichen, welche letztere sich eben nicht zugegen befand, und halte, da er sich allein sah, schnell Sen Schlüssel zu dem kleinen Schreine, worin, wie er wußte, die Juwelen lagen, so wie auch den zu der Thüre des Gemachs, in Wachs abgcdrückt. Einige Wochen nachher, als er im Aufträge der Herrin nach Breslau reisen mußte, halte er die WachSformcn einem ihm sehr genau bekannten Jude» anvcrtraut, der ihm kurze Zeit darauf die darnach verfertigten Schlüssel heimlich überbrachte. Nun war es dem unredlichen Seyfried der täglich in den Zimmern der Herzogin zu thun hatte, ein Leichtes geworden, sich den rechten Augenblick zu ersehen, de» Schmuck zu stehlen und den Schrein behutsam wieder zu verschließen. Dir