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etwas daraus heraufzulangen schien, sodann die Leffming mit Erde wieder zufiillte und einigen Schult darüber streute. Eine kleine Laterne, die ec vorher sehr sorgfältig unter dem Obergcwandc verborge» haben mußte, stand neben dem Schatzgräber. Als derselbe seine Arbeit vollendet hatte, versteckte er sein Grabscheit unter ein Distelgcstrüpp, und stieg nahe der Stelle, wo Frau» verborgen saß, über die Mauer. Der Letztere, der sich nun mit ziemlicher Gewißheit für überzeugt hielt, daß der Mann im graue» Mantel kein Geist sondern ein Mensch sey, faßte schnell den kühnen Entschluß dem nächtlichen Wandrer Rechenschaft abzufordern, und rres ihm > als er eben in den Garten hinabglitt, aus dem dichtbelaubten Versteck mit dumpfer, aber deutlich vernehmlicher Stimme die Worte zu: „Steh mir Rede, verwegener Nachtwandler! was hast Du in der Gespensterstunde an diesem Orte des Grausens zu suchen t"
Der Graue stieß einen lauten Schrei aus, ließ vor Schreck die Laterne auf den Boden fallen und floh in der ängstlichsten Hast, als verfolgte ihn der leibhafte Saianas durch die finstern Buchengänge dem Schlosse zu. Mit Erstaunen glaubte Franz in dem Entlaufenen seinen Kameraden, den Pagen Seyfried von Lcmpclfeld erkannt zn haben. — 'Er hatte mit ihm nie in einem vertrauten, freundschaftlichen Verhältnisse gestanden; denn er meinte, mehr als einmal wahrgenommen zu haben, daß Seyfried ihn heimlich hasse, weil dieser wähne, durch ihn aus der Gunst der Herzogin verdrängt worden zu seyn. Darum war Franz dem mißtrauischen, finstern, und wie es schien, auch heimtückischen Dienstgefährten, immer, so viel sich thun ließ, aus dem Wege gegangen, und cö hatte zwischen Beiden nie ein heftiger Wortwechsel, oder eine feindselige Thät- lichkeir, wie-dieß unter Pagen an andern Höfen Nicht selten der Fall war, stark gefunden. — Es »hat daher dem gute» Jünglinge jetzt leid, seinem Kameraden einen so großen Schreck eingejagt zu haben. Doch trieb ihn die Neugierde an, zu erfahren, was wohl den sonst eben nicht allzumukhvolien Seyfried zu einer nächtlichen Wanderung an einen so, unheimlichen Ort bewogen haben möchte, wenn nicht in jenem Winkel ein Schatz vergraben gelegen. Er Halle zwar bemerkt, daß der Schatzgräber mit der Hand in das Erdloch hineingegriffen, doch war ihm nicht sichtbar geworden, daß derselbe etwas Schweres daraus hervorgebracbt und dann weggctragen habe. ,,Verborgene Schätze," meinte er, ,,liegen doch, wie man erzählt, sonst immer in gewichtigen eherne» Truden, die man nur mit Mühe und Anstrengung, öfters auch nicht einmal ohne fremde Hülfe, aus ihrem Grabe hervorziehen kann." Er beschloß genauer nachzufvtscheu, stieg vom Baume nieder, hob die von Seyfried liegen gelassene Laterne, in der das Wachskerzlcin »och brannte, vom Boden auf und schwang sich über die Gartenmauer. Er hatte vorhin genau beobachtet, was sein Vorgänger gcthan, und sich die Stellen gut gemerkt, wo dieser gegraben, und das Werkzeug
versteckt hatte. Daher fand er das Grabscheit bald, und fing ohne Verzug an, in dcm bewußten Winkel damit die Erde aufzuwerfen. Nach wenige» Minuten stieß er auf einen harten Gegenstand. sEr stutzte.' „Sollte wirklich die Schatzgräberei nicht ohne Grund seyn's" sprach er bei sich, räumte den Sand bei Seite, leuchtete in das aufgeworfene Loch, und siche da — seine Augen fielen auf das ihm nicht unbekannte, der Herzogin vor fünfzehn Tagen gestohlene Schmuckkästlcin.
Entsetzt ließ er die »Schaufel fallen, und rief, vor Erstaunen seiner kaum mächtig: „So war Seyfried also der Dieb, und hier verbarg er seinen Raub l"
Er hob das Kästlcin heraus; es ging ohne Mühe aufzumachen, denn das Schloß war verdorben. Der größte Tbeil des Schmuckes, dieKctte», Ringe, Armbänder und andre Juwelefi befanden stch »och darin; nur ein paar Stellen waren leer, und die Form der Fächer bewiest, daß hier Ohrgehenke gelegen haben mußten. Wahrscheinlich hatte der Dieb, der den entwendeten Schatz, hier an dieser von den Menschen sehr gemiedenen Stätte des Grausens, am sichersten glaubte, die Absicht gehabt, nach und »ach ein Stück nach dem andern zu holen, und es unter der Hand an durchreisende betrügerische Juden, die bei dcm Ankauf auch ihren bedeutenden Vorthcil hatte», und daher gern still schwiegen, zu vcrättßccn Und so waren biojetzt nur ein paar Ohrgehenke aus dcm Kästchen von ihm weggcnom- men worden.
(Fortsetzung folgt.)
Anekdote.
Seitdem König W. seinen Plan St. mit L. zu vertauschen, und letzteres zur Residenz zu machen aufgcgeben, müssen natürlich die gute» Bewohner L—s, manchen Seitcnhicb von den nun wieder er- muthigten Bürgern St—§ erfahren. Als auch neulich ein Einwohner L—s nach St. Geschäfte halber kam und im Gasthofe zu L. abstieg, traf er eine heitere Gesellschaft der Bürger von St. um einen Tisch versammelt. Als sie vom Kellner erfuhren, daß er aus L. sey, fragten sie nach einigen Eingangsreden den armen Märtyrer seiner Stadt, ob es wahr sey, daß die L—er ihre Straßen seit neuerer Zeit sogar aufwaschen'i — I«, entgegncte er, und eben darum bin ich wirklich hier, um dir dazu fehlenden Lumpen eiiizusammeln!